einheimische Kaufmannsstand beklagt die ungeheuersten Verluste. Ob» dachlos find gegen 20.000 Menschen. Da« Elend ist groß.
Serajewo, 9. Lug. Da« Weitergreifen de« Brandeg dürfte beendet sein. Häuser und Magazine brennen noch theilweise. Hauptsächlich ärarische und private Vorräthe im Taschlichau wurden vernichtet. Neun verwundete Soldaten wurden bis jetzt ins Spital gebracht. Die jedenfalls zu hoch gegriffenen Schätzungen hiesiger Großhändler beziffern den Gesammtschaden auf 100 Millionen. Der Brand entstand durch unvorsichtiges Manipuliren mit Spiritus bet dem Handelsmann Schwarz. Zu retten ist wenig; nur wenige Magazine erwiesen stch feuersicher. Der Kaiser spendete für die erste Noth 10,600 fl. Die Bevölkerung bivouakirt in den Straßen und Gärten. — 4 Uhr Niechm. Da« Feuer in Serajewo entstand durch Unvorsichtigkeit beim Versiegeln eine» Fasses Spiritus. Es find gegen taksend Häuser und 800 Waarenmagazine abgebrannt. Der Schaden ist sehr -roß. Einige Wiener und Triestrr Häuser sollen stark betheiligt sein. Diele Personen sind unterstandslos. —S Uhr 20 Min. AbdS. Soeben brechen wieder Flammen au« den bisher für feuersicher gebotenen Magazinen hervor. DaS Militär leitete den Mühlbach durch die Straßen des HandelsoicrtelS, um dem Wassermangel beim Löschen abzuhelfeu; selbst durch die Franz-Josefsgasse fließt Wasser. Starke Militärpatrouillen durchziehen die Stadt.
Serajewo, 9. Aug. Den ganzen heutigen Tag war man noch mit den Arbeiten behufs Lokalistrung de« Brandes beschäftigt. Vereinzelte erneute Ausbrüche der Feuersbrunst wurden schnell unterdrückt. Seitens deS Militärs wurden die Löschorbciten fortgesetzt. Auf Anordnung des Herzogs von Württemberg trat ein Hiifskomite, bestehend aus Beamten, Militärs und Gemeinderäthen, zusammen zur Beschaffung von provisorischer Unterkunft und Lebensmitteln sowie zur Lrganifirung von Subskriptionen. Der Kaiser von Oestreich hat 10,000 fl. zur Linderung der Noth angewiesen. Die Hilfsaktion ist in vollem Gange.
Ko ristan tinopel, 8. August. Der Sultan hat das Gesuch des ehemaligen Khedive Jsmael Pascha, in Konstantinopel seinen Auf, enthalt nehmen oder nach Egypten zurückkehren zu dürfen, zurückgewics-n.
New-Dork, 22. Juli. Die Passagiere deS zwischen Newhork und Albany fahrenden Dampfers Drew wurden in der Nacht vom 19. zum 20. Juli durch eine heftige Explosion nicht wenig in Schrecken gesetzt. Durch eine sofokt angeftellte Untersuchung wurde konstatirt, daß ein Mann, welcher seinen Namen als Henry EvanS gab, eine mit Pulver gefüllte Kiste in seiner Kabine aufgestellt und dyrch einen Zeitzünder zur Explosion gebracht hatte. Allem Anschein nach ist der Schurke ein Mitglied einer Diebsbande, welche durch die Explosion eine Panik hervorgerusen und dann während der herrschenden Verwirrung die Passagiere, resp. deren Kabinen ausplündern wollte. Nur durch die anerkennenswerthe Geistesgegenwart einiger Passagiere wurde der Ausbruch der beabsichtigten Panik verhindert.
Newyork, 10. August. Der „Newhork Herold" meldet: Die Regierung fleht im Begriff, in einem Rundschreiben die euro- päischen Regierungen zu ersuchen, daß diese die Mormonen von der Auswanderung nach den Unionstaaten abmahnen, da die amerikanische Regierung entschlossen sei, der Polygamie aufs schärfste entgegen;»- treten. — Am gelben Fieber starben in Memphis in der letzten Woche 29 Personen.
