Das Cakwer W»<k«a» kkait »scheint am Diensta»,Donnerstag u. Kamst«». Abon- nementSpreiS halb­jährlich i <^l> 80 ^ bmch die Post bezo­gen im Bezirk 2 öü L . sonst in ganz Württemberg 2 °L70L.

erW»lhenblsll

Für L a kw abonnirt man bei der Redak­tion, auswärts bei den Bolen oder der nächstgclegenen Poststelle.

Die EinrückungS« . gebühr beträgt 9 L V für die vierspaltige Zeile oder deren Raum.

Amts- unä IntekkigenMatt ^ür äen Aezir^.

Nro. 107.

Dienstag, den 14. September L88O

55. Jahrgang

Amtliches.

Seine Königliche Majestät haben durch Höchste Entschließung vom 10. Seht, dem Ncvierförster Frerhcrrn v. GaiSberg in Liebenzell den Titel emcö Oberförster« zu ver­leihen geruht.

Dem SektionSingcnieur Keller, Betricbsbauamlsvorstand der württembergischen Bahn in Pforzheim, wurde der Titel und Rang eines Bauinspektois verliehen.

Am 10. September wurde von der evangelischen Oberschulbehörde die Schulstelle in Alienburg, Bez. Tübingen, dem Schullehrer Wild in Obcrreichcnbach, die in Schanbach, Bc;. Schorndorf, dem Unterlehrer Schmid in Aliburg definitiv übertragen.

Politische Nachrichten.

Deutsches Reich.

Berlin, 8. Sept. Der künftige Staatssekretär des Reichsamts des Innern ist bereits ernannt und zwar in der Person des Oberpräsidenten v. Bötticher. Derselbe war früher als Hilfsarbeiter in den Ministerien für Handel und des Innern beschäftigt. In letzterem avancirte er zum Vortragenden Roth, war dann Landdrost in Hannover. Regierungspräsident in Schleswig und endlich als Nachfolger des Hrn. v. Scheel-Plesftn Ob-r- präsident von Schleswig-Holstein. Er gehörte wiederholt dem preußischen Avgeordnetenbause und dem Reichstage an; in letzterem hielt er sich zur deutschen Reichspartei. Man weiß, daß er in der Zolitarifkommission eine eiftige Thätigkeit entfaltet hat, und daß er in besonderem Ansehen bei dem Reichskanzler steht. Sein Amtsoorgeber versieht übrigens hier keine amt­lichen Funkstonen mehr und wird zu Ende dieses Monats nach Straßburg übersiedeln.

Berlin. 8. Sept. Die neue liberale Gruppe entschied sich nach der Franks. Zeitung" dahin, daß ein sreuudschaftliches Verhältniß mit der Fortschrittspartei naturgemäß sich ergeben werde, wo ein entschiedenes Frowmachen gegen andere Parteien geboten erscheine. Von der sofortigen Umgestaltung bezw. Aufhebung der neuen Zollg'setzgebung sei abzusehen, um nicht neue Beunruhigung tu Handel und Gewerbe zu bringen. Einig­keit herrschte jedoch darüber, daß die Aushebung der Zölle auf Getreide, Holz, Petroleum und sonstig- nothwendige Lebensmittel nur Frage der Zeit sei und bald werde beantragt werden müssen. Der nächste Delegirtentag der Liberalen findet Ende Oktober statt.

Ueber eine Versammlung von Freunden der n eu e n P a r t e i ver­lautet, daß man der Fortschrittspartei näher rücken und bet den Wahlen mit ihr zusammen gegen die Rechte gehen wolle. Laster verreist auf einige Monats.

