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de« Friedens, sondern die Schürung des Kampfes sei«. Leider werde selbst durch di« Verwerfung der Vorlage dieser Schaden nicht geheilt werden. Di« RegieruiU wünsche die vorhandenen Uebelstände zu mildern, unter dem Eindruck der Gegenwart dürfe man aber die Zukunft nicht »ergeffeu. Koszesfio- «en de» Staat» würden ein Nachgeben von Seite der Kirche niemals zur Folge haben, sondern nur de« Staate seine Aufgabe für spätere Zeiten er schweren. Er werde daher die Vorlage in jeder Fassung ablehnen. (Lebhafter Beifall link», Zischen recht»).
Bezüglich der Haltung der Nat-onalliberalen zu der kircheupolitischsn Vorlage ist in der „Narionslztg." zu lesen: Er herrsche nahezu Einstimmigkeit über die Unannehmbarkeit der meisten und einschneidendsten Bestimmungen der Vorlage. Bindende Beschlüsse sind jedoch in der Fraktionssitzung keine ge- faßt worden.
Fra n L r eich.
P aris, 27. Mai. Der Senat nahm den Gesetzentwurf betreffend die Aufhebung des dis Sonntagsarbeit verbietenden Gesetzes an.
— lieber die Erwählung Leo» Say's. des Gesandten der Republik in London, zum Senatspräsiderrtes äußer» sich die Regierungsblätter sehr zu- frieden. Ja den Augen des Siöc'r hat dis Ernennung unter andern noch folgende Bedeutung: der Senat nämlich hat zeigen wolle», daß in Gegenwart der monarchische» Parteien «nd deren Bundesgenossen dir republikanische Majorität keine Schattirungen, keine einzelne Truppen, keinen Unterschied der Meinungen und Herkunft mehr trennt. Say war nicht blos der Kandidat der 3 republikanischen Gruppen, er war der Kandidat der Republik, die noch einmal zu kämpfen hatte mit Len 3 mit dem KlerikaliSmur verbündeten Monarchien.
Eng la rr d.
London» 27. Mai. „Daily News" meldet aus Kabul vom 26. ds.: Die britische Kommission hat Abduirhaman die Emirwürde angeboren. Eine Antwort Abdulrhamans hieraus ist noch nicht erfolgt.
Bulgarien
Sofia, 17. Mai. Die öffentlichen Sicherheitszustände haben »»»mehr eine» Charakter «ngeuomme» , daß man denselben olle Aufmerksamkeit zu wenden muß. Es geht nicht mehr gut an, den mohamedanischen Brigantaggio auf eine, momentanen Ursachen entstammende Unzufriedenheit oder auf materielle Roth der betreffenden Bevölkerung zurückzuführrn. Man muß die Wnrzrl des Nebel» tiefer suchen und begegnet dabei eirem ganzen Komplex von Erscheinungen, die fast mit zwingender Nothwendigkrit zu einem tiefen Riß zwischen Bulgaren und Mohamsdansrn führen mußten. Da» religiöse Gefühl der Mohamedaner mußte durch de« traurigen Anblick zerstörter Minoret». zerstörter Moscheen tief verletzt werden. Mehr als eine Straße von Sofia ist mit türkischen Grabsteinen gepflastert worden. Wenn der friedlichste Mohamedaner vor den theüs zerstörten, rhcils Pros,neu Zwecken dienende» Moscheen vorübergeht, muß ihm vor Schmerz das Herz im Leibe erzittern. Vom tiefsten Schmerz dis zum flammenden Rachegesühl ist jedoch beim Orientalen nur ei» Schritt. Die Bulgaren haben von ihrer Herrschaft keinen allzuweisen, noch bescheidenen Gebrauch gemacht. Die Entwaffnung aller Mohamedaner. das die Her auziehung derselbe» zur Militärpflicht betreffende, wenn auch nicht durch geführle, aber doch nicht zurückgesommene Dekret, die Zurücksetzung, welche das an die Herrschaft gewohnte Element erfährt, di» bestehe»de bürgerlich- politische Inferiorität der Mohamedaner, die ihnen oft zugefütten Rechtskränk ungen — dies Alles bat eine Kluft zwischen Mohamedanern und Bulgaren geschaffen, welche sich nicht so leicht wird überbrücke» lasten. E» ist darnach erklärlich, wenn die fürstliche Regierung die zwar nicht ssfiziell zugestandene, aber doch faktisch bestehende Insurrektion scharf ins Auge gefaßt hat. und nunmehr General Erenroth mit einer Art Diktatur bekleidet worden ist, um Ruhe und Ordnung zu schaffen.
Italien.
