(Eingesendet.)

Calw. .Reeller Ausverkauf. Wegen rascher Auswanderung tin ich gezwungen, den Rest meines UnterrockfabriklagrrS zu verkaufen. Die Preise sind nur dir Hälfte derSelbstkosten und muß das Lager unbedingt verkauft werden." So lautet eine An­kündigung in Nro. 25 de« Wochenblatts für den am 5. März statt- gehabten Jahrmarkt. Der Name dieses WohlthiiterS ist zwar nicht genannt, aber bekannt, es ist ein I. Wcger aus Stuttgart.

In welchem Umfang von seinem Wohlwollen Gebrauch gemacht «urde, wie viele Unterröcke halb geschenkt abgegeben wurden, weiß Ein­sender nicht;der am Abend noch vorhandene Rest des WaarenlagerS wird «il dloo zu spottbilligem Preis abgegeben" heißt es in der Ankündigung weiter und doch wurde noch eine Kiste im Gewicht von 85 Kg. Abends «ach Bietigheim aufgegeben, um auf dem dortigen Markt am nächsten Tag auch der Lirtigheimer Damenwelt Gelegenheit zu geben, die eine Hälfte eines Unterrocks umsonst, die andere für den Selbstkostenpreis sich zu verschaffen.

Aber, aber die Kiste kam statt am Abend erst am anderen Nach­mittag um 3 Uhr in Bietigheim an; man sollte nun glauben, daß bieß für den Handelsmann ein wahres Glück war, denn nach seiner Ankündigung leidet er an jedem Stück, das er verkauft, Verlust; dem scheint aber nicht so zu sein, denn der Biedermann macht folgende Schadensersatz-Forderung geltend:

Annonce in Bietigheim 6

Zettelan kleben 1 50

Logis (Verkausslokal) 8 ,

Herr Weger per Tag 20

Gehilfe Hartmann 15 ,

Porto laut Coupon 3 25

Billrt Calw-Pforzheim u. retour 4 ,' 65

, Stuttgart Bietigheim 1 , 30

, Bietigheim Stuttgart nebst Zuschlag 1 , 60

Schadensersatz 144 , 70

Summa Summarum Zweihundert Mark! Am Schluß des FordrrungsschreibenS heißt es noch:Den Schadenersatz nebst Auslagen berechnete ich Ihnen sehr gering, da mir mehr als der dreifache Betrag des Schadens entstand." Wieder nichts als Wohlwollen auch für die schuldige Eisenbahnverwaltung, die gewiß auch noch einen Stepprock zum Geschenk bekäme, wenn sie der Forderung will­fahren würde.

Nachdem die Strafkammer des K. Obertribunals nach Anhörung des EeneralstaatsanwaltS auf Grund des Art. 376 der Strafprozeßordnung ver­fügt hat, daß die Schwurgerichtssitzungen in Tübingen im ersten Quartal 1879 ausfallen sollen, so wird solches hiemit öffentlich bekannt gemacht.

In Wildbad brach am 7. März, Abends 5>/z Uhr Feuer aus, wodurch ein Brauereigebäude im Rembachthäle, jedoch nicht sehr bedeutend beschädigt wurde. Das Feuer kam in der Malzdörrr aus und blieb aus dieselbe beschränkt.

Böblingen, 9. März. Gestern war hier Stadtschultheißen-^ Wahl. Es haben nur 90 Wähler von ihrem Wahlrecht keinen Ge- brauch gemacht. Die Stimmenzählung ergab: Gerichlsnotar W:d- maier 439, Gemeinderath Wanner 250, Kaufmann E. Zweyzardt 110, W. Dinkelacker, Bierbr. 108 Stimmen. Viele Stimmen zer­splittert.