Köln, 8. Sept. Heute Abend, wird demFc. I " geschrieben, fand eine Katholikenversammlung Hierselbst statt, um die Stellung za präzisüen, welche man gegenüber dem Dombaufest einzunebmen habe. Man nahm mehrere Resolutionen an. dahingehend, hie Versammlung begrüße die Vollendung des Domes mit Freuden und spricht allen denen, welche den Bau förderten, ihren Dank aus; bedauert aber aui's Tiefste, daß die Feier der Vollendung in die Zeit des kirchlichen Konflikts fällt, in welchem der Oberhirte zur Theilnahme verhindert ist; ferner spricht die Versamm­lung die Erwartung aus, daß die katholischen Bürger sich an dem Dank­

gottesdienste betheiliqen. den übrigen Festlichkeiten gegenüber aber eine würdige Zurückhaltung beobachten nn Sinne des Tom-Kapitels und des ErzbischofeS.

Frankreich.

Paris. 8 Sept. Die Annexion von Tahiti erfüllt die hiesigen politischen Kreise mit großer Genugthuung. Sie wird jedenfalls in Frank­reich ein größeres Interesse an dem Gelingen des Panamo-DurchstichS Hervorrufen. Man spricht schon davon, gleichzeitig mit der Ausführung de» Panamakanals aus Tahiti ein großes Schifffahrt«- und Handelszentrum im stillen Meere zu machen.

Der osfiziöseTelegraph" berichtet:Gestern waren alle in Paris anwesenden Minister bei Jauröguiberry versammelt, um über die Flotten­kundgebung zu berathen. Es ward beschlossen, daß die französftche Re­gierung die größte Vorsicht in duser Angelegenheit beobachten wird und bestimmte Weisungen in diesem Sinne ertheilt hat. Uebrigens wird da­rauf gerechnet, daß die Psorie noch vor ter Kundgebung nachgeben wird. Rußland ist die einzige Macht, deren Kriegsschiffe Landungstruppen an Bord haben.'

DieLiberiö bringt nachstehende osfiziöse Miltheilung über dis Flottenkund­gebung : Heute um 2 Uhr fanden im Palast am Quai d'Orsay diplomatische Konferenzen statt, an welchen dis Vertreter der Mächte, welche den Berliner Vertrag unterzeichne: haben. theilnahmen. Die Versammlung wurde vom interimistischen Minister des Auswärtigen, Avmira! Jauröguib^ry, geleitet. Die Flottenkundgebung ist durchaus beschlossene Sache, alle Mächte werden sich betheiligen. Frankreich allein hat Vorbehalte gemacht; obgleich es seine Division unter die Befehle von Admiral Seymour stellt, sind gestern an den Oberbefehlshaber unserer Abtheilung, Konireadmiral L as o n t, In­struktionen abgegangen, die ihm verbieten, Theil an einem Akte zu nehmen, der als eine Feindseligkeit Frankreichs, umerüützt durch sein« Flagge, be­trachtet werden könnte. Wenn unsere Flottenablheilung in Sicht der englischen Fregatte erschienen ist. wird sie die Signale-aussühreu, die ihr gegeben werden, um ihren Posten auf der Rhede einzunehmen und, .sich daraus nach den Anordnungen des englische» Geichwavers für die Ueberwachung der Nacht- und Tagesronden richten. Ihr Gehorsam gegen die Befehle des Admirals Seymour hört beim ersten Kanonenschüsse aus. Uebrigens sind in dem Programm der Schiffsdivision Veränderungen vor- genommen worden. Die Mächte haben vereinbart, daß sie keinen Versuch der Landung machen wollen Die Feindseligkeiten werden sich vorkommenden Falles auf die Bombardirung von Dulcigno beschränken. Tie französische Schiffsabtheilung läuft diesen Abend von Toulon au». Nach Beendigung der Konferenz wird ihr eine Depesche nachgeschickt werden. Diese Flotten- dwiston besteht aus den Panzerschiffen ersten Ranges Susfren und Fried­land und au» dem Aviso Hirondelle.

England.

London, 8. Sept. Das Kriegsministerium hat im Hinblick auf die Wichtigkeit der Verwendung von Luftballons im Kriege beschlossen,

Feuilleton.

