Tal«.
Landwirthschaftticher KezirKsverein.
Mitglieder de- landwirtschaftlichen Verein«, welche da- land- »irthschastliche Fest in Cannstatt am 28. Sept. besuchen wollen, können Durch den Unterzeichneten Abzeichen erhalten, welche zum Eintritt in den innern kreis ermächtigen, wenn sie sich längsten- bis Mittwoch, den 19. Sept. Abend- darum melden.
Calw, den 16. Septbr. 1877.
Der Secr. de- landw. Verein-
_ E. Horlacher. _^
— Stuttgart, 13. Sept. Heute trat hier unter dem Vorsitz
De- Generalstaatsanwalts Schwarze (Dresden) der Verein der deutschen StrafanstaltSbeamten zusammen. Heber die Regelung des Strafvollzugs entwickelte sich eine lebhafte Debatte, welche zu nachstehenden Beschlüssen führte: die Einzelhaft ist als die regelmäßige Art des Vollzuges der Gefängniß- und Zuchthausstrafe zu betrachten; demnach muß gesetzlich fichergestellt werden, daß die Gefängnisse in bestimmter Frist nach diesem System einzurichten find. Ueber die Frage des einem jeden Gefangenen zustehenden Raumes wurde im Sinne der die Staatskasse weniger belastenden Anträge Jlling'S (Berlin) Beschluß gefaßt, unter Verwerfung der Auischußanträge, welche die zu normi- renden Dimensionen höher gegriffen wissen wollten.
— kirchheim u/T., 14. Sept. Der ehemalige Berwaltungsrath der Maschinenfabrik und Gießerei kirchheim kann nicht zur Ruhe kommen. Eine Anzahl Aktionäre der 2. Emission beabsichtigen eine Appellation an das Reichsoberhaudelsgericht einzureichen. Ist die Entscheidung für die Aktionäre günstig, so kommen die noch lebenden Mitglieder de« VerwaltungsratheS an den Bettelstab. — In der jüngsten Zeit tauchte das Gerücht auf, daß zwei Eisenhändler die Arbeit mit 260 Arbeitern wieder aufnehmen wollen. Was Wahres an der Sache ist, bleibt vorerst dahin gestellt. Ganz still übrigens war es seit dem krach mit der Arbeit nicht, denn einige Arbeiter waren seither immer in der Gießerei beschäftigt.
— Vonder Hohenzollern'schen Grenze, 12. Sept. Nicht nur Berlin und München haben den Einsturtz neugebauter oder noch im Bau begriffener Gebäude auszuweisen, sondern auch in unserer Nähe, in dem benachbarten badischen Orte Linz, ereignete sich ein derartiges Unglück. Gestern Abend stürtzte daselbst der fast vollständig ausgebaute Thurm der dortigen Pfarrkirche ein. Wenn der Einsturtz nur eine Viertelstunde später eingetreten wäre, so hätte er wenigstens kein Menschenleben gekostet, da dann die Feierstunde ein. getreten gewesen und sämmtliche Arbeiter den Bauplatz verlassen hätten. So aber verunglückten dabei leider vier Personen; ein Zimmermann blieb sofort tödt auf dem Platze, und zwei Maurer von Bittelbronn wurden verschüttet, konnten jedoch nach schwerer Arbeit schwer ver mundet herauSgebrachtswerden, so daß an deren Aufkommen sehr gezweifelt wird. Ob noch mehrere verunglückt sind, und was die Ursache des EinflurtzeS war, wird durch die sofort angeordnete Untersuchung erhoben werden.
— Kehl, 9. Sept. Der seiner Zeit steckbrieflich verfolgte Kameral- assistent Wiggenhauser von Bvdmann, welcher in der Eigenschaft als Dienstverweser bei der großh. Obereinmhmerei Oberkirch sich der Unterschlagung von über 14000 Dienstgelder schuldigt machte und auf der Flucht von der französischen Polizei unweit Avricourt festge- nvmmen worden ist, wurde soeben durch einen elsäsfischen Gendarmen hierhergebracht. Die Auslieferung desselben an das großh. Amtsgericht wird sofort erfolgen.
