— Wangtu im Allgäu, 17. Juli. Ein förmlicher VolkSauf- lauf entstand gestern Abend gleich nach 5 Uhr vor dem Roihhau«. Emer unserer Polizeisoldaten wollte nämlich kurz vor 5 Uhr in der Schmidgafse* 3 HandwerkSburschea. wahrscheinlich wegen Betteln«, verhaften. Jk biesem Moment aber sprang der eine davon wie rasend auf den Polizeidiener, der auf einen Angriff nicht gefaßt war, zu, warf >hn zu Boden, riß ihm einen Theil seiner Barlhaare aus, zog ihm sein Faschinenmeffer aus der Scheide und stieß es dem ge> rade zur Hilfe herbeieilenden zweiten Polizeisoldaten unterhalb des rechten Auges tn's Gesicht. Letzterer wurde jedoch trotz der erhaltenen Wunde doch Herr über den Rasenden, allein sogleich legte auch der andere Handwerksburschr Hand an die beiden blutenden Polizisten, so daß es letzteren nur durch Anlegen der Ketten möglich war, die immer noch Tobenden in das Wachzimmer zu bringen. Aber auch hier wandten sie trotz der Fesseln nochmals ihre letzte Kraft an und verwundeten auch noch den hinzugetretenen Polizeiwachtmeister. Nach vir Vernehmung vor dem Stadtschultheißen wurden die beiden Bursche in sichere Verwahrung gebracht, wobei der eine unter Lachen bemerkte: t«DaS ist mir uun gerade recht, jetzt werde ich doch wieder 2 Jahre 'lang aufgehaben I"
— Tettnaug, 21. Juli. Ein Ereigniß der seltsamsten und traurigsten Art habe ich von heute zu berichten. Die Tochter des hiesigen Schneidermeisters B. wollte ihre Vermählung feiern. Die Civil- und kirchliche Trauung war vorüber und man ging i» fröhlichster Laune nach Hause. Dort angekommen, wurde die Mutter der kaum verehelichten Frau von einer debirnlähmung betroffen und war sofort todt. Jedermann bedauert die Familie, welche, statt ein Freudenfest feiern zu können, auf solch plötzliche Weise in tiefste Trauer versetzt wurde. — Einer andern Familie wurde heute ein Kind mit 2>/z Jahren begraben, während des Begräbnisses aber ein neuer Sprößling bescheert.
— Mosbach, 18. Juli. (Eierverkauf.) Wir möchten heute, so schreibt die ,B. N.-Z.', unsere verehrten Leserinnen auf die Einführung des Verkaufs der Eier nach dem Gewicht aufmerksam machen. Die Enführung dieser Methode wäre ein mächtiger Hebel für die Geflügelzucht im Allgemeinen und ein großer Vortheil für Käufer. So lange unsere Bauersfrauen für ihre kleinen Eier gerade so gut Käufer finden» wie für die großen, so haben sie gauz Recht, wenn sie die letztem für den Hausgebrauch verwenden und die kleinen, winzigen Dingiein uns auf den Markt schicken. Wenn beispielsweise unter nur 20 Eiern von zwei Stücken das eine 42, das andere 60 Gramm wiegt, so ist klar, welcher Nachtheil für den Käufer durch den Stückoerkauf entsteht. Würde der Verkauf nach dem Gewicht beliebt, dann würden auch sehr bald die Hühnerraffen verschwinden, welche als Produzenten kleiner Eier gelten, und denen Platz machen, welche anerkannt viele und große Eier legen — und da» wäre bann der Vortheil für den Landmann und Hühnerzüchter.
— Erlangen, 14. Juli. Gestern Abend stürzte, wie bereits kurz gemeldet, von dem Hause des Handschuhfabrikanteo Fleischmann io der rtilicogasse die eine Hälfte ganz plötzlich und wie eS scheint, ohne besondere vorherige Anzeichen, nieder, fast das ganze Dach quer, von der Vorder- gegen die Hinterseite mit sich herabreißend. Zwei blühende Töchter des Besitzers, 17 und 20 Jahre alt, die in dem oberen Stocke mit Nähen beschäftigt waren» wurden leider von den stürzenden Balken getroffen, die eine tödtlich, die andere athmete noch schwach, als sie unter dem Schutt hervorgezogen wurde. Ein vor wenigen Wochen begonnener, an das halb eingestürzte, schon ältere Haus anstoßender Neubau wurde durch den Einsturz sehr beschädigt.