Mailand. 27. Mai. Die Linke hat die gestrige Thronrede des jungen
König» mit Jubel ausgenommen; in derselbe« sind alle Wünsche und Ziele der liberalen, Bevölkerung warm befürwortet. Um ein richtigeres Urtheil des Natio»al«ill»n» zu erreichen, hält der König di» Wahlreform für unumgäng. lich uotbwsndig. Außer der Erweiterung des Wahlrechts wünscht der König die Abschaffung der von der Rechten eiugeführten, verhaßten Mahlstener, so- wie die Aufhebung des Zvangskurses und eine gleichere Vertheilung der A bgaben ._>
Tages-Nenigkeiten.
— Calw, 30. Mai. In der Nacht vom Freitag aus Samstag ist in Teinach der Besitzer der dortige» Apotheke, Rösler, eines plötzliche» Todes ! gestorben. Man fand neben ihm ein Fläschchen mit Chloroform und weiß nicht, ob er an» Unvorsichtigkeit oder absichtlich zu viel von diesem Beiäu- bu»gsmittel angewendet hak. — In derselben Nacht hat sich im hiesigen Ge« richtsgefängniß ei« junger Mann aus Stammheim, ein Bierbrauer, der wegen eine» Verbrechens gegen die Sittlichkeit in Untersuchung stand, erhängt.
— Leonberg, 26. Mai. Wie die »Gl.- und Wg.-Ztg." hört, hat C. , Burger von Leonberg in der vor 10 Tagen in Prag (Böhmen) stattgefundsnen Hundeausstellung von seine« dort ausgestellten Hunden 9 Preise erhalte», worunter 4 erste Preise. C. Burger weilt gegenwärtig in Berlin und hat dort laut Telegramm gleichfalls 12 Preise, worunter 2 erste, von seinen Hunden erhalten; auch hat er sich schon 4 Stück Hu«de nach Berlin nachsende» lassen. ,
— Feu-erbach. 27. Mai. Nachdem vor wenigen Tagen erst von einem ! schrecklichen Verbrechen berichtet werden mußte, wurden gestern Abend halb ; 9 Uhr die Einwohner FeuerbachS abermals durch eine von entsetzlicher Rohheit zeugende That in Schrecken versetzt. Der 17jährige Sohn des Küblsrs und Hefenhändlers W. erstach seinen 20jährigen Bruder, der schon länger mit seinen Eltern in Streit lebte.
— Stuttgart, 29. Mai. Heute früh nach 5 Uhr wurde in den oberen Nnlsgeu in der Nähe der zwei See» von dort beschäftigten Arbeitern ein gut gekleideter, mit Ring, Uhr und noch etwas Geld versehener junger Mann von 23 Jahren im Grase liegend aufgefunden und, vor Schmerzen ganz gebückt gehend, in das nahe Portierhaus gebracht, wo er, ehe der herbeigerrrfene Arzt kam, sitzend starb. Man fand bei ihm ein Fläschchen mit Cyankali, womit er sich vergiftet hatte, sowie ein Schreibbuch, woraus ersichtlich, daß er a»S Gießen ist und der Grund srines Selbstmordes Lebensüberdruß war, herbeigefüM durch schon dreijährige ÄuszehruugSkrankheit.
— Heilbronn, 27. Mai. Der Schraubevdampser „Heilbronn" hat unsere Anzeige baldigster Vollendung rasch erfüllt. Gestern Nachmittag schon kam das Fahrzeug binnen einer Stunde von Neckarsulm aus hier an und führt seiidem z«m Vergnügen der zahlreichen Zuschauer, dis am Ufer sich sammeln, seine Ma«över im tiefen Wasser zwischen der Neckarbrücke und dem eisernen Steg graziös aus. Die Probefahrt wird heute aufwärts bis nach Sontheim fortgesetzt und am kommenden Sonntag die erste Thalfshrt bis Heidelberg, woran sich nur die Aktionäre und geladene Festzäste betheiligen dürfen, zur. Ausführung kommen.
_ Weinsberg, 28. Mai. Großes Aussehen erregt das Verschwelen
des erst seit kurzer Zeit in Unterheinrieth angestelltett Pfarrers G. Derselbe ist seit dem 6. Mai d. I. mit einer Verwandten, welche auswandern wollte, abgereist, um ihr bis Hamburg das Geleite zu geben, und seitdem nicht zurückgekehrt.
— München. Für die erledigte Stelle eines Scharfrichters sind nach dem „Bayer. Cur." 280 Bewerber ausgetreten, darunter auch ein — Schauspieler.
