"Donnerstag, den 9. Februar 1939
-4us 8iadt und Kreis Calw
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Am kommenden Sonntag versammelt sich das gesamte deutsche Volk -um zweitletzten- mal in diesem Winter gemeinschaftlich um den Eintopf. Alle werden <rn diesem Tage wieder gerne ihr kleines Opfer für all die Volksgenossen bringen, die noch der tätigen Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.
Opfer? Ist uns der Eintopfsonntag eigentlich ein Opfertag? ,Man könnte heute eher sagen, es ist für uns alle ein Tag freu- digen Iasagens zu einer stolzen Verpflichtung. Und zahllose Haus- srauen bietet er außerdem eine willkommene Gelegenheit, ihre Lieben jedesmal mit einem neuen Gericht zu überraschen. An die. seni Tage fühlen sie sich so richtig in ihrem Element, denn sie wissen, daß es beim Ein- topf darauf ankommt mit bescheidensten Mit- teln ein kräftiges und dabei gutes Gericht auf den Tisch zu bringen. Dies ist eine Auf- gäbe, die von jeder umsichtigen Hausfrau mit Liebe und mit Freude gehört wird. Und der bei dieser Kochweise erzielte Ueberschuß soll dann . . ., aber das weiß heute ja jedes Kind. Wir wollen uns an diesem Tag daran erinnern, daß es der Führer ist, der uns zum Opfer ruft und dabei soll diesmal unsere Eintopfspende auch ein Opfer sein.
Nachstehend geben wir unseren Haus» srauen noch einige Gerichte an, die sich dem augenblicklichen Nahrungsmittelmarkt besonders anpassen. Wäre nicht ein „Gelbe- Rüben.Hammelfleisch.Eintopf' sehr schön? 1 Kilogramm Gelbe Rüben. 775 Gramm Hammelfleisch, 1 Teelöffel Salz, etwas gewiegte Petersilie, 1 Eßlöffel Fett: Man bereite das Gemüse sauber vor. die Kartoffeln werden geschält, gewaschen und in Scheiben geschnitten. Das Fleisch wird mit Fett kurz anaedünstet. das Gemüse zugegeben und mit Wasser und etwas Salz garen lasie- Nach gut einer Viertelstunde fügt man die Kartoffeln zu und läßt sie 20 Minuten mit garen. Mit fein gewiegter Petersilie und nochmals mit Salz abqeschmeckt ist der Ein- topf tischfertig. Oder man nimmt 375 Gramm Hammelfleisch, etwas Zwiebeln oder Porree.
Kilogramm Gelbe Rüben. 40 Gramm Fett, Salz, Petersilie. Kilogramm Kar- toffeln. Das Fleisch schneide man in Stück- chen. die man in Fett und Zwiebeln anbrät und salzt. Die gepullten Gelbe Rüben läßt man mit dem Fleisch 20 Minuten gardünsten. Die frische gewiegte Petersilie wird beim Anrichten über das Gericht gegeben.
Nie Mrsßrwe iss« und 1W7
Ausbildung im Herbst IS3S und 1940
Im Einvernehmen mit dem Reichsinnen. Minister hat das Oberkommando des Heeres für die Musterung der Wehrpflichtigen der Geburtsjahrgänge 1906 und 1907 im Gebiet des Altreiches und im Lande Oesterreich sowie für ihre Heranziehung zur kurzfristigen Aus- bildung in der Wehrmacht folgendes angeordnet: In der Zeit vom 28. März bis einschließ. Ilch 31. Mai werden gemust - rt alle Wehr- Ullchtigen der Geburtsjahrgänge 1906 und 1907 mit Ausnahme derjenigen, die sich in dieser Zeit in der Wehrmacht oder Ü-Verfü- gungstruppe befinden. Wehrpflichtige der ge- nannten Geburtsjahrgänge, die Angehörige des Reichsarbeitsdienstes sind, werden durch diesen zur Musterung vorgestellt, fte tauglichen und
bedingt tauglichen Ersatzreservisten I der genannten Geburtsjahrgänge werden zur kurzfristigen Ausbildung in der Wehrmacht im Herbst 1939 bzw. Herbst 1940 herangezogen.
