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Aro. 8.
Dienstag, deu 20. Januar M8O.
55. Jahrgang.
Antliches.
Durch K. Beiordnung vom 14. Jan. ist der Wiederzusammentritt der vertagten Ständc- versammlung auf Donnerstag, den 2g. Jan. d. I. bestimmt.
Mit Höchster Genehmigung Seiner Majestät des Könige vöm 23. Dezember v. I. ist aus dienstlichen Rücksichten die Verlegung des BetriebSbauamtSsitzeS von Neuenbürg nach Pforzheim und des Batinmeister-WvhnsitzeS von Wildbad nach Neuenbürg verfügt worden.
Wir wollen die Besitzer von württembergischen Sprozentigen StaatSodligationcn der Guldeitträbrung von den Jahren 1870 und 1871 darauf aufmerksam machen, Hatz der Termin sür die Anmeldung der Sprozentigcn Obligationen zum Umtausch aege» 4prozentigc StaatSschntdschcine der ReichSmarkwähiung, die letzteren zum Kurse von 97'/«°/o, am Samstag den 24. Januar 1860 »bläust und datz dieser Termin ein unerstrecklichcr ist. daher diejenigen, welche Lw Konversion nicht rechtzeitig angemeldet haben, in Folge der am 11. Dezember 1879 geschehenen Kündigung den Norumalwerth der bprozenligen Obligationen am 1. Mai 1880 heimbezahlt erhalten weiden.
Um einen zu starken Andrang bei den Anmeldestellen unmittelbar vor dem Ablauf der Anmeldefrist (dem 24. Januar 1880) zu vermeiden und um die Annahme und ordnungS- mähigc Abfertigung der Anmeldungen zu ermöglichen, ertbeilen wir den Canvertirenden den Rath, mit der Uebcrgabe der Anmeldungen nicht bis zum äutzcrstcn Termin zu warten, sondern die Anmeldung, nachdem sie sich zum Convertiren entschlossen haben, der nächstgc- legenen Anmeldestelle sofort zu übergeben.
Dokitisehe Nachrichten.
D-utscheS Reich.
— Karlsruhe, 17. Januar. Der Minister des Innern legte der zweiten Kammer einen Entwurf vor betreffend die Abänderung des Geietzes über die Prüfung der Geistlichen, mit der Erklärung, daß beide Kirchenregierungen. die katholische wie eie evangelische, mit demselben einverstanden seien. Der Entwurf entspreche den im hohen Hause gegebenen Erklärungen; die Regierung hoffe auf dessen Annahme. (Es bandelt sich um die Abschaffung der Bestimmung . daß die Geistlichen bei dem Dienstcxamen noch extra in Philosophie und Geschichte examinirt werden mußten.)
— Leipzig 15. Jan. Heute Nacht tst Geh. Rath Karl Georg ». Wächter gestorben. Er war am 24 Dez 1797 zu Marbach geboren; 1819 außer ordentlicher Professor der Rechte in Tübingen', i8.2 ordenil. Professor. 1829-30 Vizekanzler der Universität 1893-36 Professor in Leipzig, la36 nach Tübingen 'als Kanzler znrückberusen. 1839—48 war er Präsident der württ Kammer der Abgeordneten. 1849 ging er als Präsident des Ober- appellationögeriLls der Hansestädte nach Lübeck, 1852 Professor in Leipzig; 1855 sächsischer SlaatSrath, 1857 Geh. Rath, 1867 Mitglied des deutschen Reichstags 1878 in den Adelsstand erhoben. Er war sechsmal Präsident des Juristenlogs. Mit ihm ist der berühmteste Rechts'ehrer in Deutschland dahivgeganacn, ein Kenner des römischen Rechts wie wenige.
Berlin, 15. Jan. Die Budgelkommission amendirte dis Nothstands Vorlage dahin, daß die Vorschüsse auf Saatgut und V'.ehsutter zurückerstattet werden müssen und die Entscheidung über die etwaige Entbindung von der Ersatzpflicht statt den KreiSausschüffcn dem Oberpiäsidenten nach Anhörung der Selbstverwaltungsorgane zufällr. Uebrigens wurde beschlossen, diese Unterstützungen nicht als Armenm-.terstützungen anzusehen, damit das Wahlrecht der Betreffenden unberührt bleide.
— Berlin, 15. Jan. Offiziös wird gemeldet: Die Neaierung halte den
! Standpunkt des Schanksteaergesetzes , dis Besteuerung von Bier und Wein >und dis hohen Sätze aufrecht; hienrch ist ein Zustandekommen der Gesetzes i nicht zu erwarten.
! OesiierreichUnHirn.
i Pest. 14. Jan. Der Zustand des im Duell von Baron Majthenyi verwundeten Redakreurs Verhovay hat sich wesentlich verschlimmert. Der Ausschuß des National Casinos tritt heute zusammen, um zu erklären, daß er
in gar keiner Solidarität mit den Duellanten stehe. Im Klub der äußersten Linken kam e« aesiern zu einer gereizten Diskussion; die Anhänger Verhovay'» wollten eine Erklärung des Klubs gegen das Duell und das Casino provoziren. blieben jedoch iu der Minorüäi. —»Untersuchungsrichter Czaran richtete ein Rrquisitionsschreiben an die Präsidien ins Ober- und Unt-rhauses betreffs Suspendirung des Jmmumtätsrechtes der an der Duell-Affaire Betheiligten. Der Sekundant Gabriel Bemczky, der vom Jmmunitätsrechl nicht geschützt ist hat sich aus P-st entfernt.