— Würzburg, 21. Mai. Eine systematische.MilLfälschung bildete heute ^ den Gegenstand einer Verhandlung am Schöffengerichte des Amtsgerichts ! Würzburg l. Der 19jährige Dienstknecht Körber aus Theilheim war auf ! zwei Gutspächtereien Milchfnhrer. Um den Erlös seiner Milch zu Gunsten seiner eigenen Kaffe zu verdoppeln, vermengte er seine Mckch mit Wasser in solchem Grade, daß es «ach dem Gutachten des Bezirksarztes keine mit
Der größere Herr mit dem schwarzen Bart spazierte in der Stube auf
und ab.
Jene Beiden halte» dann doch einige Worte gewechselt.
Die Sonne ging gerade unter.
„Sehen Sie, wie schön", sagte dir Dame z» dem jungen Herr«, der »eben ihr saß.
Sie hatten wirklich eine» schönen Anblick.
Die Poststatiou lag am Fuße eines waldige» Berger, am Eingänge einer kleine» Schlucht. Die letztes Sonnenstrahlen leuchteten noch halb in die Schlucht hinein, fielen voll ans den Lecg »nd vergoldeten besten dichte Waldung Ueber den Kronen der Bäume schwamm an de« tiefblauen Himmel rosige» Abendgewölk langsam dahin.
Von dem Fenster aus sah man das Alles, hatte man zugleich den Blick in eine weite Ebene voll Wiesen und Ackerfeld, in deren Hintergrund sich feiner weißer Nebel entwickelte» für die Nacht frische Kühle und für morgen wieder einen sonnigen Tag verkündend.
„Das Posthaus scheint ganz einsam z» liegen", bemerkte di« Dame.
„In der That, recht hübsch. Aber ich finde es auch recht einsam hier."
„Man sieht kein anderes Hans in der Nähe", gab der Herr zu.
Damit war das Gespräch der Beiden zu Ende, oder unterbrochen.
Die Dame schaute wieder durch das Fenster, der kleine Herr blickte nachdenklich vor sich hin.
Bald darauf bemerkte die Wirthstochter, wie der größere Herr dem kleinen einen Wink gab. .
Der Kleine sah es, obwohl er niederblrckte; er erhob das Gesicht und sah fragend zu dem Großen auf.
Dieser zeigte nach der Ausgangsthür des Zimmers.
Der Kleine nickte wie zustimmend.
Der Große verließ schweigend das Zimmer.
Die Dame hatte nichts gesehen. Ihre Blicke waren durch da» Fenster in dir Abendlandschaft gerichtet. l
Die Sonne war untergegangen; in der Schlucht war es dunkel gewordsa- !
in der Ebene begann es zu dunkeln. Nur in den Kronen der Bäume oben auf dem Berge war noch das Abendlicht.
_(F ortsetzung folgt).
Pünktlichkeit in Familienangelegenheiten. Am Sam- ! stag, den 23. August ». I. wurde in Berlin einem dortigen Bürger bas § seltsame Glück zu Theil, den dritten Sohn am 23. August geboren zu sehen ! Der erste Sohn erblickte das Licht am 23. August 1874, der zweite am 23. August 1876, den Abschluß bildet nun der Jüngstgeborene, der, wie gesagt, am 23. August 1879 geboren wurde. — Ein derartiger dreifacher Geburtstag in einer Familie dürfte gewiß e in Unikum s ein.
Immer muß man beide Parteien hören! Wie oft, sagte der ; Gläubiger, soll ich fünf elende Treppen' zu Ihne» hinaufsteigen, um mm Geld zu bekommen? — Hatte der Mann nicht recht? — Der Schuldner aber antwortete: Glauben Sie vielleicht, ich werde mir meines Gläubiger wegen eine Wohnung für 1000 Thaler im ersten Stockwerk miethen? —
Harte der Mann nicht auch rechts?_
In eine Frankfurter Wirlhschaft ka« ei» vagabundirender Kellner, ließ sich Essen und Trinken gut schmecken und fing «it den Gästen Scandal an. Diese machten kurzen Prozeß und warfen ihn hinaus. Der länger- Prozeß kommt nach; denn der Kellner hatte nicht bezahlt und Wirth ver- ^ langte die Bezahlung von den Gästen. Diese weigerten sich und so kommt
die Sache vor den Richter. _
Herr: Gnädiges Fräulein, Sie kommen mir so bekannt vor. — Frä >>« lein: Sie mir ebenfalls. Sollte» wir schon mit einander verlobt gewesen
sein? _
Herr Doctor, sagen Sie mir, halten Sie denn Austern für gesund? — Gewiß, meine Gnädige, ich wenigstens habe in meiner l:.ngen Praxis noch keine einzige in Behandlung gehabt.
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