Handelskammerpriifurig für Kaufmannsgehilsen in Calw
Wie im vergangenen Jahr findet auch dieses Mal wieder die Kaufmannsgehilfenprüfung der Handelskammer Rottweil für unseren gesamten Kreis in Calw statt. Als Termin wurde der 24. Februar festgesetzt. An der Prüfung, die in enger Verbindung mit der „Kaufmännischen Lehrlingsprüfung" der Württ. Ministerialaoteilung für die Fachschulen steht, nehmen im ganzen 40 vor dem Lehrabschluß stehende junge Kaufleute teil; davon sind 13 aus Calw und Umgebung, 16 aus Nagold, Altensteig und Umgebung und der Rest aus dem Wildbader und Neuenbürger Bezirk.
Ein verdienter Tnrner-Beteran
Oberspinnmeister i. R. Julius Zapp, Ehrenmitglied des Turnvereins Calw, begeht heute in bester Gesundheit seinen 80. Geburtstag. Der Jubilar hat sich als langjähriger erfolgreicher Turner und als Gau- und Vereins- Frauenturnwart große Verdienste um die Pflege und Förderung der Leibesübungen erworben. Im März 1937 wurde Herr Zapp für eine über 60jährigc Zugehörigkeit zum Turnverein Calw mit der goldenen Turnerschaftsnadel nebst Ehrenurkunde geehrt. Ferner ist der Jubilar im Besitze des Gau- und Kreisehrenbriefes der früheren Deutschen Turnerschaft. Eine Abordnung des Turnvereins Calw übermittelte dem verdienten Turnerveteran, der heute noch reges Interesse an dem Turn- und Sportgeschehen
nimmt, die herzlichsten Glückwünsche. Möge dem Jubilar im Kreise seiner Familie weiterhin ein freundlicher Lebensabend beschicden sein!
Künstlicher Regen gegen Kälte
Versuche mit Sonderkonstruktionen des Perrot-Regnerbau
In unserer Ausgabe vom 6. Februar brachten wir unter der Überschrift Künstlicher Regen wehrt Kälte ab" eine Meldung aus Trier über Versuche im Aveler-Tal, die von der Agrarmeteorologischen Forschungsanstalt durchgeführt worden sind. Wie wir dazu noch erfahren, haben für diese Versuche ausschließlich Sonderkonstruktionen der Calwer Firma Perrot-Regnerbau Verwendung gefunden, die besonders für diesen Zweck gebaut worden sind.
Leichtathletik-Lehrgänge
Am letzten Freitag begann Reichssportlehrer und Gebietsfachwart Engelhardt in Calw mit den Schulungskursen in der Leichtathletik. Der Schulungsleiter verstand es vortrefflich, den weiblichen und männlichen Lehrgangsteilnehmern wertvolle Anregungen zur Verbesserung der Leistungen zu geben. Am Samstag nachmittag wurde bei herrlichem Wetter die Übungsarbeit auf dem Turn- und Spielplatz des Turnvereins Calw fortgesetzt und mit einem flotten Handballfpiel beschlossen.
Die dem NSRL. angeschlossenen Vereine haben in Zukunft bei Fernbleiben von Lehrgängen der Reichssportlehrer Bestrafung seitens des Gauamtes zu gewärtigen.
Neue Richtlinien für den Landdienst
Kürzlich wurde zwischen dem Reichsjugendführer und dem Reichsführer SS. ein Abkommen über die Beschaffung von Neubauernstellen für Landdicnstangehörige abgeschlossen. Dieses
Der Weg zum Jungbauern
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Groß sind die Gefahren, die unserer Landwirt-
schaft durch die Landflucht nicht nur wirtschaftlich, sondern ganz besonders auch rassebiologisch für unser Volk entstanden sind. Zur Gesunderhaltung des deutschen Bauernstandes und um die Brotfreiheit des deutschen Volkes zu verwirklichen, ist die Ausbildung des bäuerlichen Nachwuchses gesetzlich geregelt worden, wodurch der Ausbildungsstand deS deutschen Bauernstandes planmäßig gehoben wird. Der Jungbauer darf dadurch wieder einen neuen gesunden Berufsstolz haben. Außer der vorgeschriebenen zweijährigen Landarbeitslehre für Jungen und der Hausarbeits. lehre für Mädel, der nach einer Land- bzw. Hausarbeitsprüfung weitere zwei Jahre in der Land» bzw. Hauswirtschaftslehre folgen, wird der Landnachwuchs durch den Reichsnährstand in Zusammenarbeit mit der Hitler-Jugend zusätzlich geschult. Allein schon der Reichsberufs wett- kam Pf, der von Jahr zu Jahr auf dem Land eine stärkere Beteiligung verzeichnet — im vorigen Jahr hatten sich 5500 Jugendliche am RBWK. beteiligt und Heuer ist die Zahl auf 18 874 gestiegen! —, hat sich als beste Auslese für die Berufsausbildung zur Förderung einer Existenzgründung herausgestellt.
