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Nro. 72 .
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Donnerstag, den 24 . Juni L88O
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Amtliches.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst zu verfügen geruht: v. Acker. Oberst- lieutenant und Kommandeur des Train-BataillonS Nr. 13, der Abschied mit Pension und mit seiner bisherigen Uniform bewilligt unter Verleihung des Karaktcrs als Oberst und de» KommenthurkreuzcS 2.'Klasse des FriedrichSorden«.
Seine Majestät der König haben durch Allerhöchste Ordre vom 14. d. MtS. das Dienstehrcnzeichen Allergnädigst zu verleihen geruht an: Schäfer, Bezirks-Feldwebel im 1. Bataillon (Calw) 1. Landwehr-Regiments Nr. 119.
Nachdem der bisherige Abgeordnete des Oberamtsbezirks Backnang lein Abgeordnetenmandat niedcrgelegt hat, ist die Vornahme einer Neuwahl für diesen Obcramtsdezirk am Donnerstag, d«n 22. Juli d. I., angeordnet.
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich
— Berlin, 16. Juni. (Abgeordnetenhaus.) Zweite Lesung der kirchenpolitischen Vorlage. Es sind neun Redner für und acht gegen Artikel 1 on- gemeldet. Der Artikel wurde in der Fassung, welche derselbe durch verschiedene Amendements erhallen halte, bet Zählung der Stimmen mit 2,6 gegen 180 abgelehnt.
— Berlin, 17. Juni. v. Schorlemer brachte im Abgeordnetenhaus- eine Interpellation ein des Inhalts, ob die Regierung bereits Ermittlungen sngeordnsl habe, ob und inwieweit die ungünstigen Witterungsoerhältnisss des Winters und Frühjahrs den Ernleertrag >n Frage stellen, um rechtzeitig, falls Nothstände in einzelnen oder mehreren Landestheilen zu erwarten , sind, Maßregeln zu deren Abwendung treffen zu rönnen. — v. Huene inter- pellirt dis Regierung darüber , welche Maßregeln getroffen worden seren, um der Wiederkehr eines Nothstandes in Oberschl-sien vorzybeugen und in wie weit die in den Nolhstandsdistriklen in Aussicht genommenen Elsenbshn- bsuteil vorbereitet seien. "
— Berlin, 19. Juni. Das Abgeordnetenhaus beriech heute über Artikel 2 und 3 der kirchenpoljtischen Vorlage. Die Amendements, sowie der Artikel selbst, wurden abgelehnt. Art. 3 in der Fassung der Regiernngt- vorlage mit den Stimmen der Konservativen, eines Torils des Centrums und einiger Nation aliiberalen angenommen.
— Berlin, 19. Juni. Die Fortschrittspartei berieth gestern Abend über eine Interpellation wegen Aufhebung der Koryzölle und beschloß, davon zunächst abzusehen und die Angelegenheit bei der bevorstehenden Interpellation über die Maßregeln gegen die Mißernte zur Sprache zu bringen.
— Laut Veröffentlichung des Schatzamts hat die Emnahme des Reiche» im vorigen Etatsjahre ein Mehr von nahezu vierzig Millionen Mark ergeben; Mindereinnahmen hatten nur Brau- und Branntweinsteuer.
— Berlin, 21. Juni. Das Abg. Hau- berieht heute dm Art. 4 der kirchenpol. Vorlage. Derselbe ermächtigt den König, den auf Grund der Maigesetze entlassenen Bischöfen wieder die staatliche Anerkennung für deren frühere Diözesen zu ertheilen. Stengel beantragt im Namen der Freikonser- vativen, an der Stelle des Königs da» Staatsministerimn zu setzen und die staatliche Anerkennung davon abhängig zu machen, daß der Bischof dis An- zeigepfl'cht anerkennt oder wenigstens durch Handlungen die Absicht an den Tag legt, dieser Pflicht zu genügen. Der Antrag Stengel wird mit den Stimmen der Nat.Liberalen, Fortschrittspartei, Freikonservsliven, des größten Theils der Allkonservativen angenommen. Für Art. 4 in der nunmehrigen Fassung stimmen: die Konservativen, das Gros der Freikonservativen, Zentrum und Polen und wird der Artikel mit 252 gegen 150 Stimmen angenommen.
— Der „Fckf. Ztg." zufolge verlautet, daß die Regierung bei Ablehnung des Artikel 4 der Kirchenvorlage in der nächsten Session dem Landtag ein Gesetz, bestehend aus einem Paragraphen, betreffend die Rückkehr der Bischöfe unterbreiten werde. Der Kaiser habe sich vor der Abreise geäußert, er wünsche Frieden gemacht zu sehen, der aber nur durch die Rückderusung der Bischöfe erreicht werden könne.
