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Calwer Wochenblatt
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Nro. 60.
Donnerstag,
den 27. Mai L88«
53. Jahrgang.
Amtliches.
Seine Königliche Majestät haben vermöge Höchster Entschließung vom 24. d. M. auf das erledigte Forstamt Mergentheim den Forstmeister Hcigelin in Altensteig seinem Ansuchen gemäß gnädigst versetzt.
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich
Berlin, 22. Mai. Der von dem drille» und vierten Bu»de«rath«au» schuß über die Anträge Preußens und Hamburg», betreffend di« Einverleibung Altonas i» das Zollgebiet, gemachte Vorschlag, die Einverleibung vorbehältlich der Ausführungsmodalitäte» zu beschließen, wurde in der Plenarsitzung de« Bundesrathe« angenommen. Die Beschlußfassung des Bundesraths ist mit Einstimmigkeit erfolgt.
— Berlin, 22. Mai. Wie man der »Fr. Ztg." au» guter Quelle mit theilt, hat Hr. Minister v, Puiikamer den Berliner Schulbehörde» eröffnet, daß die Einführung der neuen Orthographie zu suspendire» sei.
— B erlin . 22. Mai Wie Wiener Blätter meiden, bringt da« in Zürich erscheinende sozialdemokratische Blatt unter d»r Ueberschrist „Ein Austritt ander Parte-", die Erklärung der Parteiführer, daß der bishetig» sozialbemokr. Reichstagsabzeordneter Hasselmaun, Vertreter »»» Barmen Elberfeld aus der soziold:mokr. Partei antgeschlossen sei. Der Parteibeschluß wird damit so» tivirt, daß Hasselmann durch feiue Rede im Reichstage gelegentlich der 3. Lesung des verlängerten Sozialistengesetze« die Parteiinlerefsen sckwer geschädigt habe.
— Stuttgart, 24. Mai. Nach de» bisherigen Erhebungen über das Er« gebniß der Wahl eines Reichstagsabgeordneten im VI. Wahlkreis habe» erhalten:
Bezuk R.A. Payer ll. R.G. Rath v. Geh
Reutlingen 1878 1725 St.
Roitenburg 1659 581 „
Tübingen 2373 _ 1314 „ _
5860 3620 St.
somit ist RA. Payer gewählt
— Darm stabt, 24. Mai. Heinrich von Gagern, seiner Zeit Präsident des Frankfurter Parlaments, ist am Samstag Abend in Darmstaüt gestorben.
Frankreich.
Paris. 22. Mai. Gestern ist in Roubaix theilweise die Arbeit aufge nommen worden. Da die Mittel erschöpft sind und «ine Lohnerhöhung nicht
versprochen wirken ist, betrachten die Arbeiter de» Zweck des Streikes als ge' scheitert. Doch herrscht unter ihnen geheime Erbitterung ; sie beabsichtigen bei nächster Gelegenheit eine gründlicher vorbereitete Arbeitseinstellung in Szene zu setzen.
Paris, 23 Mai. Einige VolkShanfcu, im Ganzen etwa 600 Persvnen» zogen heut« nacheinander über den Bakillenplatz und begaben sich nach de« Friedhose Per» Lachaise, um an der Mauer, wo die Kommunarde erschaffen worden waren, Kränze niederzulegen. Einige Individuen, die dem Polizei- agenteu, welcher sie znm Weitersehen aufforderte, den Gehocsa« verweigerten, wurden »erhastet. Ei« Zwischenfall von Bedeutung fan» nicht statt. Die Menge bestand vorzugsweise au» Nengierigen. Pari» ist vollkommen ruhig.
Schweiz.
Bern, 22 Mai. In Etabio habe» neue Ruhestörungen stattgefunden. Ultramontane Geschworene. welche für Freisprechung der angeklagte« Liberale« gestimmt, sind mit dem Tode bedroht w»rden. Gendarmerie mußte eiuschreitc^, u« Brandstiftung z» verhüten.
Italien.
No«, 24. Mai. EndgiltigeS Wahlresultat: 100 Dissidenten, 170 Rechte, 230 Ministerielle. Farint lehnte bl« jetzt die Kandidatur als ministerie-er Kammerpräsident ab.
Rom, 25. Mai. Es wird versichert, über 8^ Beamte seien gewählt. Da» Gesetz beschränkt aber die Zahl der Beamten, welche ein Mandat annehmen dürfen, auf 40. In Folge dessen sind mit den Doppelwahlen gegen 60 Srgä«zung»wahlen nothwevdig.
Rußland.
Petersburg. 20. Mai. Der Kaiserin geht e« in den letzten Tagen, wie schon das ossizielle Bulletin besagt, bedeutend schlechter. Der Hof beabsichtigte eigentlich am heutigen Tage nach Zarskoje-Selo überzusiedeln, aber die Verschlimmerung im Zustande der Kaiserin hat die Realisirnng dieser Absicht gänzlich unmöglich gemacht. Vielleicht daß der Kaiser, wenn es wieder besser gehe» sollte, in der nächsten Woche allein na ch ZarSkoje geht.
