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Nro.

Samstag, den 7. August L88V

35. Jahrgang.

Politische Nachrichten

Deutsche- Reich.

Berlin, 2. August. Die Strafkammer eines Berliner Landgerichts verhandelte am 3. in der Anklogesache gegen die ReichrtagSabg. Fritzsche und Hasselmann wegen Bannbruchs. Hasselmann war nicht erschienen (er ist nach Amerika abgereist.) und es wurde deshalb das Verfahren gegen denselben ausgesetzt. Der Staatsanwalt beantragte gemäß dem Sozialisten­gesetze und der in dem Gesetze vom 31. Mai 1880 gegebenen Deklaration Freisprechung Fritzsche's. Die Strafkammer erkannte entsprechend diesem Anträge

Unter den Vorschlägen zur Bekämpfung der leichtsinnigen Bankerotte befindet sich auch der der Handelskammer zu Mannheim, durch gesetzliche Anordnung eine» jeden Bankerotteur, der unter 10 oder 15 Prozent gibt, vor die Kriminaljustiz znr Rechtfertigung zu verweisen. Eine derartige Bestimmung, wie sie in England besteht, meint die Handelskammer, würde dem in den letzten Jahren vielfach zu Tage getretenen Uebelstande abhelfen, daß bei den Bankerotten das Ergebniß der Masse häufig gleich Null ist, weil das Bankersttmachen von Vielen nicht mehr für schimpflich gehalten und deßhalb mit an Betrug grenzendem Leichtsinn fortgewirthschaflet wird, bis nichts mehr vorhanden ist.

Frankreich.

Paris. 3. August. Nur von 50 der Generolrathrwahlen ist bisher der Ausgang nicht bekannt. Die Republikaner haben 230 Sitze gewonnen und 18 verloren. Einen größeren Erfolg hatten selbst die Vertrauens­vollsten schwerlich erwartet. Den Nouapartisten ist es sehr schlecht ergangen; alle Freunde Rouhers find in Pug-üe-Lome unterlegen, denn der alternde -> Vizekaiser war bekanntlich nicht wieder aufgetreten. In Ajaccio ist der Prinz Jölüme Napoleon von dem Muke Peraldi geschlagen worden. Unter den Republikanern selber sind die beiden äußersten Richtungen von dem allgemeinen Stimmrecht ungünstig behandelt worden. Die große Masse der Gewählten gehört der Partei GambettaS , der Linken und der repu­blikanischen, Union an. Die Intransigenten sind dadurch selbstverständlich nicht freundlicher gegen Gambetta gestimmt worden.

England

LoNjdon, 2. Aug. Kardinal Man.nng, welcher kürzlich von Rom zurückgekehrt ist, veröffentlicht heute ein Rundschreiben au die kachol. Geist­lichkeit , worin er erklärt, es sei nicht zu dulden, daß neben der kathol. Einsegnung von Mischehen auch noch eine Einsegnung i» einer Protestant. Kirche erfolge. Die Theilnahms eines Katholiken oder einer Katholikin an solchem Tranakte bezeichnet er als gleichbedeutend mit der Sünde der Kezerei. als sin Sakrilegium und nach Erklärung des Papste« Benedikt XIV. sogar als unverzeihliche Todsünde.

London, 3 August. Nach weiteren Letaillirtcn Meldungen der .Times" über die Niederlage des Generals Burrows aus Kandahar vom

2. d. bestand die Streitmacht Ajub Khans aus 12,000 Mann und 20 Kanonen. Der Zusammenstoß isnd am 27. Juli Morgens, 50 Meilen jenseits Kandahar statt. General Burrow wurde nach vierstündigem heißen Kampfe zum Rückzuge nach Kandahar genöthigt. 20 Offiziere, 400 Europäer und 800 Eingeborene wurden getödtet oder werden vermißt. Der Verlust fand größtentheilr auf dem Rückzuge statt. Drei Kanonen wurde» auf dem Schlachtfelds im Stiche gelaffen.

Türkei.

Konstantinopel, 3. August. Die Kollektivnote der Mächte m Betreff Montenegro'« wurde Abeddin Pascha heute zugestellt. (N rch der offiziösen W. Abendpost enthält die Kollektivnote die Aufforderung ru die Pforte, binnen 3 Wochen vom Tage der Ueberreichung entweder dre Kon­vention vom 12. April d. I., durch welche die Abtretung des Zem-Gediets an Montenegro stipulirt worden war, zur Durchführung zu bringe oder die Abtretung von Dulcigno ins Werk zu setzen. Für den entgegengesetzten Fall werde da» Erscheinen einer aus Kriegsschiffen der Berliner S-gnatar- mächte kombinirten Flotte an der Küste von Dulcigno angekündigr. Da die Pforte, nach Allem, was sie seit Jahr und Tag in Aufwieglung der Albanesen geleistet, nicht im Stande sein wird, das geforderte Geriet an Montenegro auszuliefern, beginnt also, wie von dem halbamtlichen Blatte bestätigt wird, Ende August die Flottendemonstration.) _

Die Waage im Dienste der Landwirthschast.

