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A. Standesamt Calw.

Vom 27. Mai bis 2. Juni 1878.

Geborene.

29. Mai. Christiane. Tochter des Ernst Ludwig

Schlvtterbeck, Seilers hier.

30. Mai. Paul Friedrich Moroff, Sohn des Carl

Christian Moroff, Lutscher.

31. . Lydia, Tochter des Jakob StLubli, Ge-

schLftsfithrer.

Gestorbene.

31. Mai. VSgele, Friedrich, Fuhrmanns Witüoe, Friederike, geb. Deufchle.

Aus Anlaß des über die Pfingstfeiertage zu erwartenden stärkeren Per» lonenverkehrs werden am S. und 10. Juni folgende außerordentliche Personen- »Lqe auSgesührt: 1) von Stuttgart nach Calw: Stuttgart, Aba. 5 Uhr 1b Min. Morgens, Calw, Ank. 7 Uhr 22 Min. Morgens. 2) Von Ealw nach Nagold: Calw, Abg. 10 Uhr 45 Min. Vorm., Nagold, A»k. 11 Uhr 25 Min. Vorm. 3) Von Nagold nach Stuttgart: Nagold, Abg. 8 Uhr Abends, Calw, Abg. 8 Uhr 40 Min. Abends, Stuttgart, Ank. 10 Uhr 41 Min. Abends. 4) Don Pforzheim nach Calw und von Calw nach Pforzheim: Pforzheim Abg.

5 Uhr 5 Min. Morgens, Calw, Ank. 10 Uhr Morgens, Calw, Abg. 2 Uhr L Min. Nachm., Pforzheim, Ank. 2 Uhr 58 Min. Nachm. 5) Von Lieben­zell nach Pforzheim: Liebenzell, Abg. 6 Uhr 37 Min. Abends, Pforzheim, Ank. 7 Uhr 2b Min. Abends.

Bei der am 6./16. Mai d. I. vorgenommcnen niederen Dienstprüfung im Departement des Innern find folgende Kandidaten zur, Uebernahme der in §. 7 der K. Verordnung vom 10. Februar 1837 bezeichneten Aemter für befähigt erklärt worden: Moh r, August, von Simmozheim, OberamtS Calw, Standc nmey er, Emil, von Calw , Weber, Emil, von Calw.

Privat-Tclegrsmm desNeuen Tagblatts".

Berlin, 2. Juni, Nachm. 2^ Uhr. Bel heutiger Spazierfahrt Nachmittags 2'/r Uhr wurde auf den Kaiser geschossen. Der Kai« ser wurde von der Kugel getroffen. In das Palais zurückgekehrt, kam der Kaiser sofort in ärztliche Behandlung. Die Schüsse fielen anschülieiid aus einem Hause unter den Linden.

Berlin, 2. Juni, Nachm. 4 Uhr 46 Min.. Der Mörder soll D r. Nobeling sein, der sich unter den Linden eingemiethet habe. Derselbe hat nach dem Attentat einen Selbstmordversuch gemacht.

Berlin, 2. Juni, Abends 7 Uhr 15 Min. Bei dem ans den Kaiser und König verübten Attentat sind zwei Schrotschüsse ab- gefeucrt. Gegen 30 Schrotkörner sind im Gesicht, Kopf, beide Arme und Rücken eingedrrmgen, keine der Wunden deutet auf unmittelbare Lebensgefahr. Seine Majestät leidet an heftigen Schmerzen, haben aber das Bewußtsein keinen Augenblick verloren. Das allgemeine Befinden hat sich in erfreulicher Weise gehoben.

