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gerne gegeben werden. (Die Red. gesteht gerne, daß ste den Bericht au» Nagold > gerade in der Absicht ausgenommen hat, um zu ähnlichen Berichten über die hiesigen Verhältnisse anzuregen. An einem mit diesen Verhältnissen genau vertrauten Referenten sollte es doch wohl hier nicht fehlen und ständen seinen Belichten die Spalten dieses Blattes jederzeit gerne offen).

Stuttgart, 23. Juni. Die kaiserlich deutsche Tabaktmanufaktur Straßbnrg hat gestern mit einem hiesigen Kaufmann in der Königsstraße einen Vertrag über den Verkauf ihrer Regietabake abgeschlossen, welch' letzterer demnächst eröffnet werden soll. Gleichzeitig werden auch in Berlin Frankfurt und München Verkaufsstellen errichtet.

Reutlingen, 2t. Juni. Gestern Abend zwischen 6 und 7 Uhr hatten wir ein starkes Gewitter mit woikenbrucharligem Regen, in Folge d.sssn da» Wasser in allen Straßen wie in Bächen floß und die Echaz in kurzer Zeit zum reißenden Strom anschwoll, so daß die Gerber- für ihre im Wasser liegenden Häute große Noth und Mühe hatten, dieselben zu sichern. Während de» Mittag» hatten die Turner auf dem Markwasen, dem Maien­festplatz, ein Waldsest veranstaltet, wobei Schauturnen, Spiele und Tänze abwechselten. Dieses Fest hatte viele Hunderte, den größeren Theil der jungen Welt Reutlingens angelockt. Als das Gewitter losbrach, suchten die meisten Schutz vor dem Regen unter den kolossalen Eichen, so daß Gruppen von 506.> Personen öfters unter einer Eiche standen. Ein an­derer Theil suchte Schutz auf dem etwa 1 km entfernten Gaisbühlhof, des­sen sämmtliche Gelaffe nebst 2 über einander befindlichen ELälen bald über­füllt waren. Plötzlich erleuchtete ein greller Blitz den Saal; einige Fräu­lein stürzten alsbald zu Boden und waren einige Zeit besinnungslos. Auch verschiedene andere Personen erhielten starke elektrische Schläge in die un­teren Theile der Füße, namentlich in die Knöchel. Ein beinahe erstickender Schweseldampf erfüllte das Lokal, und eS mußten schnell die Fenster ge­öffnet werden. Zum Glück hatte der Blitz nicht gezündet, uud die Ge­troffenen erholten sich bald in der frischen Luft. Alle Anwesenden waren starr und leichenblaß vor Schrecken. Die Verletzten befinden sich, nachdem sie in geschlossenen Wagen nach Hause geschafft wurden. heute außer aller Gefahr, trotzdem daß einige beriechen Brandwunden auf dem Rücken und an den Füßen haben. Aus dem Kleide eines der getroffenen Fräulein fand sich aus dem Rücken ein Loch von der Größe eine» 20-Pfennigstücks ein­gebrannt; es wurde ihr das Stiefelchen bis auf die Sohle vom Blitze zerrissen.

M ünchen, 21. Juni. In Würzbucg wurde ein sehr reicher Gutsbesitzer wegen seit Jahren fortgesetzter Mckchfälschung, er hatte z. B. 6 Liter Wasser unter 4 Liter Milch gemischt, zu 500 vlL Geldstrafe verurtheilt.

In Nürnberg ist am Samstag das Maschinenhaus der Johann Faber'schen Bleistiftfabrik niedergebrannt; die Entstehungsursache ist bi« jetzt nicht bekannt. Beschädigt sind namentlich 100,000 Gros Brettchen zur Bleistiftsabrikation. Die Gefahr einer Explosion de« Dampfkessels wurde nur durch die Geistesgegenwart eines der Chefs der Fabrik beseitigt.

Hamburg, 20. Juni. Heute wurden die zum Turnfest nach Frank­furt reisenden Deutsch-Amerikaner, welche mit der .Sllesia- angelangt waren, festlich empfangen. Die Fahrt glich einem Lriumphzuge. Uederall an dem rechten Elbufer ertönten die Willkommengrüßs. Eine große Zahl der am Wettturnen in Frankfurt theilnehmenden Deutsch-Amerikaner wird erst in den nächsten Wochen Nachkommen.

