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— Heidelberg, 22. Juni. Vor einiger Zeit glaubten, wie die »H- Zig." erzählt, einige Dofsenheimrr einen Bären in ihrer Gemarkung zu beherbergen und zogen zur Erlangung des grimmigen ThiereS wohlbewaffnet hinaus. Mit vieler Vorsicht umzingelten sie endlich den vermeintlichen Petz und mit 40 wohlgezielten Schüssen verendete das Ungethier in seinem Blute. Aber wer beschreibt den Schrecken der Helden — es war kein Bär, sondern ein großer weißer Hofhund, der für einen Eitbären gehalten wurde. Um sich aus der Blamage zu ziehen, wurde der Leichnam sofort verkocht und allen Betheiligten strengstes Stillschweigen auferlegt. Allein cs wird nichts so fein gesponnen, eS kommt doch an die Sonnen!
— Düsseldorf, 22. Juni. Gestern Nachmittag gegen 5 Uhr begab sich der General-Lieutenant v. Obernitz in Begleitung seines Bruders, des Geheimen OberregierungsrathS Arthur Obernitz aus Berlin, w.lchrr hier auf Besuch weilt, zum Besuche nach Schloß Eller. Sie fuhren in leichtem offenen Wagen, vor welchen zwei trakehner Rappen gespannt waren. An den scharfen Biegungen der Straße in Klein Eller schlug eins der Pferde über den äußern Strang, wurde unruhig und zerrte den Wagen so scharf, daß er umschlug. Der Gcbeimerath Obernitz wurde kopfüber auf die Steintrepp: des nächsten Hauses geschleudert, der General selbst sowie der Kutscher und der Bediente fielen dagegen nicht so unglücklich. Der Besitzer bes Hauses brachte den Schwerverletzten schnell zu Bett, in welchem der Unglückliche nach einigen Athemziigen den Geist aufgab. Der General hat außer einer Kontusion an einem Beine eine Verletzung im Gesicht erhalten. Der Familie hat sich die Teilnahme der ganzen Bürgerschaft zugewandt.
— Leipzig, 22. Juni. Man schreibt der „Fr. Zig.": Allge« meines Entsetzen rief heute Nachmittag nach 2 Uhr ein unerhörter Vorfall hervor. Ein, wie es heißt, früherer Bahnbediensteter in Lcip zig schoß auf seine von ihm getrennt lebende, auf dem Markte Grün- waaren seilhaltende Frau einen Revolver ab und zerschmetterte der Aermsten den Oberarm. Der Gattenmörder, der noch im Fliehen auf seine Verfolger schoß, wurde ergriffen und der Polizei überliefert.
— Dresden, 22. Juni. Die Fortschritts, und die nationalliderale Partei im Landtag haben sich geeinigt, bei den Reichstagswahlen über all in Sachsen, zusammenzugehen und sich in jeder Beziehung voll und aufrichtig zu unterstützen.
— B erlin, 23. Juni. Als Frucht der Vorbesprechungen der letzte» Tage und der Samstagssitzung des Kongresses ist zu betrachten: „Bulgarien bleibt durch den Balkan begrenzt. Die Pässe, welche über denselben nach Rumelien führen, bleiben in den Händen der Türken." Durch die hiemit gegebene bedeutende Einschränkung der im Vertrag von San Stefano festgesetzten Grenzen Bulgariens hat Rußland ein großes Zugeständniß gemacht, dem allgemein eine große Bedeutung für die weiteren Arbeiten des Kongresses betgelrgt wird.
— Berlin, 24. Juni. Bulletin. Vormi'.t. 10 Uhr. In dem günstigen Befinden Sr. Majestät des Kaisers ist keine Veränderung eingetretcn; auch au der Anschwellung des rechten Armes zeigt sich seit gestern eine wahrnehmbare Abnahme.
