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Samstag Abend« nach einem mehrwöchentlichen Aufenthalte in Baden-Baden in Windsor erwarte!.
Türkei.
Konstantinopel, 16. April. Die Pforte erhielt Nachricht vom Er scheinen bewaffneter olbanesischer Banden in der Nähe von Prizrend. Mukhtar Pascha brach von Prizrend behüte Zerstreuung derselben auf.
Afrika.
K ap st a>d t. 16. April. Die Kaiserin Eugenie ist heute hier eingetroffen.
Tage-dteuigkeiten
— Stuttgart, 15. April. In Folge des anhaltend flüssigen Geldstande» find auch dem Württ. Kreditverei» in Stuttgart bedeutende Hypothekar- Darlehen gekündigt, resp. zurückgezahlt worden. Deßhalb hat sich die Anstalt veranlaßt gesehen, in einer am 7. April vorgenommenen außerordentlichen Verloofung eine halbe Million Mark ihrer 5o/oigen Obligationen auf den 3t. Oktober cr. ul psri zu kündigen, an welchem Tage die Verzinsung aufhört.
— Wild b ad, 14. April. Die diesjährig« Saison läßt sich so gut an. wie es noch selten der Fall war. Bereits sind drei Häuser über die ganze Zeit von jetzt bis zum Oktober vollständig vermiethet
— Heilbronn, 15. April. (Aus dem Schwurgerichtssaal). Vom 13. April bis heute fand die Verhandlung der Anklagesache gegen Georg Michael Möll, 30 Jahre alten Küfer von Seckenheim, großh. bad. Amts Schwetzingen, und gegen den 20 Jahre alten Goldarbeiter Christian Gottfried Fix vo» Birkenfeld, Oberamts Neuenbürg, statt. Dieselben waren angektogt, in der Nacht vom 15. auf den t6.Sept. v. I. in Enzweihingen die Waldhornwirtbin Wittwe Kimmel ermordet und beraubt zu haben. Das Urtheil lautete gegen rc. Möll auf Todesstrafe und den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte wegen eines Verbrechen« des Mords und des Raubs, während Fix unter Freisprech ung von der Anklage dieser Verbrechen, wegen Beihilfe zu einem Verbrechen des Raubs zu vierjährigem Zuchthaus und dem Vertust der bürgerlichen Ehrenrechte auf acht Jahre verurtheilt, woneben gegen ihn auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt wurde.
— Reutlingen. 17. April. Unser Mitbürger Sebastian Tochtermann vollendet heute der Krztg." zufolge sein 101. Lebensjahr. — In Eningen feierten vorigen Montag Zacharias Trautwein. 84>/z Jahre alt, und seine Gattin Marie Agnes, geb. Leuze, 83>/2 Jahre alt, ihre diamantene Hochzeit.
— Rottweit, 15 April. Gestern Abend wurde in Schwenningen der 7jährige Sohn einer dortigen Nachtwächters von seinen den Tag über auf dem Felde arbeitenden Elter» todt im Bette gefunden. Derselbe hat sich während der Abwesenheit seiner Eltern die Branntweiriflasche zu verschaffen gewußt, und wie rs scheint eine größere Quantität Branntwein genossen, was seinen Tod zur Folge hatte.
— Ulm, 16. April. Nach einer Verordnung des hiesigen Polizeiamtes sollen in allen Straßen vor den Häusern die sogen. Armschilve oder Fahnen- schilde eutsernt werden, da dieselben vielfach die Aussicht aus den Häusern und die Straßenbeleuchtung beeinträchtigen.
— Ravensburg. 15. April, 6 Uhr 50 Min. Morg. Die Hinrichtung wurde heute früh 6 Uhr vollzogen. Rapp bestieg mit merkwürdiger Ruhe das Schaffst und endete ohne Klagelaut.
— Ravensburg, t5. April. Ein in dem Oberamtsgesängüiffe hier inlerntrter Vagabund mochte diesen Morgen um die Zeit, als Rapp hinge- riLtet wurde, einen Fluchtversuch. Derselbe hatte unterhalb der Fensterbrüstung von seiner Zelle aus eine starke Diele durchgeschnitten und dann an dem Kreuzstück ein zerschnittenes Leintuch befestigt, das bi« zum Boden hinab reichte. Eben als er die Füße durch die Oeffnung streckte, wurde die Sache entdeckt und der Vogel wieder rückwärts in sein Käfig gezogen. Messer und dergleichen Instrumente fand man nicht. Ec sagte, er habe die Diele mit einem Blechlöffel durchschnitten.