Berlin, 21 Juni. Eine entsetzliche Mutthat wurde am Samstag Abend von einem obdachlosen Strolch in der Polizeiwache de- 18. Reviers verübt. Der 52jährige arbeitslose Tischler Nietzel war wegen Verübung groben Unfugs durch den Schutzmann Krüger auf der genannten Wache eingeliefert worden. Dort hatte man ihn, da er sich widersetzte, in eine Zelle eingesperrt. Hier ivbte und schrie der Sistirte und verunreinigte die Zelle in scheußlichster Weise Als man dies entdeckte, wurde Nietzel auf- gefoidert, die Verunreinigung zu beseitigen Zu diesem Zweck wurde die Zelle geöffnet. Der Telegraphist Schutzmann Schulz saß während der ganzen Zeit an seinem Apparate und verzehrte sein Abendbrot», als Nietzel plötzlich an den Tisch trat, ein auf demselben liegende» Brodmesser ergriff und es dem Beamten mit solcher Wucht ins rechte Auge stieß, daß die Spitze der Klinge hinten zum Genick wieder herausdrang und Schulz mit kurzem Aufschrei leblos zur Erde stürzte. Nietzel benahm sich nachher u«- glaublich frech. Er erklärte, es sei ihm ganz gleichgütig, ob man ihn lebenslänglich einsprrre oder gar einen Kopf kürzer mache.

Dar Schöffengericht zu Liegnitz fällte am 9. Juni ein Erkenntniß,

da« seiner Eigenartigkeit wegen allgemeine Verbreitung verdient. Ein dortiger Hotelbesitzer wurde nämlich zu 1 50 L Strafe verurtheilt, weil ein

Gast Sonntags während de» Gottesdienstes im Gastzimmer am Fenster sttzmd die Zeitung gelesen hatte, was von der Straße aus gesehen worden war und was das Schöffengericht als .Sonntagsentheiligung- ansah.

Die .Sächs. Post- gibt nach zuverlässigen Mittheilungen eineUuglückS- statistik zu den Wolkenbrüchen in der Oberlausitz. Wir entnehmen derselben: Dernstadt hat 12 Todte, 1 Vermißten; 8 Häuser und 6 Scheunen find gänzlich vernichtet, 3940 Häuser dem Einsturz nahe. Cunnersdorf 12 Todte; 10 Häuser sind vernichtet, 1520 dem Einsturz nahe. Bernsdorf

2 Todte; 4 Häuser, i Scheune vernichtet, 20 Häuser dem Einsturz nahe. Schönau 3 Todte; 3 Häuser und 2 Scheunen vernichtet. Kiesdorf 1 Todter ;

3 Häuser vernichket, 20 dem Einsturz nahe. Berzdorf 1 Scheune ver­nichtet. 34 Häuser dem Einsturz nahe. Dittersbach 9 Brücken und meh­rere Holzschuppen weggerissen. Ruppersdorf 1 ToStec; 2 Häuser vernich­tet, 14 dem Einsturz nahe und 40 beschädigt. Oberoderwitz 8 und Nieder­oderwitz 5 Todte. Ober- und Niederreunersdorf 16 Todte; 14 Häuser vernichtet, 18 dem Einsturz nahe, 12 beschädigt. Zittau 3 Todte; 9 Ver­bindungsstraßen , 3 Dorfbrücken. 1 Mühlsteg und eine neue Brücke sind wrggerissen. Die Gesammtzahl der Tobten beträgt darnach 63

Aus Jglau wird geschrieben: .Vor wenigen Tagen wurde von un­serer Polizei eine aus mehreren schulpflichtigen Burschen bestehende .Räuber­bande- eingesangen. Die ältesten der .Räuber- stehen im Alter von 13 Jahren, der .Hauptmann- war ein Iljähnger Bursche. Die kleine Bande war wohl organisirl und verübte ihre schlechten Streiche meist am Abend. Die Bursche hatten es besonders auf die die Schwimmschule besuchenden Knaben israelitischer Abkunft abgesehen und diese mit dem Rufe: ,,Jud', das Geld oder das Leben!- überfallen und ihnen unter Androhung von Mißhandlungen die Baarschasl adgenommen.

Paris. 14. Juni. Fräulein Juliette Courbet, die Schwester des berühmten Malers und nach dem Gesetz seine einzige Erbin, ist nach Paris gekommen, um einen Kompromiß wegen der 300,000 Feanls zu versuchen, zu deren Zahlung Courbet wegen Niederreißuvg der Vendome-Säule ver- urtheilt worden war. Das Urtheil gewähr:« ihm 30 Jahre zur Abstattung dieser Schuld. Fräulein Kourbet erbietet sich nun, ein Drittel dieser Summe baar zu erlegen, wenn ihr der volle Betrag quittirt und gestattet wird, den Ueberrest zu Preisen für Künstler zu verwenden. Sie hat den großen Vortheil für sich, daß Courbet's geschätzteste Bilder sich in ihrem Hause in der Schweiz ebefinden und wenn ihr Antrag nicht angenommen wird, dürfte der Staatsschatz gar nicht» erhalten.

