Heftekluagen a»s äa»
für de« Monat Juni nehmen sämmtliche Postboten und Poststellen entgegen und ladet zu solchen freundlich ein
Die Redaktion und Expedition des „Catwer Wochenblatts."
Gechingeu» 19. Mai. Gestern waren die Krieger» und Veteranen Vereine der Umgegend hier versammelt, um Bereinsangelegen- Helten zu besprechen. Nach Erledigung der Tagesordnung wurden Toaste auf Ihre Majestäten den Kaiser und König ausgebracht und «wickelte sich ein sehr gesellige« Leben. Ein Umzug durch den Ort mit Musik, Tambours und Fahnen an der Spitze schloß die Feier.
_ Auch die Commandanten der Nachbarfeuerwrhren halten Besprechung
hier, und verließen uns die Gäste mit dem Bewußtsein, daß dieser Tag nicht verfehlte, das Vereinswesen und den Kameradengetst zu stärken.
— Wildbad. 17. Mai. Heute Nacht vor 12 Uhr «eignete sich in der Hallberger'schen Papierfabrik ein gräßliches Unglück. Der 32 Jahre alle verhrirathete Zimmermann Hildwein von Calmbach, welcher in der Holzschleifer« mit dem Aufmachen eines TranSmis- fioaSriemenS beschäftigt war, wurde von der Transmission erfaßt und dermaßen verletzt, daß er schon nach ^ Stunden den Geist aufgab. Der furchtbar verstümmelte Leichnam wurde heute früh nach Calmbach verbracht. Große Theilnahme erregte dieser Unglücksfall, besonders da H. ein sehr fleißiger, stiller und braver Arbeiter war.
— Stuttgart, 16. Mat. Vor dem k. Obertribunal hier kam gestern ein seltener Fall zur Verhandlung. Ein hiesiger Architekt hatte bei einem von ihm ausgeführten Bau den Voranschlag nur um 20.000 M. überschritten. DaS wäre nun nichts gar zu seltenes. Daß der Bauherr sich aber unter keinen Umständen zur Zahlung der Mehrfordrrung verstand, der Architekt klagbar wurde, der Prozeß bis vors Obrrtribunal kam und der Architekt mit seiner Forderung abge- «iesen wurde, somit die 20,000 M. aus seiner Tasche zulegen muß, das ist gewiß ebenso selten als interessant.
— Stuttgart, 20. Mai. Gestern Nacht wurde auf der Königsstraße ein zum Markt gebrachter Lrdertuch-Sopha sammt Decke am Sitz uns auf der Seite total zerschnitten. Dem Thäter ist man leider noch nicht auf der Spur. Der Fall beweist übrigen« wieder, wie wünschenswerth die baldige Errichtung der projektirten neuen Markthalle ist.
— Nus dem Bordachthale, 17. Mai. Gegenwärtig herrscht in unserer Gegend eine Sterblichkeit unter den Kälbern, von der wenige verschont bleiben. Das Futter ist schuld an dieser Erscheinung. Dasselbe wurde größtentheils verregnet und ist daher mit Pilzen behaftet. Auch anscheinend gesunde größere Stucke Vieh, Rinder und Kühe, zeigen, wenn geschlachtet, Lungeuansteckung, so daß deren Fleisch nur auf einer Freibank verkauft werden darf.
— Ulm, 19. Mai. Biel Aufsehen erregt hier am Platze die am letzten Samstag erfolgte Verhaftung des Registrator K. auf dem hiesigen Stadtschultheißenamte. Derselbe war seit ca. 40 Jahren auf dem Rathhause ttzätig und erfreute sich des allgemeinsten Vertrauens in dienstlicher wie persönlicher Hinsicht. In Folge dessen wurde ihm eine große Anzahl von Pflegschaften anvertraut, bet welchen jetzt Unterschlagung voa.-gbrzzleuden Summen zu Tage getreten sein sollen. Jedenfalls scheinen die letzteren nicht allein aus jüngster Zeit herzurühren, die Untersuchung wird da« Weitere aufklären.