Wir hatten dieser Tage Gelegenheit, auf Einladung der Landesbauernschaft die zusätzliche Berufsschulung des Landnachwuchses kennen zu lernen. Diese zusätzliche Berufsschulung soll den Iun g e n, die einmal Bauer werden wollen, durch praktische Arbeit und Besichtigungen eine agrarpolitische Ausrichtung geben. Die Schulung wird im Winterhalbjahr durch wöchentliche Arbeitsabende durchgeführt. in denen Themen wie
die Geschichte des deutschen Bauerntums, Ackerbau und Grünjand, Viehhaltung und Viehzucht, die Technik in der Landwirtschaft und über die Voraussetzung für die rationelle Bewirtschaftung behandelt werden.
Die Schulung der Mädel erfolgt im Rah. men des BDM.-Hilfswerkes „Glaube und Schönheit', das auf dem Lande fünf Arbeitsgemeinschaf, ten umfaßt. Jede dieser Arbeitsgemeinschaften soll 15 bis 25 Mädel erfaßen. In Württemberg hat man damit, daß die Hauptarbeitsgemeinschaften .Säuerliche Berufsertüchtigung und Werkarbeit' in je 14tägigen Kursen durchführen, während die übrigen drei, Volkstumsarbeit, Gesundheitspflege und Leibesübungen und Sport in den wöchentlichen BDM.-Dienst eingebaut sind, gute Erfahrungen gemacht. Für die Hauptarbeitsgemeinschaf, ten sind geschulte Jungbäuerinnen als Fachkräfte eingesetzt, die seit 1. Dezember schon über 100 solcher Kurse im Lande durchgeführt haben. Außerdem werden noch zusätzliche Kräfte, wie Aerzte. NS.-Schwestern, GD.-Mädel, Redner der Partei und des Reichsnährstandes zur Schulung herangezogen.
Alle diese Maßnahmen zielen darauf ab, den deutschen Bauernstand zu erhalten und dem Nachwuchs zu dem Können zu verhelfen, das er braucht, um seine große Aufgabe, Sicherung der Ernährungsfreiheit des deutschen Volkes aus deut- schem Boden, zu gewährleisten. Der Jungbauer hat sich das Ziel gesteckt, sein elterliches Gut zu übernehmen oder aber eine Neusiedlerstelle zu beziehen, wobei ihm die seit 80 April 1938 bestehende För» derungsgemeinschast des Reichsnährstandes unterstützt.
N8V^P.
Kreit
KarterorganlLatron
NSDAP. Ortsgruppe Calw. Der Orts- beauftragte für dasWHW. Die Zelleuleiter werden gebeten, die Eintopf-Sammellisten heute oder morgen abend zwischen 6 und 7 Uhr auf der NSV.-Geschäftsstellc abzuholcn.
mit betreuten klrfanisattonen
NSG. ,Mast durch Freude", Kreisdienststelle Hirsau. Die Fahrt zur Automobilausstellung nach Berlin, UF. vom 16. bis 20. Februar 1939 ist besetzt Bei der UF. 42 nach Berlin vom 2. bis 6. März sind noch Plätze frei. Anmeldungen werden entgegcngenommen.
5^. §§. /V5X«. /V.8H
NSKK.-Motorsturm 16/M 53, Trupp Calw. Freitag, 10. Febr., 20.15 Uhr, Antreten zum Truppdienst am „Bad. Hof" in Calw. Sonntag, 12. Febr., Schießdienst im Schützenhaus Calw. Antreten 9 Uhr.
Abkommen veranlaßte eine Neuregelung der Richtlinien für die Durchführung des Landdienstes. Demnach steht der Landdienst auch in Zukunft im Zeichen der Berufsertüchtigung. Ab 1939 werden die Landdienstgruppen fast ausschließlich Jugendliche aufnehmen, die soeben die Schule verlassen haben. Was die Lohnstufen betrifft, werden sie nicht allein nach dem Alter bestimmt, sondern auch nach der Dauer der Tätigkeit in der Landwirtschaft und auch danach, ob die Landarbeitsprüfung abgelegt wurde. Wer sich von den Landdienstangehörigen als Anwärter für eine Neubauernstelle meldet, wird nach Prüfung seiner politischen und charakterlichen Eignung in den Landdienstsiedlerring ausgenommen und für den späteren Einsatz vorbereitet.
