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Dagegen hat die Benützung der Waage im landwirthschastlichen Be­triebe nach einer andern Sette hin außerordentlich an Umfang zugenom­men, und es darf als ein großer Fortschritt bezeichnet werden, daß die Unentbehrlichkeit der Waage von den Landwirthen in stets sich erweitern­dem Kreise anerkannt wird. Zuerst waren es vor ca. 25 Jahren die Kälber und Sckrveine, deren Wecthrbestimmung für den Metzger der Land- wirth seiner Waage anvertraute, und mancher Verkäufer, welcher der Rede- fertigkeit und besseren Uebung der Händler oder Metzger nicht gewachsen war, ist dadurch vor Schaden bewahrt worden. Zn den letzten 1015 Jahren ist aber auch das Wägen der größeren Schlachtthiere namentlich auf den großen Vühmärktrn z. B. in Mannheim, Köln, Paris, wenn auch nicht überall zur ausschließlichen Regel geworden, doch wenigstens m nahe­zu allgemeine Uebung gekommen, und mit gutem Grunde har unsere Cent­ralstelle sür Landwinvichaft vor Kurzem die Ausstellung von Viehwaagen auf allen bestehenden Viehmärkten angeregt, und zwar in einer Weise, die vermuthen läßt, daß neue Viehmärkts ohne eine Viehwaage schwerlich die Concession erhallen würden. sForlsetzunq folgt.)

Tages-Neuigkeiten.

Calw, 5. Aug. Ein schweres Unglüä hat gestern (Mittwoch) Abend unsere Stadl in Aufregung versetzt. Als der Psorzheimer Zug um 7^0 den Bahnhof verlassen und den Viadukt über die Stuttgarter Straße über­schritten hatte, hörte man 4 schrille Nothsignale, die offenbar etwas Unge­wöhnliches bedeuteten, zumal der Zug gleichzeitig seine Fahrgeschwindigkeit so sehr nur möglich zu mäßigen suchte. Die Ursache dieser auffallenden Vorgangs aber war, daß ein Mann auf dem Bahnkörper zwischen den Schienen ging, den selbst der durchdringende Ton der Lokomotive nicht aus die ihm drohende Lebensgefahr aufmerksam machen konnte, und der deßholb, da ein Anhalten des Zuges absolut unmöglich war, vor den Augen des Maschinensührer« überfahren wurde. Dieser Unglückliche war der Forstschutzwächter Ziegler, dem seit dem Besörsterungsgesetz (1671) die Bewirthscbastung der städtischen Waldungen unter der Leitung und Aussicht des K. Revieramis Hirsau übertragen ist, und der, mit vorzüg­lichen Kenntnissen ausgestattet, seines Amtes mit einer seltenen Pflichttreue und Umsicht wartete. Aber nicht nur die Anerkennung und Achtung seiner Vorgesetzten hat sich Hr. Ziegler zu erwerben gewußt, sondern auch außerhalb des Dienstes die Liebe Aller, mit denen er umging, da sein offener, biederer, ja geradezu liebenswürdiger Charakter ihm die Herzen Aller zuwandte. Allgemein ist daher die innige Theilnahme an diesem jähen und furchtbaren Ende des Verunglückten, der in entsetzlicher Weise verstümmelt und mit einem zur formlosen Masse zerquetschten Kopfe »och über 80 Schwellen geschleift wurde. Die Kleider des Oberkörpers waren gänzlich vom Leibe gerissen, der rechte Fuß l mal, der linke Arm zweimal gebrochen und aus der Achsel gerissen, und ist höchst wahrschein­lich der Tod ougenblicklich eingetreten. Wie es kam, daß der Unglückliche nicht aus der sorglosen Ruhe, in der er dahin ging, ausgeschreckt werden konnte, darüber gibt es nur die eine Vermuthung. daß er der Meinung war. der Zug, den er jedenfalls mit seinem großen, durch die Ueberfahrt über den Viadukt verursachten Lärm hören mußte, fahre auf der obern (Stuttgarter) Linie. Uedrigens soll Ziegler öfters in tiefem Sinnen, wahrscheinlich voll Gedanken an seinen Berus, seines Weges gegangen sein, so daß er selbst vorübergehende Bekannte nicht bemerkte Leider muß aber auch gesagt werden, daß das Unglück nicht vorgekommen wäre, wenn Ziegler die Vorschrift beachtet hätte, dis allen Forstbediensteten, wie andern öffentlichen Dienern. das Betreten des Bahnkörpers ausdrücklich verbietet, mit der einzigen Ausnahme des Falles einer dienstlichen Hand­lung, z. B. der Verfolgung eines Frevlers, und nur das Ueberschrei­ten der Bahn im Dienste gestattet. Wenn es in so entsetzlichem Unglück ein Trost sür die schwer geprüfte Witnve mit ihren 2 Kindern ist, der Theilnahme Aller gewiß zu sein, so darf sie dieses Trostes sich in reichstem Maße erfreuen. Auch aus weiteren Kreisen werden ihr ohne Zweifel Zeichen dieser Theilnahme zukommen, und verdient es in dieser Beziehung z. B. Erwähnung, daß der chinesische Militärbevollmächtigte in Berlin, der auf dem Zuge war. in Psorzbeim dem Zugmerster eine schöne Liebes­gabe für die Hinterbliebenen einhändigte, ein Beispiel, das bei dem be­kannten Wohlthätigkettsstnne Calws sicherlich nicht ohne Nachahmung blei­ben wird. _

