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Hotel wurde er von der deutschen Gesellschaft mit einem Hoch empfangen, durch Ueberreichung eines Bouquets, und von einer Dame durch Kredenzen von Champagner geehrt.
— Kirchheim u. T., 26. Juli. Heute um 1 Uhr kam ein Feuerreiter hier an und brachte die Nachricht, daß die Kunstmühle von Bertsch in Owen in Flammen stehe. Ein Theil der Feuerwehr fuhr sogleich nach der Brandstätte. Die gen. Mühle, welche erst in letzter Woche verkauft wurde. und im Jahr 1876 schon einmal abgebrannt ist. brannte bi» auf den Grund ab. Man vermuthet Brandstiftung.
— T el tnaug, 27. Juli. Gestern Abend und die verflossene Nacht hat ein Nordweststurm in den hiesigen Hopfengärten großen Schaden angerichtet. Es wurden ganze Drahtanlagen niedergelegt und in den meisten Stangen- gärten ein großer Theil der Stangen umgerissen. Da letztere sofort wieder aufgerichtet «erden können, ist der Schaden in den Stangengärten bedeutend geringer, als in den Drahtanlagen, aber immerhin noch empfindlich genug. Auch heule weht immer ein starker Wind. (Aehnliches wird von Friedrichrhafen und aus andern Gegenden des Landes berichtet. In Murrhardt z. B. flogen Fensterladen, Ziegel, Blumentöpfe rc auf die Straße, und wurden eine Menge Bäume abgebrochen oder ganz ausgerissen. Ebenso in Jlshofen. In Obersteinach, 1 Va Et. von Gerabronn, wurde so viel Obst heruntergeriflen, daß man es auf den Straßen mit dem Rechen zu- fammenschiebeu konnte. In Stuttgart hat der Sturm am Diakonissenhau» eine Veranda eingerissen und wurden dadurch einer Frau. die unter derselben saß, beide Füffe abgeschlagen.)
— Frankfurt a. M.. 27. Juli. (V. deutsches Turnersest.) Gestern Mittag 1 Uhr fand das erste offizielle Bankett statt. An demselben nahmen ca. 3000 Personen Theil. darunter Regierungspräsident v. Wurmb, die Mitglieder de« Magistrats u. s. w. Den ersten Toast brachte der Vorsitzende des Deutschen Turnausschusscs, Georgii aus Eßlingen, auf Kaiser Wilhelm I. auS, an den auch sofort ein Telegramm nach Gastein abgeschickt wurde. Das Banket verlief nicht so gemüthlich, als man zu erwarten berechtigt war. Gestern hatten sich zum Banket etwa 1500 Personen gemeldet, bis heute 8 Uhr 1700. Im Laufe des Vormittags häuften sich die Anmeldungen in ungeahnter Weise. Zu bedauern ist, daß das Fest- komite nicht rechtzeitig mit der Ausgabe von Festkarten aufhörte, sondern bi» zum Beginn des Banket« Karten verkaufte. Die Folge war, daß der Wirth nicht für alle Essen zu liefern vermochte. Viele bekamen nichts, viele mußten sich mit Brot und Käse begnügen. Darüber entstand Unzufriedenheit, und die Komitemitglieder hatten Mühe, die Mißvergnügten zu beruhigen. — Bald nach Beendigung des offiziellen Theils des BanketS zog ein Unwetter herauf. Es stürmte und regnete furchtbar, und als an einigen Stellen der Regen in die Festhalle einströmte und sogar Bretter herunterfielen, begannen viele ängstlich zu werden. Glücklicherweise hielt die Halle die Stöße aus und das Unwetter zog vorüber. Die Fahnenstangen brachen meist ab, die transparenten, aus ölgetränkter Leinwand hergestellten Fenster de» Oberbaues der Festhalle hingen im Moment in Fetzen. Die ganze papierne Eleganz unseres Zeitalters ging in die Brüche. Der große Festplatz war i« ersten Augenblicke wie überschwemmt; an der Eingangspforte mußten Bohlen gelegt werden, um über das angesammelts Wasser zu gelangen. — Das Bereinsturnen, welches schon vor dem Regen begonnen hatte, wurde nach dem Aufhören desselben eifrig fortgesetzt. Großes Interesse erregten die Freiübungen und die Boxerkämpfe der Engländer.
— Frankfurt, 29. Juli. Gestern Abend bei dem Feuerwerk auf dem Turnfestplatze entstand ein großes Unglück durch das Zerspringen eines eisernen Mörsers. Durch die Splitter wurden, soweit bisher ermittelt, ein junges Mädchen getödtet, zwanzig Personen sehr schwer verwundet; davon sind bereits vier amputirl. Sämmtliche Verunglückte wohnen in Frankfurt; ausgenommen zwei, wovon einer in Hanau, einer in Höchst wohnt.
