— Darmstadt. 10. Au-. Scho» vielfach ist der Versuch gewacht worden, die Cigarrenabschnitte» welche sonst als werlhlo» fort- geworfen werden, zu sammeln und zu verkaufen, um aus dem Erlös irgend einen wohtthätigen Zweck, etwa die Neubekleidung armer Sinder oder Sehnliches, zu bestreiten. In den meisten Fällen find diese Bemühungen aber an der Schwierigkeit, die gesammelten Cigarreuabschnitte entsprechend verwerthen zu können, gescheitert. Da wird denn für Viele die Nachricht von Interesse sein, daß es Kauf mann Leopold Müller, Waldslraße Nr. 4 hier, der selbst seit Jahren Cigarrenabschnitte sammelt, neuerdings gelungen ist, einen ständigen Abnehmer hierfür ausfindig zu machen. Line Sendung ist bereits abgegangen und der Erlös in der Sparkasse der Volksbank verzins- lich angelegt worden. Aaufann Müller richtet nunmehr an die Sammler von Cigarrenabschnittcn das Ersuchen, ihm solche zuzusenden; er wird für den Verkauf besorgt sein und die Einnahme stet« gewissenhaft bei der Sparkasse anlegen. Die freundlichen Geber sollen dann s. Z. eingeladen «erden, bei einer Beschlußfassung über die Verwendung des angesammelten Fonds mitzuwirken.
— Frankfurt, 13. Aug. Gestern trafen vier Studirende der polytechnischen Hochschule in Stuttgart (ein Amerikaner, ein Norweger und zwei Finnländer) hier ein, um sich die größeren Bauten anzu- sehen, insbesondere die Quellwasserleitung, die Kanal- und Brücken- bauten, den Dom. da« neue Theater u. s. w. Dieselben haben sich zu ihrer Ferienreise, welche sich bis Rotterdam erstrecken wird, in Heilbronn ein Boot angekauft, mit dem sie ohne weitere Begleitung; oder Fährmannschaft die Tour neckarabwärts antraten, an allen interessanten Punkten aussteigend. Von Mannheim ab gelangten sie bis Mainz und haben nun per Bahn einen Abstecher hierher gemacht. Nach Besichtigung der Quellfaffungen im Spessart und in Fischborn kehren sie nach Mainz zurück, um dann auf dem Rhein die Tour bis ans Meer fortzusetzen.
— Offenbach, 11. August. Die „O.Z." erzählt: Herr Metzgermeister Mathias Groh wurde vorgestern auf dem Wege von Mühlheim hierher von einer Fliege in die Hand gestochen. Diese lief etwas auf, so daß er beim Nachhausekommen Blriwafferaufschläge machte, die aber nicht ausreichend waren. Als er sich hiervon am andern Morgen überzeugte, ließ er sofort den Arzt rufen, der eine bereits weit vorgeschrittene Blutvergiftung konstatirte, die trotz Anwendung aller noch möglichen Mittel heute früh den Tod des sonst so kräftigen robusten Mannes zur Folge hatte.
— Augsburg, 10. August. Eine mysteriöse Geschichte setzt seit gestern die hiesige Polizei in Bewegung. Es trafen nämlich zwei Verwandte des Fabrikanten Jakob Püttmann, 31 Jahre alt, gebürtig in Düsseldorf, begütert in Bruckmühle bet Aibling, hier ein, um sich nach dessen Verbleib zu erkundigen, da sie seit 22. Juli keine Kunde mehr von ihm erhielten. Die bisherigen Recherchen ergaben, daß Püttmann au diesem Lage von München hieher reiste, im Hotel „zu den drei Mohren" abstieg, Nachmittags im v. Stetten'schen Bankhause 18,000 v-6 erhob und dann sich in die Haindl'sche Papierfabrik begeben zu wollen erklärte, wohin er aber nicht kam. Ob nun Püttwann, der sich sehr guter VermögenSverhältnisse erfreut und dessen Charakter und geschäftliche Position jeden Verdacht einer absichtlichen Entfernung ausschließen, das Opfer eines Verbrechens wurde, oder ob er sonstwie verunglückte, DaS zu eruiren, gibt sich die Polizei alle Anstrengung. Die Verwandten bieten 2000 okL Belohnung für zuverlässige Aufschlüsse über den Verbleib des Vermißten oder für Auffindung der Leiche, im Falle ein Verbrechen oder ein Unglvcksfall in Mitte liegt. Auch soll der Ermittler des Vermißten 10 Prozent von demjenigen Geldbeträge erhalten, der noch bei dem letzteren gesunden wird.
