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Calw.

Landwirthschaftlicher Wezirksverein.

Bei der Wanderoersammlung in Ostelsheim wurde die Gründung »inrr Hopfenbau-Sektion im landw Vereine angeregt. Die« Wenigen Hopfenbauern, die sich hiefür interessiren, werden eingeladen, sich amMiltwoch , den 4 Juli, Nachmittags 3 Uhr im M i- chael'scheu Garten einzufinden.

E Horlacher, Secr.

Calw, 30. Juni. Als sich im vorigen Sommer die Klagen -es Publikums über Entwendungen und Beschädigungen an Gräbern Luft machten, glaubte man sich der Erwartung hingeben zu dürfen, daß dem schwer verletzten Gefühle der Beschädigten ein energischer Schutz werde zu Thest werden, und man erwartete diesen Schutz in einer strenge durchzuführenden Friedhof.Ordnung, wie sie anderwärts, selbst auf Dörfern, eingeführt ist. Diese Erwartung ist aber nicht in Erfüllung gegangen, dagegen gibt die Erfahrung der letzten Zeit wieder Grund zu bitterer Klage, indem sich die Entwendungen und Verletzungen wieder mehren und schweres Aergerniß bereiten. Mögen hiegegen auch noch >o viele Verbote und Warnungen erlassen werden sie Hab'» in Calw, wo viele Verdate nur erlassen zu werden scheinen, um übertreten zu werden, keinen Werth, wenn denselben nicht Einrichtungen zu ihrer Autrechteihaltung zur Seite stehen. Solche Eittriäitu-.g-n aber wären z. B. nah dem Vorgang anderer Städte in erner Linie der Verschluß des K rchhoss, der gegenwärtig den ganzen lieben Lag u ivers ywsse» uns sein ganzen Pnoliknm ausnahmslos zu gängiich ist, und dann die Oeffnung desselben zu gewissen Stunden, in denen die Pflege der Gräber besorgt werden kann, >n denen aoer auch strenge Aussicht gerührt werden mühte. So lange der Ztiftungs rath sich nicht entschließen kann, der Pietät der Hinterbliebenen, denen die Pflege der Gräber ihrer verstorbener, Lieben nur ein schwacher! Trost in ihrem Leide und ein ungenügender Ersatz für das ist, was! sie vermissen müssen, mit solchen Maßregeln zn Hilfe zu kommen, hle es wahrhaftig gerathener sein, die Gräber' statt mit Blumen »nd Werth -ollen Pflanzen ;u schmücken, der schützenden Berufung der Na­tur zu überlassen. Einen Begriff davon, wie tief verletzend der An blick einer Grabesbeschäsizung für die zur Pflege kommenden Hmter bliebeuen ist, hat freilich nur Derjenige, dem die Rohheit und Frech ­heit mancher unberufenen Besucher schon so che Wunden geschlagen pat - und man kann nur staunen, wenn man Acußernngcn hört, als ob das ^ Addrechen von ei» paar Barmen nichts zu bedeuten hätte. Als ob! hieß nicht Diebstahl und zwar erschwerter Diebstahl wäre, weil der ganze schmuck des Kirchhofs dem öffentliche» Schutze auvertcaut ist! Möge deßhatb der stiftungsrath, au den diese dringende Bitte ge richtet ist, die Sache energisch in die Haid nehmen, und diejenigen Maßregeln beschließen, die allein den schweren und so sehr berechtigten Klagen des Publikums Abhilfe zu schaffen vermögen.