LitzeSordnunz
des K. Amtsgerichts Calw in den öffentlichen Verhandlungen
am Freitag, den 28. Mai 1880, Vormittags g Uhr:
Rechtssache zwischen
1) Isaak Kahn, Handelsmann in Baisingen Kl. und Johann Martin Dittus. Bäcker
Feuilleton.
(Kirre Jugendsünde.
Roman von Ponson du Terra! l.
Freie deutsche Bearbeitung von Hermann Roskoschny.
(Schluß.)
„Er wird abreisen", sagte Emil, indem ec langsam auf die Thüre zuging.
Der Juwelier verfolgte ihn mit den Augen. Er sah ihn die Schwelle überschreiten, er hörte, wie seine Schritte aus der Treppe verhallten . . .
Vop Schmerz überwältigt, stürzte er zu Boden . . .
Er hatte cs abgelehnt, zu vergebe» ... er hatte seinen Sohn abreisen lassen l . . .
Telegramm.
Herrn Gaston Loriot, Hotel de l'Amiranls, Havre.
Schiffe Dich nicht auf der „Coquelte" nach Amerika ein. Komm nach Paris zurück . . . Catastrophe. . . Dein Vater ist lobt.
.XXIX.
Die in der letzten Woche über das Bankhaus Valbonette de Valbonne verbreiteten Gerüchte haben sich glücklicherweise nicht bestätigt.
„Mau erzählte sich bereit» sogar, daß die Bank dem genannten Hause den Credit verweigert habe.
„Glücklicherweise waren aber diese Gerüchte unbegründet.
„Der Credit der Hause« Valbosetie de Valbonne war nie erschüttert, seine Solidität stets außer Zweifel.
„Aber der Chef de» Hause», Herr de Valbonne, war. sehr schwer krank, und bedarf der Ruhe und der Erholung.
„Man erzählt sich von der bevorstehenden Vermählung der schönen und gefeierten Mademoiselle Mvlani» de Balbonne mit einem jungen Künstler, der soeben ein bedeutendes Vermögen geerbt hat."
n, Epilog
Au einem Abend im Juni des Jahres 1869 kam mit dem Fünf Uhr- Zug Herr Valbonette de Vaibonne nach Ville d'Avray.
Jene, welche ihn einst für den Gemahl seiner Tochter hielten, wenn er mit ihr am Arm öffentlich erschien, würden ihn heute nicht wieder erkannt
habe».
Herr de Valbsnne war sehr gealtert. Sein Haar war bleich geworden, sein Auge glanzlos
Ec verließ zu Fuß den Bahnhof und ging aus eine schöne Villa zu, die von großen Bäumen umgeben war.
Las Gitterthor war offen.
Herr de Valbonne trat ein.
Ein Heines Kind da» dort gespielt hatte, lief ihm entgegen.
„Mama!" rief e«. „Mamal da ist der Großvater!"
Der Banquier nah« das Kind auf den Arm und eine Thräne rollte auf das blonde Lockenhaupt herab.
Eine junge Frau und ein junger Mann kamen aus einer Laube, in der sie gesessen, hervor und eilten lächelnd dem Alten entgegen.
Es wann Melanie und Gastoo, die nun schon seit vier Jahren vermählt und so glücklich waren, als hätten sie den Himmel schon auf Erden.
Herr de Valbonne küßte seine Tochter auf die Stirne und reichte Gaston die Hand
„Meine Kinder", sagte er, „ich bringe euch eine Nachricht."
„Nh, Vater," rief Melanie, wenn es keine gute Nachricht ist, will ich sie gar nicht erfahren. Wir sind so glücklich!"
„Es ist eine sehr gute Nachricht, meine Kinder," antwortete Herr de Valbonne mit melancholischem Lächeln. „Ich bin nicht mehr Banquier."
„Du hast liquidirt!" rief Mslanie. „Ah, um so besser! Nun wirst Du uns nicht wehr verlassen, geliebter Großvater I"
„Und", fügte das Kind hinzu, „Großpapa wird mich jeden Tag spazieren führen."
„Meine theure Mölanie", erwiderte Herr de Valbonne, „ich bin nicht mehr Banquier in Pari«, aber ich bin es noch in London, wo ich sehr ver« wickelte Angelegenheiten zu ordnen habe. Ich muß in London ebenso liqui- diren wie in Paris."
„Wie? Du willst verreisen?"
„Ja, morgen."
„Du wirst aber doch nicht lange fortbleiben?"
Der Banquier antwortete nicht, sonder» wandte sich an Gaston.
„Lieber Gasion", sagte er, „wenn die Liquidation durchgesührt sein wird, besitzt Melanie fünf Millionen."
„Uno die Liebe des besten Vat»rs", fügte Mölanie hinzu.
„Schweigen Sie, Madam«", erwiderte der Banquier der sich zwang, fröhlich zu scheinen. „Hier spricht noch der Banquier."