— Die niederländische Negierung soll beabsichtige», angesichts des neuen deutschen Zolltarifs einen Zoll auf deutsche Kohlen zu legen und die internationalen Lieferung« concurse abzuschoffea, durch welche deutsche Maschinenbauer bisher lohnenden Absatz in den Niederlanden fanden. Ein Land nach dem andern trifft seine Gegenmaßregeln. Wie wird Deutschland dabei fahren?
— Berlin, 10. Aug. Als der im Revier der Königstadt bekannte bejahrte Geldbriefträger Riebe am Sonntag Vormittag 9^ Uhr im Hause Königfiraße 59 einen Geldbrief ablieferu wollte, wurde er plötzlich auf der Treppe des Hauses von einem anscheinend dem Arbeiterslande angrhvrigeu Manne durch einen heftigen Genickschlag an- gehalten. Ehe sich der Briefträger noch von seinem Schrecken zu erholen vermochte, empfing er von seinem Angreifer einen heftigen Stoß in die Magengegend, der den alten Manu ntcderwarf. Glück- licherweise traten in demselben Augenblick Personen in das Hau« und gingen die Treppe hinauf. Der Räuber ließ von seinem Opfer ab und ergriff die Flucht, die trotz sofortiger Verfolgung leider gelang.
— Berlin» 12. Aug. Die Trenzaufsichtsbramten sollen Hinter-
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ladegrwehre erhalten, da man in Folge des neuen Zolltarifs eine erhebliche Vermehrung des Schmuggels erwartet. Man kann sich iw der Folge auf kleine Grenzschlachten gefaßt machen, wie man sie bisher nur an der russischen Grenze kannte.
— Ja Köslin hat am 12. Aug. die Einweihung des neue» Gymnasiums stattgefunden, zu welcher auch der neue Kultusminister v. Puttkamer sich eingefunden hatte. Dem öffentlichen Akt der Einweihungsfeierlichkeiten folgte ein Festdiner, bei welchem Puttkamer eine Rede hielt. In derselben sagte er, wie ein Prioattel. de- d. Tagebl. meidet, ungefähr Folgendes: „Ich bitte nicht zu viel von mir zu erwarten. Ich stehe tn politischer, wie religiöser Beziehung, auf entgegengesetztem Standpunkte, wie mein Herr NmtSvorgänger. Ich würde mein Amt sofort ntederlegen, wenn die Regierung nicht mehr mit meinen Ansichten einverstanden wäre/
— Wien, 12. Aug. Die „Politische Korrespondenz" meldet. auS Konstantinopel: Der Sultan hat dem österreichischen Botschafter sein Bedauern und seine Theiloahme angesichts des Unglücksfalles in Serajewo ausgedrückt und die lieber; rugung ausgesprochen, dit österreichisch-ungarische Regierung werde Alles ihun, um die Folgen de«. Unglücksfalles zu lindern.