Ludwigsburg, 9. März. Auch von hier ist über zwei Fälle von Trichinose zu berichten. Sekonde-Lieutenant Degen von Nordhausen, welcher seit einem Jahr oerheirathet ist, mit seiner jungen Arau rohen westphälischen Schinken. Beide erkrankten in Folge dessen an Trichinose; die Frau ist wieder als geheilt zu be trachten, während der Gatte noch schwer krank ist. Ein Freund desselben, ebenfalls ein Norddeutscher, hat auch von dem Schinken gegessen, ist aber bis jetzt noch nicht erkrankt.

Dornhan, OA. Sulz, 10. März. Letzten Freitag brach im hi sigen SchulhauS Feuer aus, welches so rasch um sich griffe daß es trotz energischer Anstrengungen der Feuerwehr nicht mehr bewältigt werden konnte und binnen weniger Stunden das ganze Gebäude in einen Schutthaufen verwandelte. Schulmeister Vogt, welcher im abgebrannten SchulhauS wohnte, verlor hiedurch den größten Thetl seiner Mobilien und ist zum Unglück nicht einmal versichert. Ent stehungsursache wurde bis jetzt noch nicht ermittelt.

Bon der Eya ch, 7. März. In einem Hause in Haigerloch wurde gestern, angeblich anläßlich einer Wäsche, längere Zelt Feuer ung unterhalten. In der Nacht fing ein Balken in der Nähe der Feuerstelle an zu verkohlen und zu glimmen, ohne daß ein eigentliches Feuer ausging und ohne daß Jemand im Hause darauf aufmerksam wurde. Das Schlafzimmer des HauSeigenthümerS und seiner Frau befand sich unmittelbar über der Brandstelle. In der Nacht soll sich die Frau über heftiges Kopfweh beklagt und der Mann, der sich mit dem gleichen Urbrl behaftet fühlte, ein Fenster geöffnet, dasselbe aber

später wieder wegen überhandnehmender Kälte geschloffen haben. §kk» am Morgen die beiden Ehegatten zur gewohnten Stunde nicht zum Vorschein kamen und auch die Magd des Hause« die Lhüre ver­schlossen fand und auf wiederholtes Rufen keine Antwort erhielt, rief sie den Sohn herbei, der, nachdem er die Thüre mit Gewalt ge­sprengt» seine Eltern in bewußtlosem Zustand und das Zimmer voller Rauch und Kohlendämpfe fand. Unverzüglich wurde ärztliche Hilfe herbeigerufen; die Frau erlangte das Bewußtsein zuerst wieder und soll völlig außer Gefahr sein, während das Befinden de« Mannes zur Stunde noch kein befriedigendes sein soll.

Reutlinger Alb, 10. März. Gestern pasfirte ein eigen, thümlicher Unfall bei der Oeschinger Mühle. Der Besitzer derselben hatte zwei Ochsen angespannt. Diese wurden scheu und gingen durch. Hiebei geriethen sie über ein etwa 15 Fuß tiefes überdecktes Loch. Die morsche Bedeckung brach mit den beiden fetten Burschen ein und nun hatte man die größte Mühe sie wieder herauszubringen. Den einen zogen etwa zwei Dutzend Männer mittelst Seilen aus der Grude. Für den anderen grub man einen schief hinabgehenden Ein­gang, wodurch er dann hrrausgebracht wurde. Der eine hat bet dem Fall das eine Horn gebrochen und. wie es scheint, die Beine tüchtig verstaucht, denn er konnte sich kaum aufrecht halten; der andere kam unbeschädigt davon.

