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Nro. 125.
Dienstag, den 26. Oktober L88O
55. Jahrgang.
Politische Nachrichten
Deutsche- Reich.
— Vom nächstjährigen Re sch shaus Haltsetat ist der für den Reichskanzler und die Reichskanzlei bereits an die Oeffentlichkeit gelangt. Er stellt die Ausgaben auf 125,770 Mark. Die darin enthaltene Mehrforderung von 6900 Mark gegen das Vorjahr wird für einen neu anzustellenden ständigen Hüifsarbeiter beansprucht und mit der steigenden Zunahme der Geschäfte der Reichskanzlei begründet. — Der Bundesrath ist nach längerer Pause wieder zusammengetrelen und hat am 20. Oktober seine erste Sitzung gehalten.
— Berlin, 20. Okt. Legislatorische Arbeiten von irgendwelcher Bedeutung liegen dem Bundesrath noch nicht vor. In dieser Beziehung ist noch alles in Vorbereitung, dagegen bestätigt es sich, daß die Verhängung des kleinen Belagerungszustands über Hamburg — von Seiten Hamburgs — und über Altona, Ottensen und Wandsbeck beantragt werden wird. Hamburg befürchtet ohne einen solchen repressiven Akt ausschließlich sozialistische Wahlen für den nächsten Reichstag. Im preußischen Ministerium ist die Angelegenheit bezüglich der genannten preußischen Städte bereits erörtert worden. — Außer der Erhöhung der Biersteuer und der Einführung der Börseniieuer soll in her nächsten Session des Bundesraths die Erhöhung der Zucker- und der Branntweinsteuer und die Einführung der Wehrsteuer beantragt werden. Ferner sollen Vorschläge wegen Einsetzung eines deutschen Volkswirthschaftsraths an den Reichstag gelangen.
— B er lin, 22. Okt. Der Kaiser ist heute Nacht wohlbehalten hier eingetroffen. Er wohnte heute der Einweihung des neuen Gebäudes des Joachimsthal'schen Gymnasiums bei.
— Berlin, 22. Okt. Der volkswirthschaftliche Kongreß hat zu der Frage betreffend die Versorgung Europas mit Brot eine Resolution mit allen gegen 11 Stimmen angenommen, wonach die Zufuhren von Brotkorn aus anderen Ländern für eine Nothwendigkeit erklärt werden; der Gewinn, welcher durch den Getreidezoll unter gewissen Verhältnissen Einzelnen zugeführl werden könne, stehe in keinem Verhältniß zu dem dadurch der übrigen Bevölkerung zugesügten Schaden.
Frankreich.
Paris, 19. Okt. Nach ziemlich langer Zurückhaltung haben auch die Bonapartisten einmal wieder etwas von sich reden gemacht. Der dem Prinzen Jerome Bonaparte abholde Theil der Partei hat am 17. d. Mts. im Circus Fernando eine Versammlung gehalten, welche zur Beseitigung der Spaltung in der Partei beschloß, den Prinzen zum Zurücktreten von der Führerschaft und zur Anerkennung seines Sohnes Victor als Erben des Kaiserreichs durch eine Deputation auffordern zu lassen. Der Prinz hat aber die nachgesuchte Audienz mit der Erklärung verweigert, daß er den Empfang der Herren für unnöthig halte, da er nicht gewohnt sei, sich verhören zu lassen oder gegen lügenhafte Anklagen sich zu vertheivigen, und daß es genüge, wenn er in seinem und seines Sohnes Namen die Verschiedenheit seiner Politik von derjenigen jener Versammlung erkläre.
Paris, 20. Okt. Gestern und heute sind die Pariser Klöster von dem Besuch der Polizeikommiffare verschont geblieben. Sie benützen die Frist, die ihnen gewährt wird, um sich nach Kräften zur Vertheidigung
zu rüsten. Die Kapuziner und Dominikaner besonders scheinen aus ihren Klöstern wahre Festungen gemacht zu haben. Die Thüren sind nicht nur verriegelt, sondern auch innerhalb durch schwere Ketten verstärkt worden; es wird Niemand zugelaffen, der nicht vorher ein scharfes Verhör bestanden hat. An den benachbarten Straßenecken sind Vorposten ausgestellt, die einander von 5 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abend» ablösen und alles Verdächtige zu signalisiren haben. Kurz, es scheint, als ob die Ordensbrüder es auf eine vollständige Belagerung ankommen lassen wollten. Auch aus den Provinzen wird heute von neuen Vollstreckungen wenig gemeldet; nur in Rennes sind die Karmeliter ausgetrieben worden.
Paris, 22. Okt. „Agence Havas" meldet aus Ragusa: Riza Pascha traf energische Maßregeln für die Uebergabe DulcignoS in Gegenwart der europäischen Repräsentanten, welch letztere Fürst Ilikita zur Bedingung gemacht hat. In Folge dessen sind Delegirte des Geschwaders nach Cettinje gegangen.
