markte vor den Untersuchungsrichtern Johl und Hollmann sagte derselbe aus, daß er die Thal mit Änderen in einem Bierlokal verabredet habe. Als man weiter in ihn drang, seine Complicen anzugeben, weigerte er sich dessen mit dm Worten: »Das könne er jetzt nicht." Auf die Frage der Kriminalbehörde bei seiner Verhaftung, ob er ein politischer Verbrecher sei, soll Nobiling rrwiedert haben: „ES kann ja sein."
— Berlin, 3. Juni, Abends. Der Reichranz, von heute Abend berichtet außer dem schon Bekannten noch Folgendes: Den Helm Sr. Maj. trafen 18 Schrolkörner, von denen einige durchschlugen. 30 Körner drangen in das Gesicht, den Kopf, beide Arme und den Rücken Sr. Maj. ein. Als sogleich nach den Schüssen mehrere Personen in das Zimmer des Hauses unter den Linden kindrangen, um den Verbrecher zu verhaften, fanden sie denselben» mit einem Revolver bewaffnet am Ofen stehend. Er feuerte einen Schuß aus die Eintretenden und verletzte durch denselben Herrn Holtfeuer leicht ins Gesicht, sowie einen Kriminalbeamten an der Hand. Den zweiten Schuß des Revolvers richtete der Verbrecher auf sich selbst. Die Kugel drang durch die rechte Schläfe in das Gehirn, in welchem sie festsitzt. Die Wunde des vr. Nobiling ist lebensgefährlich, jedoch befand sich derselbe heute bei Schluß des Blattes noch am Leben.
— Noch ein weiteres Opfer hat die Unthat gekostet: der den Polizei-Wagen führende Kutscher hatte das gräßliche Unglück, als der Wagen mit dem Mörder aus dem Hausflur des Hauses Nr. 18 fahren wollte» mit dem Kopfe so zwischen den Tragbalken der Thür, öffnung und den Rücksitz des Wagens zu kommen, daß er eine lebenS. gefährliche Verletzung davontrug. Er wurde nach dem Augusta- Hospital tranSportirt, und ist seither gestorben.
— Berlin, 3. Juni, 9 Uhr Morgens. Der Kaiser brachte die Nacht ruhig zu, die Schmerzen haben etwas nachgelassen, die Aerzte finde» den Zustand befriedigend.
— Berlin, 3. Juni. Das körperliche Befinden des Kaisers ist bi« jetzt den Verhältnissen entsprechend normal; sein Gemüth von tiefem Schmerz erfüllt.
— Berlin, 3. Juni. Der Verbrecher liegt angeblich im Sterben. Nach dem gestrigen ersten Verhör soll kein zweite« möglich gewesen sein.
— Berlin, 4. Juni. Das heute früh 6^/4 Uhr ausgegebene Bulletin lautet: Der Kaiser hat die Nacht gut geschlafen, Fieber hat sich nicht eingestellt, die Schmerzen find vermindert.
— Berlin, 3. Juni. Die bei den Signatarmächten des Pariser Vertrages beglaubigten deutschen Vertreter werden heute die Einladungen zum Kongresse, welcher Donnerstag den 13. Juni in Berlin zusammentreten soll, übergeben.