Wien, 12. Aug. Das Ungar. Amtsblatt veröffentlicht den Erntebericht des Handelsministeriums. Von 365 eingelaufenen Be» richten bezeichnen Wiuterweizen 20 gut, 187 mittel, 132 schlecht. Sommerweizen 19 gut, 118 mittel, 138 schlecht. Gerste 33 gut, 1t5 mittel, 161 schlecht. Raps 41 gut, 100 mittel, 73 schlecht. Roggen 31 gut, 145 mittel, 161 schlecht. Hafer 136 gut, 169° mittel, 60 schlecht. Mais 132 gut, 123 mittel, 72 schlecht. Da» Ernteergebniß stellt sich sonach bei Weizen besser als mittelmäßig, bei Sommerweizen, Winterrozgen und Gerste schlecht. Raps verhältniß» mäßig am besten. Mais und Kartoffeln lassen noch ein gutes E» trägniß erwarten.
Paris, 11. Aug. In der braven Stadt Caeu wurde vom 26. Juli bis 4. August das dritte große „internationale Wettschießen* (^ranä oonoours international) abgehalten. Das Programm enthielt folgende Bestimmung: „Der Eintritt zum Schießplatz ist den Deutschen strengstens untersagt, und jedes Mitglied der Gesellschaft, dem nachgewiesen wird, daß e« einen Deutschen etngeführt hat, ist hiedurch schon von selbst aus der Gesellschaft ausgeschlossen." Da. wohl nicht leicht ein Deutscher zum Schützenfest- nach Caen zu reisen gedachte, so hat der Vorstand der Schützengesellschaft offenbar nur eine Gelegenheit vom Zaune brechen wollen, seinen Gefühlen gegen die Deutschen Luft zu machen. In Deutschland wird man gegen die Ausschließung nichts einzuwenden haben und, wenn uns ein xranL oonoours international auf dem Schlachtfelde erspart bleibt, gern auf die Medaillen verzichten, die sich au einem französischen Schützen- stand erringen lassen.
London, 11. Aug. Seit Oktober 1878 erlebte England keine trockene Woche und es antwortete Herr Cläre S. Read aus die Frage Lord Beaconsfields: „Was er thun könne, um dem landwirlh- schastl. Jammer abzuhelfcn?" mit Recht: „Herr! Beten Sie so fleißig und so inbrünstig, als Sie können, um 3 Wochen schönes Wetter". Die Hauptmasse des Heue« in den Grafschaften nördlich von der Themse ist noch nicht eingebracht, der Weizen wird wahrscheinlich vollkommen sehlschlagen und die Feuchtknoten der Weizenähceu beginnen bereits am Gipfel und am Grunde der Achre auszufallen.
London, 12. Aug. Johann Most ist von London nach Brüssel gekommen, um sozialistische Vorlesungen zu geben. Am Tage der Ankunft wurde er von der Sicherheitsbehörde nach Oftende ge- bracht und wieder nach England eingeschifft.
Odessa, 9. August. Russische Blätter erhallen aus Odessafolgenden , grauenerregenden Bericht über die Art und Weise des Selbstmordes eines dort neulich wegen öffentlicher politischer Demonstration verhafteten jungea Mannes Namens Somow. Dersttbe war in eine Zell: mit nach rückwärts gebundenen Armen geworfen worden. In der Nacht vom 26. auf den 27. v. M. bildete Somow mit Zuhilfenahme seiner Zähne aus seiner Pritsche und einem Gefäß unter der Wand seiner Zelle ein Gerüst, stieg auf dieses hinauf, uahm ebenfalls mit den Zähnen von der Wand die brennende Lampe herunter, drehte mit den Zähne» den Docht auf und als die Flamme stark zu brennen begann, hockte er sich über dieselbe nieder und blieb in dieser Stellung so lange, bis sein Rücken bis auf die Knochen verbrannt war. Dann ließ sich der Selbstmörder beide Arme verbrennen, so daß da» Fleisch ganz -verkohlt war. Am zweiten Tage in der Frühe starb Somow unter den fürchterlichsten Schmerzen. Die herbeige- rusenen Aerzte, welche die Sektion der Leiche des Selbstmörder- Vornahmen, konstatirte» unter Ablegung eines Eides, daß SomowS geistiger Zustand vor d:m Tode ganz normal war . _
OelschlLger i» «al». (Hiezu Nro. 33 de« Unterhaltuug«bl«tter.>