Kampf dem Denunziantentum!
Häufig gehen der Staatsanwaltschaft namenlose Anzeigen zu, die sich bei näherer Nachprüfung als Wider besseres Wissen oder leichtfertig erhoben erweisen. Die Strafverfolgungsbehörden werden diesem unverantwortlichen und verwerflichen Treiben des Angebertums im Interesse der Beruhigung des öffentlichen Lebens mit aller Schärfe entgegcntrcten und cs sich bei alle«
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offensichtlich unbegründeten Anzeigen angelege» sein lassen, ihren Urheber zu ermitteln. Da» Gesetz gibt die Möglichkeit, mit scharfen Maßnahmen vorzugehen. Wer einen anderen Wide« besseres Wissen einer strafbaren Handlung ode« der Verletzung einer Amtspflicht in der Absicht verdächtigt, ein Strafverfahren oder andere behördliche Maßnahmen herbeizusühren, wirb wegen falscher Anschuldigung mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. Neben der Strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
Meve
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Sie ging. Und Fridel Spark blieb ein wenig getröstet zurück. Der Vater war wohlauf. Niemer würde nicht gefährdet sein, wenn er ausfuhr. Sie hatte jemand, der ihr Schanghai zeigen wollte war nicht mehr allein. Sie schleuderte in den Garten, ließ sich in einen Liegestuhl fallen, bemerkte mit naivem Vergnügen, daß zwei Minuten später Pai den Hauskuli mit einem großen Sonnenschirm schickte, der neben ihrem Stuhl auf- gebaut wurde. Sie nickte Pai zu, dann lag sie still und blinzelte in den Himmel. Das Leben in Schanghai, dachte sie. konnte doch schön werden.
Tags darauf klingelte das Telephon. Fridel schrak ein wenig zusammen; noch nie. seit sie in Schanghai war. hatte sich der Appa- rat gemeldet. Noch nie hatte jemand nach ihr gefragt. Es war Maud. „Ich habe Nachricht von Ihrer Mutter', sagte die kühle Stimme. „Es wird noch einige Zeit dauern, bis sie wieder hier ist.'
„Sie bleibt doch nicht bei Vater?'
Maud lachte. „Nein, das tut sie nicht. Sie ist gar nicht bei ihm. Sie ist einen Tag nach mir von Schaft abgefahren, mit der Snipe von Kapitän Dwight."
„Aber dann müßte sie ja schon h'ec sein!'
-Sie müßte. Aber wir haben Nachricht Haß die Snipe nicht weit von Hänkan
Havarie gehabt hat. Nicht schlimm. Auf eine Bank ausgelaufen. Der Strom scheint rascher gefallen zu sein, als Dwight gedacht hat. Da liegt sie nun und muß warten, bis sie abgeschleppt werden kann. Und das wird wohl noch ein paar Tage dauern.'
„Aber ist es nicht schlimm? Und besteht keine Gefahr?"
„Gar keine Gefahr. Aber wenn Sie mir nicht glauben mögen'. Maud lachte ein wenig, „dann fragen Sie doch Kapitän Riemer. Der wird Ihnen genau dasselbe sagen.'
„Ach. Niemer', seufzte Fridel. „Ich kann ihn nicht erreichen, habe keine Ahnung, wo er wohnt. Und er meldet sich nicht.'
„Meldet sich nicht? Wre ungezogen. Ich werde ihn anrufen und ihm klarmachen, daß Sie dringend mit ihm sprechen wollen. Das wollen Sie doch?'
„Ich möchte schon . . .'
„Gut, ich rufe ihn an. Eigentlich wollte ich Sie ja fragen, ob wir zusammen etwas unternehmen wollen.' Sie lachte wieder. „Aber Niemer geht natürlich vor. Also, Sie hören von ihm. bestimm:.'
