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«nt dem Bauch auf die Erde gelegt und sein Rücken derart mit eine« Stocke bearbeitet, daß er noch heute krank darniedertiegt.

Petersburg, 15. April. Uebrr ewe Katastrophe auf der Smolensk.Brest» Eisenbahn, welche sich schon vor mehreren Tagen »eignete, liegen erst jetzt zuverlässige Einzelheiten vor. Im Ganzen find 14 Waggon- vom Damm gestürzt, davon drei völlig z». splittert. Getödtet find 17 Personen und schwer verwundet 18. Die Ursache war faule Schwellen.

St. Petersburg, 17. April. In Erwägung, daß die ge­fährlichsten Mitglied» der geheimen russischen .sozial revolutionären Komite's" im Auslande leben und von da aus ihre Thätigkeit gegen die russische Regierung entwickeln, sollen in einigen Hauptstädten de« AuslandeS, hauptsächlich in London» Paris, Genf, Berlin und Wien vollständig organisirte russische Geheimpolizei-Aemter errichtet und diese mit zahlreichen, allen Nationalitäten Europas ongehörenden Agenten versehen werden. Derlei Aeml» bestanden bisher im Aus- lande nur in London und Genf, doch war dir Thätigkeit dkrselben unbedeutend.

Petersburg, 18. April. Das Ereigniß des Tage» ist, daß Solowiew ein umfassendes Geständniß abgelegt haben soll. Gewisses ist nicht zu erfahren, denn die ganze AttentatSgeschichte wird von den Behörden mit der größten Verschwiegenheit behandelt. Heute find an die Redaktionen sämmtlicher Petersburger Zeitungen Polizeibeamte gesandt worden, die den betreffenden Redakteuren und Herausgebern anzeigten, e« sei Befehl, von nun ab nichts mehr über den Gang der Verhandlung wider Solowiew zu veröffentlichen.

St Petersburg, 22. April. Eine an den Straßenecken angeschlagene Verordnung des provisorischen Generalgouverneur» Gurk» verfügt unter Androhung von Strafen: an der Pforte eines jeden Hauses in Petersburg muß Tag- und Nachts ein HauSwächter Dienst thun, welcher das unerlaubte Anschlägen von Plakaten, Hinwerfen schadeubringeud» Gegenstände in die Stiaßen verhindern, zuwider- handelnde Arsonen verhaften soll. Hausbesitzer, welche den HauSwächter nicht an der HauSthüre den Dienst machen lassen, werden ebenfalls bestraft. Weiter wird verfügt: olle Waffenhändlrr müssen in 7 Tagen dem Stadthauptmann ein Verzeichniß sämmtlicher Wafstnvor- räthe ihres Lagers einreichen. Waffen dürfen fortan nur gegen Ein- reichen eines ErlaubnißscheineS des Stadthauptmann» verkauft werden. Privatpersonen müssen der Polizei von etwaigem Waffenbesitz Anzeige machen, nur Personen, welche Erlaubniß bekommen werden, dürfen ferner Waffen haben.

New-Aork, 25. März. Anstatt der Thierquälerei des Tau« benschießenS wird jetzt in Amerika das Ballonschicßen mit Leidenschaft betrieben. Die Ballons werden durch eine Federvorricktung kräftig aus geschloffenen Kästen plötzlich emporgrschleudert und eS gehört zum Treffen solcher leichter GasballouS nicht mindere Fertigkeit als zum Erlegen der armeu Tauben. Kürzlich vollbrachte e» der berühmte Taubenschütze Bozardus in New-Aork, von 6013 Ballons 6000 zu zertrümmern. Den ersten Fehlschuß that er beim 5715 Ballon, und dann fehlte er bis zum 5987. Ballon noch 12, dafür war er aber auch todtmüde, die rechte Schulter war zerstoßen und die Fing» waren steif und blutig: ein echt amerikanisches Vergnügen!

Vermischte-.

