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Oeffentliche Anfrage.

Aus der Erklärung de« Herrn Horlacher in Nr. 97 Blatte» ersehen wir, daß der KameralamtSdiener in Hirsau durch Abzug an seiner Besoldung darauf angewiesen ist, Trinkgelder für seine Begleitung in die Kkosterruinen anzusprechen. Es dürfte im allgemei­nen Interesse liegen, von kompetenter Seite zu erfahren, wie hoch das Eintrittsgeld zu bemessen ist, das ihm sowohl von einzelnen Be- suchern, als von Gesellschaften gegeben werden muß, denn das Publi­kum hat wohl ein Recht darauf, daß diese Steuer normirt werde.

Calw, 27. Aug. Gestern hielt der Nagoldgau, welcher der­zeit noch aus den Turnvereinen Altenstaig, Calw, Neuenbürg und Wildberg besteht, fein Gauturnfest hier ab. Außer den zahlreich oer- trelenen Mitgliedern der Gauvereine waren auch viele Turner aus Stuttgart und Pforzheim erschienen, die das Preisturnen zu einem äußerst belebten Bilde jugendlicher Kraft und Gewandtheit machten. Dieses begann um ^4 Uhr nach der Rückkehr des stattlichen Festzuges zur Turnhalle und nach einer kernigen Rede des Calwer Vereins­vorstandes Georgii, und dauerte bis ^6 Uhr. Die von den Fest- jvngfrauen bekränzten Sieger waren l. von den Gauturnern : 1) Emil Georgii von Calw, 2) Otto Bozenhardt von Calw, 3) Käu­fer er von Neuenbürg, 4) Protz von Neuenbürg, 5) Leonhardt von Calw, 6) Sturm von Calw. II. Von den Nicht-Gauturnern: 1) Aug. Schmidt von Stuttgart, 2) Sch iiuffele von Pforzheim, (der jedoch schon manchen andern Kranz errungen, und darum aus den hiesigen Kranz verzichtete), 3) Weippert von Stuttgart, 4) Klenk von Stuttgart, 5) Ad. Schmidt von Stuttgart. Ein heiteres, buntes Treiben im Thudium'schen Garten schloß den schö- nen Tag, der glücklicherweise durch die mehrmals drohende Ungunst -er Witterung nicht gestört wurde, und mit lautem Gutheil verließen uns am späten Abend unsere letzten Gäste.

Calw, 27. Aug. Heute früh kurz vor 5 Uhr brach in dem Schreiner B uhl'schen Hause in der Ledergaffe Feuer aus, das äußerst gefährlich hätte werden können, wenn es nicht durch rasche Hilfe noch im Keime erstickt worden wäre. Der Heerd des Feuers war der unter der Werkstatt liegende Stall, in welchem die Hobelspäne auf­bewahrt wurden. So klein aber auch der Umfang des Feuers war, so schwierig war doch seine Bewältigung, da der erstickende Qualm und Rauch die Annäherung fast unmöglich machte, und es dauerte eine volle Stunde, bis man die Gewißheit hatte, daß die Gefahr voll­ständig beseitigt sei. Der Urheber'des Brandes ist der Lehrling Groß- h anS von Unterreichenbäch, der jedoch sofort nach der Thal, von Reue getrieben, seinem Meister selbst die Anzeige von dem ausbre- chenden Feuer machte und seine Täterschaft bekannte. Da der Meister demselben das beste Zeugniß ausstellt, ist das Motiv in einer ge- müthlichen Affektion, im Heimweh, zu suchen, das in dem vaterlosen Knaben die krankhafte Idee erzeugte, die ihn in letzter Zeit vielfach im Traume beschäftigt haben soll, daß es im Hause brenne und daß ein Brand ihn wieder in die Heimath zurücksühre.

