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Amts- unä InLelligc Hbkatt für äen Kezirb.

Samstag, den 10. Juli L88O

55. Jahrgang.

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Takwer Mocbenbkatt."

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Die Redaktion und Expeditio n desCalwer Wochenblatts ."

P Etifchc Machrrchten^

Deutfche-IkeiÄ»

DerRe'chSanz." meidet amtlich!: Se. Biajestät der Kaiser und König haben AllergnSdigst geruht: Im Einverständniß des Reichskanzlers mit der allgemeinen Stellvertretung, desietbe« nach Maßgabe der Gesetzes vom 17 , März 1878 , für die Dauer der Abwesenheit dcS Vize-Prösidenten des > Staats-Ministeriums Gräfin zu Stolberg-Wernigerode von Berlin, den der­zeitigen Vorstand der Auswärtige« Amts, Kaiserlichen Botschafter Fürsten von Hohsnlohe-EchillingSsürst zu deauftraaen.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 5. Juli. Die alte Scheu gewisser Stellen in Oestreich vor allen »großdsutschen" Symbolen legt sich jetzt, wo dieslavische Richtung" im Innern in Flor ist, weniger Zwang denn je auf. Der Statthalter von Mähren, Herr von Kalliua, ist einer von Jenen, die beim Anblick eines schwarz-roth-goldenen Banners aus der Fassung gcrathen. Ju Olmütz feierte gestern das Lchützenkorps die Gedenkfeier der Fahnenweihe, und verschiedene deutsche Körperschaften entfalteten dabei ihre alten schwarz- roth-goldenen Banner, wie andere, slavische Vereine re. ihre slavischen Fahnen trugen. Die letzteren blieben vom Statthalter unangefochten, dagegen untersagte er das Tragen und Ausstecken der deutschen Fahnen, allerdings erfolglos, denn die deutschen Körperschaften erschienen trotzdem mit ihren alte» dreifarbigen Emblemen. Die Taktlosigkeit des Hrn. v. Kallina war also doppelt überflüssig. Es ist unerfindlich, was mit derartigen lächerlichen Verboten erreicht werden soll. Trotz der sch«ar»-roth-golde«en Fahnen haben die deutschen Vereine in Toasten und Reden den Kaiser, die Ein­heit des Reiches, Oestreich u. s. w. patriotisch gefeiert, während die Slaoen mit ihren nicht beanstandeten slavischen Fahnen nichts dergleichen thaten.

Wien, ö. Juli. Die Nachricht von einer eventuellen englisch- französischen Demonstration zu Gunsten Griechenlands bestätigt sich nicht. Sie ist jedenfalls verfrüht. Kommt es dazu, dann dürfte auch Oestreich- Ungarn kaum unthätig bleiben. Unsere Stellung in Bosnien-Herzegowina und am Lim zwingt uns dazu. Auch scheint die Haltung der Albanesen keineswegs so harmlos, wie neuestens die Berliner Nordd. A. Z. der Welt glauben machen will. Die Pforte unterstützt ohne Zweifel ihre albanesischen Nnkenhauen; ebenso bereitet sie selber sich für kriegeiische Eventualitäten vor. Seitens der Mächte ist in Bezug auf die Durchführung der Konferenz- b-schlüffe eine bewaffnete Einmischung vorderhand nicht in Aussicht ge­nommen. Weicht die Pforte dem moralischen Drucke nicht, so wird man cs Griechenland überlassen, das Recht der Okkupation auszuüben und die

ihm zugesprochenen Gebiete zu besetzen. Unzweifelhaft möchte die Pforte

Widerstand leisten, aber sie besitzt wenig Geld und ein Krieg wäre sehr unpopulär.

Frankreich.

Paris, 6. Juli. Die Amnestie-Kommission der Dtputirlenkammer hat nach Anhörung der Minister und der Delegirten der verschiedenen Gruppen der Linken das Amendement Labiche angenommen. Dasselbe will allen von der Regierung begnadigten Communc-Verurtheilten die Am­nestie gewähren, jedoch mit der Einschränkung, daß alle diejenigen, welche nach dem gemeinen Recht Verurtheilungen aus der Zeit vor der Commune erlitten haben der politischen Rechte verlustig bleiben sollen. Man hofft, daß das so geänderte Amendement Labiche vom Senate angenommen werden wird. Der Kommissionrbeschluß wird heute in der Kammer verlesen werden. Das Ministerium wird sich neutral verhalten.

>Paris,?. Juli. (Kammer der Deputaten.) Berathung der Amnestie- Vorlage. Caffagnac behauptet, das Ministerium habe am Samstag eine Niederlage erlitten und hätte zurücktreten sollen. Ribot vom linken Cenlrum ersucht dos Ministerium, seine Ansicht über den Amnestieentwurf auS- zusprechen. Freycinet sagt, die Regierung habe das Amendement Bozörian abgelehnt wegen der Schwierigkeiten, die sich seiner Ausführung entgegen- stellen würde». Aber die Minister, welche Senatoren seien, haben dafür gestimmt, um gewisse Berechnungen zu zerstören. Freycinet konstatirt, daß das so an die Kammer zurückgelangte Gesetz immerhin den Weg der Ver­ständigung offen lasse. Die bonopartistischen Deputirten erklären, daß sie für den Kommissionsentwurf stimmen werden. Die Kammer nahm so­dann den Kommissionsentwurf (Amendement Labiche) an. Der Kommissions- Antrag ist identisch mit dem Amendement Labiche. nur soll die Frist, welche der Regierung für die Verkündung der Begnadigungen bewilligt wird, nicht auf drei Monate festgesetzt werden, sondern am 14. d. ablausen.

