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Türkei.

Konstantinopel, 23. Aug. Die europäische Reformkommisfion Unterzeichnete heute die von ihr verfaßten Provinzialreglements und stellte ihre Thäligkeit ein, nachdem die Tagesordnung erschöpft ist.

TagesNeuigkeiten.

Calw, 27. August. Gestern Abend hatten wir eines jener reizenden kleinen Concerte, die in den Zuhörern einen so überaus angenehmen Ein­druck zurücklafsen. Herr Concertsänger Diezel aus Tübingen, der am letzten Sonntag in Teinach mit so großem Beifall concertirt hatte, hat uns, ehe er das ihm zur zweiten Heimath gewordene Schwabenland ganz verläßt, noch einmal mit seiner uns so wohlbekannten und immer wieder gerne gehörten herrlichen Stimme erfreut und uns den Genuß dadurch verdoppelt, daß er sich die Mitwirkung von Fräulein Zeller aus Herren­berg zu sichern wußte, deren glockenreiner, wohlgeschulter Sopran die Hörer so sympathisch berührte. Das Programm, dessen einzelne Stücke stete von wohlverdientem Beifall begleitet waren, war ein gut gewähltes und waren darin nur Namen vom besten Klange vertreten, wie Schubert, Beethoven, Silcher, Schumann. Eine angenehme Abwechslung bot das Männer­quartett unter Hrn. Diezel's Tenor-Führung und mit Hrn. Eberhard t's prachtvollem Basse. Dasselbe wählte zwei jener tiefinni-en Silcher'schen Lieder, (darunter des Meisters letzte Composition:Mir ist'» zu wohl er­gangen*,) die vorzugsweise auf das empfängliche schwäbische Gemüth be­rechnet sind. Der correkte, harmonische Vortrag derselben hat sich darum auch reichen Beifall erworben. Um nicht ungerecht zu sein, müssen wir aber auch noch der von Fräulein Buser und Fräulein Zeller in der aufopferndsten und anspruchslosesten Weise übernommenen Begleitung er­wähnen, die bei beiden Damen eine ungemeine Fertigkeit und jene» innige Anschmiegen an das Gefühl der Sängers zeigte, das diesen selbst erst zur rechten Geltung kommen läßt. Der Besuch des Concerts war leider ein mäßiger , woran die drohende, aber glücklich abgkwendete Wassersnoth einige Schuld tragen mag. Möge Herr Diezel, den unsere besten Wünsche auf seinen ferneren Kunstpfad begleiten, darum eine nicht weniger freundliche Erinnerung an Calw mit in die Ferne nehmen.

Calw, 27. Aug. Schon wieder hat ein schwerer Wolkenbruch unsere

Umgebung heimgesucht. Gestern Abend um M Uhr kam von der Station Teinach ein Telegramm an das K. Oberamt, daß im Teinachthale ein Wolkenbruch niedergegangen sei. Alles lief sofort den Brücken zu, um der Dinge zu harren, die da kommen werden. Da» Wasser war in raschem Steigen und führte Holz aller Art mit sich, auch ausgerissene junge Tan­nen mit dem ganzen Wurzelwerk. Heute hört man, daß der Wolkrn- bruch wieder in der Gegend von Liebelsberg und Oberhaugstett gefallen sei und seine Wasser theüs dem Teinach-, theils dem obern Nagoldthole zugeschiät habe. Bei der Station Teinach kam das Wasser mehr als fußhoch auf der Straße daher und richtete namentlich bei der früher Haug'scheu Wirtschaft ziemlich Schaden an. Die Ktrchherrssche Säg­mühls blieb durch rechtzeitiges Zusperren des Kanals verschont. Der Leinacher Omnibus mußte bis an die Achsen im Wasser fahren. In Tei­nach selbst kam das Wasser fußhoch durch das Portal des Badhotels. Bei der Stälin'schen Fabrik in Kenntheim, wo ein Wasserbau gemacht wird, wurde der Abschlag beschädigt. Was man weiter erzählt von weggeris- fenen Scheunen, wsggeschwemmtem Vieh und dgl., ist vorläufig noch nicht bestätigt. Nähere Nachrichten werden erst im Laufe des Tages einkommen. Ein zweiter Wolkenbruch ist gleichzeitig bei Emmingen oberhalb Wildbrrg gefallen. .. ""

