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Nro. 32.
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Dienstag, den 16 . Marz L88V
55. Jahrgang.
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich.
— Berlin, 11 Mürz. Der Reichstag natm heute zunächst die Mittheilung von dem plötzlichen Ableben des deulsch-kouserv. Abg. Katz (Holzhändler in Gernsbach, geb. 1824. gewühlt sür Pforzheim rc.) entgegen und ehrle das Andenken de« Beist, in üblicher Weise. — Bei der 1. Berathung der Brau- steuervorl-ge hebt Schatzsekr. Scholz in seiner die Debatte einleitenden Rede die Uebrreinstimmung des Gesetzentwurfs mit dem des Borjahrs hervor uno betont, daß die Brausteuer ein wesentlicher Bestandtheil der Steuerreform sei. welche ohne sie unvollständig bleiben müßte. Die Regierung erstrebe ferner, die Besteuerung des Biers für das ganze Reichsgebiet einheitlich zu regeln. Die Besteuerung des Branntweins habe die Reg. noch nicht in Aussicht nehmen können, weil diese Frage zur Zeit nicht spruchreif sei. Sie stehe über dem von d-r Vorlage ganz unabhängig da. Soden (Zentr. bestreilet ent schieden, daß die Vorlage «ine Fortsetzung der Zollresorm sei. Er erkläre sich siegln das Gesetz weil die Brauindustrie dadurch schwer geschädigt würde Urb weil auch die Landwirthschaft leiden müßte, wenn der Burverbrauch und damit die Biererzeugung zurückgehen würde. Die südd. Staaten können ihre jetzige Brausteuer nicht entbehren, die nach Annahme des Gesetzes in die Reichskasse fließen würde. Auch aus sittlichen Gründen sei die Vor läge zu bekämpfen, denn die Vertheueruug des Bieres werbe die Vermehrung de» BrantweingenufseS zur Folge haben. Fürst Hatzfeld Trachenderg (Reichsp.) glaubt nicht, daß die Brauindustrie unter der erhöhten Steuer leiden werde, in Beyern blühen die Brauereien, obgleich sie hohe Steuersätze zu tragen haben. Im Ganzen ist Redner sür die Vorlage, wünscht aber, daß das ein fache Bier, welches sür den Landarbeiter ein srhr gesundes Getränk sei, von der Steuer befreit bleibe. Er deanlragt schließlich Verweisung an eine Komm, von 14 Mitglieder. Das Hau« verwarf gegen die Stimmen der Konservativen und der liberalen Gruppe den Antrag auf Kommisfionsberathung. Die 2. -Lesung wird demnach im Plenum stattfinden.
— Berlin, 12. März. Aus der heutigen Sitzung des Reichstags ist eins bei Gelegenheit der Berathung des Etat» der Postverwaltung erhobene Debatte über die Sonntagsheiligung zu erwähnen. Richter bedauert, daß die Brief bestellung am Sonntag in so erheblichem Umfange beschränkt werden solle, daß nicht einmal in Berlin die Morgens 7'/z Uhr ankommenden Briefe ausgetragen werden. Er sei dringend wünschenSwerth, daß auf die Bedürfnisse des Verkehrs wevigstens so viel Rücksicht genommen werde, daß alle am Marge» aus der Provinz eingelaufenen Sendungen noch in die Häude der Adressaten gelangen. Reg. Komm. Kramm weist daraus hin, daß mit Rücksicht auf die Sonntagsheiligung d-r Reichstag im vor. I. der Postverwaltung ausdrücklich die Beschränkung der Sonntagtbeschäftigung der Postbeamten empfohlen habe. Nur in Folge dieses Beschlüsse» habe die Postverwaltung die Maßregelz getroffen. Lasker billigt die Sonntagsheiligung und Ruhe durchaus. L.^Ibe werde indeß nicht durch obrigkeitliche Anordnungen her- beigesüürt; siettnüffe, wie in England, aus der Volkrsitte beruhen. Windt-
horst tritt mit großem Pathos für Sonntagsheiligung und Ruhe ein. Malt' zahn-Gültz (kons.) bittet die Regierung, unter Berücksichtigung de» Verkehr» auf dem beschütte»?« Wege fortzufahren.
Berlin. 17. März In nächster Zeit solle» hier die Finanzminister mehrerer Bundesstaaten (darunter der bayerische Minister v. Rierel) zu Konferenzen über den StempelabgabewEntwurf zusammentreten. Gerüchtweise verlautet, daß auch Erörterungen über da» Tabakmouopol zu der geplanten Konferenz veronlaßten.
Der Standard bringt in seiner Nummer vom 5 d. M. in seiner Berliner Korrespondenz eine Nachricht, die nicht verfehlen wird, Aussehen zu erregen. Darnach hat die russische Regierung, als Deutschland sich weigerte, Oesterreich an der Besetzung von Bosnien zu hindern» der französischen Regierung einen Plan zu gemeinsamen Angriffen auf Deutschland vorgelegt. Gleichzeitig wurden russische Truppen in Polen gegen die deutsche Grenze vorgeschoben. Waddington und Grevy lehnten den russischen Vorschlag ab. obgleich einige französische Minister unternehmungslustiger waren. Aehnliche Pläne gegen Oesterreich wurden der italienische» Regierung von russischer Seite vorgelegt. Nur die Ablehnung dieser russischen, ullerding» etwas fragwürdigen Anerbietungen seitens der besonnenen französischen und italienischen Staats- Männer hätte die von Rußland geplante, gegen Deutschland gerichtete Tripel- Allianz vereitelt. Fürst Bismarck erfuhr diese russische« Zettelungen kurz vor seiner Abreise nach Güstern. In Wien wurde dann das österreich-sch-deutschs Bündniß vollzogen.
