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Schweiz. „Am 4. Spri! war auf dem Simpson elu 3 Fuß Hoher Schnee gefallen. Gegen 2 Uhr Nachmittags erreichte eine Schaar italienischer Arbeiter, die ützereden Berg wollten, den Zufluchtsort Nr. 6. Kaum hatten-sie die große Gallerte verlassen, als eine gewaltige Lawine von der Höhe herabstürzte und zwei Walliser und einen Italiener in deo Abgrund riß. Einer derselben blieb am Leben und der Wegknecht beim Zufluchtshaus Nr. 5. Alois Walker, machte sich sofort mit einem anderen Mann aus dem Hospiz auf den Weg, um den Hilferufen den beizustehen. Kaum hatten die beiden ihren Standort verlassen, als eine neue Lawine herabdonnerte und auch fie verschüttete, Walker wurde später todt aus dem Schnee gegraben, während der Hospizknecht sich herauszubringen vermochte. Auch der Walliser Arbeiter, dem die beiden zu Hilfe geeilt waren, wurde von Wezknechten noch lebend getroffen und gerettet."
Brüssel, 17. April. In den Gruben von Agrappe bet Frameries erfolgte ein Ausbruch schlagender Wetter; die Grubengebäude find in Brand gerathen und theilweise schon zusammengebrochen. Bei dem Unglücksfalle befanden sich 240 Arbeiter iu den Gruben; man befürchtet, daß viele von ihnen umgekommen seien.
Brüssel» 18. April. Nach Meldungen aus FramerieS find von den 240 Arbeitern in der Kohlengrube von Agrappe bisher 80 gerettet. Die Rettungsarbeiten werden auch ferner energisch fort« gesetzt.
Pari«, 15. April. Der ,Tempi" meldet, Frankreich und England haben vereinbart, den Handelsvertrag» dessen Giltigkeit am 31. Dezember erlischt, auf 6 Monate zu verlängern, um den französischen Kammern Zeit zu geben, den allgemeinen Zolltarif zu diskutiren, und um inzwischen einen neuen Handelsvertrag abzuschließen.
Paris, 15. April. Der Präsident der französischen Depu- tirtenkammer, Gambetto, nimmt seit einigen Monaten einen so kolossalen Umfang an, daß er den Entschluß gefaßt hat, nichts zu unterlassen was geeignet ist, seiner Neigung zur Fettleibigkeit entgegen zu wirken. Täglich macht er in seiner Wohnung unter der Leitung eines Turn- lehrcrs gymnastische Uebungen: kürzlich trat er dem französischen Alpenklub bei und dieser Tage beschloß er, auf den Rath eines Bade- arztes die Heilkraft des Marienbader Kreuzbrunnens zu erproben. Er dürfte also in zwei oder drei Monaten die Hauplkuriosilät der Marienbader Kolonnade sein. .
Paris, 16. April. In Folge der Kälte der letzten Tage find die Augen der Reben in vielen Weinbergen iu der Gironde, der Aude und anderen Departement« erfroren. Besonders stark ist die Verheerung in Carcassonne und Umgegend.
Paris, 17. April. Heute hat in ganz Frankreich die Eiobe« rufung der Landwehr (^rmee territoriale) begonnen. Dieselbe hat dieses Jahr eine um so größere Bedeutung, als fie sich auf alle dienstfähigen Männer der Altersklassen von 18( 6 und 1867 erstreckt, die bisher nicht gedient hatten und sich nach den älteren Rekru« tirnngSgesetzen für von aller Militärpflicht befreit haltm konnten.