Stuttgart, 6. Aug. Nach dem St. ». wird beabsichtigt, im Wesieir von N. Amerika eine Kolonie Stuttgart zu gründen. Die Auswahl de« Areal« findet noch in diesem Spätjahr statt, so daß die Saat im Früh­jahr bestellt werden kann. Die Theilnehmer können Grundstücks von 60160 Acker aurwählen , die auf Kredit gegeben werden. Jedoch muß jeder Ansiedler über ein Kapital von 2000 zur Einrichtung verfügen können. Die Kolonie bezweckt Beseitigung der mit der Gründung einer Heimstätte im amerikan. Westen für den Einzel-Ansiedler verbundenen Schwierigkeiten und Entbehrungen und Sicherung der Annehmlichkeiten der Civilisation, als da sind Schule, Kirche. Arzt, Apotheke, Mühlen, gute Wegs. Erleichterung des Einkaufs der Bedürfnisse, Zusammenwirken in der Verwerthung der FarmProdukte. Näheres Stuttgart Olgastr. 97

Nagold, 2. August. Nachdem schon feit mehreren Jahren der hie­sige Turnverein eingegangen war, erwachte er dieses Frühjahr zu neuem kräftigem Leben; er zählt jetzt etwa 30 turnlusttge junge Leute. Wir hoffen, daß mit der Erbauung der Turnhalle, die gegenwärtig aufgeschlagen wird, der hiesige Turnverein, der auch auf dem V. deutschen Turnfest durch seinen Vorstand vertreten war, einen festen Halt bekommen wird.

Nagold, 3. Aug. Gestern wurde hier die neue Turnhalle aufge­richtet, wobei leider der Verlust eines Menschenlebens zu beklagen ist. Zimmermann M. von Emmingen fiel aus nicht eben bedeutender Höhe herunter; von einem Absatz des Holzwerks, das ihm noch einen Halt ge­boten hätte, wurde er durch nachstürzendes Gebälk vollends zu Boden ge­worfen und mußle todt vom Platze getragen werden. Der Verunglückte ist verheirathel und Vater mehrerer Kinder.

Tübingen, 4. August. In der letzten Nacht wurde im hiesigen KameralamtSgebäude eingebrochen. Die Diebe verschafften sich zuerst Ein­gang in die Kanzlei und gelangten von da durch Einsprengen von 2 Thüren in das Kassenzimmsr. Eine ältere leere Kaffe wurde vom Boden losge­schraubt und diente als Gerüst zur Arbeit am Hauptschrank, welche aber glücklicherweise erfolglos blieb. Wahrscheinlich durch ein Geräusch ge­schreckt, machten sich die Diebe mit Hinterlassung ihrer Brechwerkzeuge davon. Letztere gehören einem hiesigen Werkmeister, dessen Leute zur Zeit auf dem Pfleghof, wo sich auch das Kameralamt befindet, beschäftigt sind und ihre Geräthschaften über Nacht beim Arbeitsplätze lassen. Ein außer­dem zurückgelofsener, sowie ein entwendeter Gegenstand verrathen vielleicht . die Diebe. Der Einbruch-Versuch zeugt von außerordentlicher Frechheit, indem er ganz in der Nähe des Wachlokals des Landjägsikommandos er- folgie.

Pforzheim, 2. August. Am Dienstag den 27. v. Mts. wurden im Altrhein bei Maxau zwei völlig nackte Knaben, im Älter von 34 und 46 Jahren, ertränkt aufgefunden. Der jüngere hätte kurze - blonde Haare, der ältere braune Haare. Die Ermittlungen der Staatsan­waltschaft Karlsruhe haben ergeben, daß diese Kinder höhst wahrscheinlich von einem Manne, den sie in einem Wirthshause in Durlach als ihren Vater bezeichneten, am gleichen Tage ins Wasser geworfen worden waren. Der Verdacht der Thal lenkte sich sofort auf einen gewissen E. G. Reif aus Hausen, Amts Schopfloch, dessen hier wohnender Bruver seine 3 Knaben in Pflege gehabt, dieselben aber wegen eigener Mittellosigkeit am 26. v. M. zurückgeschickt hatte. Die Vermuthung bewahrheitete sich, da schon gestern der genannte Reif, von Gendarm Hanser in Wilferdingen festgenommen, die Thal eingestand. Er wollte sich selbst «ach den Kindern entleiben, um der gemeinsamen Noch ein Ende zu machen, fand wohl den Muth, die un­schuldigen Kleinen zu tödten, nicht aber an sich selbst Hand zu legen. Wo der dritte 7jährige Knabe geblieben, ob er gerettet oder noch nicht aufgefunden ist, ist uns zur Stunde unbekannt.

