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ln Empfang, brachte sie in den unter seinem Sitze befindlichen Be hiilter des Postwagens und fuhr mit zwei Paffagieren Biberach zu. Wie groß war aber sein Schrecken, als ihm daselbst bei Ablieferung der Poststlicke die Geldkiste fehlte. Sogleich wurde das Postamt Ochsenhausrn telegraphisch von dem Verschwinden der Geldkiste in Kenntniß gesetzt. Allein auf dem Postamt fand sie sich nicht mehr vor. Die Nachforschungen von Seilen des Landjäger Personals haben noch zu keinem Resultate geführt. Bloß so viel wurde festgestellt, daß der Postillon, nachdem er die Poftstvcke im Postwagen untergebracht, die Thüre zugeschloffen, den Schlüssel leider aber nicht abgezogen hatte, in das Postbureau sich begab, um die empfangenen Poslstücke zu quittiren. Diesen Zeitpunkt muß der Langfinger benützt haben. Der Postillon, zum Wagen zurückgekehrl, zog, nichts Schlimmes ahnend, den Schlüssel ab und fuhr ab.
— Karlsruhe, 22. Jan. (Zweite Kammer.) Eine Interpellation von ultramontaner Seite wegen Einführung von Innungen beantwortete Staatsminister Turban dahin, daß die Bildung von Genossenschaften seitens der Regierung gefördert werde; die Initiative der Regierung sei hier nicht am Platz, die Sache müsse der freien Thätigkeit der Betheiligten überlassen werden.
— Freiburg, 16. Jan. Hier hat sich nach den Osnabrüä'sLen Statuten eine Innung der Tischler mit einem Vorstand, Schriftführer, Kassier und einem Arbeit-NachweiS-Bureau gebildet, eine solche für die Schuhmacher ist im Entstehen. Die Hauptpunkte der Statuten sind: tüchtige allgemeine und sachliche Ausbildung der Lehrlinge; Herstellung eines guten Verhältnisses zwischen Meistern und Gesellen; Pflege des Gemeingeistes unter den Meistern. Nur solche Meister finden Aufnahme, die ihre Lehrzeit ordnungsmäßig bestanden, rin Gesellenstück gefertigt haben und als Gesellen eingeschrieben gewesen find.
— München, 19. Jan. Der von Mitgliedern der Linken gestellte Antrag in Betreff des RetchStgzsdrsziplinargesetzes lautet:
„Die Kammer wolle beschließen, an den König mit Bezug auf Artikel 27 der Reichsverfassung, welcher lautet: „Der Reichstag . . . regelt seinen Geschäftsgang und seine Disziplin durch eine Geschäfts- ordnung", die ehrfurchtsvollste Bitte zu richten, Nllcrhöchstderselbe wolle die/Bevollmächtigten Bayerns im Bundesrath anweflen» dem Gesetzentwurf, die Strafgewalt des Reichstags betreffend, die Zustimmung zu versagen. München, den 18. Janmr 1879.
Wie der „Nürnberger Korrespondent vernimmt, wäre dem Anträge Seitens der bayerischen Regierung bereits entsprochen, oder würde demselben doch entsprochen werden.
— Aus Sachsen, 21. Jan. Gegenüber der oft gehörten Klage, daß die Großbetriebe die kleinen Gewerbebetriebe allmählich aufzehren, ist das Ergebniß der letzten Gewerbestatistik, welches Assessor v. Studn'tz, Hilfsarbeiter im Kgl. statistischen Bureau, in der Zeitschrift gedachter Behörde vor Kurzem veröffentlicht hat, von Interesse, wonach von sämmtlichen Gewerbebetrieben in dem industriell hoch entwickelten Sachsen zur Zeit der 1875er Volkszählung 96,47 Prozent der Kleinindustrie und nur 3,53 Prozent der Großindustrie angehören. Nur beim Bergbau und Hüttenwesen überwiegt naturgemäß der Großbetrieb, bei allen übrigen GewerbSgruppen behauptet bei Weitem der Kleinbetrieb das Uebergewicht.