Das Wiener Kinder Schauspiel-Ensembles unter Leitung der Frau Dir. König, welches in Wildbad und Teiuach mit dem größten Erfolge gastirte, wird auch ln Calw aut der Durchreise in der;Turn­halle in dem eigens dazu erbauten Theater 2 Gastvorstellungen geben. Wir machen auf d ese in ihrer Art einzig dastehenden Vorstellungen das Publikum ganz besonders aufmerisam und bemerken, daß diese Vorstellungen nicht allein für Kinder, sondern auch für Erwachsene von größtem Interesse sind. Die erste Vorstellung hievon findet schon heute Dienstag statt _

Vom Enzthal 29. Juni. Die Traubenbtülhe ist bei dem herrlichsten Wetter vorübergegaugen, in den weniger günstigen Lagen zwar noch im Gange, aber doch dem Ende nahe. Seit Mannesge- denken war der Ertrag nicht so vielversprechend. Sogar der Jahr­gang 1868 bleibt hinter der heurigen Traubcnmcnge zurück. Es gibt Stöcke, an welchen jedes Auge 3 Trauben getrieben hat. Jnsbe- sondere sind die Veltliner, Rißlinge, Trollinger und Burgunder ganz überdeckt mit Trauben, etwas weniger die Silvaner u. Elblinge. Wenn der Weinstock im Monat Mai 23 Wochen in seiner Entwicklung verloren hat, so hat der Juni diese Verspätung eingeholt und wir befinden uns auch in Bezug auf die Zeit in normalem Stande. Auch die Entwicklung des Holzes ist eine ausgezeichnete und vielversprechende. Ddst gibt eS genügend. Einzelne Birnensorten tragen reichlich; die Apfelbäume leiden stellenweise unter Raupenfraß, der an einzelnen Bäumen wirklich verheerend ist, doch gibt genug Aepsel, um den Bedarf zu decken.

Cannstatt, 28. Juni. In einem hiesigen Gasthof wurden kürzlich in ein und derselben Nacht an zwei fremden freche Diebstähle ver. übt. Dem Einen,* einem Herrn» wurde der Rock gestohlen, den er »um Putzen vor die Zimmerthüre gehängt hatte, während in einem andern Zimmer einer Dame, welche dasselbe nur kurze Zeit verlassen

hatte, eine Geldtasche entwendet wurde, welche 40 -A. in Goldstückes und weiteres Geld in Silber, einige katholische Kirchenbauloose von Stuttgart, mehrere Madrider Loose amerikanische und andere Coupons u. Visitenkarten der Bestohlenen enthielt. Zwei des Diebstahls Ver­dächtige sind verhaftet worden, nachdem sie es probirten, die Coupon» an den Mann zu bringen.

Heilbronn. 28. Juni. Heute früh ist nach derNeckarztg.", in dem südwestlichen Theile des Bahnhof-GütecschuppenS auf bis jetzt nicht erklärte Weise ein Brand entstanden, der rasch gelöscht wurde, ehe das Feuer das hölzerne Dach erreichen konnte. Was ans dem mehrere hundert Meter langen ganz hölzernen Schuppen mit gegen" wärtig ausgetrocknetem Dachwerk und seinem Inhalt geworden wäre, wenn der Brand Nachts ausgebrochen, läßt sich zumal die Wasser­leitung dort feistt, leicht denken.

Schramberg. 25. Juni. Schon seit einigen Tagen befinden «ich die Bewohner des Aiädtchens in einer nicht geringen Aufregung. Ein hiesiger Bürger, dessen Frau an Epilepsie leidet, hat nemlich. zu deren Heilung eine« Geistecdeschwöcec und Hexenmeister aus Belsen, OA. Rotteuburg, verschrieben. Dieser traf au tz wirklich ein. Er behauptcr, daß die Patientin von bösen Geistern besessen sei und oerordnete behufs deren Austreibung, daß sich die ganze, aus 1214 Personen verschiedenen Alters und Geschlecht« bestehende Familie der Besessenen, die überdies Wöchnerin ist, drei Tage und drei Nächte hindurch in ihrem Zimmer einsoerren, sich von allen Nahrungsmitteln enthalten und ohne Unterbrechung laut beten füllen. Diese Anordnungen wurden nun ganz buchstäblich befolgt, sämmtstche Fensterläden und Taücen des Hauses fest verschlossen und von der ganzen darin befindlichen He'ctlschafc nunmehr oeran laut geoe.'et, daß die Nachbar'bist in ihrer Nichtrnhe gestört wurde. Es en.stand ui der Nacht eine große Aafccgnng, eine große Menschenmenge sammelte sich vor dem Hauff an, welche mit Entschiedenheit das Einstellen des Betens und die Entfernung des H'xen neusters begehrte. Diesem Verlangen wurde jedoch keine Folge geleistet, obgleich dasselbe schließlich durch Iternwürfe gegen die Fenster unterstützt wurde. Von Seiten der Polizei wurde endlich die Ruhe hergestelll. Des andern Morgens stattete der Ita- tionskommandant von Ooerndorf mit 2 Landjägern der betenden Familie einen Besuch ab. Oer Hexenmeister war bereits verduftet.

