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ö) Jakob Eiserchardt, tcd. Schmied von Gärtringen, OA. Herrenberg,

Vormittags 11 Uhr

6) Wilhelm Karl Reber, Schneidergesclle von Sulzbach, OA. Backnang, wegen Betrugs .

Tages Neuigkeiten.

Dobel, 6. Juli Heute Nacht ü« 11 Uhr brach hier in der dem Hirschwirth Pfeiffer gehörenden Scheuer Feuer aus, das dieselbe vollständig in Asche legte. Daß das nur wenige Meter entfernte vertäferts Wohnge­bäude gereuet werden konnte, ist hauptsächlich dem kräftigen Wasserstrahls aus der kürzlich von Herrn Spritzenfabrikant Kurtz in Stuttgart gelieferten Feuerspritze ;u dank-n, welche brj diesem Brande ihre erste Feuerprobe, und zwar vortrefflich, bestand.

Stuttgart. 6. Juli. Dem Beispiel großer Städte und Badkorte folgend, wird auch hier versuchsweise wahrscheinlich in der allernächsten Zeit auf der Planie eine Milchtrink-Amdulanze ausgestellt, die Wagen find auj's Zweckmäßigste und Eleganteste konstruirt und haben sich überall, wo sie bis jetzt eingeführt sind, aufs Beste erprobt. Zweck dieser Ambu­lanzen,ist, Kurbedürftigen Gelegenheit zu geben, reine «arme oder abge- kühlte Milch zu genießen, ohne den oft weiten, stoubreichen und schatten- armen Weg zu den Milchkur-Anstalten zurücklegen zu müssen. Der auf der Planie suszustellende Wagen wird in der Milchkur-Anstalt der Rothe- bühlftraße gefüllt und dann verschlossen. Im Wagen selbst sind Vorrichtungen, um die Milch je nach Bedürsniß bi« zu einem bestimmten Grade sbzukühlen oder dieselbe auf dem Niveau ihrer natürlichen Wärme zu erhalten.

Hofen, 7. Juli. Gestern feierte M-Ochsenwirth Treiber hier die Vollendung seines lOOsten Lebensjahrs. Zu Ehren dieses Tags fa^d in der Kirche ein Gottesdienst statt, dem die Gemeinde zahlreich beiwohnte. Der Jubelgreis empfing «ach beendigtem Gottesdienst daS heil. Abendmahl, jedoch in seiner Wohnung. Nachher wurde» demselben zahlreiche schriftliche und mündliche Glückwünsche dargebracht und mehrere Bouquete überreicht. Der Greis war in der heitersten Stimmung. Auf die Frag« «ach seinem Befinden erwiderte er mehrmals, daß er sich besonders heute wie neuge­boren fühle. Auch den Stock mit silbernem Handgriff, den er im vorigen Jahre von Ihrer Maj. der Königin zum Geschenk empfing und der die Widmung trägt:Dem alten Patriarchen von Hofe» zu seinem hundert­jährigen Geburtstag" , zeigte er voll Freude immer und immer wieder seinen Gästen.

Sulz. 6 Juli. Verganger.e Nackt ist da« Gasthaus mit Bierbrauerei zur Linde dahier ein Raub der Flammen geworden. Die Familie des Besitzers kam kaum mit dem nackten Lebe» davon; seine Mutter konnte nur mir schwerer Mühe gerettet werden, wobei sich der Bezirkrseldwebel Unsöld das Hauptverdienst erworben har. Leider haben zwei Dienstmädchen den Tod in den Flammen gesunden. Außerdem Hst eine Taglöhnerin beim HerauSspringen Arm und Bein gebrachen und ist auch ein Feuerwehrmann durch einen herabfallenden Ziegel erheblich beschädigt worden. Wie das Feuer enistanden, ist nicht bekannt, doch spricht manches für die Annahme, es liege eins Unvorsichtigkeit der verunglückten Dienstmädchen zu Grunde.

Lauphetm, 6. Juli. Ein Akt fahrlässiger Tödtung hat große Auf­regung in unserer Stadt verbreitet. Scho» seit einigen Tagen wurden im Laden einer hiesigen angesehenen Gewerbsmannes, des Seifensieders David Retzeler, der als Wittwer mit einem Sohn und einer Tochter in glücklichen Familienverhältknflcn lebte. Einbruchsversuche gemacht, in Folge dessen Vater und Sohn Nachts stets auf der Lauer waren. Nun kam gestern Abend der Alte zwiscken 9 und 10 Uhr au« einer Gesellschaft nach Hause; Sohn und Tochter waren schon zu Bett, er selbst öffnete noch ein Fenster, um vor dem Schlafengehen eine Cigarre zn rauchen. Durch das Geräusch aus dem ersten Schlafe geweckt, stürzte der Sohn, mit einem Revolver bewaffnet, im oberen Stocks ans Fenster usd schoß, im ersten Augenblick nichts Anderes denkend, als daß er einen Einbrecher vor sich habe, dem Vater von oben herab eine Kugel durch den Kopf. Röchelnd stürzte derselbe zu Boden und dis der Arzt, von der verzweifelnden Tochter Herbeigerusen, anlangte, war der Unglückliche schon eine Leiche. Der Jammer des Sohnes ist groß, derselbe stellte sich alsbald dem Gericht.