(Württemberg wie es nicht ist). Der »Heilbr. Neckarztg." ging eine Nummer des in Brüssel erscheinenden Journal du monde" zu, enthaltend einen Artikel von S. Vandhme», der höchst unerquick- liche Streiflichter auf Württemberg wirst; dir Schilderung zeugt neben dem französischen Prestige von bedenklicher Unwifsenhett und mag manchem Neckar umwohnenden Vaterlandsfreund ein mitleidige» Lächeln «bringen. Die Schilderung lautet im Auszug frei übersetzt: Württemberg ist durchaus Flachland und hat im Gegensatz zu den alten Raubnestern am Rhein keine Ruinen, keine Wasserfälle oder schroffe Bergbildung, kurz keine Spur von landschaftlichem Reiz. Eben so wenig gibt es dort Seen oder Flüsse, nur einige ärmliche Bäche» von denen der Neckar der bedeutendste ist. Man kann diesen, wenn er nicht durch Gewitter angewäffert ist, an vielen Stellen bequem io Pantoffeln (!) überschreiten. Dennoch hat dieser trockene Bach einen Nutzen als eine von den Schwaben häufig benutzte Eelbstmordgelegrnhett, da diese Methode ihnen wehr zusagt als Pistole oder Strick, eine Manipula­tion, die ihnen selbst zum Tode noch zu kostspielig erscheint. Der Württem­berg» ist vollendete« Phlegma; scheint ja doch ihr Boden einem Sttbenschlaf verfallen zu sein, so unfruchtbar ist er: er gibt nur äußerst wenig farblosen Wein uud geringen Hopfen. In keinem Land verden die Feiertage mehr geheiligt, was jedoch wieder mit ihr» Trägheit zusammenhängt. Nur die Wirtschaften, rauchige, schmutzige Winkel, feiern nicht. Die Wirthe haben großes Interesse für Handel und Verkehr und genießen darob große« Ansehen. Denn eine Wirth fchaft zu führen, »heischt dort eine Autorität. Di« Bedienung durch- Mädchen gefällt mir recht gut, weil der kräftige Arm de- Manne«

doch zu etwa« Besserem taugt, als da« Haar in der Mitte zu scheiteln. Sie haben alle einfache Toilette und suchen die Gäste mit möglichster Grazie zu bedienen und da sie alle solide Grundsätze haben, kommen sie auch auf honnette Weise zur Hrirath. In den Städten und Sitten dieser Stäätchen« zeigt sich große Einförmigkeit; keine der Städte hat geschichtliche Bedeutung, höchsten« Ulm; dasselbe ist aber nur von Soldaten bevölkert, deren Ausschuß nach Ludwigsburg geschickt wird..

Der Apfel ist die älteste Frucht» die wir kennen, er spielte schon im Paradiese eine Rolle, er ist aber auch die gesundeste. Sorgfältige Untersuchungen haben ergeben, daß er eine viel größere Menge Phos­phor enthält, als irgend eine andere Frucht oder ein Gemüse und daß daher diese Frucht geistig angestrengten, eine sitzende Lebensweise führenden Menschen zum Genüsse sehr empfohlen werden kann, um­somehr als sie außer Phosphor (Gchirvfutter) gewisse Säuren enthält,, die vor Gelbsucht, Schlaflosigkeit und Hautkrankheiten schützen. Lin­send» hat einen alten, muntern und kerngesunden Herrn gekannt» der seine 80 und einige Jahre dem regelmäßigen Genüsse von einige» Aepfrln (BorSdorfer) vor dem Schlafengehen zuschrieb. Zuletzt aber mußte er doch in den säuern Apfel beißen.