— Vom schwarzen Grat» 19. Mai. Der 13jährige Sohn eines Hofbesitzers wurde dieser Tage von einem Pferde am Arme erfaßt, etwa 40 Schritte fortgeschleppt, bis ihm der Arm buchstäblich abgebissen war.
— Karlsruhe, 17. Mai. Gestern hat bei dem hiesigen Amts» grrichte eine für unsere Zritverhältnisse äußerst interessante Schöffen- ptzung stattgefunden. Ein hiesiger Geschäftsmann, der sich neben dem Geschäfte noch mit dem Ausleihen von Geldern befaßte, wurde von der Steuerbehörde augeklagt, dieses Einkommen, welches sich nach Aussage einer Reihe von Zeugen auf 60, 80,100,120 bi« 140 Prozent belaufen haben soll, nicht versteuert zu haben. Oie Richter nahmen diese aufgestellten Behauptungen als erwiesen an und verurtheilten den Angeklagten wegen Kapitalstmerdefraudation zu einer Geldstrafe von SSO Mk.
— Wertheim, 14. Mai. Das Kalbfleisch hat neuerdings wieder einen Abschlag von 5 Pf. pro Pfund erfahren, kostet somit jetzt nur twch 35 Pf. Es wurde heute sogar Kalbschlegel pro Pfund 30 Pf. in einer Brauerei von einem Metzger verkauft. Auch Ochsen- und Schweinefleisch gingen je um 5 Pf. pro Pfund zurück, so daß jetzt Ochsenfleisch bb Pf. und Schweinefleisch 50 Pf. kostet. Ein Abschlag de« Fleisches bann den Konsumenten und Metzgern gewiß our genehm sei», da Mancher sich wieder mehr dem Fleische zuwrndet, wodurch somit auch brr Absatz ein größerer wird.
— Konstanz, 18. Mat. In bem württemberßischen Orte AltS«
Hausen bei Psullendorf ereignete sich am letztvergangenen Sonntag aus Veranlassung dreier Taufen ein äußerst drolliges Vorkommniß- Ein glücklicher Vater, der mit gerechtem Stolze ein Söhnlein zur Kirche tragen ließ, erhielt zu seinem nicht geringen Erstaunen — ein Töchterlein wieder zurück. Das wollte nun dem Vater, der seiner Sache doch so gewiß war. gar nicht paffen, und vergebens zerbrach er sich den Kopf, wie aus dem Buben auf ein Mal ein Mädchen geworden. Eine alte Tante hatte endlich einen rettenden Gedanken: „Das Kind ist verwechselt worden," sagte sie, und dem war auch so ; denn das war wenigsten« das Resultat der sofort avgestellten Nachforschung. Durch eine »eue Verwechslung wurde nun die erste glücklich ausgeglichen.
— Nürnberg, 15. Mai. Ein Akt gemeinnütziger Gesinnung ist heute von un« zu berichten. Der Besitzer der bekannten Faber'schen Bleistiftfabrik» Hrn. Lothar v. Faber hat eine Stiftung von 100,000 mit dem Zweck errichtet, daß hieraus jährlich die Zinsen von 5000 «it je einem besonders begabten Mann, der selbstständig ein Gewerbe beginnen will, zu diesem Zweck verliehen werden. Herr v. Faber hat weiter dem Magistrat eine Denkschrift überreicht, wonach unter theilweiser Einlegung der Stadtmauer (bei Erhaltung der interessanten Theile) eine Ringstraße nach de« Herrn Direktor» Gnauth und des Garteninspektors Wagner Plan in Stuttgart errichtet werden soll.