Vermischtes.
Bauernfänger. Den Ausdruck „Bauernfänger* finden wir zuerst in einer Berliner Zeitung, und zwar im Anfang der Vierziger Jahre. Damals wurden tu der Thal nur Bauern gefangen und zwar aus der nächsten Umgegend Berlin«, und es ist bezeichnend für den Fortschritt der Kultur, für den großen Unterschied zwischen heute und jener Zeit, wie naiv und harmlos damals noch der Bauer aus Pankow, Schöneberg oder auch etwas weiterher war und in die Falle ging, und auf wie niedrigem Standpunkte sich noch die Bauernfängerei befand. Wenn auf dem Alexanderplatz — da» ist in der That die Mege der Bauernfängerei — Wochenmarkt war, zu dem die Landleute auS der Nähe Berlin« ihre Produkte wie heute brachten, so suchten sich, so erzählt man der „Berl. Ztg.*, zwei Spießgesellen einen dieser unschuldigen Bauern als ihr Opfer au-, indem einer stch demselben beim Verlassen de« Marktes anschloß, mit ihm unter irgend einem Vorwand ein Gespräch auknüpfte und eine Strecke Weges zu- samwen ging» während der zweite zehn Schritt wie zufällig voran- ging und plötzlich ein blankes Goldstück —in damaliger Zeit einen FriedrichSd'yr — auf das Trottoir fallen ließ, ohne natürlich seinen Verlust zu bemerken. Schnell machte der hinterher wandelnde Bauernfänger seinen Begleiter aus das Goldstück aufmerksam, beide bückten sich gleichzeitig, und e« entstand jetzt ein Streit darüber, wer von ihnen Anspruch auf den reichen Fund habe. Der edcldeakende Berliner
proponirte Theiluug zur Hälfte und ließ sich se'nrn Antheil, da er selber kein Geld zum Wechseln hatte, von dem Bauer herausgeben, und beide schieden io bester Freundschaft. Der Berliner war im Besitze von 2 Thlr. 25 Sgr. und der Bauer im Besitz von einem falschen FriedrichSd'or. Die „Spener'sche Ztg.' brachte zur Warnung für die Land- und Marktleute eine Notiz, tu der sie von dem arme«,, geprellten Bauer sprach und zum erstenmal den Ausdruck »Bauern» fänger* gebrauchte.
Ei» ZirkuS-Scherz. Die letzte Vorstellung der Kunstreiter, Gesellschaft Falsio im Sferisterio zu Rom war', wie die „Jtalie* schreibt, durch eine sehr erheiternde Episode bezeichnet. Es ward ein Pferd vorgeführt und das Publikum wartete einen Augenblick auf djtz Erscheinen des Reiters, der e» besteigen sollte, als einer der Clown.» der Truppe rief: „Da Niemand da ist, will ich es mir zu Nutzt» machen!* Und er sprang auf das Pferd, gab sich jedoch den Anschein , als ob er einen schlechten Anlauf genommen habe und stet sogleich wieder zurück. Er wiederholte dieß mehrmals zum großen Ergötzen des Publikums. Auf einmal erhebt sich eine derbe Stimme au» der Mitte der Volksmenge: „Sagen Sie mir doch einmal, wird der schlechte Spaß nicht bald ein Ende haben? Lassen Sie doch die Kunstreiter aufsteigen und bleiben Sie bei Ihrem Leisten. Das wird am Ende langweilig.* — „Wer spricht da*, fragt der Clown. — „Ich. Und lassen Sie sich sagen, daß Sie sich sehr täuschen, wenn Sie durch Ihre Grimassen zu unterhalten glauben. Ich berufe mich übrigens aus diese Damen und Herren da.*— „Sie haben nicht das Recht, das Schauspiel durch ungehörige Bemerkungen zu unterbrechen.* — „Ungehörig! Wiederholen Sie das Won noch einmal," erwiedert: der Bauer, einen großen Knüttel schwingend. — „Genug! genug!