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Der Grundgedanke, um welchen sich bei« heurigen Feste, dir Ge« sänge in freier Weise gruppiren ist da- Dort: »Gott ist getreu!* 1) in seinen Führungen, 2) in brr Erlösung uüd 3) in der Vollendung der Frommen. Damit kein Gemeindeglied ausgeschlossen sei, wird ein Eintrittsgeld von bestimmter Höhe nicht erhoben. Die Opferbe- Seo werden ausgestellt zu Gunsten der Hagelbeschädigte» de- Lande», deren Noth angesichts der sonst so reichen Ernte doppelt beredt an unser Herz spricht. Für Auswärtige und solche, die etwa nicht zeitig genug kommen können oder ihre Plätze belegt haben wollen, werden t 1 Pro Person Plätze reservirt sein. Da die Kosten nicht unbedeutend find, dürste sich diese Vorkehrung von selber rechtfertigen.
— Stuttgart, 12. Sept. Nach eingetroffener telegr. Nachricht ist der württemb. Sanitätszug am 10. d. Mt«, in Bukarest glücklich augekommen. Der Zug war 12 Tage unterwegs.
— Stuttgart, 13. Sept. Wohl mancher Leser wird von «inem gelinden Schauder befallen werden, wenn er sich in die Lage de» Einsenders dieser Zeilen versetzt. Ein Schwarm von 40—50 Stück frühfliegender Fledermäuse (Vesperuxo Itzootula) drang gestern Nacht in da« Schlafzimmer des Obigen ein, um sich daselbst häuS- lich niederzulafsen. Beim Eintritt in das Gemach wurde Einsender Don den wie das wilde Heer umherschwirrendrn Fledermäusen mit Ohrfeigen traltirt und mußte sich zu ernstlicher Gegenwehr vorberriten. Nur mit großer Mühe konnten die unberufenen Gäste vertrieben werden. Leider verloren 10 bis 12 Stück das Leben im Kampfe um da» Wohnungsrecht.
— Göppingen, 11. Sept. Heute Mittag kurz nach 12 Uhr wälzten sich plötzlich dicke Rauchwolken über die Stadt, gleich darauf ertönten die Feurrsignale; es brannte die Scheuer und Stallung der KinderrettungSanstalt WilhelmShilfr. Die Feuerwehr war in kürzester Zeit auf dem Platze, allein das Gebäude stund schon vollständig in Flammen und ein Marker Ostwind machte alle Löschversuche unmöglich. Die Feuerwehr bffchränkte sich deßhalb in der Hauptsache darauf, die benachbarten Gebäude zu sichern, was ihrer angestrengten Thätigkeit auch gelang. Scheuer und Stallung brannten bis auf den Grund uieder und damit ging ein bedeutender Vorrath an Heu und Oehmd zu Grunde und verbrannte ein Wagen, ein Pflug und der größte Theil de» Handgeschirr»; da« Vieh konnte gerettet «erden. Die Angehörigen d. Anstalt, 63 an der Zahl, saßen beim Mittagessen, als der Brand ausbrach. Futtervorrath u. Fahrniß find nicht versichert, und ist der Schaden, den dieser Unglücksfall veranlaßt, um so empfindlicher für die Anstalt, als die Oekonomie, namentlich der Viehstand, die bedeutendste Einnahmequelle bildet, da sie sich unter der tüchtigen und umsichtigen Leitung des derzeitigen Hausvaters in ausgezeichnetem Zustande befindet. Hinsichtlich der Entstehung des Brandes zirkuliren ganz unbegründete Bermuthungen; höchst wahrscheinlich war Selbstentzündung des OehmdS die Ursache. Ohne Beihilfe mildthätiger Menschen wird die Anstalt diesen großen Verlust schwer verschmerzen können.
