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Standesamt Calw Dom 2. bis Septbr. 1877.
Geborene.
6. Sept. Anna Friederike, Tochter de- Markus Aichcle, Schuhmachers dahier.
Gestorbene.
vsonck LvosdäslLd, von Nordafrika, gew. Diener des 1- Hr. Dr. Emil Schüz, ca. 16 Jahre alt.
Anna Louise, Tochter des Albert L-taud,
3.
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Bildhauers dahier, 21 Wochen alt. ö. Seht. Johann Jakob Bögele, gew. Schmid da» hier, 66 Jahre alt.
6- , , Louise Friederike, Tochter des Johann Ludwig Weber, RothgerberS dahier, 4 Wochen alt.
7. , Thomas Schmid, Stricker dahier, 711. alt.
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«Linen soliden kräftigen jungen Menschen Nimmt in die Lehre auf
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_ z. Waldhorn. _
— Vom nördlichen Schwarzwald, 6 . Sept. Heute hielten die beiden Diözesen Calw und Neuenbürg in Liebenzell eine gemeinsame Besprechung des neuen Entwurfs einer Kirchenverfaffung» unter zahlreicher Betheiligung von Laien und unter dem Vorsitz des Präsidenten der Landessynode, Herrn Staatsrath v. Duvernoy, der sein Erscheinen dabei gütigst zugesagt hatte. Es waren hauptsächlich 2 Punkte, in denen die Versammlung mit dem Entwurf nicht eiUverstauden war, einmal der Punkt, der von der Qualität der neuen Kirchengemeinde» räthr handelte, welche nach der Anschauung der Majorität in dem Entwurf viel zu schwach und vag bezeichnet sei, und sodann der Punkt, der die Bildung der neuen Kirchengemeindevertretung betrifft, welche wegen der großen Zahl vielen als zu schwerfällig und in manchen Gemeinden fast undurchführbar erschien. DaS Resultat der lebhaften Debatte war, daß in beiden Punkten eine Abänderung beantragt wurde. Im Uebrigen war die Versammlung, einige weitere, von Herrn Ober« Amtsrichter Schuon io Calw beantragten, weniger bedeutenden Abänderungen abgerechnet, w allen wesentlichen Punkte» mit dem Entwurf einverstanden, wie er denn auch wiederholt von unserm Synodalabge« ordneten, Herrn Dekan Mezger, als eine Nothwendigkeit in unserer die Gebiete sondern den'und klärenden Zeit bezeichnet wurde.
— Stuttgart, 7. Sept. Heut« früh 12s/i Uhr wurde-auf der Ludwigsburger Bahnlinie zwischen dem Bahnwärterposten 4 und 5 der Leichnam eines etwa in Mitten der 20er Jahre stehenden MauneS gefunden. Nähere Untersuchung ergab, daß er sich zuerst mit einem Terzerol durch den Mund geschossen und dann auf der Bahn niedergelegt hatte, wo er hieraus überfahren wurde. Der Mann ist bis jetzt nicht bekannt.
— Spaichingen, 6 . Sept. Heute Morgen bei Sonnenaufgang hatten wir 2 Grad unter Null, LiS und Reifen an Schatteostellen dis ?Vs Uhr Vormittags. Einigen Schaden haben die Gartenerzeug- oiffr jedenfalls erlitten.