Stuttgart, 24. Aug. In Genf ist am Donnerstag Vor­mittag II Vs Uhr der Direktor des HotelsMetropole*, Fr. Bauer, rin Stuttgarter, Sohn des verstorbenen AnkerwirthS dahier, von einem Italiener erdolcht worden. Näheres ist noch nicht bekannt. Bauer war 41 Jahre alt, früher Direktor des HotelsOouronne ck'or*, er war bekannt als ein vortrefflicher Wirth und bezog einen Jahres- gehalt von 20,000 Franks; seit zwei Jahren verheirathet lebte er in den glücklichsten Familienverhältnissen.

(Die Stuttgarter Pferde- und ViehversicherungS-Gesellschaft)

nimmt einen recht erfreulichen Fortgang und gewinnt täglich an Ver­trauen in allen Gauen Württembergs. Dieselbe hat laut Beschluß des BerwaltungSrathS und mit Bestätigung der Generalversammlung vom 29. März d. I. vorderhand auf die Versicherung von Rindvieh verzichtet und beschränkt sich nur auf die Aufnahme von Pferden. Bis Ende Juli d. I. sind 2913 Pferde im Werth von 181,810 in Versicherung genommen worden; die Prämienetnnahme im vor. Jahr betrug für 1580 Pferde 42,503 80 L; dagegen wurden 30

Schäden mit 15,015 ausbezahlt; vom 1. Jan. bis 1. Juli gingen 66,393 oiL 79 ^ für Prämien ein» wogegen 63 Schäden mit 21,391 «-L vergütet wurden..

Tübingen. Bei der vor einigen Tagen erfolgten Entleerung der öffentlichen Aborte beim Bahnhof wurden nicht weniger als 12 Geldtäschchen und drei Brieftaschen, sämmtlich ohne Inhalt, ausgefun­den; daß diese von Taschendieben über die Tage des Jubiläums dort­hin befördert worden sind, wird mit Sicherheit anzunehmen sein.

LudwizSburg, 22. Aug. Der zu 500 Sri. Aepfeln und 1050 Sri. Birnen geschätzte Obstertrag des hiesigen K. Schloßgartens wurde heute im öffentlichen Aufstreiche um 3300 -^4 verkauft.

Obertürkheim, 22. Aug. In der Nacht vom Montag auf Dienstag wurde in die hiesige Kirche eingebrochen. Der Dieb scheint indessen nichts seinem Geschmack Entsprechendes gefunden zu

haben, da die silbernen Geräthe re. wohl verwahrt sind, und trat dem Rückweg an, ohne Etwas mitgenommen zu haben.

Hedelfingen, 22. Aug. In verflossener Nacht wurde, wie in der Nacht zuvor in Obertürkheim, auch in die hiesige Kirche ein- gebrochen und aus derselben ein werthvolleS Altartuch und ein Kanzel­tuch entwendet. Vom Dieb hat man noch keine Spur; dagegen ver- muthet man nicht mit Unwahrscheinlichkeit, daß der Einbrecher in der Obertürkheimer und der in der hiesigen Kirche eine und dieselbe Person ist.

Vaihingen a/L., 22. Aug. Schon wieder hat unseren OberamlSbezirk ein Brandunglück heimgesucht, das ein Menschenleben gefordert hat. In einem Stalle in Hohen-HaSlach brach Feuer auS Brandstiftung wird vermuthet und griff so rasch u« sich, daß ein Vater nur mit Mühe sich und ein kleine» Kind retten konnte. Ein zweites Kind von 6 Jahren, das der Vater, um es in« Freie zu bringen, an der Hand führte, riß sich, als die Flammen entgegen schlugen, los und flüchtete sich in die Kammer, in deren Gluth eS den Tod fand.

Murrhard, 23. Aug. Der heurige Obstertrag bei unS ist mindestens ein ebenso bedeutender, als vor zwei Jahren, und wir haben Hoffnung, daß nicht nur unsere in Folge des vorigen FehljahrS leer gewordenen Mostfäffer wieder gefüllt und wir von der Bierkalamität befreit werden, sondern daß auch noch bedeutende Quantitäten Aepfel zur Ausfuhr übrig bleiben. Einzelne Käufe von Aepfeln auf den Bäumen lassen auf einen Preis von 2 3 ^ pr. Sri. schließen, was übrigens noch keinen Maßstab für die Zukunft abgeben kann. Die Luiken sind bei uns sehr stark vertreten und zeichnen sich durch Ergiebigkeit und Haltbarkeit aus.