— Dresden, 20. Jan. Kronprinz Rudolf von Oesterreich wird nächsten Donnerstag Vormittag aus Prag hier eintreffen und bis Samstag am hiesigen königlichen Hofe verweilen. (Es handelt sich bei diesem Besuche angeblich um die Verlobung des Kronprinzen mit der Prinzessin Mathilde. Prinzessin Mathilde, eine der sehr wenigen hcirathsfähigen Töchter katholischer Regentenhäuser und drßhalb seit Langem vielfach als künftige Kronprinzessin von Oesterreich genannt, ist die Tochter des Prinzen Georg, Bruder des kinderlosen regierenden Königs Albert; sie ist am 19. März 1863 geboren, wird also demnächst das 16. Lebensjahr vollenden Kronprinz Rudolf von Oester- reich ist am 21. August 1858 geboren, steht also im 21. Lebensjahre.) Der Prinzessin empfehlen wir, dem Kronprinzen recht auf die Füße zu sehen; denn 1) sieht das jungfräulich verschämt aus und 2) erkennt sie sogleich, ob der Prinz wirklich auf Frcicrsfüßen geht.
— Berlin, 21. Jan. Wie die „Trib." von guter Seite hört, soll sich schon jetzt mit Wahrscheinlichkeit absehen lassen, daß die Mehrheit des BundesralhS sich für das Tabaksmonopol erklären wird.
Paris, 10. Jan. Gestern wurde von der Arbeitergesellschaft der Friedensfreunde eine Versammlung abgehalten, in der folgende harmlose Vorschläge angenommen wurden: 1) die Mitglieder der Versammlung erklären, daß der Krieg eine Ungeheuerlichkeit ist, die verschwinden muß, und daß die Sorge, die zwischen den Völkern entstehenden Zwistigkeiten zu lösen, einem internationalen Schiedsgericht anvertraut werden sollte; 2) dir Anstrengungen der wirklichen repu -titanischen Staatsmänner müssen dahin gerichtet sein, eine verhält.
nißmäßige und gleichzeitige Entwaffnung der civilisirlen Nationen vor- zunehmen. ^
— Paris, 21. Jan. Die Krisis, vor welcher Frankreich am Vorabend des 20. Januar stand, und die bedenklicher war, als die« jenige am Vorabend der Senatswahlen, hat sich zum Heil deS Landes entschieden. Das Ministerium Dnfaure ist gerettet. und damit der Bestand der konservativen Republik. Mehr und mehr war die Hoff« nung geschwunden, daß die republikanischen Parteien der Stimme der Billigkeit Gehör schenken werden; in der letzten Stunde haben sie eS noch gethan. Der Billigkeit sagen wir, denn es war billig, daß die jüngst zum Sieg gelangten Parteien sich erinnerten, daß nur die weise, gerechte und maßvolle Regierung Dusaurr's es war, welche sie zum Siege geführt hat. Es war billig , daß die Männer, welche sich rühmen, die Stimme des Volkes zu reden, sich erinnerten, was für ein Votum das französische Volk am 5. Januar abgegeben hatte. Die SenatSwahlen sprachen deutlich genug, daß das französische Volk den Sturtz des Ministeriums Dufaure nicht wollte.
— Paris, 22. Jan. In Paris und ohne Zweifel in ganz Frankreich herrscht beute ein Gellihl der Befriedigung, dem die Börse durch eine energische Hauffe Ausdruck gegeben hat. Im Grunde des Herzens mögen skldst viele von den Abgeordneten, die grstern gegen das Kabimt stimmten, sich durch ihre Niederlage erleichtert fühlen. Sie wären durch ihren Sieg in nicht gelinge Verlegenheit gebracht worden. Alle Nachrichten ans den Departements beweisen» daß man die Nothwendigkeit einer Kabinetsknse im Lande keineswegs begriffen hatte. Die Blätter der unterliegenden Parteien nehmen denn auch ihre Niederlage nicht zu tragisch.