— Berlin, 25. Juni. Bulletin. Vormittags 10 Uhr. Bei allmälig zunehmenden Kräften ist auch das Verhallen der noch nicht gehrilten Wunden bei Sr. Majestät dem Kaiser ein dura aus befriedigendes.
Beim Cercle nach dem Diner am Donnerstag nahm der Krön« Prinz wie die Berliner Blätter melden, Gelegenheit, sich über die günstigen Fortschritte in der Genesung des Kaisers zu äußern und die Wahl von Wilhelmshöhe als erste Luftveränderungsstation anzudeuten.
— Von authentischer Seite Erhält die Tribüne einige orientircndc Daten über den Zustand des Kaisers, die sich im Wesentlichen mit der zuerst von den Leibärzten veröffentlichten ausführlichen Kundgebung in gleicher Linie bewegen. Trotz der Beseitigung jeder augenblicklichen Gefahr ist, wie diesen Mittheilungen zu entnehmen, die Stimmung des Kaisers wesentlich verändert und der Kräfteznstand in Folge des mangelhaften Appetits immer noch erheblich alterirt. lieber den Ausgang der Affektion des rechten Vorderarms läßt sich noch nichts Be- stimmtes sagen, der Puls an der verletzten Radialartcrie ist noch i Immer nicht zu fühlen. Die Nachricht, daß viele Schrotkörner entfernt worden sind, ist falsch, da bisher überhaupt noch kein Schrockorn entfernt worden ist. Die Dauer der Krankheit läßt sich vorläufig roch nicht bestimmen.
Am 8. und 9. Juli d. I. wird, wie man der „Tribüne" berichtet, vor dem Ctaatsgerichtshof in Berlin im Gebäude tus Kam- mergerichts der Prozeß wider den Klempnergesellen Hösel aus Leipzig wegen Mordversuchs auf Se. Maj. den Kaiser am 11. Mai d. I. beginnen. 38 Zeugen sind vorgeladrn. Dem Gerichtshof wird wahr, schcinlich der Kammergerichtsrath Steinhaufen p'.äsidiren und das öffentliche Ministerium durch den Oberstaatsanwalt v Luck vertreten
werden. Jedenfalls wird dem Verbrecher ein Officialvertheidigrr zur Seite stehen, dessen Name noch nicht bekannt ist. Man vermuthet, daß die Oeffentlichkeit der Verhandlungen (wohl wegen des zu befürcht tenden übermäßigen Andrang«) ausgeschlossen, den Berichterstattern der Zeitungen jedoch der Zutritt gewährt werden wird.
Es sind in neuerer Zeit runde Filzhüte in den Handel gekommen, deren Schweißleder weißes Blei-Oxyd enthält. Da Bleioxyd ein Gift und geeignet ist, die menschliche Gesundheit zu gefährden, so soll vor dem Ankäufe derartiger Hüte gewarnt werden.
— London, 24. Juni. Das deutsche Panzerschiff „König Wik» Helm", welches heute aus dem Dock von Portsmouth bugstrt wird, segelt am Mittwoch nach Wilhelmshafen ab. Deutsche Taucher fanden den „Großen Kurfürst" in einem Zustand und einer Lage, welche die Hebung des Schiffes nicht unmöglich erscheinen lassen.
Windsor, 23. Juni. Die Leiche des Königs Georg ist heute früh 6 Uhr 30 Min. hier eingetroffen und unter der Eskorte einer Abtheilung der Leibgarde nach der St. Georgs-Kapelle gebracht worden.
