beitSeinstellungen immer weiter um sich. In Roubaix allein feiern mehr als 4000 Arbeiter. Diese Lage ist bedenklich und darnach angethan, die Regie ruug und die Gesetzgeber zu beunruhigen. Glücklicherweise verhalten die Streikenden sich ruhtg und scheinen keineswegs geneigt, auf ungesetzlichem Wege ihre Forderungen durchzusehen.
Belgien.
Brüssel, 8. Mai. In der Kammer ging es gestern sehr stürmisch her; die Rechts wollte das Gesetz über die nach Belgien kommendem Ausländer (das auf ein weitere« Jahr verlängert werden soll), nicht auf dis Mitglieder geistlicher Orden anwenden laffsn. De Lantsheere erklärte er für Willkür, daß man die von Koblenz nach Vervirrs gekommenen Schulbrüder wieder «»»gewiesen habe. Goblet rief, Belgien dürfe nicht da« Jesuitsnlager Europas sein. Thornffen meinte, es sei verfassungswidrig. Leute wegzujagen, die ja nach Belgien kämen, „nur um zu deren." Der Juftizrninist-r Sara erklärte, er «erde gegen die von Frankreich in« Land kommenden Jesuiten gerade so verfahren, wie geg-n die von Deutschland gekommenen; es seien bereits 2337 fremde Geistliche im Lande (neben den 30,000 einheimischen); sobald st« etwas lhäten, was der belgischen Regierung gesetz- oder ordnungswidrig erschiene, würden sie ousgewiksen, man dürfe sich um ihretwillen von fremden Regierungen nicht Vorwürfe und Urgelrgenheiien machen lasten; wenn die aus Deutschland und Frankreich vertriebenen Kongregationen sich in Belgien aus'« reue zu konstiiuiren versuchen sollten, wüste das Gesetz gegen sie angewandt werden. Da« Äusländergesetz ist vom 7. Juli 1865; am 28. Mär; 1877 ist es bis zum 17. Juli d. I. weiter in Kraft, gesetzt worden; j-tzt handelte es sich um abermalige Verlängerung. Eine Grundbestirnmung lautet: „Der in Belgien wohnende Ausländer, der durch sein Verhallen dis öffentliche Ruhe ge fährdet, oder derjenige, der im Auslände wegen Verbrechen oder Vergehen, welche seine Auslieferung zur Folge haben müßten, angekmgt oder verurtheilt worden ist, kann gezwungen werden, sich von einem gewissen Orte zu entfernen. an einem bestimmten Orte zu wohnen, oder sogar das Königreich ru verlosten." Heute wurde das Gesetz mit 51 gegen I2 St. genehmigt; 25 Abg. enthielten sich der Abstimmung.
En K l a nd
London, 11. Mai Wegen Gefangsnhsltung und grausamer Behandlung ein-S englischen Kaufmanns wurde auf Befehl des Kapitäns Eastou. britischen Konsuls an der Westküste Afrikas, die Stadt Batanga von drei eng- lischeu Schiffen bombarüirt und zerstört. Eise Abtheilung von Marinesol baten landete, um die Stadt niederzubrennsa, und verlor Labei zwei Mann, auch der Kommodore wurde verw undet.
Tages-RsuigkeLten.
— Ulm, 11. Mai. Eurem hiesigen Kaufmann entwendete der Kommis seit längerer Zeit Cigarren.- Nach der Entdeckung stellte der Prinzipal an den Kommis und später auch an besten Vater das Ansinnen, ihm 300 <.tz zu bezahlen oder eine Schuldurkande über diesen Betrag auszustellen, widri genfall» er die Verhaftung des Kommis veranlsffen werde. Ter Werth der entwendeten Cigarren betrug jedoch erwiesenermaßen nur 12 „1L Wegen zweier versuchter Vergehen der Erpressung augeklagt, wurde der Prinzipal von der hiesigen Strafkammer zu der Gefängnißstrafe von 8 Wochen ver- uriheilt.
— Berlin, 10. Mai. Wie alljährlich mit dem Anfänge des Mosais Mai, so eröffnet sich auch diesmal auf den Straßen Berlins der Handel mit Maikäfern. Bis jetzt ist die Anfrage stärker als Angebot. Der Markt ist nicht so belebt als sonst, denn während man früher für eine Nadel drei dieser Werthobjekte erhielt, muß nunmehr Aussiges Geld auf den Markt gebracht werden, denn selbst die schlechteste und wohlfeilste Waare kostet einen Pfennig das Stück. Tis Honoratioren der Msikäserwslt als: Kaiser, König, sowie die Prosessionisten derselben: Müller und Schornsteinfeger bilden eine Seltenheit, deren Preis sich nach dem jeweiligen Geber im Kurse richtet. An dieser allgemeinen Malliakeit scheint der strenge Winter Schuld gedabt zu
haben, der Tausenden und Abertausenden von Larven den Garaus «achte. (Also weiß man ohne Zweifel auch in Berlin und nicht blos in Calw die Delikateste einer Maikäfersupp, zu schätzen).