Ealw, 3, Juni. Die vorige Woche war in mehrfacher Bc> ziehung eine rreignißreiche. Vor 14 Tagen ging der hier wohlbekannte Bauer und Holzhändler Gottlieb Kusterer von Unterkollbacb von Hause fort, um eme ihm von seinem verstorbenen Bruder, Ochsenwirlh Kusterer in Möttlingen, zugefallene Erbschaft von 800 fl. zu erheben. Er kam jedoü nicht mehr heim und wurde vor 8 Tagen in Unter reichenbach auS einem Äalrcff gezogen. Selbstmord ist nicht zu vermuthen, sondern nur ein bis jetzt durch Nichts aufgeklärter Un­glücksfall, d?r vielleicht im Zusammenhang mit den epileptischen An- fällen-steht, denen er in den letzten Jahren unterworfen war. Am Himmelsahrtsfest gab es an zwei Orten blutige Schlägereien: im Löwen in Unterreichenbach wurde einem Burschen von Kapfenhardt ein Messer bis an das Heft in den Kopf gestoßen, daß es nur mit Mühe herausgez.ogen werden konnte. Der Thäter ist bereits gefänglich ein-' gezogen. Ein Sägerknecht auf der Sägrnühle des H. Kirchherr bei der Station Teinach erhielt an demselben Tage von Kenntheimern

6 Stiche in den Rücken und einen in den Kopf. Gefahr für das Leben soll jedoch in diesem Fall nicht vorhanden sein.

Am vergangenen Freitag Nachmittag fiel auf unserem schönen Brühl wieder eine alte Kastanie um, nicht etwa in Folge Stur­mes, sondern bei windstillem Wetter. Die sichtbare Ursache war die Fäulniß der Wurzeln. Andere Bäume, Linden und Kastanien im schönsten Alter sind dürr geworden und mußten gefällt werden und noch mehrere gehen diesem Loose rasch entgegen. Vielleicht wäre es noL an der Zeit, durch irgend welche Maßregeln dem allmähligen Absterben dieser prachtvollen Allöebäumc, um die uns manche Stadt beneiden muß, vorzubeugen. Die Einwohnerschaft wäre gewiß der Behörde zu größtem Danke verpflichtet, wenn der Rath von Sach- verständigen, jwte Lukas, Fritzgäitner, Gaucher u. A. eingeholt werden wollte.

Teinach. Am 21. Mai, Mittags *12 Uhr, stürtzte ein Mau­rer Braun, 21 Jahre alt, von Effringen OA. Nagold, von dem Dache eines dreistockigten Wohnhauses herab; derselbe beschäftigte sich an einem Kamin, als der Verunglückte die Mittagsstunde machen wollte, bekam er, nachdem er schon den Boden der Bühne erreicht hatte, das Uebergewicht mit dem Speißtübel, Braun wollte sich an einer Dachlatle erhalten, glaubte sich hier festen Halt zu verschaffen, zum Unglück war dieses ein Ausschnitt, mit der Latte und Speiß- kübel fiel Braun auf das Dach, und wurde ihm zuerst durch seinen Kübel der Zahnrand vom Unterkiefer, (nebst einigen Wunden) ringe»

schlagen, dann erhielt er einen schiefen Schenkelbruch, welcher das Fleisch und die Hosen in die Erde gestochen hat, am rechten Oberarm einen Doppelbruch, der Kopf erhielt bedeutende innere Verletzungen, daß sehr viel Blut aus den Ohren floß. Der Verunglückte, ein sparsamer und fleißiger Mensch, erlag nach 6 Tagen seinen Schmerzen.

Gechingen. Der hiesige Ort hat eine Reihe Unglücksfälle in neuerer Zeit zu verzeichnen.

Vor nicht langer Zeit wurde rin Mann beim Ackern von de« Zugvieh verschleift; heute drohte der gleiche Fall, der zur Vorsicht dahin mahnt, daß Zugthiere, die aus den Strängen getreten, losgemacht, und nicht, wie gewöhnlich der Fall, bloS mit den Füßen auf den Strang getreten und die Thtere dadurch befreit werden.

Heute kam ein IZjähriger Knabe beim Schälen und Wenden einer Tanne unter dieselbe und war nach einigen Minuten todt.'

Ern anderer Mann fiel schon vor Wochen beim Ausasten einer Buche von derselben und verletzte sich schwer, so daß er heute noch darniederliegt.