— In Berlin betrug die Zahl der fruchtlosen Pfändungen wegen Nichtbezahlung der direkten Staatsfteuern 185.000, eine Summe, welche fast der Hälste der Zahl aller Einkommensteuer-Pflichtigen gleichkommt. Die von Jahr zu Jahr gestiegene Maße der Pfändungen, namentlich der fruchtlos ausgefalleoen, zeigt von einem hohen Grade gesellschaitiichen Elends.
Frankreich.
— Paris, 19. Juni. (Deputirtenkammec.) Heute brachte Freycinet den Gesetzentwurf auf vollständige Amnestie ein. Derselbe lautet: „Einziger Artikel. Amnestie,wird allen wegen Verbrechen und Vergehen, die sich aus die Aufstände vsn 1870 u. 1871 beziehen, sowie allen wegen polit. Verbrechen u. Vergehen oder wegen Pcetzvergehen. die bis zum Tags des 19. Juni 1680 begangen worden, Verurtheilte» bewilligt." Der Konseils- präsident verlangt die Dringlichkeit für den Gesetzentwurf* Die Dringlichkeit wird erklärt. Gambetta: Die Kammer kann sich in der Thal für die sofortige Entscheidung erklären, da Dringlichkeit arrSgsspcochen ist. Frey einet dagegen wünscht, daß die Frage reiflich überlegt werde, und beantragt die Verweisung seines Gesetzentwurfes an die Bureaux. Die Kammer beschließt die Verweisung an die Bureaux
/ e u i L L e L o n.
Die Strafe der Untreue.
Criminalgeschichte von I. D. H. Tcmme.
(Fortsetzung.)
„Herzhaft angepackt!" sagte er dann entschlossen zu seiner Frau.
Sie wollten Beide zufassen.
Da warf die Schlafende sich herum, riß weit die Augen auf, schloß sie wieder, wre vor Schreck.
Die Baronin war in Angst zurückgeflogcn.
Der Baron warf sich in wilder Wuth aus die Unglückliche.
Die Schlafende öffnete noch einmal die Augen, sah den Mörder über sich, die Mordwuth in seinem Gesichte.
Sie stieß einen lauten, durchdringenden Schrei aus.
Der Mörder warf sich aus sie, wollte ihr die Kehle zuschnüren.
Karolme Wild hatte in ihrer Todesangst Riesenkräfte gewonnen.
Sie warf den Mörder von sich, daß er taumelte; sie sprang aus dem Bette, flog an die Thür ihrer Stube, die in den Gang führte, fand sie verschlossen, flog weiter in das Zimmer der Mörder, riß hier die nicht verschlossene Gangihür aus. stürzte in den Gang.
Die Mörder hatten sie nicht aushalten können. Die Baronin war in ihrer Angst selbst geflohen; der Baron kam zu spät.
Aber als Karoline Wild den Gang erreicht hatte, sank sie zusammen.
In der Thür gegenüber, unmittelbar vor ihr, standen ein Mann und eine Frau. Die Frau hielt ein Licht in der Hand, ihre Hand bebte. Der Mann war bleich.
Sie hatten den Schrei der Unglücklichen gehört. Sie hatten wissen müssen, was das war. Wie sie in ihre Thür traten, sahen sie die Unglückliche in den Gang stürzen.
Karoline Wlle erkannte ihren Verlobten.
j Der Neuvermählte erkannte die verlassene, verrathene Braut.
„Was ist das?' fragte die junge Frau.
„Eine unglückliche Wahnsinnige, meine Gnädige!" sagle der Baron
> Lange.
Er war seinem Opfer gefolgt.
Karoline Wild lag ohne Besinnung am Boden.
Der Baron hod sie aus, trug sie in das Zimmer zurück.
„Ach, da» war entsetzlich!" sagte die junge Frau.
Ihr Gatts hatte keine Antwort.
, Er folgte ihr mechanisch in das Brautgemach.
Was sich in den Zimmern der Mörder und ihres Opfers «etter bc- j gab — die späteren gerichttichen Verhandlungen haben es unr aufbewahrl;
, aber dis entsetzlichen Details dieses gemeinen Raubmordes mögen mit ihrer Rohheit und Grausamkeit den Criminalakten verbleiben.
Nach einer halbe» Stunde war der Baron Lange unten auf den Hof getreten. Ec fand dorr de« allen Postillon, der den Wagenmsister machte. „Ist mein Wagen noch nicht angespannt?" fragte ihn der Baron, z „Sie hatten erst nach emer Stunde fahren wollen", antwortete der Mann.
„Könnten Sie nicht das Anspannen beschleunigen lassen?" bat der i Baron.
> „Es soll geschehen."
j Der alte Mann ging zu der Remise, in welcher der Wagen des Barons stand.
Die Remise war ganz hinten rechts aus dem Hofs Der Baron überzeugte sich mit einem schnellen Blick, daß Niemand weiter aus dem Hofe war.
Ec eilte in dar Haus zurück, war nach anderthalb Minuten wieder da. Ec trug seinen weiten Reisernautel, und unter diesem einen Gegenstand, den man nicht unterscheiden konnte.
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