London, 31. Mai. Nachdem das am 29. Mai von Wilhelmshafen abgrgangene deutsche Uebungsgeschwader, bestehend aus den drei Panzerfregatten „Preußen", König Wilhelm" und „Großer Kurfürst", heute Vormittag 9 Uhr Dover passirt hatte, und in die Nähe von Folkestone gekommen war, fand ein furchtbarer Zusammenstoß zwischen den beiden letztgenannten Schiffen, dem „Großen Kurfürsten" und dem „König Wilhelm" statt. Die Folgen waren schrecklich. Schon 4 Minuten nach der Katastrophe versank der „Große Kur. fürst", der „König Wilhelm" wurde stark beschädigt. Von der soo Mann starken Bemannung des Schiffes find 308 ertrunken, 20V find gerettet. Während der „Große Kurfürst" sank, fand ejne Explosion statt, als das Wasser in di« Kessel eindrang, lieber die Ursache der Katastrophe ist bisher noch nichts Sicheres mitgetheilt. Das Meer war ruhig, der Tag hell, rS muß eine kaum erklärliche Fahrlässigkeit zu Grunde liegen. Das Meer scheint am Ort des Unglücks nicht sehr tief zu sein, wenigstens wird gemeldet, daß nur das Vordertheil des Großen Kurfürsten gänz-
vor dem Steuerbordbug des Flaggschiffes und erschien mir der Zu» sammenstoß schon damals unvermeidlich. Derselbe erfolgte auch sogleich derart, baß der Rammbug dieses Schiffes den Hinteren Therl des Unterschiffes de» anderen aufriß; da» Letztere glitt zwar ab, aber füllte sich doch so schnell, daß dir Absicht des Kommandanten (mit der vorhandenen Maschinenkraft das Schiff auf den Strand zu setzen und dadurch vor dem Kentern und Sinken zu bewahren) nicht mehr erreicht werden konnte. Das Schiff neigte sich zusehends, füllte sich dann auch von oben durch die Pforten, kenterte und sank. Die Mannschaft war, soweit die kurze Zeit von einer Viertelstunde gestattete, aus allen Räumen auf Deck gerufen. „König Wilhelm" und „Preußen" sandten ihre sämmtlichen Boote; eine Anzahl englischer Lootsen (Fi- scher und Lootsen) w»r ohnehin da; trotzdem befürchte ich, daß der größere Theil der Verunglückten sein Grab in den Wellen fand. — Der Admiral berichtet dann über die Havarie des „König Wilhelm" und fährt fort: lieber die Ursache der Kollision lasse ich alle Betheilizten vernehmen und kann hier nur anführen, daß ein Befehl des Wachhabenden, das dackbordruder zu stützen und dasselbe Steuerbord zu legen, falsch verstanden ward und statt Steuerbord hart Backbord gelegt wurde, so daß auch d;s Rückwärtsgehen der Maschine nicht« mehr fruchtete.
Bern, 4. Juni. Seit Freitag Nacht, gestern Abend 10 Uhr, der dritte große Brand in nächster Stadtumgebung in Folge Brandstiftung. Bevölkerung stark aufgeregt.
London, 1. Juni Chinesische Blätter bringen Einzelheiten über einen verheerenden Wirbelwind, der am 11. April in Kanton und Futsche« 2000 Häuser und über 1000 Boote und nahe an 10,000 Menschenleben vernichtete. Unter den Verunglückten befinden sich keine Europäer.
London, 3. Juni. „Daily News" melden aus Konstantinopel: Die Pforte brachte in Erfahrung, daß England und Rußland über die Lösung der orientalischen Frage vollständig einig sind und zwar unter folgenden Bedingungen: Herstellung eines unabhängigen bulgarischen Staates, Einverleibung von Thessalien, Epirus und Kreta in Griechenland; Serbien und Montenegro erhalten Gebietszuwachs mit Einwilligung Oesterreichs; alle anderen türkischen Provinzen erhalten Autonomie unter einer internationalen Kommission. Der Sultan bleibt in Konstantinopel mit nomineller Souveränität.
Vermischtes.
