La< ä«t»»« >»-«»- tt»n erscheint Die«sta^ -««»erst»- u Zdam«- ta-. Abonnementspreis halbjährlich 1 80 durch die Post bezogen im Bezirk 2 «St 30 L, sonst in ganz WLrttembg.2^t 70 <Z.
Amts- unä Arüekkigenzökaü für äen Sezirk.
Für S» I»
«an bei der Siedaktion, «««wärt- bei den So» ten »der der nächster» legenen P»ststelle.
^ Die EinrÄckungSge- bühr betrügt S ^ f»r die vierspaltige Aette oder deren Stau«.
Nro. 53.
Samstag, den 8. Mai L88O
SS. Jahrgang.
Politische Nachrichten Deutsche- Reich
— Berlin, den 4. Mai. Die Stempelsteuerkommissto» lehnte die Qnit tungssteuer mit allen gegen eine Stimme (Graf Bismarck) ab. Die liberale» Mitglieder bestritten das Bedürfmß für weitere Steuereinnahmen, während von den Konservativen die Bedürsnißfrage bejaht, aber betont wurde, daß eine zweckmäßige Besteuerung der Lörsenumsätze mit wirksamen Schutzbe- stimmungen gegen Umgehungen dieser Steuer den Ausfall der Quittung«' steuer reichlich ersetzen würde.
Frankreich.
Pari«, 4. Mai. Zn der Kammer waren gestern die Abgeordneten vollzählig erschienen. Die Galerien waren bi« auf den letzten Platz gefüllt, die Diplomateuloge vollbesetzt, viele Damen hatten darin Platz genommen und in erster Reihe bemerkte man den päpstlichen Nuntius, Msg. Czacki, und den Bischof von Psrizueux. Die Interpellation de- Abg. Lamy über die Dekret« vom 29. März stand aus der Tagesordnung. Lamy sitzt auf der Linken und hat alle seine Lhätigkeit bisher der republikanischen Sache ge widmet. Man bedauert i« republikanische» Kreisen auf das Lebhafteste, daß der noch junge Vertreter des Jura von seine» religiösen Bedenke» sich hat so «eit treiben lassen, eine» Tages mit der Republik zu brechen, sich mit den erbittertsten Gegnern derselben zu verbinden uns auf der Tribüne I V« Stunden die Kongregationen zu vertheidige», daß er er über sich bringen konnte, den wichtigsten und bedeutsamsten Akt der republikanische« Regierung unter de« stürmische« Beisalle der legitimistischen »nd bonrpartistischen Klerikalen an- zugreifen. Darauf erhob sich Jnstizmiuister Cazor und entgegnet« in schwang, voller Rede. Sei« schün-S Plaidoyer drückt sich gut in dem von energischem Pathos getragenem Schlußtatze aus. Er sprach da nicht nur wie em Minister, sondern als ein seiner Sache kundiger Justijinmister. .Diese Gesetze, behauptet man, seien durch lange Nichtanwendung abgeschafft worden. In unserer Gesetzgebung werden gesetzliche Verfügungen nicht ans diesem Wege aufgehoben und in der That sind auch diese Gesetze unter den verschiedensten Regimen zeitweise zur Anwendung gekommen. Wahr ist nur. daß gewisse Regierungen sie aus Nachlässigkeit oder strafbaren Mitschuld manchmal haben schlafen lassen." Damit war die Debatte im Wesentliche» erledigt und dir vom Ministerpräsidenten verlangte einfache Tagesordnung wurde mit der in diesem Fall- sehr bedeutsame« Mehrheit von 362 gegen 137 Stimmen votirt. — Seit einigen Tagen erzählt man, daß die Kommunarden am 23. Mai. dem Todestage des Ausstands von l87l, in einer öffentlichen Pro> zession ihre Sympathien für die Kommune zur Schau tragen wollen. Wenn dem so ist, so dürsten sie es mit der Polizei zu thun bekomme». Jules Grevy hat in diesem Stücke aus seine qewöhulich« Zurückhaltung verzichtend.
den Wunsch ausgesprochen, eine so skandalöse Kundgebung auf da« Entschie» denstr unterdrückt zu sehen.
Italien.
Rom, 3 Mai Der Ministerpräsident Eairoli hat au di« Vertreter Italien« im Au«land ein Rundschreiben belr. die Auflösung der Kammer und die Neuwahlen gerichtet. In demselben wird hervorgehoben, daß da» Ministerium sich den Wählern mit de» Programm nutzbringender Reform im Innern, welche« zugleich Beruhigung und Versöhnlichkeit nach außen hm zeige, vorstellen werde. Diese« Programm entspreche dem Wunsche der großen Mehrheit des Laude».
Türkei.
Konstantiuopel, 3. Mai. Eine heute durch die Vertreter der Mächte der Pforte übergebene Kollektivnote erklärt, daß die Antwort auf die erst« Kollektivnote der Mächte in der montenegrinischen Grenzangelegenheit keineswegs al» genügend betrachtet «erden könne. Bus Befehl der Mächte fordern die Botschafter die Pforte auf, in unzweideutigster Weise ohne den geringsten Aufschub zu erklären, ja oder nein, ob sie gesonnen sei, die in un- regelmäßiger Weise geräumte» Stellungen wieder zu besetzen, um sie in Gemäßheit der neuen Konvention an Mont enegro zu überliefern. _
TosgeS-Neuigkette«.
