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Engla n d.
London, 17. Sept. Timer meldet aus Gravosa den 16. d.: Die heute stattgehabte Konferenz der Admirale beschloß, die fremden Konsuln in Ekulari und Dulcigno aufzusordern, ihre Familien sofort an einen sicheren Ort zu bringen. — Daily News meldet aus Kandahar den 44- ds.: Unter dem Vorsitz des Generals Phayre trat ein Kriegsgericht zusammen zur Untersuchung der Ursachen der Niederlage des Generals Burrow.
Türkei.
Ragusa, .6. Sept. Der englische Vizeadmiral Seym » ur übernimmt am 20. September das Kommando der vereinigten Kriegsschiffe der Mächte. Derselbe Hat das Avisoschiff Helikon zur Rekognoszirung in die Gewässer von Dulcigno entsendet. Von öüreich. Kriegsschiffen nehmen nur 2 Panzerfahrzeuge unter dem Befehle eines Schiffskapiläns an der Flottendemonstration Theil.
Montenegro
Cattaro, 17. Sept »000 Montenegriner mit 3 Gchirgsbaltsrien und einer schweren Batterie stehen bei Suterman oberhalb Antivari bereit zum Vorrücken, sobald die europäische Flotte in Sicht kommen wird. Da« verschanzte albanesische Lager auf Mazura Planina liegt im Schußbereiche der Flotte. In Dulcigno befehligt Ibrahim B,y.
Äfren.
Der Korresp. des Standard meldet aus Kandahar, den 8. Sept.: Man weiß absolut nicht. was aus Ejubs Kavallerie und regulärer Infanterie geworden ist. Er steht fest, daß nur sehr wenig an der Schlacht beiheiligt waren und auf der Flucht keine Spur deiselben entdeckt wurde. Die Richtung, nach welcher sie sich gtwendel und die Zeit, um welche sie das Lager verlassen haben, sind ein vollständiges Geheimniß.
Tages-Neuigkeiten.
— Stuttgart, 17. Sept. Ein vielfach schon laut gewoidener Wunsch soll endlich in Erfüllung gehen — der Thiergarten wird einen Elephanten erhalten. Hr. N>ll jun. ist gestern abgereisr, um ein 3—IjährigeS, an einem Seeplatz Frankreichs ringet,offenes Thier in Belfvrt in Empfang zu nehmen. Der etwa 1 V 2 Meter große Dickhäuter soll vollständig gezähmt und überaus zutraulich sein; man könne ihn — sagt der Verkäufer — frei im Garten herumlaufen lassen, er mache allerlei Kunststücke, und Kinder, die sich ihm zutraulich nähern, etwa auch mit Leckerbissen seine Gunst erwerben, nehme er mit dem Rüffel sachte aus und setze sie auf seinen Rücken. Das wird eine Freuds werden für unsere Jugend. Der Elephant wird im Lauf der nächsten Woche hier eintreffen.
— Lud w igs d u r g. 17. Septbr. Heute wurde ein durchgegangener Soldat des 4. Inf -Reg. mit blutigen Kleidern und mit verbundenem Arm vom Bahnhof durch die Stadt lransportirt unter starker Eskorte und begleitet von der Schuljugend. Der Mann wurde in Bietigheim ausgegriffen und sollte durch einen Landjäger mit dem sp/zUhr-Zug hieher geliefert werden, er sprang aber aus dem Bietigheimsr Bahnhof unter den herannahenden Zug. Die Lokomotive brachte ihm eine unbedeutende Wunde am Kopfe bei und schnitt ihm den linken Arm ab. Nachdem der Mann in Bietigheim den ersten Verband erhalten hatte, traf er nun mit dem 11-Uhl-Zug hier ein. Der Ergriffene ist der Fahnenflucht und eines Einbruchs bei Gastwirth Kreß beschuldigt; tem Letzteren wurden in der Nacht vom 15.-16. d. Mts. mehrere Hundert Mark mittelst Erbrechens feines Sekretärs entwendet und in der gleichen Nacht verschwand der Soldat.
— Von der Jagst, 16. Sept. Ein Bauer unserer Gegend ließ in -einem Eisenbahnwagen eine Brieftasche liegen; darin besanden sich Schuldscheine über 1800 und 150 -4L Papiergeld. Beim Coupiren der Billele fand em Kondukteur dieselbe und lieferte sie an den nächsten Stationsvor- fiand ab. Der Verlierer ward baldigst aurgemiltelt, sein Name war im Buche verzeichnet Bei der Abholung hinterließ der Bauer für den ehrlichen Finder em Präsent von 50 L, auf deren Annahme natürlich verzichtet wurde.