Verloren.

Novelle aus dem Soldatenleben von Max Wenzel.

(Fortsetzung.)

Erschreckt von plötzlichem Zweifel folge ich dem Blicke meiner Braut. Drüben, aus dem ersten Stockwerk des gegenüberliegenden Hauses starren mir die Gläser eines Opernglases entgegen und dahinter, als diese« ver­schwindet, erkenne ich die mir nur zu wohl bekannten blasirten Züge Brad- wells, die wich höhnisch angrinsen

Es schien mir, als ob ich jetzt erst die nagenden Qualen des armen Brackenburgs begriffe. Tausend Dämonen wurden in meinem Innern plötz­lich lebenrig; ich erinnerte mich, schon mehrfach solche schönen Bouquet« auf ihrem Schreibtisch bewundert zu haben, ohne daß tch nach ihrem Ursprung gefragt hätte.

Heftiger, als ich je gewesen, fragte ich Angelika nach dem unbekann­ten Briejsteller; voll Zorn und Eifersucht mache ich ihr Vorwürfe über ihr Betragen.

Ihr falscher Stolz empört sich; sie erklärt, daß sie deren schon mehrere empfangen, daß sie nichts darin finde, wenn man ihr Bouquets schicke; auch sie wird heftig. In ihrem kindischen Trotz sagt sie mir, wenn sie gewußt, daß ich ein solcher Tyrann sei, so würde sie sich wohl bedacht haben, meine Braut zu werden. Ein Wort gab das andere, und ohne auf da» Zureden der durch unfern lebhaften Wortwechsel herbei- gerusenen Mutter zu hören, stürze ich auf die Straße nach meiner Wohnung,

nur von dem einen Rachegedanken beseelt, dem schurkischen Engländer für diesen Streich eine Kugel durch die Rippen zu jagen.

,Ein Unglück kommt selt'ir allein!* Dies alte Splüchwort sollte sich auch an mir bewahrheiten. Eben als ich im Begriff bin, einen Freund auszusuchen, den ich als Carlellträger an Mister Bradwell schicken will, begegnet mir der Telegraphenbote. Besorgt erbreche ich die De­pesche, die er mir übergibt. Sie enthält die traurige Benachrichtigung meiner Schwester von der plötzlichen schweren Erkrankung meines alten Vater«. Zorn und Kindesliebe kämpfen in mir; der Gedanke, meinen Vater nicht mehr lebend anzutreffen, überwoz alle andern Gefühle; ich eile zum Chef-Arzt, der mir bereitwilligst Urlaub ertheilt.

»Auf den Flügeln des Dampfes eile ich der Heimath zu; wie lang­sam für meine Ungeduld, in solcher Lage kühnen sich die Minuten zur Ewigkeit au». Nach peinlichen Stunden der Ungewißheit komme ich in der Vaterstadt an. glücklicherweise nicht zu spät. Noch traf ich meinen Vater lebend, aber »ein durch ärztliche Erfahrung geübtes Auge ließ sich nicht täuschen; ich sah, daß ihm nur noch em sehr kurzes Ziel ge­steckt war.

Nach acht Tagen banger Erwartung, vergeblichen Höffens aus Bes­serung stehen wir trauernd an der Leiche des Theuren.-

Die Bestattung, die weitläufige Negulirung des Nachlasses, die Auseinandersetzung mir meinen minorennen Geschwistern machten meine Anwesenheit dort länger nöthig als ich gedacht. Endlich nach vierzehn Tagen, nachdem Alles geordnet, saß ich wieder aus der Bahn, die mich gen Nochen trug. Wie ganz andere waren meine Gefühle jetzt als bei der Herreise. Mil banger Erwartung sah ich meinem Eintreffen in Flensburg entgegen. Mein erster Zorn war verraucht; ich hatte Angelika gewiß Ua-