Paris, 18. April. Jeder Tag fast bringt rin schauderhaftes Verbrechen, Mord oder Doppelselbstmold: Gatten die sich gegenseitig den Tod geben; ein kaum 16jähriger Jüngling schlägt seine ältere Base todt,. weil sie ihm nicht so viel Geld geben will, als er verlangt, zeigt keine Spur von Reue, sondern erschreckt selbst die abgehärtetsten Kriminalisten durch seinen CyniSmus. „Man köpft ja doch keine Kinder", meint daS Ungeheuer, um seine Verstocktheit zu rechtfertigen. In Macon wird ein Ehepaar Moncaut verurlheilt, der Moun zum Tode, die Frau zu längerem Zuchthaus; Moncaut hatte von drei Frauen 15 Kinder, von denen er 13 weist schon in den ersten Wochen oder Monaten, durch Ersticken oder Vergiftung umgebracht. Neben solchen Ungeheuerlichkeiten wirkt der Dramantenprozeß in Paris fast erheiternd. Eine Anzahl Diamantenhändler vertrauten einem anderen für 900,000 Franken ihre Steine zum Verkauf an, dieselben werden jedoch für 500,000 Franken in das Pfandhaus gebracht. Die ganze Diamantenbörse füllte den Gerichtssaal. Das Urtheil lautete auf zwei Jahre Zuchthaus und — 25 Franken Geldbuße.
In Sheffield in England ist ein Einbrecher auf schreckliche Weise umS Leben gekommen. Um Mitternacht versuchte er mit zwei Genossen in Las Haus eines Pfandverlkihers einzudringen. Da kein anderer Eingang möglich war, sollte er durch das Kamin hinunter« rutschen und dann seinen Gefährten die Thür: öffnen. Er stieg im Kamin hinunter bis zu einer Stelle, wo sich derselbe in zwei schmalere spaltet und fand sich hier so eingeklemmt, daß er weder rückwärts noch vorwärts konnte. Hier blieb er bis 9 Uhr Morgen«; von 6 Uhr an brannte ein großes Feuer im Herde. Um 9 Uhr endlich fand der Hausherr, woher das Wimmern und Stöhnen rühre, welches das ganze Haus erschreckte. Der Kamin wurde ausgebrochen, aber der befreite Einbrecher starb nach einigen Minuten.
Madrid, 13. April. Wie „Jmparcial" meldet,
der Kirche San Antonio zu Sevilla zwei große Petarden geworfen, wodurch mehrere Personen verwundet wurden. Der Zweck sei gewesen» kirchliche Schmucksachen von großem Werthe zu stehlen.
St. Petersburg, 14 April. Ein Gerücht will wissen» daß der Vizegouverneur von Charkow von den Sozialisten eingefangen worden sei. Man erzählt, daß ein wohlgeklcidcter Herr in einem hübschen geschlossenen Wagen bei dem Vizegouverneur vorgefahren wäre, denselben besucht und mit ihm sich unterhalten habe, als eine Botschaft ankam, welche die Anwesenheit des Letzteren in einem ent» fernten Thcile der Stadt dringend verlangte. Der Vizegouverneur bestellte eilig seinen Wagen; der Fremde ober schlug ihm vor, um Zeit zu erspare», fiH seines Wagens zu bedienen, der vor der Thüre stände. Der unglückliche Beamte nah» das Nneobieten an, die Beiden fuhren fort und man hat seitdem von ihnen nichts mehr gehört noch gesehen. Diese Demonstrationen und Gewaltstreiche der Sozialisten flößen den Beamten einen ganz natürlichen Schrecken ein.
— Ueber die Entführung de« Gouverneurs von Kiew durch die Nihi» listen liegt in polnischen Blättern rin Bericht vor, nach welchem der Gouverneur noch lebt. Derselbe hat an den Polizeimeister einen Briest geschrieben und ihn beschworen, er möge auf der Suche nach den Mördern Krspotkins sehr vorsichtig zu Werke gehen; denn sonst müßte er (der Gouverneur), welcher sich ais Geisel in den Händen der Nihilisten befinde, den „U-bereifer" mir seinem Kopfe büßen.