In Magdeburg fand ein Selbstmörder seinen Tod auf folgende

Weise. Er befestigte das Ende seiner Pfeife an eisen Zasschlauch und fing an zu rauchen; in vollen Zügen sog er das ausströmends Gas in seiner Lunge ein. Wie lange es dauerte, bis er sich todt geraucht hat. weiß man nicht. Als die Leiche gefunden wurde, war die ganze Haut leicht gsröthet. Diese Farbe steigerte sich allmälig derart, daß der ganze Körper am dritten Tage kirschroth aussah; dabei fehlte jede Spur von Verwesung. Das eigenthümliHs Aussehen erinnerte unwillkürlich an» Leben; es sah etwa aur, wie dasjenige eines gesunden, kräftigen Mannes, der dem Alkohol- genuffe sehr ergeben ist. Das war die Wirrung de« Gases.

Der oberösterreichischs Markt n ig r w i es en ist am 1. Juli während Zeines heftigen Gewitters mit 29 Häusern und summt dem Airchthurme abge­brannt; de: Blitz hatte zweimal eingeschlaaen.

Pest, 4. Juli. Der Velociprdist Ivan Zmertych, der es bekanntlich unternommen hatte, auf seinem Zweiräder die Tour vvu London «ach Pest in 21 Tagen zurückzuleoen, ist am 30. Juni Nachmittags 4'/rUhr glücklich am Ziel, bei der Altofener Mautschranke, rmgelangt. Auf der Landstraße warteten Gras Max Esterhazy, Präsident, und Herr Csaßar- Sekretär des Athletik-Klubs, Graf A. Szapary, Oberstadthauptmana Alexius Thaiß (der­selbe ist Vizepräsident de« Athletik-Klubs) und mehrere Zsitungsberichter- statter. Zmertych wog 70 Kilogramm und 1 Dekagramm und wurde kon- statirt, daß er während seiner 2otägigen Vrlocipedefahrt 10 englische Pfund von seinem Gewicht verlöre» hatte. Am 10. Juni hakte Zmertych bei strömendem Regen in Ostende das Velocipeds bestiegen und hat er somit im Durchschnitt täglich 130 Kilometer Entfernung durchmesftn.

New-Aork, 2. Juli. Am Donnerstag kamen in New-Iork 79 Todesfälle in Folge vsn Sonnenstich vor; in vier Tagen im Ganzen 153 Fälle.

-Bradford, P e n n syl v a ni e n (Ver. St.), 11. Juni. Heute Morgen fuhr der Blitz in einen 20,000 Faß Oel enthaltenden Behälter auf einer Anhöhe bn Titusville. Das Oel sing sofort Feuer, das sich rasch einem anderen Behälter von derselben Größe, welcher derselben Gesellschaft gehört. mittheilte. Das brennende Oel strömte den Hügel hinab und zer­störte Alles auf dem Wege. Titusville war gefährdet. Dis Einwohner ließen ihre Habe im Stich und ergriffen die Flucht. Um 5 Uhr hatten die Flammen die Franklin- und Wastzingtonstrset erreicht und gefährdeten die Eisenbahnbrücke. Um 7 Uhr brannten ungefähr 100,000 Faß Oel. sowie die Gebäude auf beiden Seite« der Broadstr. Es herrscht große Auf­regung, doch glaubt man. daß der Geschäststheil von Tckusville, welcher meist aus Backstsingtbäuden besteht, verschont bleiben wird. Um 10 Uhr Abend« borst noch rin Oelbehälter und setzte die Franklinstreetbrücke m Brand. Am nächste« Tage platzte nochmals ein Oelbehälter von 5000 Barrel Gehalt mit furchtbarer Kraft und erst am 13. Juni gelang es, den Brand zu löschen. Der Gesammtschaden beträgt 1,500,000 Lstrl. _

Handel und Verkehr

Kirchheim u. T., 6. Juli. Es ist bemerkenswerth, daß hier in vsr- hältnißmäßig kurzer Zeit ein neuer Zweig der Kunstindustrie aufgeb'ühk ist. SS ist dies die Fabrikation von venstiamscheu Laternen. Den besten Be­weis davon, wie umfangreich das Geschäft ist, bildet die Thatsache, daß in den letzten Tagen 2 Eisenbahnwagen voll solcher Lawpen nach Frankreich ab­gegangen sind. Dieselben werden am 14. Juli die Feier der Julirevolution illuminiren helfen. Diese Laternen sind Zum Theil künstlerisch schön aus- gestatiet und die Fabrikation derselben wird theiiseise mit Maschinen be­trieben.