England
London. 21. Okr. Die St. James Gazette schreibt: Es ist Grund zur Annahme vorhanden, daß die Regierung, angesichts der rasch zunehmenden Verschlimmerung der Zustände in Irland und überzeugt, daß ihre schwächliche Aktion unter Männern aller Parteien, sogar ihrer eigenen, Unzufriedenheit hervorgerufen hat, die Annahme von Maßregeln in Betracht zieht, welche geeignet sind, dem Unheil rascher Einhalt zu thun, als die in jüngster Zeit beabsichtigten. — In Folge der unruhigen Zustände im Westen von Irland sind 700 Extrapolizisten nach Galway geschickt worden. deßgleichen wurden Truppen dahin adgesandt. Zwei Kavallerieabtheilungen sind nach Clifden abgegangen, um die Pachtzinskollekioren zu unterstützen, da das Volk sich weigert den Pachtzins zu entrichten. Der Graf Rosse hat seinen ärmeren Pächtern eine Reduktion von 25<>/g ihres Pachtzinses für das laufende halbe Jahr gewährt. In einigen Fällen wurden sämmtliche Rückstände nachgelassen.
Türkei.
Vier Bairaktare und aldanesische Ligasührer find plötzlich mit Tod abgegangen. Man will behaupten, sie seien vergiftet worden, weßhalb große Aufregung in Scutari herrscht. _
Je seltener uns der hohe Genuß zu Theil wird, den dre Aufführung
von klassischen Tonwerken gewährt, mit desto größerer Freude müssen wir es begrüßen, wenn uns nach langer Pause wieder einmal die Gelegenheit geboten wird, an unserem geistigen Auge eines jener Tongemälde vorübergeführt zu sehen, die der unbestrittene Stolz der deutschen Nation sind. Der Name „Haydn* ist ein so glänzender Stern in der Geschichte der deutschen Musik, dGß er allein schon eine gewaltige Anziehungskraft ist. Von welch überwältigender Wirkung aber sein größte» und genialstes Werk „die Schöpfung" ist, davon vermag die nachstehende kurze Gedankenfolge de» Werkes nur einen schwachen Begriff zu geben. Möge darum Niemand versäumen, den anerkennungswerthen Bestrebungen des Kirchen- gesangvsreins, die ein so großes Opfer an Mühe und Zeit sind, durch den Besuch der nächsten Aufführung entgegenzukommen.
Jof. Haydn s Schöpfung.
Vielleicht ist ein Wort über dies herrliche Oratorium, welches der
Feuilleton.
Fünfzehnhundert Thaler.
Nach den Erzählungen eines Polizeibeamten mitgetheilt
von
Karl Chop.
(Fortsetzung.)
„Hören Sie, lieber Freund. Selbitz hat den großen Garten, wie Sie wissen, vom Kanzleidirektor Bornemann erkauft und ich — —"
Ein heftige« Klopfen unterbrach Wagner's Rede.
„Dachte ich mir'e doch, daß ich die verehrte Madame hier finden würde," sprach Maier, indem er. ohne nur unser „Herein" abzuwarten, frischweg in das Zimmer hereintrat.
Ihm folgte,u meiner Verwunderung der Rechnungsrath Volland, wenn auch etwa« zögernd, nach.
„Was schaffst Du hier?" fuhr Maier zu seiner Frau gewandt fort. „Wae hast Du in diesem Hause zu suchen?"
„Mich dünkt, Sie sind vor Allem uns auf dieselbe Frage Antwort schuldig, meine Herren. Was berechtigt Sie, hier einzudringen?"
„Wie? Hat der Mann nicht das Recht, nach seiner Frau zu sehen und sie vor thörichten Streichen zu bewahren?"
„Und Sie, Herr Rechnungsrath? Was verschafft mir die Ehre?"
„Ich habe den Herrn gebeten, mit mir zu gehen," erklärte Maier
an der Stelle des Angeredkten. der sich ziemlich ängstlich in der Nähe der Thür hielt. „Ich hatte keine Lust, allein in das Hau» eine» verzweifelten Gegner» zu gehen, und da dem Herrn Rechnungsrath die Angelegenheit schon bekannt ist-"
„Ach. ich verstehe." warf ich ein, „der Herr RechnungSrath hat seine psychologischen Kenntnisse vervollkommnen und nebenbei der Frau Gemahlin eine recht pikante Nachricht zum Souper auftischen wollen."
Dem Rechnungrrathe mochte meine spöttische Miene nicht recht geheuer Vorkommen. Er traute auch wohl der ganzen Sachlage nicht mehr und schwieg deßhalb verlegen.
Um so frecher trat Maier auf.
„Marsch nach Hause!" schrie er seiner Frau zu. „Du hast in einem solchen Hause nicht» zu suchen. Verstanden?"
„In einem solchen Hause? Wa» soll da» heißen?" fragte Wagner drohend.
„O, o l Nur nicht so empfindlich und hitzig, verehrter Herr Rechtsanwalt," höhnte Maier. „Ein Betrüger, der anvertraute Gelder unterschlägt, hat wahrlich kein Recht, so tugendhaft aufzubrausen."
„Ganz recht, Herr Maier. Nur paffen Ihre Worte, über welche Sie mir Rechenschaft geben werden, durchaus nicht auf mich; denn ich bin jetzt glücklicherweise im Stande, den Verbleib jener Summe nachzuweisen."
„So? Glaub'» schon," entgegnet« der Kaufmann mit höhnischer Miene, aber doch ein wenig bleicher alr vorher. „Der Herr Rechtsanwalt, als sorgsamer Hau«vater, haben sicherlich genau notirt, für welche
!