— Mainz, 13. April. Der „Israelit" veröffentlicht ein Telegramm der
israelitischen Gemeinde zu Bagdad. nach welchem in der Stadt und deren Umgebung die schrecklichste Hungerrnoth herrscht. 9000 Israeliten find in Gefahr. Hungers zu sterben, täglich eilen unzählige Nothleidende dorthin, um Hilfe zu suchen. Die israelilische Gemeinde zu Bagdad bittet Herrn Rab- biner Lehmann, einen Aufruf um Unterstützung an die mildthäkigen Glaubens, genoffen in Deutschland zu erlassen. Die Redaktion des »Israelit" hat sofort diesem Wunsche entsprochen und erklärt sich bereit, Spenden entgegenzunehmen und schleunigst zu befördern.
In Münster sind nach dem Wests. Merk, nicht weniger als 15 Kinder- leichen, nur nolhdürftig mit Erde bedeckt, auf dem lleberwasserkirchhose aufgefunden worden. Ein ähnlicher Fund wurde bereit» vor einigen Tage» gemacht. Man ist darauf gespannt, welches Ergebniß die eingeleitete Untersuchung haben wird.
— Hamburg, 12. April. Ein in die Elbe eingelausener englischer Dampfer. »Almwiek Castle," angeblich mit Kohlcn nach Venezuela, in Wirklichkeit mit Waffen und Kriegsbedarf nach Valparais« bestimmt, gerieth gestern Nachmittag in Brand, welcher bis heute Mittag fortdauerte. Das Schiff ist zerstört, die Ladung, darunter 20,0o0 Schußwaffen, ferner Lederzeug und Uniformstücke, wurden velnichtet. Drei leichte Fahrzeuge mit 3000 Ztr. Pulver, welches der Dampfer einladen sollte, lagen an der Langseite desselben, als der Brand auSbrach. Es gelang jedoch rechtzeitig, diese Fahrzeuge zu entfernen. Das Schiff und die Ladung sind in England mit 98,000 Psd. St., hier mit 750.060 ^ versichert. Diplomatische Reklamationen von Peru wegen beab> sichtigten Bruches der Neutralität werden erwartet.
Raab, 14. April. Die Boh. meldet : Heute um 8 Uhr Morgens wurde der zum Tode verurtheilte Raubmörder Täkacr durch den Pesther Scharfrichter Kozarek mit dem Strang hingerichkel. Nachdem der emgetretene To» des Gehenkten ärztlich konstarirt worden, wurde dessen Leichnam in die Leichenkammer ves hiesigen Spitals gebracht. Nach einigen Stunden bemerkte man aber, daß der vermeintliche Tobte zu athmea beginne. Die Aerzte stellten sofort Wiederbelebungsversuche an und zwar mit solchem Erfolge, daß der Hinge- richtete sich etwa um 11 Uhr Vormittags wieder zu bewegen begann. Die wahrscheinliche Ursache der mangelhaften Strangulation war, daß der Hals des Berurlheilten durch Skorbut stark angeichwollen war und der Scharfrichter i beim Slrangutiren den Kehlkopf nicht beschädigte. Die ersten Lebenszeichen 'wurden von Professor Birbauer wahrgenommen, indem er den Pol einer elektrischen Batterie mit dem Körper in Verbindung brachte. Da» Wieder- I auswachen von Takacs dauerte aber nicht lange. Ued«r den schließlich«« Tod 'des Gehenkten am 15. ds. wird noch gemeldet: TakacS verlangte heute Früh !um 7 Uhr etwas Milch. Man gab ihm. da er vo» großem Durst gequält . schien, das Verlangte. Hierauf begehrte er abermals Milch und später Waffer. ! Die Kräfte nahmen dann rapid ub und der Delinquent erlag schließlich einem ErstickungSanfalle.
Handel «nd Verkehr.