— Stuttgart, 5. Mai. Gestern wurde im Stadtgarten mit dem Fällen der Wellingtouien begonnen. Inspektor Wagner schritt erst dazu, nachdem er noch am frühen Morgen, ja eine Stunde noch, ehe die Axt angelegt wurde, die Bäume der sorgfältigsten Untersuchung unterzogen; er schritt dazu mit der bitteren Empfindung, die das Herz des Pflanzenfreundes erfüllt, wenn er fl he» muß. wie Lieblinge, von unheilbarer Krankheit befallen, rettungslos hinwelkeu. Die Untersuchung der faßdicken Stämme ergab, daß diese in anscheinend frischem Triebe begriffenen Bäume, die an Glanz der Färbung zu den prächtigsten in nsserem Thsle gehörten, nur noch ein Scheinleben geführt; die Flamme des Lebens war wahrscheinlich schon in der Dezemberkälte erloschen. Er ist bei diesen Verlusten ein geringer Trost, zu sehen, daß der Stsdtgarte« im Stande ist, den Abgang aus eigenen Ueberschüffeu an Pflanzen zu ersetze».
— Eßlingen, 4. Mai. In der heutige« Sitzung der bürgerl. Kollegien sta«d zum wiederholten Male die Stuttgarter Wasserversorgungsfrage auf der Tagesordnung und wurde wie früher abermals mit großer Mehrheit in ablehnendem Sinne erledigt.
— Ulm» 1. Mai. Gestern fand in einer Nachmittaasfitzung der beide» bürgerlichen Kollegien die schon Jahre lang schwebende Schlachthausbaufrage ihre endgiltige Lösung und zwar baut das neue Schlachthaus di« Stadt« ge«ei»de, entgegen de« bisherigen Projekt, wonach dasselbe von der Fleischer-
/e u i L L e t o n.
Girre JugeNösÄN-e.
Roman von Ponson du Terrail.
Freie deutsche Bearbeitung von Hermann Roskoschny.
(Fortsetzung.)
Der Banquier fühlte, wie seine Haare sich sträubten, und stotternd erwiderte er:
„Ah! Mir ist, als hörte ich die Stimme meines Vaters I"
Der Juwelier sah, wie er wankie gleich einem rutwurzellen Baume, aber erbarmungslos fuhr er fort.
„Ah! Du erkennst mich . . . Räuber meines Erbe«! Ja, ich bin es! . . Ich, Dein Brurer... ich, Josef Loriot I"
Eine schreckliche Erregung hatte sich des Banquiers bemächtigt. Die Gegenwart verschwand aus seinem Bewußtsein, sie «ich der Vergangenheit.
Er sah sich vor zwanzig Jahre» allein mit einem blassen jungen Mann, dessen Antlitz von Thränen überflnthet war und der ihm mit auigebreiteten Armen zurief: »Ich bin Dein Bruder!'
Und daun sah er diesen jungen Mann, wie er ihm die Banknoten, die er ihm gereicht, hinwarf und rief: »Bruder, ich verfluche Dich!"
Herr de Valbonne wankte und stürzte bestn»ung«!o» zu Boden . . .
»Ah!" murmelte Loriot, »meine Rache ist vollkommener als ich gedacht habe ..."
Daun lief er zur Treppe, neigt« sich über da« Geländer und rief um
Hilf«.
Die Diener de« Banquiers kamen herbei. Eie hoben den Bewußtlosen auf und trugen ihn fort.
Ein Arzt wurde geholt. Er brachte Herrn de Valbonne zu« Lebe» zurück . . . Die Klarheit de« Verstandet vermocht» er ihm nicht «iederzugebe«.
Der Banqnier lag im Delirium und erkannte Niemanden, auch nicht seine Tochter.
Und da «an für Alles eine Erklärung sucht, gleichgiltig ob sie die
richtige oder eine unrichtige sei, so begnügte man sich mit dem, was Meister Loriot erzählte.
„Es scheint", sagte er. »daß Herr de Valbonue sich über meinen Sohn zlr beklagen hatte. Er kam zu nur herauf gestürmt, und die Aufregung, in der er sich befand, hat ihm einen Fieberanfoll zugezogen . .
Wenn an diesem Morgen Herr de Valbonne nicht starb und Mslanre nicht den Verstand verlor, war er weder die Schuld Bertrands de Morlux noch Josef Loriot's, seines natürlichen Bruder«.
Mölanie war eine jener energischen Frauen, deren Muth im Unglück steigt.
Als sie ihren sterbenden Vater sah und sich der ihrem Rufe drohende» Gefahr bewußt wurde, «ährend Olivier, ihr einziger Freund, unfähig war, sie zu vertheidigen, erhob sie sich, anstatt zu erliegen, kühn und stark gegen da» auf sie einstürmende Unglück.
Der Arzt, der die Hsuptursache des Zustandes, in dem sich der Banquier befand, nicht kannte, versicherte, daß keine Gefahr vorhanden sei und da» Fieber höchsten» sechsunddreißig Stunden dauern werde.
Dadurch einigermaßen beruhigt, dachte Mälanie wieder an Bertraud.
„Ah!" sagte sie sich, »jetzt kommt er an die Reihe und ich will doch sehen, ob er es wagt «ich zu belügen!" . . .
XXVI.
Gaston Loriot war die Treppe hinabgeeilt, erst rasch, dann immer langsamer, und al« er bei der Loge des Portier« vorbriging, verrielh nichts seine innere Erregung.
Ohne ein bestimmtes Ziel wandelte er weiter durch die Straßen, wankenden Schritte», wie ei» Betrunkener. Wiederholt fragte er sich, ob er träume oder wache.
Ohne es zu wollen, mechanisch lenkte er endlich seine Schritte der Rue Saint-Lazare zu und flüchtete sich ix seine Dachkammer, in der ihn die falsche Mölanie besucht hatte.
*