Der chinesische Gesandte Li-FongPao in Berlin hat sich's nicht n ehmen lasten, den Kronprinzen zu eine« chinesischen Frühstück in der Fischers i Ausstellung einzuladen. Dasselbe bestand aus Haifischstoffsn mit Ei, Tiut erfisch mit indischer Wucherblume, Trip«ng (Seegurken) mit getrockneten Kr abden, Fischbauch mit chinesischen Schinken und Algen. Seeohren mit Rindfleisch, ge trocknete« Tinten und Haifisch mit Kräutern und Reis. Es gab weder Messer noch Gabeln, sondern Elfeubeiustäbchen. Den Chinesen schmeckte es vortrefflich. Die deutschen Gäste aber waren sichtlich erfreut, als es zum Nachtisch deutsche Gerichte gab.
— Leipzig, 10. Mai. Ein Mord oder Todtschlag aus öffentlicher Straße, das ist die Schauerkuude, die unsere Stadt heute durcheilt. Der „Fr. Ztg." wird darüber geschrieben: Der s-hr geachtete, im besten Mannesalter stehende Eizarrerifabrikaul Scheumann hatte gestern Abend mit seiner Familie und mit Verwandien im „Siebenmänner-Hause" den Abschied eines nach Amerika abreisende« Angehörigen gefeiert und begab sich mit der Gesellschaft am Spätabend über den Dösenec Weg (hinter dem Bayerischen Bahnhofs) in die Nähr des Apollosaales, um einer dort wohnhaften Person das Geleit zu geben. Herr Schcumann wurde hier von drs Weges kommenden Stötteritzsr Strolchen angerewpeit, und als er sich das verbat, entstand ein Handgemenge, bei welchem einer der Rempler Hm. Scheumann einige Stichwunden in den Kopf und in die Brust beibruchte, welche seinen sofortigen Tod hsrbeiführtsn. Das beklagenswerthe Opfer dieser brutalen Händelsucht hinterläßt vier hübsche und wohlerzogene Kinder. Jene rohen Burschen wurden heute früh verhaftet.
— Eins nette Geschichte, wie der Berliner sagt, ist ii Coburg passirt. Da bekommt die Polizei van ihrer Collegia in Ahleseld die ergebenste Mit- lheilung, daß sie einen vagabundirenden Schneidergesellen Paul Schab auf» gegriffen Habs, der nach seine» Papieren in Coburg bei dem Schneider Eöh- ring gearbeitet habe; man bitte um Auskunft rc Die Polizei macht ein wunderliches Gesicht; einen Schneidergesellrn Paul Schab gibr's in Coburg, er hat auch bei Göhring gearbeitet, er war ja aber gestern oder vorgestern noch da, sie hat ihn selbst gesehen. Sie schickt nach Paul Schab und er präflniirt sich sofort in eigener Person, ist auch sehr erstaun! über seinen Doppelgänger in Ahlefeld; er ist nicht aus Coburg hinausgekomrne«. Nach ein paar Tagen prässntirt er sich zum zweitenmal: meine Militär LegiUma- tions- und andere Papiere sind wir abhanden gekommen; Las wollte ich an- zeigen. — Wieder nach ein paar Tagen zeigt er an: auch ein vollständiger Anzug ist mir gestohlen worden; wenn's nur nicht meine Schwester war, die (wegen Veruntreuung in der Ernflfarm) sich Ostern von hier entfernt hat.— Der Polizei geht ein Licht auf, sie berichtet alles nach Ahlefeld, dort nimmt die Polizei eine Enthüllung vor und aus dem Schneidsrgefsllen entpuppt sich die Dienstmagv Schab. Mit dem ergebensten Ansuchen der Ahlefslder in Coburg, dem falsch,» Schneidergstellen dir rechten Kleider zu schicken, endigte der Briefwechsel.