Ulm, 6. März. Wie sich schon früher die Gewerbe der Schneider, Bäcker und Schreiner zu Genossenschaften geeinigt haben, um die Interessen ihres Gewerbes gemeinsam wahrzunehmen und zu fördern, besonders aber die Lehrlingsverhältnisse zu regeln und von manchen Schlacken zu reinigen, so sind nun auch die Flaschner zu einer Ge­nossenschaft zusammmgetreten und haben ihre Statuten festgestellt, veröffentlicht und versendet. Ebenso hat der seit einigen Jahren bestehende Verein der Schuhmachermeister in seiner letzten Versamm­lung den Beschluß gefaßt, den NamenVerein" mit der Bezeichnung Innung" zu vertauschen, und, ausgehend von der nicht bestreitbaren Thatsache, daß das Lehrwesen an großen Mängeln leide, die Noth- wendigkeil erkannt, die Heranbildung tüchtiger Arbeiter als eines der von der Innung hauptsächlich zu erstrebenden Ziele zu betrachten. Eine in der nächsten Zeit stattfindrnde Plenarversammlung der hiesigen Schuhmachermeister wird die Statuten für die Innung feststellen.

München, 9. März. Seit etwa 10 Tagen sind Nachrichten aus dem Spessart eingelaufen, wonach daselbst in einigen Orten in Fo'ge der vorjährigen Mißernte ein solches Elend herrscht, daß, wenn nicht rasche Hilfe eintritt, sehr Schlimmes zu befürchten ist. Es Haben sich zur Steuerung der ersten großen Noth Hilfskomitee in den fränkischen Städten gebildet, und auch hier in München wird ein solches gebildet werden. Der Regierungspräsident von Unterfranken, Graf Luxburg, hat sich an Ort und Stelle begeben, um sich von dem Stande der dortigen Verhältnisse persönlich zu überzeugen. Dir Eiienbahnverwaltung gibt heute bekannt, daß sie Liebesgaben für d:e dortige Bevölkerung portofrei befördert. Jedenfalls thut schnelle Hilfe von allen Seiten noth, wenn nicht eine Katastrophe hereinbrechen soll, wie vor einigen Jahren in den Weberbezirken der Rhön.

München, 8. März. Man schreibt derMg. Zig " : Durch königliche allerhöchste Entschließung wurde die Einführung von Seiten­gewehren mit Sägerücken bei den Infanterie-Regimentern, den Jäger- und Landwehrbataillonen, sowie bei den Fuß-Artillerieregimentern in einer auf 6 Prozent des Gesammtbesitzstandes derselben an Feuerwaffen zu normirenden Anzahl genehmigt.

Würzburg, 9. März. Im Laufe dieser Woche findet endlich die Verhandlung gegen den Unteroffizier Bude statt, der den Studenten Stecken dahier erschoß. Die Klage lautet auf Mißbrauch der Waffengewalt und man ist hier in studentischen und militärischen Kreisen sehr auf den Ausgang dieser Sache gespannt.

In der Pfarrei Borderburg (Schwaben) lebt ein strammer Bursche von 20 Jahren, welcher in seinem 6. Jahre eine Krankheit bestand und nun seitdem täglich 1214 Liter Wasser vertilgt. Seine Eltern erzählen drollige Geschichten von seiner früheren Jugend» unter Anderem : Sah er einen seiner Kameraden in traurigem Zustande, so brachte er ihm Wasser. Sah er eines seiner jüngeren Geschwister weinen, so kam er mit Wasser. War das Vieh im Stalle unruhig, so nahm er sofort seine Zuflucht zum Wasser; Alles glaubt er mit Wasser zufrieden stellen zu können. Jetzt, wenn er in Gesellschaft an Sonn­tagen 1 oder 2 Glas Bier trinkt, schleicht er sich hie und da heimlich davon und trinkt Wasser. Zur Nachtzeit hält er eine ca. 8 Liter haltende Blechkanne neben seinem Bette; gefriert ihm diese in außergewöhnlich kalten Nächten, dann schlägt er das Eis ein, um sein edles Naß zu betvmmen. Oberflächlich berechnet hat er bi« jetzt seit seinem 6. Jahre über 71,000 Liter Wasser getrunken.

Berlin, 8. März. DerReichS-Anz." schreibt:Ge. Maj. der Kaiser find gestern Abend, als Allerhöchstdieselbeo mit I. Maj. der Kaiserin in den oberen Säälen de« Palais auf« und abgingen