Paris, 8. Juli. Der Klagantrag der Jesuiten wurde gestern vor dem Seinetribunal verhandelt. Die Publikation des Urtheils wurde bis Freitag vertagt.

Rußland.

St. Petersburg, 6. Juli Der »Russische Invalide" erklärt von autorifirter Seite die Meldung der .Times" von einem Zusammenstöße russischer und chinesischer Truppen für vollständig unbegründet und der Sachlage nicht entsprechend.

Tagesordnung

des K. Amtsgerichts Calw in de« öffentlichen Verhandlungen l. am Montag, den 12. Juli 1880, Vormittags 8 Uhr:

Strafsache gegen

1) Johannes Proß, Gypscr, Johann Georg Dittus, Schneider, und Michael Henne­farth, Taglöhner, sämmtlich von Ottcnbrvnn, wegen erschwerter Körperverletzung.

Vormittags 9 Uhr

2) die Ehefrau des AmtSdicnerS Philipp Proß von Ottenbronn wegen Diebstahls.

3) Christoph Friedrich Lutz, Weber, von Deckenpfronn wegen Diebstahl«.

Vormittags 10 Uhr

4) Jakob Hölzlc, Taglöhner, dessen Ehefrau Christine und dessen Sohn Gottlieb Hölzle, sämmtl. von JgcISloch, OA. Neuenbürg, wegen Diebstahls u. a. V.

/ e u i i t e t o n.

Ein Abenteuer.

Novelle von Paul Heyse.

(Fortsetzung.)

Während dieses lebhaft herausgestotterteu Beken»tniffe« hatte die Fremde Zeit gesunden, sich zu sammeln. Sie ging jetzt wieder la«gsamer, wie um die Frist ihres Beisammenseins nicht selbst abzukürzen, und sagte mit leidlich gelassenem Ton:

Ich danke Ihnen, mein Herr. Ich glaube Ihnen auch, daß Sie nur sogen, was Sie fühlen. Hätte ich nicht gleich ou» Ihrem ganzen Betragen Zutrauen geschöpft, so würde ich Ihre Begleitung nicht angenommen haben. Aber mehr als das können wir nicht zu theilen haben. Ich will Ihnen, zum Beweis, daß ich Ihnen für Ihr ritterliches Anerbieten aufrichtig dank­bar bin,, offen gestehen, was Ihnen «eine Thränen doch schon verrathen haben: ja, ich selbst bi» die verschmähte Braut. Mögen Sie davon denken, was Sie wollen ich bin nur deßhalb hieher gereis't, um meine Nach­folgerin zu sehen; aber glauben Sie darum ja nicht, deß ich nur den ent­ferntesten Wunsch bätte. sie und ihn in ihrem Glück zu stören. Es ist nur so eine Laune, die Sie schwerlich begreifen werden. Wenn man Alle», war man gethan und gelassen, gedacht und geträumt hat, seine ganze Zukunft bis an den Tod auf Einen Menschen bezogen hat, ist es unerträglich, sich nun sein Glück auf einmal entwinden zu lassen, wie einen unabgewickellen Knäuel, der einem vom Schooße rollt uud in irgend einen bodenlosen Brun­nen fällt. Ich muß wenigstens sehen, wie das gekommen ist, wie fie aue-

steht, ob ein Herz und Geist und irgend was, das der Mühe wcrth wäre, ihr aus den Augen blickt, und wenn sie ihn mehr verdient, als ich aber das kann ein Mann unmöglich verstehen. Oft verstehe ich mich selbst nicht. Ich habe diese unbezwingliche Neugier lange genug mir selbst übel genom­men und wollte fie mit meinem Stolz ersticken. Es ging nicht. Da Hab' ich ihr endlich nachgegeben und bin nun hier; aber da« können Sie glau­ben: wenn mein Wunsch erfüllt ist und ich meine Nachfolgerin gesehen habe

nichts wird mich hier zurückhalten I Ich kehre wieder zurück in mein stilles Mädchenleben, und Niemand soll mir ansehen, ob das Verlorene mir nachgeht oder nicht."

Sie waren darüber zu dem Hause der Pathe gekommen, das sie ihm schon vorhin bezeichnet hatte. Es schien ihm unmöglich, daß dies das letzte Wort zwischen ihnen sein sollte. Aber während er noch herumsann, wie er die Bitte, sie Wiedersehen zu dürfen, auf bescheidene Weise Vorbringen sollte, schnitt sie selbst ihm jede Hoffnung ab.

Leben Sie wohl," sagte sie, ihm eine Hand reichend, die trotz Hand­schuh und Muff sich kalt anfühlte.Hier wohn' ich und danke Ihnen noch­mals für Ihre Begleitung. Aber versprechen Sie mir, Alle», was ich Ihnen gesagt, und meine ganze unbedeutende Person zu vergessen. Ich selbst be­mühe «ich, es zu thun. und begreife schon nicht mehr, wie ich so schwach sein konnte, die alte Geschichte Ihnen, einem ganz Fremden aber es war, weil mich der Anblick seiner alten Wohnung, au» der er mir manchen Brief geschrieben, so aufgeregt hatte, und dann so fremd Sie mir sind

mit manchen Menschen leben wir Jahrelang und lernen sie doch nicht kennen, und andere werden «ns fast Freunde in der ersten Stunde! Gute Nacht! Vergessen Sie Alles Sie versprechen mir'», nicht wahr?"