80
und der Gefahren, welche in drn sogenannten Pennen (Uebernachtvngs- Willen) bezüglich der Uebertragung dieser Krankheit bestehen, Hot das Poiiz: p-.äsid.um die Revision sämmtlicher Pennen in Berlin ange- rrrnil. Die Revision erstreckt sich auf diejenigen Lokalitäten, in denen veneibsmäßig meist obdachlosen Personen über Nacht gegen Bezahlung Umerkommm geboten wird.
— Berlin, 17. Febr. Der Reichstag erfuhr heute eine zweifache Ueberraschung; einmal erwies sich da» Haus,-als eö zur Wahl des 2. Vizepräsidenten schritt, Dank der Abwesenheit vieler Zentrumsmit. glieder, nicht beschlußfähig, was Präs. Forckenbeck mit »tiefem Bedauern' konstatirte.^ Größer indeß war die vorhergegangene Ueberraschnng infolge einis Schreibens bezüglich Verfolgung und Verhaftung des RetchStagS- abg. Kritzsche. Der Antrag des Staatsanwalts Tefsendorf, datirt vom 13. Febr., wurde beim Jnstizminister eingereicht, ist von diesem am 14. an den Reichskanzler gegangen, dessen Stellvertreter denselben mit Anschreiben vom 15. Febr. an Präs. Forckenbeck übersandte. In dem staatsariwaltlichen Anträge heißt es: derselbe (Frttzsche) ist Mitglied des deutschen Reichstags und am 12. d. M., am Tage der Eröffnung des letzteren, hieher zurückgekehrt, ohne daß die Aufenthaltsversagung gegen ihn zurückgenommen wäre. Hierdurch hat er gegen die Strafvorschrift des Z 28 des SoztalistengesetzeS^verstoß>n. — Die Nat.Z. äußert u. a.: Soll aus dem Sozialistengesetz die Folgerung gezogen werden, daß ein Mitglied des Hauses durch Polizeibeschluß der Rechts« ausübung seines Mandats verlustig erklärt werden kann, so ist die gesammte Stellung des Reichstags erschüttert. Es kann sich nur darum handeln, wie einem Vorgehen entgegengetreten werden soll, dessen Eindruck im Reichstag zu schildern überflüssig ist. — Fritzsche soll Berlin bereits verlassen haben.
— Berlin. 18. Febr. Der »Nationalzeitung' zufolge beschloß die Zolltarifkommission in ihrer gestrigen Sitzung einen Eingangszoll von 10 Mark für den Zentner Hopfen, dagegen soll Wolle und Baumwolle frei eingelassen werden.
Wien, 15. Febr. Fürst Auersperg und Unger scheiden aus dem Kabinrte aus. Dafür treten ein: v. Stremaher als Ministerpräsident und Graf Taaffc als Minister des Innern. Die übrigen Minister bleiben im Amte.
Die „Presse'meldet aus Teplitz, 14. Febr.: Kundmachungen an die Bewohner besagen, nach dem Gutachten der Geologen-Kommission sei die Urquelle wohl gesunken, aber nicht verloren. Nachmittags stellten sich die ausgebliebenen Dämpfe wieder ein und ebenso stieg die Temperatur auf 36 Grad. Es ist große Hoffnung auf das Wiedererscheineu der Quelle vorhanden. Im Strinbad, Schlangen- bad und Neubad find die Quellen intakt.