Aus Malta den 18. Juni wird der Polit. Korr, gemeldet: ES sind jetzt alle 27 Schiffe mit den Truppen aus Indien hier angelangt. Der Typus der nun vollzählig anwesenden Indier ist bei allen Regimentern, mit Ausnahme der Gurgas derselbe. Letztere sind dunkler gefärbt als die Indier, ihre Gesichtsfarbe ist beinahe ganz schwarz, währen- die der anderen nur rothbraun ist; die Gestalt des Gurgas ist klein, untersetzt, ihr Gesicht ist dick und ihre Züge ohne Ausdruck, ihre Augen ganz klein; wären es nichl Schwarze, so könnte man sie für Japaner halten, denen sic ungemein ähnlich sehen. Obzwar das Thermometer auf Malta bereits 20» Räaumur erreicht hat und Alle hier unter der furchtbaren Sonnenglut leiden, klagen die Indier beständig über Kälte, und des Abends sieht man in ihren Lagern bei jedem Zelte ein großes Feuer brennen, an welchem sie sich wärmen. Auf den weiten Exerzierplätzen des Forts Manoöl befinden sich zwei Jndierlager für das 25. und 31. Reg. Vor einigen Tagen bemerkte man plötzlich eines Abends ein ganz besonders großes Feuer dem ein eigcnthümlicher Tunst entstieg. Man wußte sich die Erscheinung nicht recht zu erklären, bis man Tags darauf erfuhr, daß die Indier zwei Leichen verbrannt haben; es wurde ihnen ein anderer Ort zur Leichenverbrcnmmg angewiesen, da sich ihre Lager in einer sehr keoölkeiten Gegend befinden. Die Indier erfreuen sich der größten Sympathien der Bevölkerung. Es gibt kein Haus, vor dem man des Abends nicht 1 oder 2 Indier mit den Bewohnern zusammensitzen und plaudern sieht. Besonders aber scheinen sie die Gunst der Kinder zu genießen; gar oft sitzen Indier auf der Straße umgeben von 5—6 kleinen Kindern, die sich mit großem Vergnügen um die Fremden schaaren, auch sieht man dis Indier kleine Kinder auf den Armen herumtragen. Überhaupt zeichnen sie sich durch HerzcuS» güte, Sanstmuth und Intelligenz aus. Am Sonntag bilden die Jndierlager den Versammlungeplatz der ganzen vornehmen Weit von Malta; Alles strömt in Wagen nach den Zelten derselben, 'wo man sich beim Klange ihrer vozüglicheu Musikkapellen gut unterhält. Während ihrer Mahlzeit verabreichen sie mit großer Freigebigkeit den Anwesenden ihre Nationalspeise, eine Art Mehlkuchen in Oel gebacken; sie essen knn Fleisch Bis jestt sind im Ganzen 57 Choierafälle unter den Truppen vorgekommen und es scheint, daß die Gefahr abnimmt..
Washington, 20. Juni. Nach einer Meldung deS Generals Crook sind 1200 bewaffnete Rothhäute in der von früheren blutigen Ereignissen her bekannten LavabelV Gegend auf dem Kriegspsade, dazu 6000 in der Ebene, während nur 1200 Mann Truppen gegen stk zur Verfügung stehen. Den General bemerkt, daß die Baiwock- Jndianer ein zur Vertheidigung außerordentlich geeignetes Gelände innehaben. Die Lage sei bedenklicher als vor Jahren; die Regierung habe die Bannccks zum Kriege getrieben, indem sie diesen frühem Bundesgenossen, die um Lebensmittel baten, alle Unterstützung vorenthalten habe. Viele Ansiedler sind in das Fort Harvy im südlichen Oregon geflohen, welches nur eine kleine Besatzung hat. Gegerr dasselbe sind 500 Indianer im Anmarsch. Die feindlichen Shoshones bedrohen in Nevada dir Z-utralpazifiebahn.
Cincinnati, 5 Juni. Hfftige Orkane haben in den letzten Tagen Theile von Wisconsin u d Missouri heimgesucht. In Wisconsin wurden Häuser niedergewchl, Bretter von dem Winde viele Meilen weit getragen, und selbst Pferde und Rinder von dem Wirbelwind in die Höhe gehoben und mit solcher Gewalt zur Erde geworfen, daß sie augenblicklich verendeten. In Missouri hat der Sturmwind ein halbes Städtchen der Erde gleich gemacht und viele Menschenleben gefordert.
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