Fridel blieb neben dem Telephon stehen. Vielleicht war es nicht richtig, daß sie hinter dem Rücken ihrer Mutter Riemer traf. Aber trotzdem — sie hob ärgerlich dis Schultern; niemand würde ihr aus ihrer Unruhe einen Vorwurf machen können. Mußte sie nicht zu erfahren suchen, ob die Mutter wirklich in Gefahr war? Und überdies brauchte sie ja Niemer nicht einmal zu sehen; das Telephon genügte schließlich.
Das Mädchen brachte es nicht fertig, sich «cks dem Raum zu entfernen, in dem der Apparat stand. Es dauerte keine halbe Stunde, da rief Riemer an. „Sie möchten mich sprechen', fagte er. und in seiner
Stimme war eine kleine Unsicherheit. „Man sagte mir. . .'
„Eigentlich sollte ich deshalb nicht dritte zu bemühen brauchen', antwortete das Mäd- chen ein wenig spitz.
„Ich könnte es Ihnen gut erklären', ant- wortete Riemer gedrückt, „aber nicht durchs Telephon. Können wir uns nicht sehen?'
„Ich kann wirklich nicht . . .'
„Ich bin in einer Stunde mit einem Ka- meraden verabredet', sagte Niemer nach einer kurzen Pause. „Im Astor. Ich gehe, er kommt, wissen Sie. Einen kleinen Schwatz über den Strom und so weiter. Er ist die beste Gardedame die man sich vorstellen kann. Und das Astor — eine Prinzessin würde nichts auszusetzen haben. Wollen wir uns dort sehen?'
„Ich will ja nur wissen', wie Sie die Lage meiner Mutter beurteilen.'
„Ich würde Ihnen bester« und genauere Auskunft geben können, wenn ich mit Avon darüber reden dürfte. Er kommt von oben und hat den Strom gesehen.'
„Also . . . dann komme ich.' Sie hängte ein und Üingelte. Pai trat lautlos ein. „Pai. was ist das Astor?'
„Oh — daZ erste Hotel von Schanghai. Ich denke, von ganz China.'
„So. Dann besorgen Sie mir in einer Stunde ein Auto dorthin.'
Pai verschwand. Fridel wühlte in ihrem Schrank. Das erste Hotel von ganz China — welches Kleid? Avon — war das nicht der Mann, der die Leechuen führte, der Mann, der Vater gerettet hatte? Sie würde von beiden hören können von Vater und Mutter. Gewiß niemand konnte sie tadeln. Das Blaue — ihr bestes Tageskleid. Hut. Handschuhe. Gott mochte wissen, ck>as man in Schanghai trug. Am End« wirkten ihre
Berliner Sachen hier sehr komisch. Aber Riemer würde es vielleicht nicht bemerken. Hoffentlich nicht.
Von außen sah das Astor aus wie ein trübseliges drittklastiges Hotel. Sie stieg zögernd aus. Diese schmale Backsteinfastade. verraucht und grau — was konnte dahinter- stecken? Sie dachte an die großen Hotels von Berlin. Hamburg, Bremen, die sie kannte, und ihre Achtung vor der Fremdenstadt Schanghai sank beträchtlich. Wie konnte man in einer Stadt leben, deren erstes Hotel aussah wie eine bester« Spelunke?
Sie trat ein, und sofort war Riemer neben ihr. „Ich freue mich so. daß Sie gekommen find", sagte er hastig. „Ich bin so froh. Sie noch einmal zu sehen, ehe ich aussahre« muß. . .'
„Und warum muhte ich Sie an»«Mr lasten?"
Riemer senkte ein wenig den Kopf, wußte doch nicht", murmelte er. „ob auch nur halb soviel daran liegen wie mir."
Sie wurde ein wenig rot. antwortete n« ging ihm voran ein paar Schritte in Halle hinein und sah sich um. Innen lich sah das Astor ganz anders aus draußen. Hier war es ebensogut, ach. besser als alles, was sie bisher gesehen hat§Li „Wohin gehen wir?" fvagte sie. a8 er wieh^ neben ihr war. M
„Avon ist noch nicht da. WoKen wir auf ihn warten?"
„Gut." Sie setzte sich in einen mächtig?« Sessel, in dem sie fast verschwand. GeDe Bohs kamen, fragten unterwürfig, liefen wieder davon. „Bitte, geben Sie mir eine Zigarette", meinte sie und verbrachte mit dem Anzündcn die Paar Sekunden, die beide brauchten, um ihrer selbst wieder sicher zu sein. (Fortsetzung folgt)