— Berlin, 11. Sept. Bon einem traurigen Falle von Blutvergiftung macht die „Tribüne" Mittheilung. Ein junger Kaufmann hatte sich kürzlich mit einer wohlhabenden Dame verheirathet. Bei dem Hochzeitsmahl verletzte sich der junge Ehemann durch Zerbrechen eines Weinglases an dem Daumen der rechten Hand, so daß ein Glassplitter in den Finger drang. Er beachtete die Wunde nicht, legte auch nicht einmal einen kleinen Lerband um das verletzte Glied. Wenige Stunden später fühlte der Kaufmann heftige Schmerzen in der Hand, bald darauf auch am Arm, außerdem schwollen Hand und Arm in besorgnißerregender Weise an, so daß schließlich ein Arzt gegen Morgen herbeigerufen werden mußte. Derselbe konstatirte eine Blutvergiftung, die jedenfalls dadurch hervorgerufen war, daß der Kaufmann beim Anzünden eines Streichholzes Phosphor in die Wunde am Finger bekommen hatte. Um das Leben des Patienten zu retten, war rin'' sofortige Amputation des Armes geboten. Der Kranke glaubte jedoch nicht an die große Gefahr, und trotzdem sich seine junge Frau ihm zu Füßen warf und ihn dringend bat, sich vperircn zu lassen, weigerte er sich entschieden, Ließ zu thun. Was voraukzusehm war, geschah denn auch: der Brand trat hinzu und 48 Stunden später war der
— Btrlin, 14. Sept. Der Nat.-Ztg. wird von gestern «u» P-, ris telegraphier: Grevy habe thatsächlich am Dienstag Paris verlassen; auffallend sei, daß die republikanischen Abendblätter dir Wrigrrusg desselben. Thiers' Nachfolge zu übernehmen, nicht dementirrn. Di» neue Gericht-Verhandlung gegen Gambetta wird erst Ende nächster Woche stattfinden, da derselbe alle gesetzlichen Fristen beansprucht. Das Wahlbekret werde am Samstag erscheinen.
Bern, 12. Sept. Ein hübsche- Notariatsgeschäftchen wird aus dem Kanton Wallis gemeldet. Der Notar, welcher das Testament de« in Leuk verstorbenen Spielpächters Blanc aufzusetzen hatte, soll hierfür nach dem gesetzlichen Tarif nicht weniger al« 40,000 Fr. be» zogen haben. Dem Kanton falle eine Erbschaftssteuervon 200,000Fr. zu.
Paris, 13. Sept. Mit der Reise nach Bordeaux ist es er- gangen, wie mit den Reisen nach Brest und Cherbourg. Wenn de« Marschall Mae Mahon noch ein Zweifel über die Gesinnung de» Landes geblieben war, so muß derselbe jetzt geschwunden sein. Ueber« all ist der Präsident der Republik mit dem nämlichen Ruf empfangen worden und überall hat die Bevölkerung gezeigt, daß sie von einer Aenderung der Staateform nichts hören will. In Bordeaux gab sich diese Gesinnung noch viel entschiedener kund, als in den Städten, welche der Marschall früher besucht hatte.. Das Zeugnis der einheimischen Presse ist darin einstimmig. Bis in die späte Nacht haben die Bewohner von Bordeaux Mac Mahon mit dem Rufe: »Es lebe die Republik!" verfolgt. Es hals nichts, daß die Behörde alle Gasflammen avSlöschen ließ, di» Kundgebung dauerte unter seinen Fenstern fort und die Behörde gab ihr einen absolut feindseligen Charakter dadurch, daß sie die bewaffnete Macht einschreiten ließ. Ein höchstkonservatives rdlatt von Bordeaux der Cvurrier de la Gironde, schließt seinen Bericht über Mac Mahon'- Besuch mit dieser Moral: »Der Minister des Innern, welcher Zeug» von der Haltung der Bevölkerung gewesen, hat sich überzeugen können» daß die offiziellen Kandidaturen der Stadt Bordeaux zuwider sind.' Und dabei fahren die ministeriellen Glätter von Paris fort, von dem enthusiastischen Empfange in Bordeaux zu sprechen!