Eine kostbare Geschichte erzählen Dresdener Blätter» Bekanntlich hatte Theater-Direktor Förster bei dem Magistrat in Leipzig das Gesuch eingebracht, die Preise der Plätze erhöhen zu dürfen. Die Behörde erbat sich Vorlage der Geschäftsbücher, um Einnahmen und Ausgaben controlirrn zu können. Dieselben ergabm für das letzte Jahr einen verhältnißmäßig kleinen Ueberfluß, so daß es hiernach allerdings nur einiger Zwischenfälle bedurft hätte, um hart an den Rand des Defizits zu kommen. „Wunderbar!" sagten sich die Herren, „unser Stadttheater ist doch stets eine Goldgrube gewesenk Das muß wohl seinen Hacken haben!" Und sie gingen nun mit sächsischer Gemächlichkeit an das Studium des Ausgabe Conto« und siehe da! ES fand sich, daß Herr Director Förster bei Herrn Director Förster mit 18,000 Mk. Jahresgrhalt engogirt ist, Frau Director Förster als Ober-Garderobe-Jnspectorin mit 12,000Jahresgrhalt und auch der Herr Sohn mit einer gleichen Summe als Beamter im Gehalt steht. Da ging den Herren ein Lichtlein auf und sie fanden sich "icht bewogen, die Preise der Plätze erhöhen zu lassen. Da« Gesr.^ ward abschlägig beschteden. Nun aber kam die Steuerbehörde, die ja derselbe Magistrat repräsentirt, und sagte: „Ei Herr Jemersch, bei einer so großen fixen Einnahme der Familie Förster muß;a ein lich unter Wasser stehe. Bei der schwer beschädigten Panzerfcegatte! g«„z «„derer Steuer-Tarif angewandt werden, da entgehen ja dem
König Wilhelm wurde schnell das Vordertheil mit Segeln und Hänge matten verstopft, und so das Sinken verhindert. Das Schiff wurde nach Portsmouth bugfirt. Die englische Küstenwache leistete Beistand, soviel möglich. Die englische Admiralität schickte Schiffe zur Hilfe und stellte ein Dock in Portsmouth zur Verfügung. Der deutsche Kronprinz und der deutsche Botschafter Graf Münster gingen mit Extrazug nach Folkestone. (Der Bau der Panzerfregatte „Großer Kurfürst" wurde im Dezember 1869 auf der Werste Wilhelmshaven begonnen; am 17. September 1875 lief das Schiff vom Stapel, das einen Gesammtaufwand von 5,390,453^ erfordert hatte. Das Schiff war mit 18 Geschützen armirt, der Tonneugehalt war 4,118, dir Zahl der indicirten Pferdekräfte 5,400.)
— Brrlin, 3. Juni, Nachm. 4 Uhr 20 Minuten. Der Contre' Admiral Bätsch berichtet an den Chef der Admiralität, General v. Stosch, über den Untergang des Panzerschiffs „Großer Kurfürst": Die Katastrophe vollzog sich Vormittags 10 Uhr, als ich eben das Deck verlassen hatte und im Begriff stand, wieder hinaufzugrhcn. Oben angekommen, sah ich den „Kurfürst" in diagonaler Stellung
Re»«m»n, Dr«< u«d Lrrliz d«n S. He richtiger in E«!«.
Staate viele Hundert von Mark"-und seit dieser Zeit
zählt Director Förster zu den höchst Besteuerten von Klein-Paris.
Ein humoristischer Postbeamter, der am Schalter die Bekanntschaft eines anmuthigen Mädchens gemacht und so weit gefördert hatte, daß er die Schöne als Frau heimführeu durfte, erbat sich von seinem Vorgesetzten drei Wochen Urlaub zur Hochzeitsreise. Da er mit dem Herrn auf gutem Fuße stand, so molivirte er sein Urlaubsgesuch spaßhaft mit der Nothwendigkeit, eine HerzafMivn zu heilen, die er sich im Dienste am Schalter zugezogen habe.
In einer Abendgesellschaft bei dem englischen Gesandten Lord Lyons in Paris blieb der Prinz von Wales vor einem großen Bilde stehen, das den Pariser Congreß von 1856 (nach dem Krimkriege) darstellt, und sagte: Da sehen Sie das ganze Europa um den grünen Tisch in der Absicht versammelt, einen Vertrag zu Stande zu bringen, den heute außer England Niemand vertheidigt. — Die Diplomaten sahen einander verdutzt an, und Waddington, der Minister des Aenßern, anwortrte: England würde heute nicht allein stehen, wenn nicht Frank- reich zur Zeit der Noth allein geblieben wäre. —