— Pforzheim, 15. Sept. Der hiesige Verschö nerungsoerein. dessen
rühmenswerthe Bestrebungen diese Stadt und ihre Umgebung schon viele Zierden verdanken, hat in neuerer Zeit drei Springbrunnen errichtet, welche ihre Strahlen in einer Höhe von mehr als 30 Metern ergießen und dadurch jedem Beschauer einen überraschenden Eindruck gewähren. Insbesondere bildet der neue Springbrunnen am Bahnhöfe eine Zierde diese» Sladttheils.
— Darmstadt. 16. Sept. Jüngst fand hier eine Gerichtsverhandlung gegen die Polytechmker Müller und Vogt, welche der Mißhandlung angeklagt waren uns auch zu 4 resp 3 Wochen Gefängniß verurtheilt wurden, statt. Am Tage nach dieser Verhandlung erhielt Herr Amtsanwalt Dr. Meisel von -da, beiden Polytechnikern eine Herausforderung zum Duell, weil er sich erlaubt hatte, in Ausübung seiner Amtspflicht das Verhalten der betreffenden Herren vom Standpunkte der Anklage aus darzulegen. Darin wuroe eine sofortige „Satisfaktion" erheischende Beleidigung erkannt und der Herr Amtsanwalt hierfür in aller Form auf die Mensur gefordert. Letzterer hatte aber natürlich, wie der ,T. A." bemerkt, auf dieses in den Annalen der Geschichte des Zweikampfs wohl ohne Beispiel dastehende Ansinnen keine andere Antwort. als die Thatsache einfach dem Strafrichter zur geneigten Kenntnißnahwe zu unterbreiten, der also auch hierüber demnächst zu befinden haben wird.
— München, 16. Sept. Seit gestern hat dahier ein solcher Witter- ungSumfchlag stattgefunden, daß heute Vormittags bei naßkaltem Regcr- wetler die meisten Lokalitäten geheizt waren.
— Nürnberg, 15. Sept. Die Aussicht auf die durch die Tagespreffe angekündigten Ringkämpse hatte dem Cirkus Wulff gestern Abend so starken Besuch zugeführt, daß der Zuschouerraum vollständig ausverkauft war. Viele Polizisten überwachten den Cirkus, um Störungen zu verhüten. Vor der drittletzten Nummer des Programms wurde der Ringkampf des Herrn Christo!, des Achteten des Circus. mit einem schwarzmaskirten und schwarzgekleideten unbekannten Herrn, der sich als .Herr N.. Jofephsplatz", bezeich- nete, eingeschoben. N. war eine hohe kräftige Gestalt und zeichnete sich durch Ruhe und Sicherheit aus. Nach wenigen Handgriffen faßte er Herrn Christol, hob ihn hoch empor, hielt ihn so einen Augenblick und warf ihn dann regelrecht zu Boden, so daß er mit beiden Schultern an der Erve lag. in welcher Lage er ihn fest hielt. Als Christol zu Boden kam, stieß er einen lauten Schmerzensschrei aus. Mitglieder d«s Cirkus eilten hinzu, trennten die Kämpfenden unv führten Chrmol, der das eine Bein nachzog. hinaus. In wenigen Augenblicken war die ganze Szene, rre auf die Nerven der Zuschauer sehr erregend wirkte, vorüber. In und vor dem Circus ereignete sich nicht die geringste Störung. Um indeß ähnlichen Auftritten vorzubeugen, hat die Polizei fernere Rmgkämpfe untersagt.
— Neustadt (Pfalz), 13. Sept. Am 21. März und am 12. Juli d. I. haben in Königsbach im Gasthaus zur Krone von Wemproduzenlm zahlreich besuchte Versammlungen stalkgefunden, um zu berathen, welche Mittel in Anwendung kommen können, der sicy immer weiter verbreitenden Weinfabrikation und der sogenanmen Ve-beflecung der Weine entgegen zu wirkm. damit durch diese Industrie der Weinbau nicht total ruinirl werde. Die Besprechung der verzweiflungsvollen Lage. in welche der Weinbau durch diese Industrie schon gekommen ist, hat zur Ueberzeugung geführt, daß die heillose Verwirrung im Weinhandel und bas Mißtrauen gegen alle Weinorte daher kommt, daß die Käufer von Most und Wein keine Garantie dafür haben, reine naturwüchsige Weine zu bekommen, selbst dann nicht, wenn sie dieselben an Orr und Stelle von Produzenten kaufen. Da Weinhändler und Wirlhe keine Garantie für die Echtheit ihrer Weine haben, so sind sie auch nicht in der Lage, für die Echtheit derselben ga- rantiren zu können. Dies ist die Ursache, daß immer weniger Naturwein und dafür immer mehr fadrizirte und sogen, verbesserte Weine getrunken werden trotz der Erklärung der Aerzte, daß Krankheiten, die früher nur äußerst selten vorgelommen sind, nue Magenkrebs, Gehirnerweichung und dergl., jetzt zum Schrecken häufig Vorkommen, seitdem fadrizirte und sogen, verbesserte Weine getrunken werden. Die vorerwähnten Versammlungen haben einen „Königsdacher Wemproduzenten-Verein" gegründet, der seine Slaluten nunmehr der Oeffenllichkeil übergibt.