— Ratibor, 10. Sept. Ein tragischer Fall ereignete sich am 4. Die Gattin des HauptsteueramtS-ControleurS Z. schoß in ihrer Wohnung den Hauptsteueramts-Assistenten S , einen Verwandten ihres Mannes, mit einem Revolver in die linke Schläft. Der in einer Nebenstube anwesende Gatte der Dame will in das Zimmer der unseligen That bringen, findet dasselbe aber verschlossen und dringt in dem Augenblicke durch eine andere Thür ein, als seine Gattin sich Pen Revolver an die rechte Schläfe ansetzt und todt niedersinkt. S. lebt noch, es ist aber wenig Hoffnung sür die Erhaltung seines Leben- vorhanden. Die Motive der That entziehen sich vor der Hand der Oeffentlichkeit. Die Dame» welche sich selbst den Tod gegeben, war eine schöne, stattliche Erscheinung.
— Berlin. An der vom Zentralverband der deutschen Lederindustriellen veranstalteten, am 8. d. M. in Berlin »öffneten Ausstellung hat sich auch» auf eine von dort erhaltene Aufforderung» OberamtSarzl vr. Vötsch aus Brackenheim betheiligt. Da» ist geschehen mit Ein- sendung rationeller Leiste, Stiefel und Strümpfe und der von Vötsch schon 1862—64 im würtl. Medizin. Korresp.-Blatt erschienenen 5 Aufsätze über Fußleidrn und Fußbekleidung, vor Allem aber durch Ausstellung einer (zum Aushängen bestimmten) Anzahl von 43 selbst- gezeichneten, auf die Sache bezüglichen, Tafeln, meist nach der Natur und in Lebensgröße.
— Berlin» 12. Sept. lieber den Prozeß Gambetta wird von gestern Abend der „Nat.-Ztg. telegraphirt: DaS Urtheil lautet äußerst scharf, aber dir Hauptsache ist, daß das Gericht nicht von dem ihm zustehenden Recht Gebrauch gemacht und Gambetta nicht auch zeitweise das Wahlrecht entzogen hat. Diese Gefahr ist aber noch nicht beseitigt, da der Appellhof anders entscheiden kann. Jetzt ist die einzige Sorge, den Prozeß hinzuziehen, damit bis zu den Wahlen kein Urtheil recht»- kräftig werden kann. Die Nat.-Ztg. meint: jedenfalls beweist da»
neueste Vorgehen, daß die Regierung entschlossen ist, rücksichk-kos v«s allen ihr zu Gebote stehenden Hilfsmitteln Gebravch zu machen » u« die Republikaner au» dem Felke zu schlagen. .Thier« ist lobt, Gambetta ist verurtheilt. An da» Verfahre« gegen Gambetta werden sich vor« auSfichtlich noch eine Reihe Zwischenfälle anknüpfen. *
Zürich, 7. Sept. In Zürich mehren sich die Diebstähle in erschreckender Weise, und zwar sowohl Einbrüche, als solche mittelst Einschleichrn. Die zwei bedeutendsten find die der letzten Tage. Eine« vieljährigrn treuen Postfaktor, der seinen Karren mit Packeten auf der Straße stehen hatte, während er in ein HauS Hinaufstieg, wurde der ganze Inhalt des Karren«, Effekten- und Geldpackete, im Betrag von ca. 60,000 Frc». ausgeleert. Der Diebstahl ist am Hellen Tag in einer frequenten Straße mit unglaublicher Frechheit verübt. Ein früherer, jüngst entlassener Postangestellter wurde als verdächtig verhaftet, mußte ober, da er den Alibibeweis führte, wieder entlassen werden. Nicht minder frech ist ein Einbruch in der vorletzten Nacht ivr Bahnhof der Nordostbahn. Im Zimmer der Kassiere der 2. Klaffe wurden 5 Schubladen und ein großer in die Wand einzemauerter eiserner Geldschrank, offenbar von sachverständiger und lokalkundiger Hand, kunstgerecht eröffnet und 25,000 Fr. gestohlen.
Lugano, 11. Sept. Am 7. Sept. sind bei Zermatt bei Besteigung des Lhßkam zwei Engländer, Lewis und Paterson, mit ihren 3 Führern, Gebrüdern Knubel, durch den geborstenen Firn in den Ai- grund gestürtzt und alle fünf gleich todt geblieben.