— Biberach, 6 . Sept. In der jüngsten Zeit häufte« sich hier die Taschendiebstähle in erschreckender Weise. Besonders waren es die Wochenmärkte, an welchen vornehmlich Frauenzimmer ihrer Geldbörsen beraubt wurden. Gestern nun sahen wir unserm Polizeiwachtmeister zwei elegante Kinderwagen mit Luxusgrgenständen beladen zum Riedlinger- thor hereinbringen und erfuhren dabei, daß nun dir Diebin in einem 11jährigen Mädchen entdeckt sei. Bon derselben wurden in den letzten Wochen zehn und vorgestern während des Einmarsches des Militärs 4 Taschendiebstähle ausgeführt. Das Geld erhielt die Mutter des hoffnungsvollen Töchterleins. Zum Theil kaufte aber die Diebin hierfür LuxuSgegenstände, .wie die beiden Kinderwagen, Bettüberwürfe, feine Arm- und Obstkörbcheu, 4 paar Straminschuhe, Puppen, einen Fächer für 3 ^ und noch vielerlei Gegenstände, welche sämmtlich ber Mama znm Präsent Übermacht und woselbst alles vom Polizei- Wachtmeister aufgefunden wurde. Die Letztere fitzt nun fest, denn das Kind kan« wegen Minderjährigkeit gesetzlich nicht verfolgt werden, j
— Köln, 7. Sept. Gestern ereignete sich hier rin höchst bedauerlicher Unglücksfall. Ein junger Mann der in einem benachbarten Orte in einem Geschäfte thätig ist und manchmal zu später Stunde von dort zur Stadt zurückkehrt, sag mit seinem Vater zu Tische. Das. Gespräch kam ans die abendlichen Gänge, welche der Sohn zu machen hat, und der Vater meinte, dieselben würden wohl nicht immer gefahrlos sei». Da zog der Sohn einen Revolver au« der Tasche, er- «ärte, daß er diesen zu seinem Schutze gekauft habe, und zeigte dem Later, wie derselbe gehandhabt werde. Plötzlich gieng ein Schuß u>S und die Kugel fuhr dem Vater in die Brust. Die Aeczte fanden, *aß die Kugel durch die Lunge des Mannes gegangen und im «licken sitzen geblichen war. ES ist Hoffnung vorhanden, daß der ««letzte genesen wird. -
7 - Der „Pfälzer Zeitung" wird aus dem Weinlaudr berichtet: »Die Aussichten auf einen guten Wein im heurigen Jahre werden mmer betrübender. Die Nächte kalt, die Tage düster und kühl! kein Wunder, wenn da die Trauben nicht zur Reife gelangen werden, «der auch di« Qualität wird nicht so rrschrrcklich groß, wie man ^ermulhete; denn die Traubenkrankhett und die Fäule machen bei diesem Wetter die besten Fortschritte. Mau soll nie den Tag vor dem Abend loben."
— Berlin, 4. Sept. Wie man aus zuverlässiger Quelle erfährt, zieht über den Häuptern der Bierfälscher ein drohendes Gewitter zu»
sammcn. Das Reichsgesundheitsamt hat in neuester Zeit die irr sämmtlichm hiesigen Bierbrauereien gebrauten Biere einer Probe unterworfen, um die Zusammensetzung derselben festzustellen. Im Reichs- gesundheitSamt wird man zunächst den Begriff „Bier" frststrllen» u» dann auf Grund des zu erlassenden ReichsgesetzrS alle mit schädliche» Surrogaten (wir Stärkrzucker rc.) vermischten Biere einem Verbote und die Fälscher der gebührenden Strafe zu unterwerfen. — Man erfährt ferner, daß Aussicht vorhanden ist, die Verfälschungen mm Milch, welche namentlich in großen Städten so unselige Folgen nach sich ziehen — die übermäßige Kindersterblichkeit ist ja zum große» Thell hierauf begründet — besser zu kontroliren und zu koustatiren» als es bisher möglich war. ES ist nämlich gelungen, ein Instrument herzustcllen, das eS Jedem aus die leichteste und schnellste Weise er» mögliche, den Prozentsatz des der Milch hinzugesetzlen Wassers genau festjustellen.
— Berlin» 6 . Sept. Der .Köln. Zig." meldet man von hier: Am Hoflager des Kaiser- hat der Tod vo« Thiers großen Eindruck gemacht. Es heißt, der Kaiser habe der Gattin des verstorbenen Staatsmannes sein Beileid auSdrücken lassen und beabsichtige, einen besonderen Vertreter zn der Leichenfeier zu entsenden.