Dux, 13. Fibr. Die Zeitungen erhalten über das Grubenunglück bei Ossegg folgende Mittheilungen: Gestern Nachmittag um 2 Uhr, als alle Bergleute am Döllingerschacht in Arbeit be. griffen waren, wollte ein Bergmann eine frische Kohlenwand an« hauen; beim ersten Schlag kam ihm ein mächtiger Wasserstrahl ent« gegen, weicher ihn sofort zu Boden warf. Er raffte sich rasch auf, La stürzte die ganze Wand brausend nach und voll Schrecken eilt en alle Kameraden zur schleunigen Flucht ermahnend, dem Ausganges zu. Nur wenige Schritte und schon mußte er tief >m Wasser waten, und als er beim AuSgange ankam, war ihm das Wasser bereits bis au die Brust gestiegen. Die Kameraden, welche noch so viel Geistesgegenwart hatten, folgten rakch nach, und es ist ein Glück zu nennen, daß nicht mehr als 21 Mann ihren Tod fanden. Die Verwirrung muß unter der Erde beispiellos gewesen sein, sobald die Arbeiter ihr Licht nicht erhalten konnten und in den zahllosen Strecken im Finstern den Ausweg zur Rettung gesucht haben. E« wurden gleich die benachbarten Werke verständigt, und als die Schreckenspost in der Etadt bekannt wurde, eilten Tausende von Menschen zur Unglücks« stätte. ES war herzzerreißend. Kinder jammerten um den Vater, die Gattinnen um den Ernährer, Mütter um den Sohn, niemand konnte Helsen, denn das Wasser war noch stets im Steigen begriffen, brachte dir Maschinen zum Stehen und drohte schon, aus dem Schachte üöerzulaufen. — Plötzlich schien das Wasser zu fallen, aber dieses hatte sich mittlerweile nach den anderen benachbarten Schächten .Viktorinschacht', »Nelson Collen', »Fortschritt' Luft gemacht und im Nu standen auch diese Werke unter Wasser und e» ist nur der vorsichtigen Benachrichtigung dieser Nachbarwrrke zu danken, daß hier keine Menschenleben zu beklagen sind. Urber zwei Meilen im Umfange sind diese Kohlenwerke unter Wasser gesetzt; diese» ist noch fortwährend im Steigen, und es ist noch nicht abzusehrn, wann rnd- lich dieser ungeheure Wafserzufluß den höchsten Punkt erreicht haben wird. — Mit dieser Katastrophe werden mit Einrmmale drei blühende Unternehmungen vernichtet, wodurch bedeutende Kapitalien in Gefahr steheu. Der »Fortschritt* gehört einer Gesellschaft, der »Nelson' einem Engländer. Namens Reffeen, welcher vor 16 Jahren als Arbeiter nach
Böhyien gekommen ist. Dieser Wasscreinbruch ist bereits der vierte im erzzrbirzischen Braunkohlenbecken.
Schweiz. Das reizend gelegene Dorf Meiringen im Ober» haslithal (Kanton Bern) ist bet heftigem Föhn fast vollständig abgebrannt. Vom Gasthof zum wilden Mann abwärts sind mit den Häusergruppen Eisenbolgcn und Hausen ca. 100 Firsten abgebrannt.
Der Gotthardtunnel Unternehmer Favre weilt augenblicklich in Paris, um dort, wie Berner Glätter wissen wollen, auch über die Uebernahme der Simplon-Durckbohrung zu unterhandeln, welche er für 72 Mill. Franken übernehmen wolle, trotzdem daß der herzustellende Tunnel bet allerdings besseren geologischen Verhältnisse» 18 km. Länge habe, während die des Gotthardtunnels nur 14,8 km. beträgt.
Bordeaux, 10. Febr. Der Aisiftnhof hat den Direktor der Münze von Bordeaux, Delebecque, welcher angeklagt ist, einen sehr Awßen Betrag an Silberbarren theils unterschlagen theils gefälscht zu haben, zu 6 Jahren Gefängniß und 15,000 FrcS. Geldbuße orrurtheilt.
London, 11. Febr. Das vom 27. Januar datirte Telegramm, welches die Niederlage meldete. hat 15 Tage gebraucht, um z» Schiff von der Capstadt nach Madeira, von dort mit dem Telegraphen nach England befördert zu werden. Nun brauchen die Postdampfer von englischen Häsen bis zur Capstadt etwa 24 bis 26 Tage unk rechnet man dazu noch einige Tage für die Marschbereitschaft und Einschiffung der Truppen, so darf man kaum hoffen, daß frische englische Soldaten früher als etwa 50 Tage nach der Niederlage auf dem Boden des CaplandeS stehen werden.
