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Nro. 83.
Dienstag, den 20. Juli L88V
33. Iahkgang.
Amtliche Dekanntmachungen.
Minulet! via Bruchsal abgereist. Die K. Eisenbahndirektton Halle den Theilnehmern direkte Waggons dritter Klaffe bis nach Frankfurt a.-M. zur Verfügung gestellt; dieselben waren mit Abzeichen des Liederkranze»
Cal« Erledigte Oberamts-Geometerftelle
Die Geometer des Bezirks werden hiemit darauf aufmerksam gemacht, daß die Oberamts-Geometerstelle in Hodenheim erledigt >st, und Meldungen um dieselbe innerhalb 14 Tagen vom 14. d. M. an bei K. Steuer-Collegium einzureichen sind. ^
Den 17. Juli 1d80. K. Oberamt.
_ Flaxland.
Politische Nachrichten.
T ü r k e i.
KonstantinopeI, IS. Juli. Einem Berichte des Generaigouverneuis von Skutari an die. Pforte zufolge griffen die Montenegriner am 12. Juli Nachm, die albanesischen Stellungen bei Vranja und Mataguffe an. Das Gefecht dauerte 2 Stunden und endigte mit dem Rückzuge der Montenegriner. Diese verloren einen Offizier und 12 Soldaten. Ter Verlust der Albanesen ist 2 Todts und 3 Verwundete. Die Ungleichheit der Verluste rühre davon her. daß die Albanesen verschanzt hinter befestigten Stellungen standen und die Montenegriner genöthigt waren. die Albanesen dort anzugreifen. (Ein Bericht aus Ragusa von montenegrinischer Seite lautet: Die Albanesen griffen dis Stellungen der Montenegriner bei Golubowska unweit Tust au. Die Montenegriner mußten sich zurückziehen und verloren einige Todte. Der Fürst von Monkenegro befahl, möglichst die Defensive zu beobachten )
Konstantinope!, 16. Juli. Der deutsche Botschafter Graf Hatzfeld überreichte am Donnerstag der Pforte dis Kollektivnote der Botschafter der Konferenzmächte.
Griechenland.
Athen, 1t. Juli. Den Vorstellungen der Vertreter Englands und Frankreichs, der Pforte durch vorzeitiges Vorgehen keinen Vorwand zur Ablehnung der Konferenzbeschlüffe zu liefern, haben sich auch die Vertreter der anderen Mächte angeschloffeu. Die Versicherungen der griechischen Regierung, sind beruhigende.
^ < Tages-Neuigkeiten.
^— Gechingen. (Erndtc-Bericht.) Die ältesten Leute wissen sich keiner Ecr.dte zu erinnern, wie sie uns in sämmtlichen Aruchtgattuiigen in Aussicht steht. Mannshohe Dinkel und Walzen wetteifern mit Haber und Gerste.
Futter gab es mit Ausnahme der älteren Luzernefelder in Masse und Einsenoer hat Rothklee vom 2. Schnitt gemessen, der 89 em lang ist und so diät steht, wie noch nie.
Mögen wir nur von Hagel verschont bleiben und der Landmann hat nach mehreren geringen Erndten auch einmal wieder bessere Aussichten. Obst gibt e» leider keines, dagegen stehen die Hopfen ausgezeichnet, und wird nächste« Sommer Gambrinuö seine Jünger befriedigen müssen, nur , schade, daß in so manche« Bierbrauers-Köpfen immer noch die Loosung ist sie saufen's doch.
— Stuttgart, 16 Juli. Heute früh hat unser Liedeikrasz in einer Stärke von 140 Herren seine Rheinreise angetreten und ist um 4 Uhr 45
geschmückt. ,
— Denkeudorf, 13. Juli. Der Schaden, den der verheerende Hagez- schlag am 1. Juli auf hiesiger Markung angerichtet hat. beträgt nach der aus Grund der Abschätzung der hiezu amtlich berufenen Kommission gemachten Berechnung gegen 140,600 Mk. Eine enorme Summe, welche diejenige von de« Hagelschlag von,1876 beinahe um das Sechsfache übersteigt! Auf jeden einzelnen Bürger,- von.denen leider dlos vier versichert haben, kommen jetzt durchschnitt.ich über 400 Mk. Verlust. Wie glücklich und froh könnten die Einwohner sein, wenu ^die pbiger Summe entsprechenden Früchte hätten unbeschadet eingrhetmSt werden können!
— Rottenburg, t3. Juli. In Wurmlingen, eine Stunde von hier, geschah letzten Freitag beim Krüerdau de« Wagners Joh. Haug ein furchtbares Unglück. Ale dar Gewölbe des Kellers noch nicht ganz fertig war, begann es etwas zu finken, in Folge dessen dis oberen'Steine «ackgaben. Der Maurer W. Hartmann von dort wollte nun der Ursache hievon nachspüren, al» das Gewölbe plötzlich zusammenstürzte und ihn begrub. Furchtbar entstellt wurde seine Leiche andern Tags aus den Trümmer« hervorge- zogen. Der so schauerlich Veruugiückts' war ein braver Familienvater 33 Jahre alt. und hinterläßt eine arme" Wittwe «it sechs unerzogenen Kindern.