Wildbad, 31. Mai. Heute Mittag nach 1 Uhr fuhr der mit Sägmehl beladene Wagen des Hotelbesitzers Klumpp durch die Hauptstraße; plötzlich brach das rechte vordere Rad und der Wagen stürzte vis-ä-vis der Restauration von F. Weber unter großem Kra­chen auf das Trottoir und schlug ein Schaufenster des Kaufmanns F. Treiber ein. Glücklicherweise befand sich in diesem Augenblick Nie­mand auf dem Trottoir. Der durch Zertrümmerung der scheibe und Beschädigung eines Fahrsessels verursachte Schaden dürste 100 bis 150 betragen.

Böblingen, 29. Mai. In Mitte unserer Amtsversammlung, welche in letzter Zeit hier tagte, droht wegen der vor 3 Jahren er­folgten Uebernahme der Vizinaistraßen in die Verwaltung der Amts- korporativ» ein Konflikt auszubrechen. Durch die Umlage der Kosten nach der Amtsschaden-Matrikel kamen eine Anzahl Gemeinden bedeu­tend in Nachtheil, und hatte die Oberamtsstadt in den letzten 3 Jah­ren 7350v<6 mehr aufzubringen, als der Unterhaltungs.Antheil der Vizinaistraßen auf ihrer Markung betragen würde. An dieser Mehr­leistung erhält sie nun nach einer früheren Uebereinkunst 70 Prozent rückvergütet; da jedoch diese Rückvergütung auch wieder umzulegen ist, so erhält sie in Wirklichkeit bedeutend weniger, und trifft dies bei noch fünf Gemeinden in gleicher Weise zu. Da die Amtsversammlung auf das Verlangen der betreffenden Gemeinden um »olle Rückerstat­tung der zu viel geleisteten Beiträge nicht eingegangen ist, so wollen dieselben gegen die Kosten-Umlage Beschwerde bei der K. Kceisregier- ung erheben.

Stuttgart, 1. Juni. Gestern Nachmittag wurde in einem Hause der Charlottenstraße ein Bäckerjunge auf die Bühne geschickt» um dort einen Auftrag auszurichten. Als er nach etwa 10 Minuten nicht wieder unten war, sah die Magd nach ihm und fand ihn auf­gehängt. Der Junge wäre nun vielleicht noch zu retten gewesen, wenn man den Strick'alSbaldiabzeschnitten hätte: statt dessen wurde zunächst nach einem Schutzmann geschickt, bei dessen Ankunft der Lehrling be­reits eine Leiche war. Die Meinung» daß in ähnlichen Fällen vor An­kunft der Polizei keine Rettungsversuche gemacht werden dürfen, scheint überhaupt bei unserem Publikum ziemlich verbreitet zu sein, so daß es nicht überflüssig erscheint, darauf aufmerksam zu machen, daß diese Meinung eine durchaus irrige und es vielmehr die nächste Pflicht ist, zue Rett­ung eines solchen Unglücklichen Alles zu versuchen.

Tübingen, 31. Mai. Heute Nacht stürzte ein stuck, tüeol., aus Lüneburg gebürtig, Angehöriger der Studentenverbindung Ghibel» linia, in einem Hause hinter dem Universitäts-Gebäude, wo er bei einem kranken Freunde wachte, als er diesem warmes Wasser herbei­schaffen wollte, die Treppe hinab und fiel sich hiebei den Schädel rin. Er wurde besinnungslos in das nahe gelegene akademische Krankenhaus verbracht, woselbst er bald darauf, ohne wieder zum Bewußtsein gekommen zu sein, verschied.

Mezingen, 28. Mai. Diesen Morgen fand man nicht fern vom hiesigen Bahnhofe einen Mann am Eisenbahnabhang liegen, dem beide Füße abgefahren waren. Derselbe, wie es heißt ein Ger­ber K. aus Oberboihingen, verunglückte kurz nach der Abfahrt drS letzten Zuges Reutlingen zu, aus welchem er Allem nach gesprungen war, weil er eigentlich nach Urach wollte, irrthümlich aber im Reut« linger Zuge sitzen geblieben war. Als d<r Zug schon einige Zeit im Gang war und er seinen Jrrthum bemerkte, that er den unglücklichen Sprung, welcher ihm das Leben kostete. Als man ihn auffand, gast er noch einige Lebenszeichen von sich, verschied aber bald.