London, »9. Juni. Auf der Eisenbahnlinie Heresord, Hag und Brecon (Midland Bahn) hat sich vorgestern Nacht ein schrecklicher Unfall ereignet. Die Brücke über den Fluß Wye, zwischen Hag und Brecon, stürzte ein, während ein Güterzug dieselbe pasfirte, der ganze Zug fiel in die Tiefe. Der Lokomotivführer blieb auf der Stelle todt, während der Heizer solch schwere Verwundungen davon trug, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Der Passagierzug der die Brücke kurz vor dem Unfall passirte, hatte zwischen 500 bis 600 Passagiere enthalten, welche von der Ausstellung des landwirthjchastlichen Vereins Herefordshires zurückkehrten.

In Petersburgift ein Diebstahl, bei dem Begräbniß der russischen Kaiserin verübt, vielfach besprochen worben. Einem Herrn, der sich in der ungeheuren, zur Trauerfeierlichkeit herzugeströmten Menge befand, soll tm Gedränge eine Brieftasche gestohlen worden sein, in welcher sich verschiedene Dokumente und zwanzigtausend Rubel befanden. Diese Nachricht wurde vielfach bezweifelt, indem man es für unwahrscheinlich hielt, daß Jemand eine so dedeuttnde Summe in der Tasche mit sich trage. Die Wahrheit dieses Vorfalles hat sich urzu einem in Petersburg kurstrenden Gerüchte zufolge gegenwärtig in folgender ziemlich humoristischen Weise bestätigt: Der Stadthauptmannschaft soll nämlich vor einigen Tagen durch den Brief­kasten ein Packet zugegangen sein, welche« die gestohlenen Dokumente und Rechnungen nebst einem Schreiben ohne Unterschrift enthielt. In diese« Schreiben ersuchte der Anonymus die Stadthauptmannschast, dem betreffenden Etgenlhümer die Dokumente zurückzuerstatten, bedauerte aber von ganzem Herzen, die zwanzigtausend Rubel nicht zurückerstatten zu können, da er sie gerade selbst sehr nothwendig brauche.

Handel und Verkehr

Von der Jagst, »8. Juni. Am vorigen Haller Markt erlöste ein Bauer aus Lendfiedel, OA. Gerabronn. für 16 Stück von Einem Mutter- thier gezüchtete Saugschweine die Summe von 274

Amtliche Dekanntmachungen.

Revier Calmbach.

Stamm- und Brennholz-Verkauf

Samstag, den 3. Juli d». I., auf dem RathhauS in .Calmbach Vormittags 9 Uhr:

2122 Stück tanneneS Lang- und Säg Holz mit 1998 Festmeter au» dem MißleSgrund, MauSthurm, Würzbachhalde, Seß'ingund Mcistern- Ebene.

Vormittag» 11 Va Uhr,

61 Rm. tannrne Scheiter, und

224 Rm. bto. Prügel, 9 Rm.

buchen. 683 Rm. tannen und 8 Rm. erlen Abholz, 37 Rm. tannene Rinde, 260 Rm. tan- nene, 2 Rm buchene, und 2 Rm. erlene Reisprügel aus der Würzbachhalde, Seßiing, Schwann und verschiedenen Lbtheil- ungen des KLlblin a.

Neudulach.

Gerichtsbezirks Calw.

Aufruf an Erb­schafts-Gläubiger.

In der Verlossemchafttsache de» alt Johann Jakob Volz, Schuh­macher« in Nrubulach beträgt der Nachlaß 44 87 ^ wovon die

Leichenkosten und einige wettere Forderungen im Betrage von 36 «k

14 ^ avgehen, und der restliche Betrag durch dis Kosten sich absor- birt; e» ist mithin für die unbevor­zugten Gläubiger mit einem Forder­ungsbetrag von 389 88 ^ Aus­

sicht auf Befriedigung nicht vorhan­den. Hievon werden dieselben in Kenntniß gesetzt.

Den 20. Juni 1880.

K. Amtrnotariat. Teinach.

Müller.

Wiese-Verkauf.

Au» der Verlassenschaftsmaffe des P Johanne« Kirchherr, gewesenen Fuhrmann« dahier, kommt am Montag, den 28. d. MtS., Vormittags 11 Uhr,

au» dem hiesigen Rathhaus zum letzten­mal zu Versteigerung:

16 s 52 czm Wiese auf der Stein- rinne,

Angekaufl für 250 Rathsschreiberei. Haffner.

Alzenberg,

Gerichtrbezirks Calw.

Aufruf an Erb­schafts-Gläubiger.

In der Verlassenschaftssache de« Michael Pfromm er, TaglöhnerS in Alzenber- hat sich ein Aktiv-Stand ergeben von 885 -M 40 L worauf an Schulden haften: a) unterpfäudlich versicherte,

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