Petersburg, 14. April. Solowjeff hat offenbar, ehe er ergriffen wurde, Zeit gehabt, Gift zu nehmen. Beim ersten Verhör wurde er von Erbrechen befallen. Der Verdacht, daß er Gift zu sich genommen, bestätigte sich» al» man eine Analyse des AuSwurfeS vornahm; er hatte Arsenik zu siÄ genommen, nicht Blausäure, wie man anfänglich aus Blausäure-Kllpsules schließen wollte, die sich in seiner Tasche vorfandrn. Als mehrere anderweitige ärztliche Prozeduren mit dem Attentäter angestellt worden und u. a. ihm Milch gereicht werden sollte, bat er um ein GlaS Thre und dann um ein Stück Cirrone dazu, was er beides erhielt. Allein konsequent weigerte- er sich, von den aus der Apotheke flugs herbrigeschafften Gegengiften etwas zu sich zu nehmen, so daß man sich zu gewaltsamem Oeffnen des Mundes grnötbigt sah. Da erbrach er viel, wurde blaß und übermüde..
Petersburg, 16. April. Der Verbreche? Solowiew war früher Student in Petersburg, zuletzt Hauslehrer in Toropez, Gouvernement Pleskau (Pskow). Mutter, Schwester und Bruder des Verbrechers befinden sich in St. Petersburg, und die Mutter har ihren Sohn bereits rrkognoszirt. Er soll gestanden haben, Mitschuldige zu besitzen, ohne deren Namen jedoch zu nennen. Er sagt, baß ihn das Loo« getroffen habe, bewahrt aber im übrigen vollständiges Schweigen.
Petersburg. 16. April. Hier ist das Gerücht verbreitet, daß Solowiew die Namen seiner Mitschuldigen gestanden habe. Die Untersuchung gegen ihn wird sehr geheim geführt.
St. P e t e r sburg, 18. April. Sieben Waisenknaben im Alter von 11—13 Jahren, welche in dem städtischen Waisenhause der Gouvecnementsstadt Simscropol untergebracht waren, und 20 Knaben von nämlichem Alter, welche die dortige städtische Mittelschule besuchten, sind dieser Tage von der Schuldirektion wegen politischer und sozialistischer. Umtriebe aus der genannten Vildungsanstalt entfernt worden.
In Odessa werden seit einigen Tagen, wie der „Moskauer Ztg." geschrieben wird, unzählige Plakate revolutionären Inhalts vec« breitet, in welchen ollen kaiserlichen Behörden mit Vernichtung und einem allgemeinen VolkLaufstaudr gedroht wird. Alle diese Plakate sind mit rothen Buchstabe» gedruckt und tragen an deren Spitze die gemeinsame Devise : »Isrivr s» terror!" („Terrorismus für Terrorismus!"). Die Folge der Verbreitung dieser Plakate war, daß der Höchstkommandirende der Truppen des odessarr Miiitärkreises, General Semeta, über die Stadt Odessa deu Belagerungszustand verhängte.__
Vermischtes.
Aus einem Spitale in Pari« wurden zur selben Stunde zwei Särge hmausgetragen auf den Gottesacker. Der eine Sarg wurde von Soldaten getragen. ihm folgte eine Peloton Dragoner und eS wurde über das Grab geschossen; den andern mit Blumen und Sinnbildern der Unschuld geschmückten Sarg trugen sechs Jungfrauen unter Abfingung frommer Lieder. Keiner der beiden Verstorbenen prolestirte, aber später stellte es sich heraus, daß das verstorbene Mädchen von den Dragonern, der Unteroffizier von den Jungfrauen-. getragen worden war.
„Schalk" Nr. 29 enthält:
Hymnus auf das goldene Kalb. Von A. Fitger. Originalzeichnung von Lu dwig Burg er. — Ein Schock Gedankey des Küsters. — Verunglückte Spekulation. Humoreske von Hermann Müller. Originalzeichnungen von Adolf Schmitz. — Münchener GasthauSstudi'en. II. Aus Skizzenbüchern von E duard Grützner.
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