Neubulach. Nachdem in diesem Blatte schon gesagt, daß der Ha­gelschlag und die damit verbundenen wolkenbruchartigen Regen am 21. und 22. d. M. hier und in der Umgegend großen Schaden angertchtet haben, muß heute noch viel Schlimmeres gemeldet werden. Nachdem gestern, den 26., den ganzen Nachmittag Gewitter links und rechts abzogen, entlud sich ein solches wiederholt zwischen 4 und 5 Uhr mit einer solchen Wucht, daß das Wasser auf ebener Straße schuhhoch daherstürzte. Auf einmal wurde wieder Allarm geschlagen, und hieß es, es nehme die Sägmühle unterhalb hiesigen Ortes fort. Die hiesige Feuerwehr begab sich sofort an den

Platz, aber welches Hinderniß trat in den Weg? denn oben an der Säg­mühls raste das Wasser vom sogenannten Pfleiderbach über die Straße so, daß nur mit Lebensgefahr über diese zu kommen war, und viele Leute. welche unten helfen wollten, wieder Kehrt machen mußten. Aber welches Schauspiel unten! Die Feuerwehr mußte, indem die Brücke mit den Grundmauern schon weggeschwemmt war, mit ihren Geräthschaften wieder den Berg hinauf und weit oben über den Bach eine Nothbrücke schlagen, um auf die andere Seite zu kommen. Ganze Stämme Holz mit sammt den Wurzeln kamen daher. Felsblöcke stürzten in den sogenannten Wasserfall. Da» Haus konnte gerettet werden. Der Schaden, welcher hier an Feldern. Wiesen. Wegen, Brücken, Stegen u. s. w. angerichtet wurde, belaust sich auf viele tausend Mark.

Stuttgart, 25. Aug. Seine Kaiserliche Hoheit der Deutsche Kronprinz und von Preußen sind gestern Abend mit militärischem Gefolge hier angekommen und haben auf Einladung Seiner Majestät des König« im Residenzschlosse, von dem Obersthosmeister Baron Thumb von Neuburg im Höchsten Aufträge empfangen, Wohnung genommen.

Stuttgart. 25. Aug. Heute früh verließ der deutsche Kronprinz nach 7 Uhr das K. Residenzschloß, und begab sich zu Wagen auf das Schmidener Feld, wo die hiesige Garnison Aufstellung genommen hatte. Der hohe Generalseldmarschall und Generalinspekteur bestieg sodann sein Pferd, ritt, von dem begeisterten Hurrah der Truppen empfangen, an die Front heran, und nahm in eingehender Weise die Inspektion vor, indem er die Fronten langsam abritt und die Truppen sodann im Parademarsch vor sich defiliren ließ. Nach 10 Uhr waren die Uebuugen beendigt und der hohe Herr begab sich, fortwährend aufs wärmste von der Bevölkerung begrüßt, nach der Stadt zurück.

Frankfurt, 24. August. Heute trug sich auf dem Amtsgericht der Fall zu, daß ein völlig unbescholtener Mann irrthümlicher Weise des Dieb­stahls von zwei Boden Floßholz angeklagt war und natürlich freigesprochen werden mußte. Bei dieser Gelegenheit ereignete sich das im Gerichtssaal noch nicht Da gewesene, daß der Gerichtshof den Mann insoweit entschädigte, als ihm wenigstens die Reise- und Zehrkosten aus der Staatskasse erstattet wurden. (§ 499 Alin. 2 der Strafprozessordnung.)

Paris, 21. Aug. Dem alten General Schramm, der schon unter dem ersten französischen Kaiserreich diente und seit längerem in Courneuve bei Saint Denis wohnt, wurde in der letzten Nacht die Summe von 600,000 Fr. in Werthpapieren und Sachen gestohlen. Die Diebe hatten sich in das Schlafzimmer des Generals eingeschlichen und alle Möbel er­brochen, ohne daß derselbe etwas davon bemerkt hatte, Er wurde erst die Sache gewahr, als er am nächsten Morgen erwachte. Die Gerichtsbehörden wurden sofort benachrichtigt. Man soll den Dieben aus der Spur sein.

Calw.

Landwirlhschastlicher Pezirksverern.

