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Samstag, den 6. November L88V

55. Jahrgang.

Bestellungen auf da»

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für die Monate November und Dezember nehmen sür.auswärts noch alle Postämter, Postexpeditionen und Postboten, sür hier die Unter­zeichnete entgegen.

Redaktion und Expedition desCslwer Wochenblatts".

Politische Nachrichten.

Deutsche- Reich.

Berlin. 2. Nov. (Abgeordnetenhaus.) Finanzminister Bitter, welcher die Etatsvorlage einbringt, beginnt mit der Feststellung, daß in den Staatseinnahmen während des letzten Finanzjahres eine erfreuliche Wendung zum Besseren eingetreten ist. Mehreinnahmen seien an direkten Steuern 546.000. in der Bergwerksverwaltung 1,370.00t). in der Eisen- bahnverwaltung 6.650.000, darunter 4.380,000 von verstaatlichten Prival- bahnen. Mindereinnahmen seien bei Domänen und Forsten 5.604,000, Stempelverwalkung '29.000, hinterlegten Geldern 1.098,000. Mehr­ausgaben seien ferner bei der Justizverwaltung 6.623,000 -/k Danach verbleibe für 187980 ein durch Anleihe zu deckender Betrag von ca. 5,000 000. Der vorliegende Etatsentwurf 18808 l schließe ad in Ein­nahme und Ausgabe mit 912.341.284 und mit 39 557,000 an einmaligen Ausgaben. In Aussicht genommen ist eine Anleihe von 30 Mill. Mark.

Es bestätigt sich vollkommen, daß die Reichsregierung damit umgeht, dem Bundesralh und Reichstag ein Gesetz über die Trunksucht vorzulegen. Ueber Inhalt und Umfang des Gesetzes kann um so weniger etwas be­kannt sein, als die Arbeiten sich augenblicklich zumeist nur aus Erhebungen über die Verhältnisse in den verschiedenen Bundesstaaten beziehen.

Am 1. Dezember 1860 wird wieder im ganzen Deutschen Reich eine allgemeine Volkszählung vorgenommen werden.

Schweiz

Durch die am 31. Okt. in allen Kantonen vollzogene Volksab­stimmung ist das Verlangen nach einer Revision der Verfass­ung mit 249,420 St. gegen 119,729 St., also mit einer Mehrheit von 129.69l St. v erw o rf en worden. Es gibt sich damit der bestimmte Wunsch der Volkes kund, daß statt der aufregenden Revifionsdebattm ein ruhiger Gang der Gesetzgebung bei uns obwalte. In Beziehung auf die Banknotenfrage enthält die Abstimmung ein Zutrauensvotum sür die gegenwärtigen Bundesbehörden, von denen das Volk erwartet, daß sie den Uebelständen des Notenwesens von sich aus aufrichtig und energisch ein Ende zu machen wissen werden.

Frankreich.

Paris, 1. Nov. Die Zahl der Klöster, die vom 29. Mai bis l. Novbr. aufgelöst wurden, beträgt im Ganzen 110.

England.

London, 2. Nov. Amtlichen Meldungen aus der C a p st a d t zu­folge vereinigten sich alle Basutos östlich vom Drachenberg sowie beide Abtheilungen des Paidostammes zum Ausstande gegen die Regierung. Die Kolonialregierung hat eine Aushebung von 500 Irregulären und

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3.500 Kolonisten bewirkt. Auch der Tembustamm ist gegen die Regierung im Aufstand.

Dublin, 3. Nov. Angeklagt sind 19 Hauptführer der Agrar-Liga. Die Anklage lautet auf Verschwörung, um die Pächter an der Bezahlung des gesetzlichen Pachtzinses zu hindern. Beschuldigt sind die Angeklagten, sie haben die Eigenlhümer an der Einziehung des Pachtzinses und an der Verpachtung der Landgüter durch Zufammenrokten großer Menschenmassen gehindert und aufreizende Reden gegen diejenigen gehalten, welche den Pacht­zins bezahlten und leerstehende Pachtgüter pachteten.

Amerika

Newyork, 3. Nov. Berichten bis gestern Abends 9 Uhr zufolge betrug die Majorität für den republikanischen Kandidaten Garfield in Newyork 40.000 Stimmen, was mit Hinzunahme der entschiedenen repu­blikanischen Gewinne in Connecticut und Maine seine Wahl uahezu sichert. Die Berichte aus den Weststaaten sind lückenhaft, ergeben aber ebenfalls republikanische Gewinne.

New-Aork. 3. Nov. Nachrichten bis Mitternacht zufolge ist die Wahl Garsield's zum Präsidenten, Arthurs zum Vizepräsidenten als ent­schieden anzusehen.

Der Modus bei der Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten ist folgender: Am ersten Dienstag im November des betr. Jahres treten die Urwähler zur Ernennung von so viel Wahlmännern zusammen, als jeder Einzelstaat Vertreter zum Repräsenlantenhause und zum Senat entsendet. Diese Wahlmänner sollen behufs Entscheidung der Frage, wer sür die nächsten vier Jahre Staatsoberhaupt sein wird, ihre Stimmzettel am ersten Mittwoch des Dezember in den Hauptstädten der Einzelstaaten abgeben.