Ulm, 23. Aug. Gestern Nacht kanO wieder ein bedauerlicher Unglücksfall auf unserem Bahnhof vor. Ein älterer Herr er soll Ländrath in Türkheim a/Hardt sein der seine Familie nach Salz­burg begleitet hatte und auf der Rückreise begriffen war, wurde, wäh­rend er die Geleise überschreiten wollte, von einer Maschine erfaßt und in deren Räder verwickelt. Er konnte noch lebend wieder hervor­gezogen werden und ward in das hiesige Spital gebracht.

Karlsruhe, 23. Aug. In der Nacht von Mittwoch am Donnerstag, so berichten dieKr. N.*, bemerkte der die Runde auf die Ausstellungsräume machende Feuerwehrmann, wie an der westlichen Seite der Annexbauten ein Individuum im Begriffe war das Dach zu ersteigen, während ein anderes sich bereits auf demselben befand ; schnell entschlossen zog der Feuerwehrmann den Kerl herab, welcher jedoch mit seinem Spießgesellen sofort die Flucht ergriff und um sich vor Verfolgung, wie es scheint, zu sichern, einen Schuß auf die Feuerwehr­leute abdrückte, ohne jedoch zu treffen.

Offiziös wird aus Berlin geschrieben: Seitens der preußischen Staatsrcgierung werdm Maßregeln in Aussicht genommen, um dem überhandnehmenden Muttergotteserscheinungsschwindel ein Ende zu machen. Nach Marpingen und Dietrichswalde in Westpreußen wan­dern Taufende von irregeleiteten Personen, die ihre Zeit und ihr Geld dort vertrödeln. Lasten doch sogar die Bahnen am Sonntag Züge zu ermäßigten Preisen ab, damit die Landbewohner sich an den Mut» tergotteserscheinungen erbauen können! Seitens der ultramontanen Presse wird dieser Schwindel in einer Weise unterstützt, daß man fast glauben sollte, wir befänden uns in den dunkelsten Zeiten deS Mittelalters. Es sind Ließ ernste Vorkommnisse, welche der Staatsregierung die dringende Verpflichtung auferlegen, gegen diesen Schwindel energisch einzuschreiten. So sind denn auch die Regierungspräsidenten und Landräthe der betr. Ortschaften angewiesen worden, auf's strengste da­rauf zu achten, daß die Personen, welche den Schwindel der Mutter­gotteserscheinungen anstiflen, befördern und die Völkerwanderungen ins- zeniren, dem Strafrichter zur Nburtheilung überliefert werden. In diesem ihrem Verhalten kann sich die Staatsregierung der Unterstützung der Bevölkerung, welche noch nicht dem Ultramontanismus verfallen ist, vergewissert halten.

Berlin, 24. Aug. Nach Privatdepeschen hiesiger Blätter geht in Paris das Gerücht, der Marschall sei vollkommen rntmulhigt, be­treffs der inneren Lage und denke ernstlich daran, ein Ministerium Auduffret-Dufaure-Renault zu berufen und auf diese Weise eine Ver­söhnung mit dem linken Zentrum zu erreichen. Eine energische Be­kämpfung deS Bonapartismus würde die Basis sein. Der Post wird aus Posen telegraphirt, daß heute von dort in Folge deS Ausbruchs der Rinderpest an der russischen Grenze ein Bataillon In­fanterie und zwei Schwadronen Ulanen zur Besetzung der preuß. Grenze des Kreises Adelnau ausrückten.

Königsberg, 17. Aug. Gestern früh nahm ein Wagenführer des Roheiswerks auf inständiges Bitten sein einziges ^/zjährigeS Töchterchen zu sich auf den Wagen, fuhr nach dem Eiswerk und be­gann dort den Eiskasten zu füllen. Hierbei war das draußen spielende Kind unbemerkt ihm gefolgt und lief in den Eisgängen umher. Bei der Eile die der Vater hatte» vergaß er das Kind» schloß die Thüre