Mit dem Gaufeste am 25. Sept. soll bekanntlich eine

Ausstellung

von landwirthschaftlichen Maschinen und Geräthen, von landwirthschaft- lichen und Gartenbau-Produkten und von solchen gewerblichen Erzeugnissen, welche zu der Landwirthschaft in irgend welcher Beziehung stehen, ver­bunden werden. Um nun eine vorläufige Ueberficht über den Umfang dieser Ausstellung zu bekommen, und um die nöthigen Vorbereitungen treffen zu können, werden diejenigen Herrn Fabrikanten und Gewerbe­treibenden, welche diese Gelegenheit benützen wollen, um ihre Erzeugnisse dem richtigen Publikum zur Anschauung zu bringen, freundlichst ersucht, dieß längstens bi» 15. Sept. dem Unterzeichneten VereinSsecretär schrift- l i ch anzumelden. Dabei erlauben wir uns die Erwartung auszusprechen, daß die Ausstellung namentlich auch mit solchen Gegenständen beschickt werde, welche irgend eine Verbesserung der älteren Einrichtungen oder Formen von Feld-, Garten-, Haus-, Stall- und Scheunengeräthen aus- weisen. Ausgezeichnete Feld- und Gartengewächse sind höchst willkommen, und bitten wir, schon jetzt darauf Bedacht zu nehmen, daß von sämmt- lichen Halmfrüchten kleine, mit Schnüren gebundene Garben von 1' Dicke

lich ist, nicht wahr? Sie thun es? Wenn sie die Ringe, die ihre Mutter > ihr gegeben hat, behalten könnte, so wäre mir das sehr lieb. Muß man sie aber zu ihrem Besten verkaufen, so mag es geschehen. Meine arme Laura! Sehen Sie, wie schön sie ist!*

Da die Sache anfing zu weich und zärtlich zu werden, so ward ich ärgerlich und zog die Augenbrauen zusammen, ich hatte mit heiterer Miene zu ihm gesprochen, aber das ging nicht mehr. Endlich sagte ich: »Es ist genug, das Uebrige ist unter braven Leuten selbstverständlich. Sprechen Sie mit ihr und beeilen wir uns."

Ich drückte ihm freundlich die Hand, und da er die meine nicht los­ließ und mich ganz sonderbar ansah. sagte ich: »Wenn ich Ihnen einen Rath zu geben habe, so sprechen Sie nicht mit ihr. Wir werden die Sache so einrichten, daß sie nichts davon ahnt, und Eie sollen es auch nicht vorher wissen, das besorge ich."

Sie haben Recht," sagte er,in der Thal, das ist besser, da» Lebe­wohlsagen macht Einen zu schwach."

,Ja, ja,* sagte ich.seien Sie kein Kind, küssen Sie sie nicht, wenn es Ihnen möglich ist. sonst sind Sie verloren."

Ich drückte ihm noch einmal die Hand und ließ ihn gehen. O, das Alles war sehr hart für mich!

Es schien mir in der That, daß er da« Geheimniß sehr wohl be­wahrte. denn sie gingen Arm in Arm auf dem Deck hin und her, wohl eine Viertelstunde lang, und kamen an den Schiffsrand, um den Faden und da» Kleid wieder in Empfang zu nehmen, welches einer meiner Schiffsjungen aufgefischt hatte. Die Nacht stellte sich ein. Der Augen­

blick war da. Aber dieser Augenblick hat für mich bis zum heutigen Tage

gedauert, ich werde ihn mein ganzes Leben wie eine Kugel am Bein mit mir schleppen. Ich wiederholtes Ihnen. diesen Augenblick fasse ich noch immer nicht. Ich fühlte, daß der Zorn mir bis unter die Haarwurzel stieg, aber ein gewisses Etwas in mir zwang mich, zu gehorchen und trieb mich vorwärts. Ich rief die Offiziere und sagte zu einem derselben:Auf, eine Jolle in See, da wir jetzt Henker find! Ihr setzt jene Frau hinein und rudert hinaus mit ihr. bis ihr Flintenschüsse hört. Dann kommt ihr zurück.* Einem Stück Papier gehorchen! denn es war nur ein Stück Papier! Wahrhaftig,, es mußte etwas in der Luft sein, was mich dazu trieb. Ich sah von Weitem den jungen Mann. ach. es war schrecklich anzusehen, wie er vor seiner Laura niederkniete und ihre Knies und Füße küßte I Meinen Sie nicht auch, daß ich entsetzlich unglücklich war? Ich rief wie ein Verrückter rTrennt sie, wir sind Alle Schurken l Trennt sie, die arme Republik ist eine Leiche! Die Direktoren, das Direk­torium find das Gewürm darin. Ich gebe die See auf. ich fürchte alle eure Advokaten nicht, man möge ihnen nur sagen, was ich gesagt habe, mir ist es recht!"

Ach. was gingen sie mich an. Hätte ich sie da gehabt, ich hätte sie alle Fünf todtschießen lassen, die Bösewichter! Ja, dar hätte ich gethan, das Leben war mir gerade so viel werth wie jener Tropfen da, ja es war mir nicht der Mühe werth I Ha, ein Leben wie das meinige, ein schönes

Leben, fort mit ihm!-

(Schluß folgt.)