Wien, 9 Mai. Heber die bekannte Ott'sche M i l l i o n ew E r b- schast finden gegenwärtig in Wien die amtlichen Erhebungen statt. Ott'sche Erbeu in dem Orte Zimmern sollen, wie verlautet, ausgezeichnete Chancen haben. Nun wird weiter aus Wien gemeldet, daß dir Hof- und Gerichts- advokat s. Neupauer, der Kurator der Ott'sche» Verlassenschaft, beim Magistrate um Bewilligung zur Ausgrabung der Leiche des auf dem Central- Friedhöfe ruhenden Marti» Ott eingeschritteu sei. Das Gesuch ist damit motivirt, daß der schwarze Frack, in welchem Ott im Sarge liegt, möglicherweise besten so schwer vermißtee Testament enthalten dürfte. Der Magistrat hat, da rin hier ausschließlich maßgebendes sanitäres Bedenken nicht vorliegt, dis Exhumirvng bewilligt, und dieselbe wird, nachdem noch zuvor eine längere Reihe von Förmlichkeiten zur Erledigung gelangt sein wird, stattfindes.
Wien. 9. Mai Die Kontere«, in Betreff der Einführung der Ketten.»
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Bertrand wurde purpurrolh vor Zorn und wollte die Pistole ergreifen, die aus dem Boden lag.
Doch Gaston setzle seinen Fuß auf d»e Waffe.
„Wenn man Baron ist, wie Sie," sagte er, „muß man es doch vorziehen, einem blanken Degen gegenüber zu stehen, anstatt als Mörder vor Gericht zu erscheinen. Sie sind ein Edelmann und ich bin nur ein einfacher Arbeiter, aber ich bin ein Mann von Ehre und habe nie mit der Ehre eiues Mädchens gespielt."
Er entfernte fiÄ langsam.
Unten traf er Melanie und Bertha, die eben in den Wagen stiegen.
„Sie haben Hexrn von Morlux gefordert?" fragte Melanie.
„Ja."
^Jch verstehe das nicht, aber Sie erweisen ihm damit M viel Ehre, denn er ist ein Elender."
Gaston grüßte und wollte sich zurückziehen.
„Nein", rief sie. „Sie kommen mit uns!" ^ ^
Und zu-dem Bedienten, der eistaunt war, erns Dame vor sich zu sehen, die seiner jungen Herrin so ähnlich war, sagte sie:
„Wir fahren in die Nue ru Helder zu Herrn Oluner Beauchöne."
xxvu.
Die Ohnmacht Olivicr's, welche eine Folge des Besuche» Melanie'» war, erwies sich als nicht so gefährlich, wie der Arzt sie bezeichnet hatte.
Olivier hatte sich Wieder erholt und war du vollem Bewußtsem.
Sei«« Mutter war von dem Unfälle benachrichtigt worden und sofort zu
ihm Olivier, als er sie erblickte, „ich hatte befohlen, daß
man DU-uich'rs miuheile ... doch überzeuge Dich nun selbst ... ich werde
"^Frau° Brauch öne setzte sich zum Bett ihres Sohnes und die anwesenden
Freunde desselben zogen sich zurück
Frau Beauchene ergriff Olivier's Hand. i
„Unglückseliger", ries sie, „weßhalb hast Du Dich geschlagen?"
Olivier machte eine Handbewsgung, welche ausdrücken sollt; :
„Das kann ich nicht sagen."
„Du hast Geheimnisse vor Deiner Mutirr?"
„Es ist nicht mein Gehsimmß."
In diesem Augenblick öffnet; sich die Lhüre usd Mvlame erschien auf der Schwelle. l
Als Frau Beauchene sah, wie Olivier plötzlich erröthete,, errieth fi« Alles. ' „Madams", ries Mölanie ihr zu, „Ihr Schn hat sich für mich ge- > schlagen."
Olivier machte eine verneinende Bewegung.
„Ja, für mich", wiederholte Mölame. „Für mich, dis man verläumdete, und die ich doppelt unglücklich war, weil auch Ihr Sohn an mir zweifelte." Und zu Olivier gewendet, fügte sie hinzu'. j
„Ich bringe JhncN die Beweise, daß man mich verläumdet hat." i
Sie zog den Brief Brrtrand's hervor und reichte ihn Olivier.
Dieser las ihn und seine Augen erglänzten vor Freude; doch diese verschwand sofort, und er sagte zu Melanie:
„Ach, könnte ich doch meine Zweifel unterdrücke» . .
„Oävier, mein Freund", unterbrach ihn Melanie, „Sie werden nicht mehr zweifeln, wenn ich Ihnen dieses Mädchen zeige." .
Und sie rief laut:
„Gaston! Herr Loriot!"
Gaston trat ein. ,
Er führte Bertha an der Hand, welche neben Mäianrs stehen blieb.
Mutter und Sohn stießen einen Schrei aus.
(Fortsetzung folgt).