Paris. Der „Whitehall Review" zufolge hat die französische Regierung soeben eine furchtbare Kanone, .Kanonen-Revolver" genannt, adoptirt. Mit dieser Waffe kann man 80 Granaten, jede im Gewicht von etwas über ein Pfund, welche in 24 Stücke zerspringen, in der Minute abschießen. Die Schußweite beträgt über 4,000 Ellen. Die erste Lieferung dieser furchtbaren Mofse an die französische Regierung ist für die Marine und zwar für den Kampf gegen feindliche Torpedoboote bestimmt. In dieser Form ist das Gewicht des Geschützes nur ca. 700 Pfund, während der Kanonen-Revolver als Feldgeschütz ca. 1,000 Pund wiegt. Wie die »Whitehall Review" erfährt, kaufte die türkische Regierung 5 oder 6 dieser „Kanonen- Revolver", aber da sie außer Stande ist, Zahlung zu leisten, find die Kanonen noch nicht abgeliefert worden.
London, 13. Sept. Gestern fand bei Pvrlland ein Zusammenstoß statt zwischen dem Dampfer „Avalanche", nach Neuseeland bestimmt, und dem „Proest", nach Savdyhook bestimmt. Beide Fahrzeuge sind rrntergegangen, man glaubt, daß 91 Personen umgekommen sind.
Dom Kriege.
Bukarest, 14. Sept. Bei Erstürmung der Redoute von Grivitza bei Piewna thatcn sich die Rumänen glänzend hervor. Unter den Augen des Kaisers von Rußland wurden zuerst zwei Angriffe auf die.Redvute abgeschlagen; beim dritten wurden die türkischen Ver« schanzungen vermittelst Sturmleitern erstiegen. In der 3. und 1. rumänischen Division kämpften zumeist Freiwillige; diese beiden Trup- ipenabtheilungen verloren 269 Todte und 1031 Verwundete. Am 12. versuchten die Türken die Grivitza-Redoute wiedrrzumhmen, wurden jedoch mit großem Verlust zurückgeworscn. Seit dem 12. werden die übrigen Werke bei Plewna von Grivitza aus beschossen. Die Einnahme Plewna's ist bevorstehend. Die Verwundungen sind größten- theils leicht. Die empfindlichen Verluste der Russen werden dem all- zuungestümen Angriffe des Generals Skobeleff zugeschriebcn. Die größte Masse der Verwundeten wurde nach Turnu-Magurelli gebracht, wohin die hervorragendsten Aerzte von Bukarest sich begeben haben. — Ueber die Lage der Russen am Schipkapafse zirkuliren ungünstige Gerüchte.
Ko « sta nt i n o p el, 14. Sept. Nach einem amtl. Telegr. vom 13. d. wurden sämmtliche russische Stürme auf die Befestigungen von Plewna bisher zurückgcschiagen. Zwei Rcdouten im Süden von Plewna, deren sich die Russen bcmöchrigt hatten, wurden türkischer- seits wieder genommen.
Konstantinopei, 14. Sept. Das Bombardement von Rust- schuk hat wieder begonnen- Bei Giela wird uve Schlacht erwartet; die Kämpfe um Plewna dauern fort. Osm.au Pascha behauptet seine
junge Gatte ein todter Mann und die Ehefrau eine verzweifelnde Wittwe.! Pc sitionen trotz numerischer Ueberlegenhelt der Russen.
Äedaktio«, Druck und Verlag von S. vetschläger in Calw.