— Eine Blumenlese origineller poetischer Inschriften der Frankfurter Turn-Feststadt beweist, daß Frankfurt, wenn auch nicht mehr freie Stadt und noch nicht fromm, doch frisch und fröhlich genug ist. um allen deutschen Turnern ein recht glänzende» Fest zu gewähren. Besonders haben die Sachsenhäuser sich ausgezeichnet. An der alten Brücke heißt es:
Sind die Turner frisch und fröhlich Werden sie auch fromm allmählig Und auch frei zu gleicher Zeit, Oder bei Gelegenheit!
Am Heymann'schen Saale äußert sich der Sachfenhäuser Bierhumor:
Ob Turner, Sänger. Feuerwehr.
Ein frischer Trunk schad't nimmermehr,
Drum, die Ihr fingt, spritzt, Glieder reckt:
Gut Heil! Es wird frisch an gesteckt!
Daneben heißt es weiter im linksmainischen Dialekt:
Was ist des deutschen Turners Zier?! Ob Aepfelwein. ob Wein, ob Bier, Ein achter deutscher Dorscht l j Das ist dem Turner Worscht I
An der Untermainbrücke glänzt der sinnige Spruch:
Frisch gewagt ist halb gewonnen, I Fröhlich Morgen» schon begonnen, Fromm vertraut ist wohl gethan, > Frei am Abend ruhe dann!
Zum Schluß folgt an einem Straßenübergang die Mahnung:
Schon der Doctor Luther spricht. I Wasser thut es freilich nicht l /
Amtliche Dekanntmachungen.
Oeffentliche
Bekanntmachung.
Der Termin zur Hauptverhand- luug in der Strafsache gegen Christian Schnaufer. Kaufmann von Calw, zur Zeit in Amerika, wegen Übertretung im Sinne des §. 360 Nr. 3 des R.St.G.B. wird auf Donnerstag, den 26. August d. I..
Vormittags 9 Uhr,
verlegt.
Calw, 28. Juli 1880. K. Amtsgericht. Oberamtsrichter Schuon.
Zurückgenommen
wird der a« 15. d. Mts. gegen den Schreiner Ludwig varal vonReu-
— Wiesbaden, 27. Juli. Gestern Nachmittag um 4 Uhr zog der »Fr. Ztg." zufolge eine Windhose von Westnordwest nach Osten über unsere Stadt und richtete großen Schaden an Gebäuden, Bäumen u. s. w. an. Die Kursaal-Anlagen wurden förmlich verwüstet. Im Ganzen sind i« Kurpark binnen höchstens drei Minuten nahezu hundert Bäume schwer beschädigt und über vierzig davon unten oder in der Mitte des Stammes abgebrochen worben.
— Hamburg, 25. Juli. Vorgestern kündigte eine Herrschaft auf dem Rothenbaum ihren beiden Mädchen den Dienst und entließ sie unter Auszahlung ihrer Lohnes auf der Stelle, weil sie, einer ihnen gegebenen Weisung zuwider, in der Wohnung ihrer Herrschaft den Besuch ihrer Liebhaber angenommen halten. Die Mädchen zeigten sich mit der plötzlichen Entlassung ukeinverstanden; sobald aber der Dienstherr die Wohnung verlassen hatte, fielen sie in Gemeinschaft über ihre Herrin her und mißhandelten dieselbe in bedenklicher Weise. Es wurde natürlich sofort Polizei rcquirirt, welche die gefährlichen Dienstboten in Haft nahm.
In Prag ksnstituirt sich zufolge der Nichttheilnahme der czechischen Schützenkorps am Wiener Schützenfeste ein deutscher SLützenverein. Dadurch geht das bestehende Schützenkorp», der einzige Verein, wo Deutsche und Ezechen zusammenwirken, in die Brüche.
Bern. 24. Juli. Am Oberaargletscher ist bei Besteigung des Finster- aarhorns mit zwei Führern Hr. vr. A. Haller von Burgdorf (Vizepräsident der Sektion Burgdorf) verunglückt; er war seit Sonntag vermißt. Die Leichen sind nach langem Suchen gestern gefunden worden. Die Schneeverhältnlsse waren in letzter Zeit laut Bericht aller Bergsteiger sehr schwierige, der wenige Schnee ist durch andauerndes Föhnwetter tief aufgeweicht.
