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Faß auf allen Seiten verschloß, wodurch eine Explosion erfolgte, die ihn derart am Kopfe verletzte, daß er der Verwundung erlag.
— B opfingen, 17. Okt. Gestern Vormittag machte ein Handwerks- bursche aus Sachsen, der verhaftet werden sollte, der hiesigen Polizei viel zu schaffen. Den Polizeidiener schlug er zu Boden, den Landjäger schlug er ins Gesicht, daß er blutete, den Steueraufseher biß er in die Hand und einen andern in den Schenkel. Mehr als ein halb Dutzend handfeste Männer mußten herbeigerusen werden. um denselben in das Arrestlokal zu bringen; der Strolch geberdete sich wie ein Wüthender und simulirte auf dem Wege nach dem Arrest Epilepsie. Ein paar gute Handschellen brachten ihn aber bald wieder zu ruhiger Besinnung. Derselbe wird morgen dem Oberamtsgericht Neresheim abgeliefert.
— In Klosterwald wurde in den Lagerbierkeller eines dortigen bedeutenden Bierbrauers eingebrochen. Ein 1100 Liter haltendes Faß Bier lief, von den Einbrechern angezapft, vollständig aus. Ein Hafnergeselle, dessen Stiefel in die hinterlafsenen Fußspuren paßten und der die Thal auch alsbald eingestanden, sitzt hinter Schloß und Riegel und harrt mit noch 8 anderen Theilnehmern die er nannte, der verdienten Strafe. — Solingen. 12. Okt. Große Aufregung herrscht seit einigen Tagen in hiesigen Fabrikantenkreisen über das plötzliche Verschwinden eines ihrer besten Abnehmer, welcher vor etwa 2 Jahren in unserer Gegend auftauchte, Anfangs nur gegen Kassa kaufte, sich auf diese Weise in das Vertrauen der Lieferanten etnschlich und nunmehr, wie es allgemein heißt, mit Hinterlassung von 200,000 ungedeckter Schulden verschwunden ist. Heute Morgen ist der Kommis des Flüchtigen aufgegriffen und geschloffen nach Elberfeld abgeführt worden.
— Mainz, 15. Okt. Ein schändlicher Raubüberfall ist gestern Abend kurz nach 7 Uhr in unserer Stadt vorgekommen. Der in der Kleinen Emmeransstraße wohnende Bankier G., eine allgemein geachtete Persönlichkeit, befand sich um die angegebene Stunde noch in seine« Comptoir und war gerade beschäftigt, das Bureau zu schließen, um sich nach seiner Wohnung zu begeben. Gerade als sich der Bankier entfernen wollte, kam durch die Hintere Thür (die nach der Straße führende war bereits verschlossen) ein junger Mann und verlangte noch ein Loos zu kaufen. Hr. G. wollte anfänglich das Loos nicht mehr abgeben, doch der junge Mann drängte und so entschloß sich endlich Hr. G., das Loos zu verabfolgen. Kaum hatte sich aber der Bankier nach seinem Geldschranke gewendet, um das Verlangte zu holen, als sich der Fremde von hinten mit aller Gewalt auf den alten Mann stürzte, diesem die Kehle würgte und ihn zu Boden riß. Bei dem Hinstürzen verlor der Fremde aber auch das Gleichgewicht und er siel mit zu Boden. Dadurch wurde der Hals des Bankiers frei und er konnte um Hilfe rufen. Als der Räuber nun merkte, daß sein Spiel dadurch verloren, wollte er wenigsten« seine Person in Sicherheit bringen und er eilte dem Ausgang zu. Bei dieser Gelegenheit fiel der Fremde gegen einen Ofen, riß diesen um und verlor dabei seinen Hut. Es gelang ihm jedoch zu entkommen.
— Cöln. 17. Okt. Der gestrige großartige Festzug stellte 3 Momente aus der Baugeschichte des Domes dar: Die Grundsteinlegung 1284, Einweihung des vollendeten Chors, 1322, Grundsteinlegung zum Ausbaue LeS Domes 1842 Die Entwürfe waren von hervorragenden Düsseldorfer Künstlern gemacht. Kostüme. Waffen, Rüstungen — Alles war stylvoll und prächtig. Der Glanzpunkt des ganzen Zuges war „das Kriegsschiff der Hansa", der Wagen, der dasselbe trug, blieb jedoch gerade vor dem Kaiser-Pavillon eine kurze Zeit im Sande stecken. Als die in der letzten Abtheilung marschirenden Pagen der deutschen Reichslande vor der Büste Friedrich Wilhelms IV. Eichenkränze niederlegten und dann dem Kaiser Wilhelm huldigten, weinte dieser vor Rührung. Den Schluß des Zuges bildeten Truppen aller Waffengattungen und aus allen Ländern des Reichs. Alle Stimmen sind darüber einig, daß Deutschland in diesem Jahrhundert noch nie einen ähnlichen Zug gesehen habe. Derselbe fand auch so sehr den Beifall der Majestäten, daß er (ohne die Wagen) noch einmal defiliren mußte. Nach Beendigung des Zuges brachte der Oberbürgermeister Becker ein Hoch auf den Kaiser. Die ganze Versammlung stimmte hierauf die „Wacht am Rhein" und darauf „Heil Dir im S iegeskranz" an.