Ein Schauspieler, welcher an einem der größten Privattheater Berlins ein Engagement hat, wohnt in Potsdam, und fährt, um da­hin zu gelangen, mit der Ringbahn allabendlich nach der Vorstellung, zum Bahnhof. Vor einigen Tagen wurde demselben auf einem Pfcrdebahnwagen da« Portemonnaie mit ungefähr 20 Mark Inhalt gestohlen. Erbittert über diesen Verlust beschloß er, sich zu rächen und den Dieben eine Falle zu stellen. Am Sonntag Abend steckte er sich ein Portemonnaie mit einem Zeitel, aber ohne Geld in dt» B.inkleidertasche. Auf den Zettel Halle er geschrieben :So, H... jetzt bist Du rringefallen." Er nahm sich vor, auf den Dieb sufzu» paffen. Ohne daß er einen Triff in seine Tasche bemerkt hätte, ge­langte er am Potsdamer Bahnhofe au, erstaunte aber nicht wenig, at­er in seinem Portemonnaie anstatt seines weißen Zettels einen blauem mit den WortenFauler Kvssl" vorfand.

In Paris wurde im November des letzten Jahres eine Frau, die sich fälschlich den Lilel einer Vikomtesse beilegte, gefangen ge­nommen und unter die Anklage gestellt, mehrere Kind» geraubt zr» haben. Die Person hatte sich wiederhol: jungen Müttern genäheü, welche im Hospital einem Kinde das Leben gegeben, hatte ihnen ihre Hülfe angeboten uud sie dann ihres Kindes beraubt. Die Kind» waren bei der Verhaftung verschwunden, und e» gelang nicht, vor» der Räuberin ein Geständniß zu erpressen. Au» dem Umstande nun» daß die Person nur Säuglinge männlichen Geschlechts entführte und daß- dieselbe eine Verwandte r» London hat, mit der sie in reger Correspondenz stand, glaubte der Untersuchungsrichter eine Spur gesunden zu haben, die zur Lösung de« Geheimnisse« führen müsse. Miltheilungen an- London bestätigen folgende Vermnthung: Die Vikomtesse stahl die eben geborenen Knaben und brachte sie nach London, woselbst ihre Verwandte reichen SdelSfamilien zu Hülfe kam, die um die Erbfolge besorgt waren. Entweder vertauschten die Eltern. welche sich einen männlichen Erben wünschten, ein eben geborene» Töchterchen mit dem geraubten Knaben oder unfruchtbare Mütter, die einen Sohn brauchten, kauften sich den gestohlenen Säugling.

Literarisches.

Da-im Verlag von Eduard Hallberger in Stuttgart erscheinende Familteojournal .Die Jllustrirte Welt" bietet in feinem 18. Hefte des Mannigfaltigen und Interessanten wird» un­gemein viel. E« enthält:

Text: Wenn Frauen Haffen. Roman von Fr. Henkel.- Die Pilze. Von A. Niemann. Richtig kalkulirt. Von Louis Rosenthal. Kleine Szenerien vor und hinter Weißenburg. Von Otto Tellow. Sonnenstrahl- Von Daniel Reesen. --- ,Ein ehr­lich» Spitzbube. Von F. L. S. AuS Natur und Leben. Für daS junge Volk: Spiele; AnschauungSaufgabc.Humoristische Blätter. Aus allen Gebieten: Erfindungen; HauSwirthschaft. Anagramm. Bilderräthsel. Schach. Kleine Korrespondenz. Anzeigen oller Art. Tageschronik auf dem Umschlag.

Illustrationen: Frau Rieth und Marianne zu: ,Wenw Frauen hassen." Von A. Riedmiller. Der Zulukrieg. Die Schlacht bet Jsandula am 22. Januar 1879. Im heilig-n Lande. Der Jakobsbrunnen und der Berg Garizim; Die Ceremontr der .Fußwaschung" am Eingang des heiligen Grabe« in Jerusalem. Indiskretion. Von Boutibonne. Die Ostermesse im WinterpalaiS zu St. Petersburg. Von G. Broling. Goethe'« Spaztnweg tu Weimar. Die Ueberschwemwuug in Szegediu. RettM-ar beiten; Dammdurchbruch. Im Schneegestöber. Bon H. Gtacomelli. Wie man empfangen wird, von G. Lucke.

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