Als vor etwa 2o Jahren der Verkauf der Früchte auf den öffentlichen Mücken nach dem Gewichte eingeführt wurde, überkam die Kam er und Verkäufer ein Gefühl hoher Befriedigung, weil beide fühlten, daß dadurch vom Gesetze der Redlichkeit im Handel die lange ersehnte hilfreiche Hand gereicht wurde. Nur der unredliche Verkäufer war ungehalten, w-il seine Versuche der Täuschung des Käufers mit untermischter leichter Wm-re vor dem unpartheiischen Richterspruch der Waage keinen Bestand haben konnten, während dieselbe dem ehrlichen Manne den wohlverdienten Lohn der sorgfältigen Reinigung seiner Früchte zusprach, der ihm nicht rneur ver­kümmert wurde durch das empörende Treiben der Meßknechle, die rm ver­botenen Schwingen und Drehen. Schütteln und Stoßen des FruchtinoßeS eine nur allzu lange geduldete Gewandtheit ausübten. Daß trotzdem unsere Fruchtmärkte mit ihren vortrefflichen Wägungs-Apparaten heute nur mehr einen gegen früher sehr zurückgegangenen Verkehr aufwerfen, hat seinen Grund nicht etwa in dem gesunkenen Vertrauen zur Waage, sondern in anderen Umständen, dis mit dem in den letzten Jahrzehnten so sehr ge­steigerten Verkehr in allen Zweigen der Produktion, also auch der larwwirth- schaftlichen Produktion und mit der entsprechend gesteigerten Leistungs­fähigkeit verbesserter Mühle-Einrichtungen Zusammenhängen, durch die es möglich geworden ist. dem Bäcker z. B. das Mehl billiger in da. Haus zu liefern, als er es aus selbstgekaufter Frucht herzustellen im Stande wäre.

Feuilleton.

Ein Abenteuer.

Novelle von Paul Heyss.

(Fortsetzung.)

Niemand? Aber die Begegnung unterwegs in der Droschke und mci.n am Ende gar die Dame, die eben ausgestiegen, trug ein schwarzes Sammerhmchen und der junge Herr er hatte ihr nur den linken Arm geboten Herrgott, wenn es wahr wäre nein» nein, das wäre so toll und unwahrscheinlich, daß selbst Eichendorff'« nicht eben zahme Phantasie-

.Ist Herr Leonhard zu sprechen?" hörte er jetzt eine Stimme auf dem Flur eine Stimme, die ihm nur zu wohl bekannt war. Wie ver­steinert blieb er am Fenster stehen kaum fand er so viel Athen,, um auf das Klopfen an der Thür mit einem gedämpften .Herein!" zu ant­worten, da wurde die Thür schon geöffnet, und wirklich! Kranz v. L.. sein besiegter Gegner und triumphirender Nebenbuhler, trat mit ge­wohnter zuversichtlicher Raschheit hereinj, die tiefverschleierte Dame am Arme führend.

.Er war es also doch!" rief er. dem Verstummten die Hand ent­gegenstreckend. .Meine Wette hätte ich verloren, aber mit dem größten Ver­gnügen, und es geschieht mir schon Recht. Ich hätte wissen sollen, daß junge Damen scharfe Augen haben, wenn sie sich für junge Herren interes- siren. Ich hoffe, wir stören nicht, Leonhard? Ade» ich vergesse, ich habe dir meine junge Frau noch nicht vorgeftellt. Freilich, eine fast überflüssige Ceremonie. Die Herrschaften kennen sich bereits. Willst du oder deinen Schleier nicht ab legen , liebes Herz ? Ja so , er soll nicht sehen, daß du roch geworden bist, als du über diese Schwelle tratst. Aber auf meine Verantwortung Kind, kannst du es dreist wagen. Dieser unser Freund da

obwohl er uns nicht einmal einen Stuhl anbietet wir kennen ihn- Erstens ist er ein guter Mensch und viel zu ritterlich, um sich an der Ver­legenheit junger Damen zu weiden; und dann, wenn wir n'cht früher unsere Schulden abtragen konnten, war er nicht selber Schuld daran? Was? Erst spielt man Vorsehung mit Donner und Blitz, macht auf dem kleinen Umwege durch meine rechte Schulter zwei Menschen glück­lich, und läßt sich dann monatelang verläugnen. bloß um sich dem üblichen Dank und Vergelt's Gott zu entziehen? Weißt du, heimtückischer Mensch daß rch die ganze Polizei, fast bis zum Steckbrief. in Bewegung gesetzt habe, um dich aufzuspüren und dingfest zu machen? Umsonst! Es war Germiien " "" " die Erde versunken. Uebrigens hast du da recht hübsche

^ Mit diesen Worten war er ans Fenster getreten und schien sich eifrig Blumen ru beschäftigen. Aber die verhaltene Bewegung in der er die Worte hastig herausgestoßen hatte, zitterte in dem kleinen Stübchen ""4- Dm beiden Andern standen sich noch immer sprachlos gegenüber.

.. Endlich schlug die junge Dame den Schleier zurück und zeigte ein über und über glühende« Gesicht.

m durchzuckte Leonhard seltsam, als er die Augen aufhob und das Gesicht wiedersah. das chm so viel Noch gemacht hatte. Zugleich aber sagte er sich, daß er sich heute beim Hereinfahren doch geirrt habe« muffe. Augen und Haare der schönen jungen Frau waren braun.

. »Kennen Sie mich noch?" sagte sie mit schüchterner, weicher Stimme, die chm freilich bekannt war, obwohl er ste nie in dieser Tonart ge- hört hatte. ^Sre glauben gar nicht, wie bange mir davor war, und uns sehr mich doch danach verlangt hat. Sie wiederzusehen, Sie mir zu Ver­söhnen, vor Allem aber Ihnen zu danken. Sie wissen es am Ende wohl gar nicht, daß Sie mir nun doch das Leben gerettet haben, daß es mit der ewigen Dankbarkeit, die ich Ihnen in jener Verwirrung versprach, voller Ernst geworden ist. Sie haben mich mit meinem Franz wieder ver­einigt" (Fortsetzung folgt.)