— Koblenz, 16. Sepi. Eia gemeiner Streich wurde am Sonntag
„Das Publikum harte nach dem Zwischenfall sich allmählig beruhigt; > man hatte wieder Platz genommen — Zwei als Damen verkleidete Herren sollten mit einem komischen Duett das unterbrochene Programm fortsetzen.
„Es war mir unmöglich, weiter zuzuhöcen; der Conlrast war zu entsetzlich, — Mein Freund, welcher zum The,l meine Erregung und die Ursache jenes Vorfalles bemerkt hatte, war zartfühlend genug, mich nicht mit Fragen zu belästigen; Arm in Ärm traten wir in die Nacht hinaus.
„Draußen war der Mond ausgegangen, die blaffe Sichel beleuchtete mit zweifelhaftem Dämmerlicht unfern Heimweg. Wohlihuend kühlte der Nachlwind meine heiße Stirn. Ww gingen schweigend nach unserm Lager hinüber, wo im Zette meines Genossen der Bursche durch Stroh und Decken noch ein zweites Bett für mich hergestellt hatte.
„Ich vermochte nicht einzuschlafen. Mit fiebernden Wangen und wild pochendem Herzen wälzte ich mich auf dem glühenden Lager, den ruhigen Athemzügen des längst entschlummerten Freundes lauschend. — Rings tiefe feierliche Stille, nur hin und wieder durch den fernen Ruf der Posten unterbrochen, der gleich einem dumpfen, ängstlichen Hülferuf über die weite Haide herüderschallte. Entsetzliche Gedanken durchzuckten mein Hirn.
Meine arme, süße Angelika; was hatte sie Alle« erduldet.; u« Jugend, um Herzensremheit, um Alles betrogen. — Sie, da« verzärtelte, stolze Kind — mit Gauklern und Vagabunden zusammengeworfen — eine öffentliche Sängerin, — umbuhlt und p^eiSgegeben dey frechen Lüsternheit jedes Zudringlichen.-
„Ich fühlte die alte Liebe wieder empsrblühen, deren Wurzeln ich
, länast in meinem Herzen verdorrt wähnte, neu belebt und befeuchtet durch das warme Gefühl des Mitleids. — Um jeden Preis, beschloß ich. sie zu retten, ich wollte sie fortziehen von jenem Abgrunde, an dem ihr Fuß bereit» gestrauchelt, ehe sie darin unterging für immer. Meine Schwester sollte st« in ihre Familie aufnehmen; dort war für die arme Verirrte ein Asyl gefunden, wo sie ungekannt und behütet vor boshafter Neugierde sich ausruhen, ein neues Leben beginnen konnte. Und dann, wenn sie wieder frischen Lebensmuth errungen, wenn sie sich selbst wieder gewonnen, dann
„Draußen wirbelten die Trommeln zur Reveille. als ich aus dem kurzen Schlummer, der endlich meine müden Augen geschloffen, erwachte.
„Wein Entschluß stand fest; ich wollte sofort zum Direktor gehen und Angelika'» Verpflichtungen lösen. Ich war bald angekleidet und trat in den thausrischen Morgen hinaus. — Eben warf die ausgehende Sonne ihre ersten Streiflichter über die Haid«; lerchte, rosig umsäumte Wölkchen zogen am Himmel einher, einer zahllosen Heerde von Schäfchen gleichmd, leise spielte der Morgenwind mit den Wimpeln und Fähnchen über den Zetten, vor denen pfeifend und unter munteren Scherzen die Soldaten mit dem Reinigen der Sachen und Waffe» beschäftigt waren; die Dragoner ritten eben, einen schlanken Offiz»er an der Spitze, ihre Pferde zur Träyäe. „
„Ich ging nach den Markedenterzelten hinaus, wo auch schon überall
rege« Leben und Bewegung herrschte.
(Schluß folgt).