Charkow, 22. Jan. In Folge eines bereits dreitägigen sehr heftigen Schneegestöbers wurde der Betrieb der Charkow—Asower Eisenbahn heute eingestellt. Mit der Befreiung des Bahnkörpers von Schnee sind 7000 Arbeiter beschäftigt. Auch aus Pultawa wird berichtet, daß einzelne Bohnen den Verkehr eingestellt haben. Auf den Bahnen von S-bastopol nach Moskau und Kursk ist der Verkehr äußerst erschwert. _
Vermischtes.
— Dormagen aussteigenl Ein Bauer hatte ein Billet von Neuß nach Köln gelöst. Auf der Station Dormagen stieg er aus dem Zug und sah sich verwundert um, während der Zug weiter fuhr. Ueder seine Unruhe gefragt, anlwortcle er, das könne doch unmöglich Köln sein, wohin er wolle. Als das verneint wurde und auf die weitere Frage, warum er hier ausgestiegeri sei, antwortete er,, der Schaffner habe ihm befohlen auszusteigen. Derselbe habe gerufen „Dormagen auSsteigen!" Da habe er gethan wie ihm befohlen, denn er heiße Dormagen.
Schmucksachen, aus reinem „Rinderblut" hergestellt, erregen neuerdings die Bewunderung der Damenwelt; dieselben sehen den aus Lava oder Hartgummi gefertigten ähnlich, überlriffen letztere aber durch die Pracht d-r schwarzen Färbung U-bcr die Methode der Herstellung jener Sachen wird Folgendes mitgetheilt: Das Blut wird zuerst durch ein einfaches Sieb getrieben und darauf getrocknet», bis es puloerisirt werden kann. Nach dem Puloerisiren wird daS Blutpulver zur Erzielung einer ganz gleichmäßigen Feinheit nochmals gesiebt und alsdann in Formen gefüllt, die auf 100—1500.C.. erhitzt sind, und hier 5-10 Minuten lang einem sehr starken Druck ausgesetzt. Nach dem Kuhlen wird das geformte Objekt abgerieben oder polirt und ist dann zum Gebrauch fertig.
Bei cilur der letzten Militär scheu Hebungen in der Schwei; bat. ein Landwehrmann, der sich eine Cigarre anzünden wollte, seinen Hauptmann um Feuer. „Da haben Sie Feuer," sagte der Hauplmanu „aber ich muß Ihnen dabei doch bemerken, daß, wenn wir >n Preußen wären, eS Ihnen keineswegs erlaubt wäre, ein solches Verlangen au. Ihren Hauptmann zu richten." „Das glaube ich wohl," erwidcite der Landwehrmann, „aber wenn wir in Preußen wären, wären Sie auch nicht Hauplmann."__
Ein für jeden Haushalt äußerst praktisches und rentables Mittel, hat die obere Apotheke von Otto 2 a u l e r m c i ft e r in Rottwcil erfunden. Es ist die schon vielfach bekannte Restitutions-Schwärze. Mittelst derselben können ab getragene Kleider jeden S t off s, mögen sie e.ne graue, braune, blaue oder schwarze Farbe haben, besonders auch schwarze Filzhüte, auf die. einfachste Weise wieder hergrstellt werden, daß sie wie neu ausseheri- Selbstredend enthält dieselbe keine Substanzen, welche nachtheilig auf die Kleiderstoffe einwirken könnten, weßhalb der Gebrauch derselben einer jeden Haushaltung aufs beste empfohlen werden kann. Niederlagen befinden sich an allen größeren Plätzen Württembergs.
Gottesdienste. Sonntag, Len 26. Januar.
vorm. (Pred.) Hr. Dekan Mezger. Kinderlehrc mit den Söhnen. S Uhr. lBibelstd ): Hr. Helfer Häring. (Staiger'sche Schule.)
Stednkti»» Drn< »nd vert«, von S. OelschtLger rn Gatt».
(Hicju «ro. 4 de« Unterhaltnugeblatte«.)-