Paris, 10. Sept. Die Mitglieder der Linken des Se»A haben an Thiers' Wittwe eine Adresse gerichtet, um derselben für ihren Muth und Patriotismus zu danken; Paris habe dem Verewigten einen sehr würdigen Triumph bereitet; sein Leben lehre Mäßigung, Beharrlichkeit, bürgerliche Pflichterfüllung und berechtige zu dem Ber- trauen, daß dir Sache der Freiheit siegen werde.
Siedaktb«, Druck »ud Verlag »o« S. OrlschlSgrr iu «al».
Do« Kriege.
Die „Nat.-Ztg." schreibt: „Vorbereitungen zum russischen Win« terfeldzug werden bereits getroffen, aber theilweise höchst cigenthümli- eher Art. Wir überlassen es den russischen Zeitungen, die Aussicht haben vor die Augen deö Kaisers Alexander zu kommen, von folgendem Vorkommniß Notiz zu nehmen. Wir erfahren zufällig, daß Bestellungen von wollenen Jacken für die russische Armee in Deutschland aufgegeben und effektuirt werden, das Stück zu sechs Mark — sage sechs Mark. Ein Freund unseres Blattes, der einen Geschäfts«» zu sprechen Gelegenheit hatte, der zu dieser Kommission in Verbindung steht, frug . wie lange eine solche Jacke wohl dauern könne? Gar nicht dauern wird sie — war die Antwort —, sie zerreißt schon beim Anziehen. Diese Jacken sind auch gar nicht zum Tragen bestimmt, sondern nur zum Liefern."
Konstantinopel, 13. Sept. Der Gouverneur von Widdin meldet, Widdin werde von Kalafat aus bombardirt und erwidere das Feuer lebhaft. Bei Rahowa fand ein Artilleriekampf statt. Dar Bombardement Rustschuk«' hört auf.
Adrianopel, 1. Sept. Dreiunddreißig Personen wurden heute gehenkt und jeden andern Tag finden Hinrichtungen statt. Man wählt jetzt die wohlhabendsten und achtbarsten Leute aus und konfiSzitt ihr Eigenthum. Achtzig der angesehensten Einwohner von Karls»» sind hier gehenkt worden, und zwar diejenigen, die im Bewußtsein ihrn Unschuld nicht die Flucht ergriffen hatten. Am 29. August kamen 2500 Verwundete in Adrianopel an, für deren Pflege nur drei türkische Aerzte vorhanden sind. ES existirt kein einziges Hospital in der Stadt.
Bukarest» 12. Sept. Die russisch-rumänische Aktion vor Plewna zielte bis gestern darauf ab, diesen Platz enger zu cernirm. Mehrere kräftige türkische Offensivstöße find mißlungen. Die vereinigten Russen und Rumänen zählen 80,000 Mann mit 356 Geschützen, Osmai. Pascha gegen 60,000 Mann und 220 Geschütze. Die Rumänen sollen den ersten Sturmangriff unternehmen.
Wie ein Korrespondent der Daily News aus Bjela meldet, ist eS nach dem Kampf bei Ablava (am Lom) zum erstenmal sorge, kommen, daß die Türken die verwundeten Russen auf dem Schlachtfelde nicht umgebracht und sogar um einen Waffenstillstand zur Beerdigung der Tobten nachgesucht haben. Derselbe wurde natürlich bewilligt und Türken und Russen fraternisirten, sobald sie miteinander in Berührung kamen.
— Wien, 12. Sept. Die „Polit. Korrrsp." enthält ein Telegramm aus Bukarest vom 11. Sept. Morgens, wonach bis zur Stunde alle Gerüchte über angebliche Erstürmung Plewna'« ohne Bestätigung sind.
— Wien, 12. Sept. Das „Tagblatt" meldet aus Belgrad vom 11. Sept: Der Präfekt von Turnseverin ist angewiesen, Vorbereitungen für den Durchmarsch von 50,000 Russen zu treffen, welche da» str- bische Territorium betreten sollen, während der Stab in Turnsevenn bleibt. Die Belgrader Brigade marschirt bereits übermorgen au».
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