nichts mehr zu verheimlichen. Das arme Weib wird bald genug erfahren, daß man mich zu einem Diebe machen will, der seinem Auftraggeber fünfzehnhundert Thaler unterschlagen hat."
Während der Rechtsanwalt sein Gesicht in den Händen barg, rührte sich die unglückliche Frau nicht von der Stelle. Sie sah nur wie mechanisch einmal ihren Mann und dann wieder mich an.
„Sie? Sie behaupten das?" sagte sie endlich, indem sie mit drohenden Blicken an mich herantrat. „Sie, Sie, der Freund meines Emil?" -
„Ich habe den ganzen Tag verwendet, um seine Unschuld, von,der ich bis jetzt fest überzeugt bin, an da« Licht zu bringen," entgegnete ich möglichst ruhig.
„Und das Resultat, Herr Inspektor? Sie müssen doch seine Unschuld entdeckt haben I"
^ „Das Resultat ist leider kein günstiges." erklärte ich offen. „Ich bin
bei Maier gewesen und habe die Akten eingesehen.'
„Natürlich ohne Erfolg," bemerkte Wagner tonlos. „Das wußte ich bereits. Ist das Alles?"
Nein, Frau Maier hat mir auch das Wirthschaftsbuch des Rentiers Selbitz übergeben."
„Gott sei Dank! Das wenigstens kann nur gut sein," sprach Wagner. „Selbitz war ein braver, ordnungsliebender Mann. Die Einnahme muß sich verzeichnet finden."
„Leider habe ich. bis jetzt vergebens darnach gesucht," erklärte ich betrübt. „Sie können sich selbst davon überzeugen; denn dieß hier ist
Nachmittags 4 Uhr begann im großen Gürzenich-Saale das Festbankett, bei dem der Kronprinz als Vertreter de« Kaisers mit allen Fürstlichkeiten erschien. Der Geladenen waren es über 600. Nach dem vom Oberbürgermeister auf den Kaiser ausgebrachten Hoch trank der Kronprinz aus goldenem Pokale auf die deutsche Treue und Einigkeit, deren Sinnbild der neue vollendete Dom sei. „Wie das ganze Vaterland Theil an ihm hat, so möge es bis in die fernsten Zeiten dauern, ein deutsches Werk, zu freudiger Erhebung eines großen, glücklichen, im Frieden geeinten Volkes!" Dis Worte Einigkeit und Frieden betonte Se. Kais. Hoheit mit besonderem Nachdruck. Um 7 Uhr wurde die Tafel aufgehoben und der Kronprinz verließ unter donnerndem Hoch den Saal. Auch Moltke wurde beim Verlassen des Saales mit großer Begeisterung vom draußen stehenden Volke begrüßt.
Vor dem Festbankett hatte der Kronprinz in Schloß Brühl eine Deputation der Freimaurer-Loge empfangen, die den Kaiser und ihn zur Theilnahme an einer Fest-Loge einladen wollte. Er dankte jedoch und gab dabei den Empfindungen Ausdruck, den die Dombaufeier auf ihn gemacht. Dieses Fest sei ein nationales Fest, aber zugleich auch ein Fest der Hohsnzol lern. Die Ueberlebenden hätten sich glücklich zu schätzen, die Bestrebungen der Vorfahren durch einen herrlichen Erfolg gekrönt zu sehen.
Eine Störung des Festes, die man von den Ultramontanen befürchtete, ist nicht eingetreten. Dieselben haben sich in den Schmollwinkel zurückgezogen, grollend darüber, daß ihr Protest von dem Kaiser nicht einmal angenommen und der Erzbischof Melchers nicht, wie sie verlangten, zurückgerufen worden ist. .
Auch in Stuttgart fand am Abend des 15. Okt. eine Dombaufeier statt. Prof. Lübke hatte eine Festsitzung des Architektenvereins zu diesem Zwecke veranstaltet. Der berühmte Kunsthistoriker sprach über die nationale Bedeutung des Kölner Bauwerks und schloß mit einem Hoch auf Kaiser und Reich!