Mannheim, 6. Juli. Eine Versammlung von Tabaks-Interessenten, welche gestern hier tagte, nahm eins Resolution an, in welcher das Vor­gehen der Straßburger Tabaksmsnusaktur durch Gründung von Verkaufs- Filialen in verschiedenen Städte», durch den Erwerb von Privatjabriken, durch Verbreitung von Preiscouranten in Beamten- und MilitLrkreisen als eine Gefahr für den Tadakstzandel und dis Tabaksindustrie bezeichnet und die Befürchtung ausgesprochen wird, daß das Ziel dieses Vorgehens die Vor­bereitung des vom Reichstag abgelehnten Tadeksmonopols auf .indirektem und daher illoyalem Wege" sei.

Eh' er »och etwas Vernehmliches darauf erwiedern konnte, war sie in die Thüre getreten, und er stand nun draußen im Schneegestöber allein. Er wußte, daß er hier nichts mehr zu suchen hatte, daß er eine lächerliche oder gar zweideutige Figur spielen würde, wenn er jetzt oben anläutete und erklärte, er habe in zehn Minuten erne so intime Freundschaft mit dem Fräulestn geschloffen, daß er nothwendig auch die Bekanntschaft ihrer Frau Pathin machen müsse. Indem er aber zurücktrat, um nach den Hellen Fenstern hinaufzusehen, ob dort ihre Ttstalt etwa hinter der Gardine sich zeige, sah er etwas Dunkles auf dem Schnee liegen und hob ein seidenes Halstuch auf, das sie verloren haben mußte. Der Gedanke, daran ein Pfand zu haben, daß das wunderliche Abenteuer nicht mit dem Einen Auftritt im Schneegestöber zu Ende sei. beruhigte ihn ungemein, und da« Tuch sorg­fältig einsteckend, ging ec nach Hause.

Seine kleine Studirlampe brannte auf dem Pult zwischen den Büchern, die Kohlen knisterten im Ofen, ein frugale» Nachtessen war sauber auf dem Tisch vor dem Sopha aufgetragen, und die alte Wirthin empfing ihn mit ihrem mütterlichsten Gesicht. Aber seine Sinne und Gedanken waren zu unstät, um sich's in dieser behaglichen Enge wohl fein zu lassen. Die Bücher ekelten ihn an, er riß das Fenster auf, um die dumpfe Stubenwärme hin­auszujagen und seine heiße Stirn wieder den Schneeflocken preiszugeben. Sein Abenteuer hatte er nun gefunden, aber e» war ihm schlecht bekommen. Stall einer wohlthätigen Erfrischung hatte er ihm rin Fieber eingetragen, da« alle Hausmittel nur noch zu verschlimmern drohten.

Was war es eigentlich, da« ihn so tief aufregt«? Ein fremde« Mäd­chen hatte ihm di« sehr alltägliche Geschichte ihrer unglücklichen Liebe er­zählt. Wie die Dinge standen, war nicht» zu helfe« noch zu ändern. Viel­

leicht schon morgen reis'te sie wieder ab, nachdem sie ihre seltsame Neugier gebüßt hatte, und wer weiß, ob nicht schon aus de: Heimreise, oder doch wenn der Schnee geschmolzen, ein Ersatz, ein anderes und treueres Glück lieber Gott, wenn die erste Liebe immer die letzte sein müßte!

Aber in demselben Augenblick hörte er ihre Stimme und sah ihren feuchten Blick, mit jenem eigenthümlichen Ausdruck von Tiessinu, den ein großer Schmerz verleiht, und sagte sich: sie ist nicht wie Andere. So viel Stärke in einem so zerschmetterten Herzen, so viel Stolz, der von aller Kälte frei ist Himmel I von einem solcken Mädchen geliebt zu werden, der einzige Gedanke einer so tiefen Seele zu fein-! Wie er nur weiter­

leben kann, nachdem er da« besessen und es selbst von sich gestoßen hatl

Ein Haß auf seinen alten Bekannten, der ihm nie etwas zu Leid ge- than, stieg in ihm auf. so bitter und persönlich, als wäre das verlassene fremde Mädchen seine eigene Schwester. Er stellte sich dem Treulosen in Ge­danke» gegenüber und sagte ihm die beleidigsudsten Sachen, wobei es seinen Grimm bis zur Wuth steigerte, daß der Angeklagte natürlich sich nicht verthndigte, sondern mit dem ruhigen, nur etwas spöttischen Gesicht aus alter Studentenzeit den Bubprediger ansah. Endlich ward er müde, nachdem er da» Thema gründlich «schöpft hatte, warf sich auf das Sopha, nahm das Halstuch in die Hand und überließ sich seinen Träumen. Das lieblich finstere Gesicht de» Mädchen« stand ihm so deutlich vor Augen, daß er es hätte zeichnen können. Ob man e« schön nennen konnte, wußte er sewst nicht; er wußte aber, daß er nie ein Müdchengesicht gesehen hatte, das ihm beseelter, ausdrucksvoller und selbst in den Ausbrüchen des Zorne» und Haffe» liebenswürdiger erschienen war.

(Fortsetzung folgt.)