— München, 16 Juli. Für die Landwtrthe ist folgender Hinweis der köaigl. Salinen-Administration in München zur Conservirung des Heues wohl von Interesse: „Die anhaltend regnerische Witterung gibt uns Veranlassung, die Landwirthe auf das Einsätzen des Heues aufmerksam zu machen. Selbst vom Regen ausgewaschenes, bereits in Fäuluiß übergehendes Heu kann durch Einsalzen wieder zu reinem, kräftigem Fulter gewonnen werden. Ein halbes Pfund Viehsalz wird in der Regel auf den Centn» Heu genügen und die Kosten stehen in keinem Verhältnisse zu dem außerordentlichen Nutzen, der dadurch geschaffen wird." (Es ist dieß zwar nichts Neues, kann aber nicht oft und nicht dringend genug empfohlen werden, da namentlich auch in unserer Gegend noch viel Futter liegt, das zu verderben droht. Die Sache macht sich noch bester, wenn man das Salz mit Wachholderbeermehl mischt.)
— Aus der bayerischen Rheinpfalz, 19. Juli. Das Bezirksgericht Landau urtheilte vor einigen Tagen einen Württemberger ab, einen Müller Namens Jvh. König von Maisenbach, Oberamts Neuenbürg. Derselbe war, da er den Taubstummen spielte und nicht« über ihn zu ermitteln war, über ein Jahr im Untersuchung«- gefällguiß gesessen, bis er sich endlich zum Sprechen bequemte. Wegen dreier Diebstähle, die er im Elsaß und in Laodau begangen hatte, er- hielt er mit Rücksicht auf sein interessantes, verdienstvolle« Vorleben
eine Zuchthaurstrast von 6 Jahren. — Brm Bezirksgericht Zweibrücken ! wurden ein Kaufmann und ein Wilth, welche ungestempelte Spielkarten ! geführt hatten» zu je 500 Geldbuße veiurthcilt. !
— Au- dem Rheingau schreibt man dem „Rheing. Auz." , daß !
die Weingärtner keine höhere Hoffnung mehr haben, als daß der- !
Heurige das- schlechteste Gewächs de» Jahrhunderts werde. DaS Blatt gibt zu, daß die Aussichten bis jetzt sehr trostlos seien, führt !
indessen an» daß beispielsweise im Jahre 1686 die Traubcnblüte i
eben so spät und erst am 26. August warme Witterung eintrat und i
doch ein guter Herbst war. 1696 blühten di e Trauben erst Mitte >
Juli. Der Wein wurde noch in den Fässern gut und theuer bezahlt. !
(l20 Rthlr. daS Stück.) 1705 war der Juni kalt gewesen, die !
Trauben stände» erst am 8. Juli in Blüte und es wurde doch noch
ein ziemlicher Wein gemacht, obschon der Oktober wieder Frost brachte. ES ist, meint das Blatt, also vorerst nicht »öthig, die Hoffnung ganz aufzugeben.
— Berlin, 19. Juli. Die neueste Nummer des Justizministerial» blatteS publizirt eine Allerhöchste Ordre vom 5. d. M. über die Einführung einer Amtstracht für dte Richt-r, Staatsanwälte u. Gerichtsschrci» ber, sowie für die in den öffentlichen Sitzungen der Oberlandesgeiichtr u. der Landgerichte auftreteuden Rechtsanwälte. Im Anschluß daran wird in Ausführung des Z. 89 de« Autführuugsgesetzeü die allgemeine Verfügung des Justizministers vom 12. d. M. mitgetheilt, weiche als Amtstracht rin schwarze» Eewand, weiße Halsbinde und schwarzes Baret mit den für die einzelnen Beamtcn-Kaicgorien bezm. Rangkioffen vorgeschriebeoen Abzeichen bestimmt. Zeichnungen zur Veranschaulichung des Schnittes sollen den Gerichtsbehörden zugehen.