— Ein Gürtler in Berlin hatte Brustschmerzen, er ging daher zu einem Metzger und ließ sich von zwei Gesellen „zieh en". Bald krachte es auch, aber der Schmerz war nicht weg. sondern wurde ärger. Nun ging er zum Doktor und dieser fand sofort, daß eine Rippe gebrochen war.
— Ein Berliner Glasermeister suchte durch Annonce einen jungen Mann zur Instandhaltung seiner Bücher für zwei Nachmittage in der Woche. Schon am nächsten Vormittag waren auf die betreffende Annonce 439 Offerten von Leuten fast aller Stände eingegangen.
Wien, 10. Okt. (Eine Vergangenheit.) Der Maurer Schmalzbauer, der beim Militär nicht weniger als 10.200 Ruthenstreiche und 335 Stockstreiche erhielt, überdies etwa achtzehn Jahre im Kerker weilte — alles wegen Diebstahles — befand sich heute wegen eines Einbruchsdiebstahls vor Gericht und wurde zu fünf Jahren schweren Kerkers verurtheilt.
Die k. Kurie in Pest beschäftigte sich in der vorigen Woche mit der Affaire eines Mannes, der sich bereits vom sechsten Weibe wegen „unversöhnlichen Hasses" scheiden lassen will. Es ist dieß ein Gutsbesitzer aus dem Somogyer Komitat, der, wie seine Frau versichert, an Ehescheidungsmanie" leidet.
Prag. 11. Okt. Im hiesigen allgemeinen Krankenhause wurde gestern ein eigenihümliches Hochzeitsfest gefeiert. Daselbst befindet sich in Pflege ein am ganzen Körper gelähmter Kranker, ein ehemaliger Cirkus- clown, dem Publikum unter dem Namen der „dumme August" bekannt. Derselbe vermag sich ohne fremde Beihilfe nicht einmal vom Bett zu erheben. Während seiner mehrmonatlichen Spilalspflege knüpfte er im Krankenhause ein Liebesverhältniß mit einer Wärterin an und gestern fand die Hochzeit statt. Als Trauungszeugen fungirten Patienten.
Zürich. 14. Okt. Wie die ,Z. N." mittheilen, hat letzten Montag der Chemiker der Stadt Zürich in Begleitung eines Polizeiwachtmeisters die Erhebung der Sauserproben (Sauser — neuer Wein) begonnen. An einzelnen Orten wurden Fässer polizeilich mit Beschlag belegt, weil sie erhebliche Mengen gesundheitsschädlicher, schwefeliger Säure oder Salicyle vorfanden.
Paris, 15. Okt. Für die Pariser ist heute ein großer Tag, der
der Band, der jene Einnahme enthalten müßte." ^
Wiederum begannen wir, und zwar nunmehr zu Dreien, die in dem verhängnißvollen Quartbande verzeichneten Einnahmen des Rentiers sorgsam Blatt um Blatt und Zeile um Zeile zu durchlesen. Ich kann wohl l sagen, daß uns nicht ein Buchstabe entgangen ist. Es galt ja Ehre, !
Glück und Leben einer ganzen Familie. Doch alle Mühe war auch dieß- !
mal vergebens aufgewendet. !
„Es ist aus, ich bin verloren," stöhnte Wagner, als wir die Arbeit zum dritten Male vollendet halten. „Gott ist mein Zeuge, daß ich unschuldig bin, aber ich sehe ein: vor den Menschen bin ich schuldig. Verhaften Sie mich, Herr Inspektor!"
„Emil! Herr Inspektor! Ist es wahr? Sie wollen, Sie müssen meinen Mann verhaften?" l
„Noch habe ich hierzu weder den Auftrag noch die Pflicht," sagte ich düster. . ,
„Aber Sie fürchten, daß dieser Auftrag nicht lange ausbleiben wird? fragte Frau Wagner eigenthümlich ruhig.
„Ich gehe jetzt zum Staatsanwalts von Bennewitz, um ihm Bericht zu erstatten," entgegnete ich ausweichend. „Von seinen Entschließungen wird das Weitere abhängen."
„Warum dieß Wettere abwarten? Ich gehe schon jetzt mit Ihnen." „Nein, Sie bleiben hier, wenn Sie dem Ralhe eines Freundes folgen wollen. Es können noch Tage verstreichen, bevor der schlimme Beschluß gefaßt wird. Benutzen Sie die kostbare Zeit wohl."
(Fortsetzung folgt.)