Ulm, 27. I iui. Kaufmann Allgöwer im Haienoad hatte für das Mnnsterjubllänm eine größere Quantität feiner Würste kommen lassen und dieselben zur Konservirnng m seinem Wirthschaftskellcc am Galqenberg. ansbewahrt. Dieser wurde erbrochen und ausgeplündert. Hoffentlich werden diese Feinschmecker der strafenden Gercchcigkeit nicht entgehen.

Ulm, 30. Juni, Vorm. 11 Uhr 30 M. Glänzender Verlauf des großartigen Festes (der 500jährigen Grundsteinlegung des Ulmer Münsters)! 10 Uhr 30 fahren II. MM. der König und die Kö­nigin vor dem Festpasillon an. frendigst begrüßt! Gleich darauf be­ginnt der Zug, eine starke halbe Stunde lang. Ueber alle Erwartung gelungen und herrlich! Prachtsgestalten, vortrefflich gewählte Farben, meist Originalwaffc.i, viel Origtnalschmnck, Kostüme, reizende Ulmcr- inen zu Fuß, zn Wagen, zu Pferd. F scher fuhren einen Toni mit Trommelbegleitnng vor den Majestäten auf. Einzelne Persönlichkeiten, ganze Gruppen werden von der Zuschanermenge mit Jubel begrüßt, Biele charakteristische Musik zu Faß und zn Pferd. Wetter über­aus günstig.

Schaffhausen, 28. Juni. Zwei Malergehilsen waren mit dem Anstrich einer eisernen Umzäunung eines nach dem Rheine hin« gehenden Hauses beschäftigt. Um auch an der dem Rheine zugekehrten Seite ihre Arbeit vorznnehmen, benützten dieselben ein Schiffchen, Allein die Wellen des hoch angeschwollenen Stromes rissen dasselbe fort, ohne daß die Beiden sich, wie es scheint, an dem Gitter festzu« hatten vermochten, .das Schiffchen schlug in den brandenden Wozew um und die Unglücklichen versanken, ohne daß ihnen Hilfe gebracht werden konnse. Ihre Leichname sollen bei Waldshut aufgestscht worden sein. Der Rhein war um jene Zeit so anzeschwollen, daß ein bedeu­tender Theit der Stadt unter Wasser stand. Kurze Zeit vor dem. soeben erwähnten Unglück fielen dort zwei Kinder in den sog. Gerber­bach, wovon eines ertrank, das andere aber gerettet werden konnte.

Hanau,28. Juni. DemFranks. Journal" wird geschrieben: Vor einigen Wochen fand man eines Morgens bei dem benachbarten! Langen-Diebach den dortigen Müller Ditter ans seiner Wiese in der Nähe der Mühle erschossen, offenbar von dritter Hand. Die sofort eingeleitete Untersuchung hat bis jetzt noch keine Spur auf den Thäter ergeben, obwohl auf dessen Entdeckung die Hinterbliebenen einen Prei» von 500 -M. ausgesetzt haben. Die anfängliche Meinung, daß Ditter als das Opfer einer Begegnung mit Grassamen-Dieben, welche dort oft Vorkommen, gefallen sei, hat nichts für sich; man vermulhet deß« halb einen Racheakt in Folge verletzter Famitienehre, indeß ohne be» stimmten Anhaltspunkte.