Bus London» 15. Febr. wird der „Köln. Ztg." telegraphirt: »Die eben eingelangte Nachricht von einem Siege der englischen Truppen über die ZuluS wirkt beruhigend. Obwohl ihre militärische Bedeutung noch nicht recht ersichtlich ist, scheint Loch wenigstens die Besorgniß wegen augenblicklichen Uebergewichts der ZuluS und der Gefährdung der Sicherheit der Kolonie beseitigte? Von avdrrer Seite ist diese Nachricht bis jetzt nicht bestätigt.
New »Aork, 14. Febr. Namhafte hiesige Bürger wählten ein Komite, um eine Versammlung einzuberufen, welcher das Projekt einer Weltausstellung im Jahre 1889 formell vorgelegt werden soll.
Philadelphia, 31. Jan. Die Einwanderung von Europa ist im vorigen Jahre um 15,000, nemlich von 66,000 auf 81,000 gestiegen. Das Eigenthümlichste des hinter uns liegen»:!, Jahre- war jedoch die Art, wie die Bevölkerung der Ver. Staaten von Osten nach Westen zog. 105,000 Familien verließen im vor. Jahr die Fabriken, ihre bestaubten Schreibtische, ihre stillen Werkstätten oder leeren Verkaufshallen in den großen Städten und kauften sich mit dem Reste ihres Vermögens für Spottpreise fruchtbare Felder im weiten Westen. Auf 20 Mill. Acres wird das Areal geschätzt, welches so binnen 12 Monaten unter Kultur, oder doch in die Hände kulturlustiger Eigenthümer kam. 1 Mill. gab unter den bekannten Bedingungen (Heimkiätte- und Schenkungsgesetz) die Bundesregierung, viele Tausende Acker, welche den Männern, die im letzten Kriege gekämpft, als Anerkennung für ihre Verdienste fürs Vaterland gegeben wurden, sind meistens in Besitz genommen, Las übrige erhielt man aus den Schatzkammern der Eisenbahngesellschaften. An dieser gkößen inländischen Wanderung haben Deutschamerikaner und Irländer in besonders beträchtlicher Anzahl Theil genommen. Die Deutschen wählten vorzugsweise sich Ländereien in Minnesota und Arkansas. Minnesota- hat übrigens von allen Staaten der Union an dieser neuen befruchtenden Bevölkerungswoge den Löwenantheil erhalten, hat e» doch in dem einen Jahre nicht weniger als 2,348.000 Acres, also fast den vierten Theil deS gelammten neubesiedelten Areals an frische Kulturträger abgegeben. Wenn der Zug aus den Städten in» Land noH eine Zeit lang fortdauen, werden bald alle unsere Hauplrisenbahnen nach dem Pacificmeer, welche bis jetzt meistens durch unbebaute Ländereien sausten, an wogenden Getreidefeldern und freundlichen Wohnsitzen vorbei kommen. Damit aber wird der Uebervölkerung und dem Elend unserer östlichen Fabrikdistrikte bester abgeholfen, als durch un« vernünftige Brandreden unserer amerikanischen Kommunisten.
Aßen. In den chinesischen Provinzen Schantung, Schaufle, Honan, Scheust und Tschili, die so groß find wie Deutschland und Oe streich zusammengezogen, hat die Hungersnoth in k« letzten Jahre» etwa 7 Mill. Opfer an Menschen gefordert. Ist auch im vorigen Jahre Regen gefalle», so ist damit die Noth noch lange nicht vorüber. Aus Mangel an Saatkorn und wegen Arbeitsunfähigkeit der auSge- merxelten Leute sind sehr viele Stecker unbestellt geblieben. Und von den zuverlässigen und nüchternsten Berichterstattern namentlich von protestantischen Missionaren wird versichert, daß auch jetzt noch Tausende dem Elend erliegen werden, wenn nicht noch bedeutende Geldopfer vo» Europa au« sofort gebracht werden.
Redaktion Druck »nd Serlag von S. Oclfchliger in Cat».