* ertönt eS von allen Seiten. Der Lärm zieht den Direktor der Gesellschaft herbei. — „Ich bitte um ein wenig Ruhe,* ruft er. — „Aber ich bin nur erstaunt, daß keine Polizei da ist, um den Unze» legenen fortzuschaffen.* — Er hatte nicht so bald zu sprechen aufgehört, als ein dienstbeflissener Sicherheit« Wächter zu dem Störenfried hinetlt, um ihn auszufordern, da« Lokal zu verlassen, aber dieser ergreift die Flucht, die Wache hinter ihm drein zum größten Spaß, drr Gallerten. Der vermeintliche Bauer springt endlich tu die Reitschule, die Wache ihm nach, aber siebe Sa, der Bauer, welcher nichts Anderes, als ein Kunstreiter der Gesellschaft war, springt mit einem Satz auf das Pferd, das ihn im Galopp fortträzt. Das Publikum lochte aus vollem Halse, die Gassenjungen pfiffen und höhnten den sehr mit Unrecht dupirten Polizisten, der sich beschämt und verwirrt mit einem Fluche zurückzog.
De« Marabut als Gastgeber. Me de Fontanes, ein geistreicher Tourist und Beobachter, erzählt in einem neuen Bande seiner Reisebeschreibungin über Algier folgendes heitere Teschichtchen: Ein reicher Marabut, welcher in der Nähe von Tuzgurt wohnte, erhielt eines Tages die Nachricht, daß ihm General Bedeau, von seinem Stabe begleitet, einen Besuch machen werde. Er rief seinen alten Diener und sprach zu ihm: „Mustapha. der General erzeigt mir die Ehre, mein Haus noch vor dem Ramadam zu besuchen. Ich wjll, daß er bei den gebenedeiten Söhnen Allah's eine seinem Range würdige Gastfreundschaft finde und daß mein Koch seinen alten Ruhm bewähren möge. Ein Gegenstand aber beunruhigt mich: diese Fremden sind nicht gewohnt, wie wir. auS hölzernen Schalen zu speisen. Da muß abgeholfen werden. Gehe zu dem fränkischen Kaufmann nach BiSkra, scheue keine Auslagen und kaufe Alles ein. was nothwendig ist.* Der General kam an, und nahm mit seiner Begleitung auf kostbaren Teppichen Platz. Der Diener erschien mit dem ersten Gange; dieser Gang aber war in einem weit ausgebauchten Gefässe von weißem Porzellan mit nur einem H:nkel enthalten, um eS deutlicher zu sagen, in einem Gefässe, welche« in Europa ausschließlich nur zu allerprivatestem Gebrauche bestimmt ist. Der General hielt mit Mühe das Lachen zurück, die Offiziere bissen sich in die Lippen, aber Niemand verzog eine Miene. Der zweite Gang erschien in einem Gefässe ganz derselben Gattung, ebenso der dritte und die übrigen. Der Marabut strahlte vor Freude. „Generyl" sagte er, „dieser Luxus setzt Sic in Erstaunen, aber um Sie nach französischer Art zu empfangen, scheute ich keine Opfer.* Es läßt sich errathen,. wie die Sache gekommen war. Der französische Kaufmann hatte die Unkenntniß deS alten Dieners benützt, um die Gefässe, füp welche er bei den Arabern keinen Absatz fand, an Mann zu bringen, und der Marabut wie Mustapha waren fest überzeugt und voll Stolz darüber, daß sie das Mahl nach alle» Regeln der Cipilisation arrangirt hatten. Die Tafel ist beendet und der General mit seinen Offizieren allein.. „Bomben und Granaten*, schrie er, nachdem er einen förmlichen Lachkrampf überstanden hatte, „unser Glück war es, daß die Dingel- neu waren b?
OelschlSger iü «al».