Bern, 19. Juli. Der Gotthardbahn-Bounntecnehmer Fa:re ist heute im Tunnel am Herzschlage gestorb n.
Bern, 20. Juli. Ueber das Ende des Unternehmers de- Gotthart-Tunnels Lonis Favre erfährt man Folgendes: Am frühen Morgen ist Favre mit einem französischen Ingenieur und mit scinem- hicstgen Chefingenieur Stockalper aufgeräumt und munter bis auf drei Kilometer in das Innere des Tunnels eingefahren und hat von da den weiten Tunnelweg bis vor Ort. circa 7 Kilometer vom Tunnel» eingang in einer Tunneltemperatur von 30 Gr. C. hin und zurück in voller Rüstigkeit zurückgelegt. Aber auf die Maschinenstation bei 2800 Meter vom Tunnelcingang zurückgekehit, befällt ihn plötzlich ein Unwohlsein; er verlangt noch ein Mas Wasser uad mit einem Schlag hat er die rührige Seele ausgehaucht.
Paris, 19. Juli. Der Senat berieth gestern zum letzten i
Male über die so viel behandelte Angelegenheit der Rückkehr nach !
Paris» indem er die Aendrrung annohm, welche die Lbg.Kammer in die Gcsetzesvorlage eingeführt hatte, das heißt, indem er mit einer Mehrheit von 37 Stimmen darin einwill-gle, daß die Präsidenten beider Kammern da« Recht haben sollten, im Falle einer Gefahr für das Parlament direkt und ohne Einmischung des KriegSministers die Truppen zu requirireo.
London, 20. Juli. Den mit den Vorarbeiten zur Hebung des „Großen Kurfürsten" beschäftigten Tauchern ist es gelungen,
87 Pontons innerhalb des Schiffes anzubringcn und den durch dm Zusammenstoß mit dem „Wilhelm* verursachten Riß mit dem eigeuS dazu angefertigten eisernen Schilde zu schließen. Ein Versuch zur Hebung wird, falls die Witterung eS gestattet, am 24. d. M. gemacht werden. Gelingt der Versuch, so soll der „Kurfürst" in der Bucht zwischen Folkestoae und Hythe gelandet werden.
Mailand, 18. Juli. Vorgestern Abend um 8 Uhr erschoß Hauptmaan Derode den Generallieutenont Franzini im Eil» wagenkoupe zwischen Aleffandria und S. Salvatore. Wenige Minute» darauf erschoß Derode sich selbst. Die Ansicht der Meisten ist, der Mörder habe vergebens um die Genrrelstochter angehaltcu und auS Rache hierauf den Vater erschossen.
Petersburg, 18. Juli. Aus Omsk (Sibirien) wird be» richtet, daß kürzlich das Gefaugrnenhaus von unbekannte» Tqäterr» mittelst Schießpulver und Dynamit in die Luft gesprengt wurde.
Die Sprengstoffe wurden ausschließlich unter die Zimmer gelegt, ia welchen die Tefäugnißbeamten wohnten; doch wurde das ganze G«» bände zerstört und fanden hierbei viele Personen den Tod.
Ne« . Aork, 16. Juli. Als ein Zeichen rückkehrender Besser« ung der Geschäfte wird gemeldet, daß in den Vereinigten Staaten die Summe der Fallissement« im ersten Halbjahre 1879 nur 65 Millionen Dollars betragen hat gegen 130 Millionen im ersten Halbjahr 187K,
New- Dark, 19. Juli. In Memphis ist vor Kurzem untz jetzt abermals eio Todesfall am gelben Fieber vorgekommen und hat die Zahl der Erkrankten zugeoommen. Handel und Verkehr habe» fast aufgehört; die Bankgeschäfte sind geschloffen. Die Einwohner verlassen massenhaft die Stadt. In mehreren Städten des Süden-- ist die Quarantäne wieder eiogeführt.
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