— Frankfurt, 13. Mai. Die Pferdemarktlotterie erhält ein interessantes Nachspiel. Ein Mädchen hatte seine Schulden bei einer Konfektisnistin bezahlt, und, da ihr Geld nicht auSreichte, die Rechnung mit einem PferdelooS ausgeglichen. Das Loos gewann ein Reitpferd Mecklenburger Rare. Da« Mädchen, welches von dem Gewinne frühzeitig Kenntniß erhielt, eilte zur Schneiderin» ließ sich da« Loos zeigen, wußte sich durch einige Vorspiegelungen m den Be» sitz desselben zu setzen und den Gewinn alsbald zu erheben. Die Schneiderin, welche erst später den Sachverhalt erfuhr und nicht einmal den Werth des Looses erhielt, har das Mädchen wegen Betrugs zur Anzeige gebracht.
— Frankfurt a. M., 17. Mai. Ein Papeteriehändler auf der Zeit in Frankfurt a. M. kaufte dieser Tage eine Briefmarkensammlung von 6000 verschiedenen Poftwerthzeichen für die Summe von zweitausend Mark!
— Kisfingen, 14. Mai. Heute Nachmittag begegnete Sr. N. K. Hoheit dem Kronprinzen ein Unfall. Bei einer Spazierfahrt wurden die Pferde scheu, gingen auf der Garitzer Landstraße durch und stürtzten sodann zusammen. Rasch cntschloßen sprang der Kronprinz aus dem Wagen und half dem kopflosen Kutscher, die erschreckten Pferde wieder auf die Beine zu bringen. Verletzt wurde Niemand.
— Berlin, 12. Mai. Eine warhaft »gesegnete Mahlzeit" hat dieser Tage der ehemalige ostpreußische Grenadier Schwestg in Berlin gehalten. Bei Tisch kam ihm nämlich plötzlich eine Kugel in den Mund und er wußte sogleich, woher sie war. Vor Metz hatte er am 14. August 1870 einen Schuß in den linken Backen erhalten und die Chassepotkugel blieb ihm trotz aller Operationen der Aerzte in dem Backenknochen sitzen. Er lag zwei Jahre in den Lazarethen und hatte immer große Schmerzen: jetzt war er sie los und wird gesund werden. Man hat die Kugel dem Kaiser gebracht.
— Berlin, 15. Mai. Der BundeSrath beschloß vorläufig nur 50-Markscheine anfertigen zu lassen, bis der Umlauf der Fünfmarkscheine auf 50 Millionen, und der Umlauf der Zwanzigmarkscheine auf 40 Millionen ^ reduzirt ist.
— Berlin, 17. Mai. Bei. der wichtigen Abstimmung des Reichstags am Freitag (Annahme des Roheisenzolls von 1 ^ pro 100 Ktlogr. gemäß der Vorlage, mit 218 gegen 88 Stimmen) stimmten sämmtliche anwesenden Württembergrr (nicht anwesend waren Heim und Leonhard) mit Ja.
— Berlin, 18. Mai. Die vom gestrigen Städtetag, welcher von 72 Städten aller Theile Deutschlands durch 117 Delegirte be» schickt war, angenommene Resolution lautet: 1) Die vorgeschlagenen Eingangszölle auf Getreide, Vieh und Fleisch vertheurrn den Preis der nothwendigsten Lebensbedürfnisse» erschweren dadurch einseitig die LebeaSbedinguugrn der städtischen Bevölkerung, verhindern die Entwicklung des Verbrauchs in der Richtung auf nahrhaftere Kost und zwingen die Bevölkerung rum Zurückgehrn auf minder zuträgliche Nahrungsmittel. 2) Durch schlechtere Ernährung vermindern sie dir Leistungsfähigkeit der Arbeitskraft in den Mittelpunkten de« Gewerb« fleißeS, hemmen die Entfaltung unserer Industrie und lähmen ihre bisher siegreich bewährte Kraft im Wettkampf mit anderen Nation« welche der Arbeitskraft nicht gleiche Erschwerung bereiten. S) Sir