Pest, 15 Jan. Ein Aufruf des StadthauptmannS gibt zu verstehen, daß bei den Krawallen der letzten Tage fremde Arbeiter die Hand im Spiele gehabt haben und ermahnt dieselben, dis Gesetze des Landes zu achten, da» ihnen Brod gebe. — Die Abendblätter richten Warnungen an die Bevölkerung. Der Pestder Lloyd fügt hinzu, es seien die allerstrenzsten militärischen Maßnahmen getroffen
Pest, 15. Jan, Abends. Der Warniingsplakate des Stadthauptmann« ungeachtet, sammette sich Heute/Aosnd in den' Straßen zwischen dem National» kasino und Rochusspital, wo die Leichen der beiden gestern Gefallenen liegen, große Volksmaffen, welche heftig lärmen, Gaslaternen und Fenster zertrümmern. Das Militär ichreitet fest, aber vorsichtig ein, und sucht Blutvergießen möglichst zu vermeiden.
Pest, 16 Januar. In der vergangenen Nacht wurde der Schauplatz der Ruhestörungen vom National Kasino in den Stadttheil der Arbeiter bptm Lolksiheater verleg!. Die gebildeten Klassen sind eingeschüchtert durch da» gestrige, rohe Auftreten der Polizei, so daß jetzt nur die unteren Volkrklaffen sich an den Kundgebungen betheiligen. Die Polizei wurde mit Steinen beworfen. Lampen wurden bombardier, das Gas ausaelöscht, die berittene Polizei in die Flucht geschlagen Das Militär gab Salven ohne Kugeln; Kavalier« machte vier Angriffe, wobei es mehrere Verwundete gab.
Pest, 16. Jan. Heute Nachmittag fand ohne jede Störung die Be« erdiguna der beiden Opfer des vorgestrigen Krawalls statt: die Leichentektiou ergab Tod durch Spitzkugeln''aus weittragenden Gewehren.
Frankreich.
Paris, 14. Jan. Bekanntlich haben die sranzö'. Kammern bereit» vor '/z Jahren die Kredite behufs Aufnahme der Vorarbeiten für eine Saharaeisenbahn bewrllrgk. Dieselbe soll von dem Süden der algierijchen Kolonie nach Timbrrklu und weiter in's Herz des schwarzen Kontinents bi» in die Region des Tschads?« und der Nigerquellen führen. Im Augenblick, da das al:e Europa nicht genug Absatzgebiete für feine Ueberproduktion findet hat die sraittös Neaierung mit Recht ihr Nuaenmer! aus Afrika gerichtet
Feuilleton.
Eine Jugendsünde.
Roman von Ponson du Terrail.
Freie deutsche Bearbeitung von Hermann Roskoschny.
(Fortfktzung.)
„Diese Dame", fuhr Oiivier fort, „ist, wie Du sehen konntest, sehr schön, sie ist auch, wie Du nach ihrer Toilette und ihrer Equipage schließen konntest, sehr reich ... sie ist die Tochter tes Banquiers Valbonette de Valbonne."
„Wie alt ilt sie?"
„Dreiundzwanzig Jahre."
„Wenn ich sie heirathete? ..."
Diese vier Worte übten auf den Olivier offenbar einen unangenehmen Eindruck aus. Er bohrte unwillkürlich seinem Pferde die Sporen so heftig in die Weichen, daß sich dieses hock auibäumte und ihn fast abgeworfen hätte.
„Wenn Du sie heirathetestl" rief er. „Bei Gott, Ihr Seeleute scheint nichts für unmöglich zu halten!"
Bertrand de Morlux blickte seinen Freund rasch von der Seite an und erwiderte dann ruhig:
„Pardon! Ich habe ein Einkommen von hunderttausend Francs, einen tadellosen Namen, bin kaum dreißig Jahre alt . .
„Das ist wahr, aber ..."
„Es wäre also gar nichts Wunderbares, wenn ..."
„Ah, mein Freund", unterbrach ihn Olivier,-„wenn Du mir einige aufklärende Bemerkungen gestatten willst, wirst Du etwas bescheidener auftreten."
«Glaubst Du?"
„Gewiß!"
-„Wohlan! Ich höre!"
„Fräulein Valbonette de Valbonne ist gewiß ebenso reich wie Du, wenn nicht reicher."
„Und? . . ."
„Sie ist vielleicht das launenhafteste Mädchen der Welt"
„Ich liebe solche Charaktere."
„Sie will, glaube ich. nie heirathen."
„O! Bist Du dessen sicher?"
„Sie hat uns Alle — einen nach dem andern — zurückqewiesrn."
„Und Dich auch?"
„Zum Teufel, ja!"
„Und warum?"
„Sie Hai keinen Grund genannt. Ich fühle mich in meiner jetzigen Lage glücklich, hat sie gesagt, und ich will nicht auf meine Unabhängigkeit verzichten." „Sie hat eben Keinen ihrer Bewerber geliebt", bemerkte Betrand.
„Und sie wird auch nie mehr lieben."
„Ah! Sie hat also schon einmal geliebt?"
„Em Mal. man erzählt es sich wenigstens so. Es ist eine ziemlich mysteriöse Geschichte."
„Du kennst sie?"
„Sie wird verschiedenartig erzählt. Ich kenne eine Variante derselben." „Dann bitte ich Dich, sie mir zu erzählen."
Die beiden jungen Leute ritten langsam neben einander.
Olioier begann zu erzählen:
„Vor etwa drei Jahren, mitten sin Winter, erschien in den Pariser Salon» ein junger Mann, der alsbald der Löwe der Saison wurde, wie die Engländer zu sagen pflegen. E» war ein Russe, der Fürst Karinoff. der Adjutant eine»