Diese Stimmzettel sollen sodann vom Kongreß geöffnet werden und der­

jenige , welcher als erwählter Präsident aus diesem etwas weitläufigen Verfahren hervorgedt. am 1. März sein Amt antreten. Die Vereidigung erfolgt erst am 4. März Die Hauptsache ist die Ernennung der 369

Wahlmänner, welche die 38 Staaten der Union vertreten. Da 185 St.

die Mehrheit ausmachen, so ist Garfield. der jetzt schon über 192 St., nach dem »New-Dork Herald" sogar über 202 Et. verfügt, mit Sicherheit als g ewählt anzuleben.

Tages-Neuigkeiten.

Calw, 4. Nov. Ist er schon an und für sich ein verdienstliches Werk, wenn die musikalischen Kräfte einer Stadt sich unter Eine leitende Hand begeben, um je und je ein größeres Publikum zum. Richter über die Erfolge ihrer gemeinsamen Uebung zu machen, so gewinnt dieses opfer­freudige Streben doppelt an Werth und Bedeutung, wenn zum Gegenstände dieser Uebungen so hochtlasstsche Werke gewählt werden, wie »die Schöpfung von Jos. Haydn." Wer unsere klassischen Musikwerke. wenn auch nur von Ferne, kennt, der weiß, welche Ansprüche an diejenigen gemacht werden müssen, welche ihre Aufführung unternehmen wollen: e» gehört dazu nicht nur ein ziemlich durchgebildeler musikalischer Sinn, ein den Geist des Werkes erfassendes Verständniß, ein Hineinleben in die Joeen, die der Tondichter dem Hörer zum Bewußtsein bringen will, sondern es gehört dazu auch ein nicht geringer Grad von technischer Ausbildung, welche die Schwierigkeiten mancher Sätze mit sichtbarer Leichtigkeit üver-

Feuilleton.

Der Schuldbrief,

eine rheinische Dorfgeschichte, von vr. W. B. l. In der Schenke.

(Fortsetzung.)

Auch davon hast du mir Nicht« gesagt. Marie, bin ich denn nicht mehr deine Mutter?" Die Frau sprach diese Worte in einem so vorwurfs­vollen Tone, daß dem Mädchen die Hellen Thränen in die Augen traten. Jetzt konnte sie nicht länger schweigen, sie mußte sich rechtfertigen und sagte: »Du thust mir Unrecht, Mutter; ich habe zwar einen Auserwählten, aber bis jetzt ist zwischen uns über das »Ja" noch kein Wort gewechselt worden; das kann sich erst nach dem Verfalltage geben. Siehst du, darum wollte ich dir die Sache verbergen, um zu all deinem andern Leide nutzt auch noch die Sorge um mich hinzuzufügen, wenn er sich dann zurück- zlehen sollte."

Die Mutter schloß ihr Kind gerührt in die Arme. »Du hättest es nur dennoch sagen können, Marie; zu Zweien läßt sich ja Alles besser tragen, als allein; du kannst dir ja denken, daß ich schon genug Angst darum gehabt habe; aber jetzt wirst du mir auch sagen, «er dein Er­wählter ist?"

Marie trat an dar Fenster und schaute über die Straße hinüber;

die Mutter folgte ihren Blicken. Unten in der Thür der Schmiede stand die stattliche, wenn auch berußte Gestalt eines Gesellen.

Was? des Schmied-Jakob's Altgesell, der Will?" rief die Mut­ter. Das Mädchen winkte bejahend und verschwand vom Fenster, von welchem der Altgesell kein Auge verwandte. Plötzlich trat aber auch dis Mutter zurück und flüsterte zitternd:Marie, der Herrenbauer kommt die Straße herunter; er geht unserm Hause zu. im Augenblick wird er da sein"

Wirklich öffnete sich gleich darauf die Thüre und der Herrenbauer trat in die Wirthsstube.

Der Herrenbauer war ein Mann von etwa vierzig Jahren, unter­setzt, fast breit gebaut. Sein Gesicht glänzte förmlich von Dünkel und Hochmuth. Seine Kleidung zeugte von großem Wohlstand; aber trotzdem, daß Alles aus den feinsten Stoffen gefertigt war, wollte ihm doch Nicht» recht paffen; es saß ihm Alle«, wie man zu sagen pflegt, wie angeliehen. Der stattliche braune Rock, die neuen Beinkleider, selbst das Hemd mit dem großen Kragen und der blinkenden Busennadel, saß unbeholfen und unbequem. Der Stock mit dem goldenen Knopfe, den er so zierlich zu handhaben glaubte, nahm sich in seinen Fäusten au», wie ein gefährlicher Knittel. Wenn er ihn zuweilen, wie es die Doktoren zu machen pflegen, unter dem Kinn hielt, so war es, als wollte er da einen Zaunpfahl in den Boden eiurennen.

So trat der Herrenbauer in hie Stube. Er grüßte die Wirthm herablassend, ließ sich hustend auf eine Bank nieder, nahm sein seidene» Taschentuch hervor, fuhr damit über da« Gesicht, und fächelte sich Kühlung

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