— Rottweil, 15. Juli. Die beiden Handelsleute Wolf und Gerssn Kahn von Butkenhausea. welche im Jan. d. I. vom bad. Amtsgerichts Engen je zu 1 Jahr 5 M. Gefängniß und 500 Mk. Geldstrafe verurtheilt wurden, weil sie Betten in größerer Zahl von schlechtem bestrichknem Barchet und statt mit guten Gänsefedern theiiweise mid Hühnerfedern, Flügeln,'Gänseköpfen und allerlei Unrath gefüllt, verkauften und sich dadurch mindestens 4600 Mk. unrechtmäßiger Weise erwarben, standen am 14. Juli vor der Strafkammer hierweil sie', auch an Bewohner von Neuhausen (Tuttlingen) solche Betten verkauften; zu obiger Strafe erhielt jeder einen Zusatz von 2 Möstaten Gefängniß; jedes Bett, deren es 8 waren, welche sie dort verkauft halte«, war um 30 Mk. zu theuer.
— Urach. 15. Juli. In unserer Stadt ist neulich ein eigenrhümlicher Fall von Schlafsucht vorgekomme». Ein Schreinerlehrling sollte das Heu auf der Heubühne in Ordnung bringen Helsen, verfiel aber bei diesem Geschäft in einen so tiefe» Schlaf, daß er 2 rolle Tage dis Sonntag Nachmittag 4 Uhr nicht mehr zum Bewußtsein ta«. Ueberall fahndete man nach ihm, aber vergebens; am Sonntag waren sogar seirre Eltern in tiefster Besorguiß hiehergeeilt; da plötzlich um die angegebene Stunde trat der vom Schlaf Erwachte mitten unter sie,' zur großen Freude natürlich aller Anwesrudeu.
— Aalen, 15. Juli. Gestern Abend, kam unser neueraannter Tiakonus Mezger, seither Repetent am evangelisch-theologischen Seminar in Tübingen» hier a« und »urde aus dem Bahnhof von einem Empfangrkomite, bestehend aus dem Hrn. Dekan und Mitgliedern des Psarrgcmetnderaths, dem Hrn. Stadtschulrheißea und Mitgliedern des Gememderaths, dem
Feuilleton.
Ein Abenteuer.
Novelle von Pa»! Heyfe.
(Fortsetzung.)
Indessen war er, ohne umzublicken, ohne von den Bekannten, die ihm begegneten, einen zu grüßen, des Weges gegangen, der zu der Wohnung seines alten Studieugenossen führte. Er rief sich mancherlei Scenen aus ihrem früheren Verkehr zurück und kam plötzlich zu der Urberzeugung, daß Franz ihm eigentlich stets fatal gewesen sei, obwohl, oder vielleicht gerade weil sie nie ernstlich an.einander gerathen waren. Ihre Naturen hatten nichts mit einander gemein, weder im Guten noch im Bösen. Seine vornehme Kälte, seine kluge Selbstsucht, daß er weder ein Renommist noch ein warmblütiger Schwärmer, sondern schon als junger Mensch ein über- .egener und überlegender Politiker war, der, wie er schien, immer wußte, was er konnte und wollte — das hatte Leonhard schon damals von ihm fern gehalten, und er war jetzt froh darüber. Denn nun stand keine alte Freundschaft zwischen ihnen, über deren Schatten man erst hinweg mußte, ehe man sich beleidigen konnte.
l^o kam er in der besten Stimmung eines ganz unparteiischen Sendboten der himmlischen Gerechtigkeit nach dem Hause, wo Franz v. L. wohnte, einem eleganten Hotel garni, da sein Vater die Stadtwohnung äufgegeben hatte, um ganz auf dem Gute zu leben, und der Sohn, so kurz vor der Hochzeit, sich nicht eine eigene Junggesellenwirthschaft ein- richteu wollte. Leonhard hatte ihn hier nur einmal flüchtig besucht, einem
Buch »achzusragen, da« Franz ihm vor Jahre« abgeliehm. Damals dachte er nicht, daß er in solches Angelegenheile« wiederkommen würde. —
^ Er fand ihn auch diesmal zu Hause, und zwar vor einem großen Spiegel stehend, in eifriger Beralhuug mit seinem Schneider über einen neuen Frack. Al» Leonhard eintrat, wandte er, ohne sich stören zu lassen, den Kopf nach ihm um, nickte ihm so vertraulich zu, als ob sie sich gestern zuletzt gesehen hätten, und sagte:
.Guten Tag. Leonhard! Du triffst mich gerade in einem denkwürdige« Augenblick, wo man alte Freuuds um stiller Beileid bitten muß. Ich probire meinen Hochzeitsfrack und finde die neue Mode etwas unbequem. Je nun, »uch der neue Mensch, den ich nächstens anziehen soll, ist unbequemer, al» der alte, und am Ende gewöhnen sich selbst die Krebse aus Rothwerden. Nimm eine Cigarre, Leonhard; und da liegen die Parerga Schopenhauer'». Das Kapitel über die Weiber ist gerade aufgeschlagen. eine Lectüre für Junggesellen und Solche,-die e« bleiben wollen. Obwohl e» nicht i«mer hilft, wie Figura zeigt. Findest du nicht auch, daß es für Leute, die dumme Streiche machen, nichts Angenehmeres gibt, als da» Studium der Philosophie? Man fühlt sich dann recht in seiner ganzen Stärke, wen« «an die Weisheit mit Händen greifen kann und sie d,ch standhaft verschmäht, um nach wie vor der Thorhcit treu zu bleiben. — Herrgott, welch «ne lächerliche Vogelscheuche für alle Liebesgötter ist so ein Bräutigam I"
Er sprach das Alles in seinem gewöhnlichen leichten Ton, aber Leonhard glaubte doch eine fieberhafte Aufregung in der Stimme zittern zu hören, ei» geheimes Schuldbewußtsein, das diese gezwungenen Scherze ersticken sollten. Auch fi'l ihm auf, daß das Gesicht im Spiegel sehr bleich