— Bern. 26. Juli. Nach Schweizer Blättern hieß das auf dem Bieler- see untergcgangene Boot „Neptun", ein Tuodez-Lchraubendampfsr für 20 Personen. Die ertrunkenen Personen^ waren in der Kajüte; sie liegen noch jetzt im Schiffsraum auf dem Grunde des hier 180^ tiefen Sees. Man hat nach Genf und Zürich um Taucher telegraphirt. Die Gesellschaft war Morgens nach Auvernier (Ncuenburg) gefahren und kam wohlbehalten zurück; entgegen dem Programm wurde noch die Petersinsel besucht und auf dem Rückweg brach nun der Sturm aus. Die geängstigten Frauen sollen den Steuerman ersucht haben, direkt auss Land zu halten, welchem Drängen er schließlich nachgab, bei der Kursänderung habe dos Schiff umgefchlagen.
Aus Paris wird gemeldet: Eine größere Anzahl falscher amerikanischer Bankscheine, die schr gut nachgemacht sind, ist gegenwärtig in Europa im Umlauf. Die meisten sind 100-Dollarscheine der „Nationalbank."
London, 20. Juli. Wie der „Standard" wissen will, hat sich die viel genannte, sehr reiche Miß Burdett Coutts mit dem Parlamentsmitglieds Mr. Ashmead Bartlett verlobt. Die Dame Hut das 60. Lebensjahr hinter sich, während der glückliche Bräutigam 32 Jahre alt ist.
St. Petersburg, 20. Juli. In Zarizyn an der Wolga stieg die Hitze am 16. und 17. Juli auf 48 Grad. Die Pferde mußten mit Wasser übergoffen werden, den Menschen drang das Blut aus dem Munde.
In Moskau kam Sonntag, den 11. Juli, mit dem Abendzuge der Eisenbahn die Wittwe des Ehren-Friedensrichters Kolenow an und begab sich sofort in das für Damen reservirte Wartezimmer, nahm eine Schnur von der Draperie, warf sie über den Querbalken der Thür, machte eine Schlinge und erhängte sich daran. Die Unglückliche schien auf den Füßen zu stehen und blieb mehrere Stunden in dieser Situation, das Gesicht der Draperie zugewendet. Damen gingen an ihr vorüber und entschuldigten sich, wenn sie sie gestreift hatten. Ein Mann kam in das Zimmer, um das Gas anzuzünden. Da er aber die Dame unbeweglich stehen sah, ging er weg. Endlich kam der Stationschef und sagte zu der Erhängten, die ihm den Rücken kehrte: Madame, Ihnen scheint übel zu sein; befehlen Sie nicht ein Glas Wasser? — Keine Antwort. Er wiederholte seine Worte mehrmals — mit demselben Erfolg; dann ging er weg und schickte den Gendarmen, um die Dame zu bitten, das Zimmer zu verlassen. Als auf die Fragen des Gendarmen immer noch keine Antwort erfolgte, stieß er sie leicht an; — da bewegte sie sich in ihrer Schlinge hin und her; und erst jetzt wußte man, warum die stumme Dame so lange dagestanden hatte.
Konstantinopel, 19. Juli. Aus Philippopel wird gemeldet, daß die Gemahlin des Generals Skobeleff auf einem Ausflug nach Tzirpan, welcher die Unterstützung von Spitälern zum Zwecke hatte, gestern Abend «ebst einer Kammerfrau und einem Adjutanten beraubt ward. Es sind Truppen an den Ort der Thal abgesendet. Der Mörder ist ermittelt; derselbe entleibte sich, als er sich umzingelt sah. 3 andere der Theilnahme verdächtige Personen sind verhaftet; es soll sich bei dem Verbrechen um Raubmord handeln.
Aus Manilla wird von gestern gemeldet: Die neuerdings stattgehabten Erderschütlerungen waren heftiger als die früheren. Sämmtliche Vulkane der Insel find thätig; an vielen Orten sind Erdrisse entstanden, au« welchen Asche und siedendes Wasser hervorgeworfen werden.
hengstett erlassene Steckbrief.
Ealw, den 27. Juli 1880.
K. Amtsgericht. Oberamtsrichter
_ Schuon. _
Calw.
Einquartirung.
Nach einer soeben erhaltenen Mittheilung wird aus Veranlassung des Marsches de» zweiten Badischen Dragoner-Regiment« „Markgraf Maxi
milian" zu den Herbstübungrn Calw
auf die Zeit vom 14./16. Aug. d. I. mit Einquartirung belegt werden in der ungefähren Stärke von 11 Offizieren. 18 Unteroffizieren.
109 Gemeinen, 148 Pferden. Die Truppentheile haben auf diesem Marsche das Quartier mitVerpfleg« aug anzusprechen. Näheres später. Calw am 29. Juli 1830. Stadtschultheißenamt. Schuldt.
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