Frankreich. In der Provinz erregte dir ThierS'sche Todesnach» rtcht eine fast noch größere Bestürtzung als in Paris. Der General« rath von Marseile, der gerade zusammeuberufen war, hob seine Sitzung sofort auf, nachdem er beschlossen, ein Telegramm an Frau Thiers zu senden, um derselben ihr Beileid auszudrücken. Bei Eröffnung der Sitzung hielt der Präsident Tardieu, einer der 363, an dm Generalrath folgende kurze Ansprache: »Schmerzliche Nachrichten find heute Morgen hier einzetroffen. ThierS ist tobt. Das Vaterland, um das er sich wohlverdient gemacht hat, trägt die Trauer für denjenigen, welcher der Befreier des Gebiets war. Ich schlage dem Generalrath des Departements, welches diesen berühmten Bürger zur Welt kommen sah, vor, die Sitzung zu Ehren an sein Andenken zu vertagen.' Aus Lyon, Rum, Bordeaux, Montpellier, Lille, TroyeS» und allen anderen Städten liefen zahllose Telegramme ein, um der Frau ThierS ihr Beileid auszudrücken. Die Teilnahme ist überall eine ganz außerordentliche, und man kann sagen, daß seit vorgestern drei Viertel von Frankreich in tiefster Trauer sind. Wie es heißt, werden nächsten Samstag, am degräbnißtage, nichtnur ein großer Theil der Läden, der Kaufmannshäuser und der Theater geschloffen sein, sondern fast ganz Frankreich wird in Trauer erscheinen. In Marseille und den übrigen Seestädten zogen fast alle Schiffe, als die Nachricht bekannt wurde, die Todtenflagge auf; in anderen Städten, besonders im Osten, schloß man dir Läden als Zeichen der Trauer.
PariS, 4. Sept. Heute Nachmittag hat bereits eine Berathung ber in Paris anwesenden republikanischen früherm Deputirten und Senatoren unter dem Vorsitz Gambetta's stattgefunden, worin beschlossen wurde, Jules Grövy nach Paris zu berufen, um demselben die Führerschaft der republikanischen Partei anzutragen. In republikanischen Kreisen verhehlt man sich nicht, daß der Tod ThierS' einen wesentlichen Einfluß auf den Ausfall der Wahlen haben könnte.
Paris, 5. Sept. Mac Mahon sandte an die Gemahlin Thiers' eine Beileiddepesche. Es verlautet, ThierS werde im Jnvalideuiwm beigesetzt werden, falls die Familie nicht widerspricht. Sämmtliche Zeitungen bedauern aufs lebhafteste daS Ableben ThierS'.
Paris, 6 . Sept. Nach einer Pariser Korrespondenz verschiedener Blätter habe der ärztliche Befund ergeben daß Thiers nicht eigentlich an einem serösen Schlagfluß, wie man anfänglich annehmen zu sollen glaubte, sondern an den unmittelbaren Folgen der Erkältung gestorben ist, die er sich bei seinem Morgeuspaziergang auf der Teraffe von Saint-Grrmain bei der ungewöhnlich niedrigen Temperatur von 6—8 Grad zugezogm hatte. Ohne diesen Zwischenfall, versichern die Arzte, hätte Thiers vielleicht noch eine Lebensdauer von mehreren Jahren vor sich gehabt.
Paris, 6 . Sept. Da Madame ThierS die staatliche Veranstaltung des Leichenbegängnisses ihres Gemahls nur unter der Bedingung anzunehmen erklärte, daß ihr selbst die Anordnung des Leichen- zugcS überlassen würde, während die Regierung ihrerseits von der Ausführung der Dekrete, welche die Ordnung der Leichenzüge bei amtlichen Ceremonien regeln, nicht glaubt abgehen zu dürfen, so beschloß die letztere, das gestern publizirte Dekret zu annuliren. Sonach wich