Frankreich
Paris. 11. März. Die Bureavx der drei Gruppen der Linken in der Kammer kamen in einer gestern Abend stattgehabten Vereinigung überein, auf der Annahme des Artikels 7 als unerläßlicher und g ringster Forderung za bestehen und jedenfalls eine Interpellation an die Regierung zu richten.
Pari«, 12. Mär». In der Kammer wurde gestern über dir Zoll- tarifirung thierischer Stoffe debaitirt und schließlich die Positionen der Kom- Mission unverändert angenommen. E» ist nicht mehr daran zu zweifeln, die Kammer ist sreihändlerisch gesinnt und die Röpublique sranyaise beglückwünscht sie heute förmlich dazu. — Mit den Einnahmen der Republik geht e» noch immer aufwärts. So weisen die Eingänge vom Februar mehr als 2 Mill. über den Voranschlag auf und der ganze bisher kanstatirte Ueberschuß im neuen Zahre beziffert sich auf nahezu 8 Mill. Fr.
Italien.
Rom. 11. März. Anläßlich des Todestages Mazzini'» beabsichtigten einige Personen, an Mazzinr'« Büste aus dem römischen Kapitol Kränze niederzulegen. Einer der Kränze trug die Inschrift: »Die Italiener der Julischeu Alpen." Ein Polizeiinspektor ordnete die Entfernung der Inschrift, sowie der rothen Bandschleifen au. In Folge dessen entstand ein Handgemenge, wobei die Kränze zum Theil zerrissen wurden; die übrigen wurden an der Büste niedergelegt. Einer der Betheiligten hielt eine republikanische Rede und wurde beim Fortgehen verhaftet. Eine Komvagnie Militär traf alsdann auf
Feuitle 1 on.
. Eine Jngen-fün-e.
Roman von Ponson du Terrail.
Freie deutsche Bearbeitung von Hermann Roskoschny.
lFort,etzuug.)
Xlll.
Als Vertraut» de Morlux seine Wohnung betrat, erinnerte er sich, daß Vater !a kluie ihm die versprochene Mittheilung roch nicht geschickt hatte.
»Sollte dieser Vater la kluie ein Spitzbube sein?' dachte er.
Doch diese Besorgnisse vitflogen schnell bei der Botschaft, mit der sein Kammerdiener ihm entgegentrat.
,E« war ein schlecht gekleideter Man» da, de« ich nicht kenne,' sagte der Diener. „Er sollte Sie unbedingt heute Wend noch sehen."
»Hat er seinen Namen genannt?'
„Er erwartet den Herrn Baron i« Cpeisesaal."
„Er ist gut so,' sagte Bertrand weiter gehend.
Er trat in den Spetsesaal und erkannte sofort den Vater la kluie, weicher, fernen schäbigen Hut in der Hand, in einem Fauteuil lehnte.
effl ^ ^ Bertraud ihm zu. „Ich begann schon ,u
hatten Unrecht I Ich habe noch jede« mein Wort gehalten. „Wollen Sie in mein Eabiuet eintreten?" .fragte Vertrand. indem , klingelte und befahl, eme Lampe zu bringen.
Der Vater la kluie solgte ihm mit den Worten:
„Sind wir allein?"
„Ol völlig allein!"
„Der Kammerdiener de« Herra Baron« horcht nicht an der Lhüre?'
„Ich will ihn fortschicken. Erlauben Siel"
Er klingelte und befahl dem eiutretenden Kammerdiener, in einem nahen Restaurant ein Diner zu bestellen.
Als der Diener sich entfernt hatte, setzte sich Bertrand, rückte seinen Stuhl näher an jenen seine» Gaste» und sagte:
„Ich bin bereit, zu hören, was Sie mir zu sagen haben."
„Ah I Wir haben sehr lange mit einander zu sprechen, Herr Baron."
„Wirklich?"
„Sie werden sich bald davon überzeugen. Zuerst will ich Ihnen de» Mechanismus meine» Geschäfte« erklären. Die Leute, deren ich mich bediene, sind völlig von mir abhängig, die Einen fesselt an mich ihr eigenes Interesse, die Anderen der Zwang."
„Wieso?"
„Gedulden Sie sich einen Augenblick I Jeder Mensch hat irgend eine kleine Sünde auf de» Gewissen . . . man war jung . . . «an brauchte Geld ... Ich wohnte vor etwa zehn Jahren in einem Hause, in dem auch ein junger Casfirer eine« Bankhauses wohnte. Er hatte eine schöne, ele- gante, verschwenderische Frau und dreitausend Franc« Gehalt. Line« Lage» erlag er der Versuchung, entnahm der Kasse zehn Tausend Franc» uod spielte an der Börse. Er gewann anfang», dann verlor er. hoffte wieder zu gewinnen. griff von neue« in die Caffe und kam »ine« Abend« nacht Hause mit de» feste» Entschluß, sich zu «schießen. Er gefiel mir, dieser junge Manu." fuhr der Vater la kluie fort, „ich sah seine Verzweiflung, bewog ihn, mir Alle« zu bekenne», und drückte ihm siebenundfüufzig Tausend Franc«. Noten in die Hcach. so viel al« sein Defizit betrug. Am nächsten Morgen legte er die« Geld in die Lasse, uud vsn diese« Moment an war er mein. Sie verstehe» «ich doch?'
„vollkommen,' versicherte Bertrand.