Die Kieler Zeitung berichtet über ein tragisches Ereigniß. Vier Studirende, vr. pdil. Lorck aus Flensburg, Stuä. tkeol. Hansen aus Wilster, die 8tuä. meä. Pfeiffer und Lange, machten am 29. Juli Abends eine Bootfahrt in den Hafen hinaus. Zwischen Heikendorf und Wieck wurden dieselben vom Gewitter und einem furchtbaren Wirbelwind überrascht, der dar Boot kentern machte. Die letztgenannten hatten Bewußtsein und Kraft genug, um sich zu entkleiden, und haben sich sodann mit ungeheurer Anstrengung, nach zweistündigem Aufenthalt in den tobenden Wogen, der eine nach Bellevue, der andere nach Schrevenborn gerettet. Von den

i beiden anderen fehlt bis zu diesem Augenblick jede Nachricht.

Amtliche Dekanntmachungen.

Revier Altenstaig.

Hoh-Verkäuse.

1) Am Don­nerstag. den 12. August, Vormit­tags 9 Uhr, auf dem Rathhaus in Schöubronn aus Staatt-

wald Buhler 3:'

102 Rm. Nadelholz-Scheiter, 57 Rm. dto. Prügel- und Anbruch­holz, 46 Rm. Tannenrinde.

2) Am Freitag, den 13. August, Vormittag« 9 Uhr, im Ochsen in Stzielderg aus den Staatswaldungen Geiseltann 3 und Schaghardt 2 und 3:

78 Rm.Nadelholz-Scheiter, 93 Rm. dto.Prügel- und Anbruchholz, 68 Rm. Tannenrinde.

3) Am Montag, den 16. Aug.. Vormittags 9 Uhr. auf dem Rathhaus in Böstngen an­der« Staatswald Glashardt 4:

110 Nur, Narelholz-Scheiter, 111 Rm. dto. Prügel- und Anbruch­holz, 46 Rm. Tannenrinde.

Revier Hirsau.

Brennholz-Verkauf

, Montag, 19. Aug., Vor- I mittags 9 Uhr, lim Anker zu ^ Ernstmühl aus Lützenhardt, Abth.Kl.Kohl-

berg:

3 Met. buchene, 3 Met. birkene Prügel, 452 Met. Nadelholz- Scheiter, Prügel und Anbruch, 9 Met. dto. Brennrinde, zu 850 St. Wellen geschätztes Rrt-

sach (in Flächenloosen), 50 St.

auf Haufen, zu Streu sich eignend.

Aichelberg,

Gerichts bezirks Calw.

Fisch waffer-Lerkarrf.

Zu Folge amtsgerichtlicher An­ordnung vo« 22. Juli d. I., und Be­schlusses der Vollstreckungrdehörde vom 3. August 1880 wird die dem Niko­laus Flendrich, Guillocheur in Pforzheim gehörige ungetheilte Hälfte des Fischerei-Rechtes in der kleinen Enz auf der ganzen Markung der Lergorte bi« zum Wildbader Bröckle, angeschlagen zu 300 am Freitag, den 3. Septbr. 1880, Nachmittag» 2 Uhr, auf de« Rathhaus« in Aichelberg erst­mals i« öffentlichen Lnfstreich ver­kauft, wozu die Liebhaber eingeladen «erde».

» Als Verwalter ist Gemeinderath

Friedrich Kilgu» bestellt.

Die Verkaufs-Commission besteht aus dem Unterzeichneten und Schult­heiß Bäuerle von Aichelberg.

Den 4. August. 1880.

Für die Vollflreckungsbehörde:

Der Hilssbeamte Notariats-Verweser Eberle.

Unterreichenbach.

Fahrniß-Verkauf.

Der Gerichtsvollzieher verkauft am Montag, den 9. August, Vormittags 11 Uhr, auf de« Rathhause daselbst im Wege der Zwangsvollstreckung gegen baare Bezahlung:

1 Sopha, 1 Kommode mit Schreib pult. 1 Pferdegeschirr. 1 Stirn­band, 1 Schleifstein, 1 Baro­meter