— Stuttgart. 12. April. LandesproduktenbörseStutigärl Börsenbericht vom 12. April 1880. In der vorigen Woche hatten wir bei ziemlich rauher Temperatur viel Regen, wodurch die Feldarbeiten mehrere Tage unterbrochen wurden Die flaue Tendenz im Getreidegeschäft hat auch während der letzten 8 Tage angehalten, trotzdem aber war der Verkehr an einzelnen Plätzen ziemlich lebhaft und die Preise haben nur unbedeutend« Schwankungen erlitten. Von unserer heutigen Börse ist zwar keine wesentliche Veränderung zu verzeichnen, doch war trotz der ruhigen Haltung eine etwas stärkere Bedarsssrage bemerkbar. Wir notiren per 100 Kilogr.: Waize», russ. 26 M. bi» 26 M. 25 Pf., Waizeu, bayr. 25 M. 75 Pf. bis 26 M., Kernen 25 M. bis 26 M, Dinkel 17 M Mehipreis« pro 100 Kilogr. inkl. Sack. Mehl Nr. 1.: 38 M. bi« 39 M.; Mehl Nr. 2 :35 M. 50 Pf. bis 36 M. 50Pf.; Mehl Nr. 3.: 32 M. bis 33 M.; Mehl Nr. 4- : 29 M. bis 30 M.
ihm schlagen . . . und ich werde ihn lödten!"
XlX.
Olivier war nicht der Einzige, der eine schlaflose Nacht verbrachte.
Auch Gaston Loriot vermochte nicht zu schlafen.
Zur beinmmlen Stunde war er am nächsten Tage auf seinem Posten vor der Kirche Saint Roche.
Als Herr de Valbonne noch in der Chaufsöe d'Antin wohnte, hatte Gaston oft seine Tochter aurfahren gesehen. Er kannte daher wohl den blauen Wagen und die Pferde, die ihn zogen.
Denselben Wagen, dieselben Pferde sah er nun auf die Kirche zukommen, und am Fenster des Wagens bemerkte er eine Gestalt, deren Anblick.sein Blut in Wallung brachte.
Sie war es.
Sie winkte ihm, als ob sie sagen wollte:
»Treten Sie ein! Ich komme wieder!"
Goston trat in die Kirche und suchte den ihm bezeichneten Pfeiler. Er fand ihn bald.
Die Zeit'verging langsam. Stunde auf Stunde entschwand, und Melanie kam nicht.
Die Kirche b-gann sich allmählich zu leeren.
Gastou kam plötzlich ein Gedanke:
»Sie schrieb, daß sie von Spionen umgeben sei .. . vielleicht will sie einen andern Ort zum Rendez-vou« wählen.
Und er machte sich auf den Weg nach der Chaufsäe d'Antin.
Der Wagen, den er vorhin gesehen hatte, hielt vor dem Hause, in dem Herr de Valbonne wohnte, und als Gastou das Haustbor erreichte, ließ sich soeben das Frou-Frou^eincr daherrauschenden Robe vernehmen und Melanie -erschien.
Gaston drückte sich an die Wand, als sie an ihm vorüberging.
Sie blickte ihn zerstreut an. Im nächsten Augenblick aber stieß sie einen
leisen Schrei aus.
Sie harte ihren Retter erkannt.
Sie trat auf ihn zu und reichte ihm die Hand.
»Ah. mein Herr, Sie sind es!" rief sie. »Sie, der meinen Vater und mich gerettet Hst!"
Gaston stotterte einige zusammenhanglose Worte.
Melanie fuhr fort:
»Es ist schlecht von Ihnen, daß Sie uni nicht besucht haben. Aber wir erwarten Sie. Sie werden kommen?"«,
Sie winkle ihm zum Abschied mit der Hand und stieg i« den Wagen.
»Es ist Alles ein Traum!" rief Gaston, als der Wagen verschwun- den war.
Er war fest überzeugt, daß Melanie und dis Dame, welche ihm vor einigen Stunden aus dem Wagen bei der Kirche Saint Roche zugewinkt, eine und dieselbe Person sei.
„Aber woran denken Sie denn, Herr Loriot?" "rief ihm der Portier zu, der ihn in Nachfinuen versunken vor dem Thore stehen sah.
, D-ese Worte erweckten Gastou aus seinen Träumen.
„Oh!" sagte er, „ich dachte darüber nach, baß die LeuH die im ersten Stock wohnen, sehr schöne Pferde haben."
„In der ganzen Welt gibt e« nicht so ein Paar wie diese." erwiderte der Portier.
»Wirklich?" .
»Der Herr Baron hat gesucht, noch zwei zu erhalten, um ein Vrerge« spann zu bilden."
»Und er hat keine gefunden?"
Gaston wollte sich Äitfernen, doch der Portier hielt ihn noch zurück.
»Ich habe einen Brief für Sie," sagte er.
Ah!"
Gaston zitterte, als der Portier mit dem Brief herankam. (Forts, folgt.)