Die Wauderversammlung des landw. Vereins in Ostelsheim am Sonntag, den 24. Juni war eine der zahlreichsten, die der Verein je gehalten, und hatten namentlich auch die benachbarten Orte Gecbingen und Althengkett ein zahlreiches Eontingeut gestellt. Der BereinSvorstand, Hr. OAmann Doll, sprach auch in seiner Begrüß' ungsrede seine Freude darüber aus, und meinte, das Vorurtheil gegen Hie Wahl des Sonntags habe sich glänzend widerlegt; die Tagesordnung sei speziell für die hiesige Gegend gewählt worden und er bitte Jedermann, seine Erfahrungen später ohne Scheu mitzutheilen, da man gekommen sei nicht bloS um zu lehren, sondern auch um zu lernen. Nachdem er sodann Hrn. Pomolog Fritzgärtner von Reutlingen der Versammlung vorgestellt hatte, hielt dieser einen äußerst belehrenden Vortrag über die Anlage und Pflege von Baumschulen, veranlaßt durch den mangelhaften Zustand der Gemeindebaumschule, Lie er Vormittags in Begleitung der Baumwärter inspicirt hatte. Die Baumschule, sagte er, ist die Grundlage der ganzen Baumzucht, deren sicheres und lohnendes Gedeihen davon abhängt, wie jene be- handeltu.gepflegt wird; denn von demBesitzer derBaumschuleerwartctman dis Garantie dafür, daß der Baum aus seiner Schule auch gedeihe. Bisher kaufte freilich Mancher nur Wildlinge aus dem Walde, oder Bäume vom Händler oder auf dem Baummarkt. Allein der Händler kauft nur der Billigkeit nach und nur solche Sorten, die schnell auf- gewacksen sind, wie sie z. B. aus der Gegend von Nürnberg massenhaft zu uns gebracht werden. Aus den dortigen großen Baumschulen werden die Bäume schon mit 3 Jahren abgegeben, zwar schön be»! wurzelt, aber mit dünnen kurzen Stämmen, und, was die Hauptsache! ist, mit Sorten, die nicht für uns paffen. In dieser Beziehung sind ^ wer in Deutschland und Württemberg wohl berathen, indem wir ge-Z nau wissen, welche Sorten wir zu wählen haben, und es ist also je-! dem Baumschulcnbesitzer an die Hand gegeben, die richtigen Sorten! zu pflanzen. Anerkennung aber verdient es, wenn eine Gemeinde! selbst eine Baumschule anlegt, wie z. B. Ostelsheim vor 12 Jahren! gethan hat. Zwar find damals Fehler gemacht worden, allein dieß! lag in dem damaligen Stand der Kenntnisse. Für eine ricktig ange- legte Baumschule hat man Folgendes zu beachten: Der Baum ent-! steht aus dem Kern, je nach der Gattung, d. h. der Apfelbaum aus dem Apfelkern, der Kirschbaum au« dem Kirschenkern u. s. w., die Sorte jedoch kann nicht durch Kernaussaat vervielfältigt werden, da jeder Kern eine andere Sorte bringt. Dieß kommt von der Befruchtung während der Blüthezcit her, welche durch den Samen- staub der verschiedensten Sorten ausgeführt wird. Zur Vermehrung der Sorte dient einzig und allein das Holz, d. b. die Veredelung des Wildlings durch da» Aufsetzen eines edlen Zweiges, und find auf diese Weise die mehr als 8 Millionen tragbarer Obstbäume im Lande, die einen so großen Reichthum desselben bilden, hergestellt worden; Wildlinge sind zum größten Theile werthlos. Früher war die Meinung Verbreitet, daß ein Baum dauerhafter sei» wenn er als Wildling gepflanzt und später in die Krone veredelt werde. Allein wenn er eben einmal gepflanzt ist, so kommt man in den meisten Fällen nicht mehr dazu, ihn zu veredeln, und dann ist es auch im Allgemeinen nicht richtig, daß die Wildlinge dauerhafter sind» als veredelte Bäume, weil unter den Sämlingen Pflanzen von der verschiedensten Natur, harte und weiche, sind. DaS Beste ist also, sich die Pflanzen selbst aus Samen zu erziehen, den man beim Mosten aus den Träbern bekommt ^ und auf Gartenbeete in Reihen 14/r" tief und eine Spanne weit auS^ einander säet. Der Samen wird meist noch im Herbste aufgehen, ^ im nächsten Jahre aber Triebe von i/z Meter machen. Diese Pflänzlinge, die in gleicher Weise nach oben» wie nach unten treiben, müssen nun herausgenommen, oben und untm abgeschnitten und piquirt, d. h. mit kleinen Zwischenräumen einzeln gesetzt werden, damit die Ernäh- rungsorgane, die Blätter, durch Austreiben aus den schlafenden Augen vermehrt werden. Im nächsten Jahre ist dann die Pflanze zum Versetzen in die Baumschule fertig. Für die Baumschule darf der Boden nicht zu mager und nicht zu fett, die Lage nicht eine geschützte, son- dern eine freie, offene sein. Der Boden muß durch Rigolen auf 2< tief gelockert werden, wobei der gute Boden in die Tiefe kommt. Wie wichtig diese Lockerung ist, zeigen z. B. die Bäume, die auf angefülltem Boden, Eisenbahnböschungen und dgl. gepflanzt sind und dort a m üppigsten wachsen. (Fortsetzung folgt.)
— Mezingen, 23. Juni. Diesen Morgen nach 1 Uhr wurden vir durch die Glocken des RathhauseS geweckt: eS brennt! und wirklich brannte das Conrad Handel'sche früher Gottlieb MUller'sche Tuchfabrikgebäude. Da» Feuer hatte sich, bis Hülfe kommen konnte, schon über den ganzen Dachstock verbreitet, welcher auch bald znsammen- stvrtzte. Durch den durchgebrannten Dachboden theilte sich da- Feuer dem Websaal mit, welcher auch völlig ausbrannte. Schon glaubte snan den mittlere» Stock, die Spinnerei zu erhalten» aber nicht nur diese, auch der untere Stock, der Maschinenraum ist diesen Morgen Hänzlich ausgebrannt. Es konnte nicht» gerettet werden, als die
oornen angebaute Wohnung. Zum Glück war die ganze Nacht Windstille. Unsere Feuerwehr lhat ihr Möglichstes und zu lobe» ist besonders die Ruhe und Stille, mit der sie arbeitete. Vor 1L Jahren brannte der Dachstuhl der Fabrik ebenfalls ab.
— Reutlingen, 23. Juni. Heute Nacht wurde nach der »Schwarzw. Krztg.- ein junger Mensch verhaftet, welcher sich Abends in das Haus de« Herrn U. A. ^napp eingeschlichen hatte und, olr er ruhig war, die Comptoirthürc zu erbrechen versuchte. Das Geräusch wurde von einigen Lcuken des Geschäftspersonals gehört, welche den Einbrecher überraschten und der Polizei übergaben, kr ist 18 Jahre alt und Lehrling in einem hiesigen Geschäfte.
— Münsinqen, 24. Juni. In dem benachbarten Orte Dot-- tingen wurde gestern eine alte Wittwe. welche in einem Ausdingflüb- chen bei ihrem Sohne lebte und durch ihre Uarrinlichkeit den Ihrige» zur Last war, in sitzender Stellung todt unter Umständen gefunden, welche noch am gleichen Tage ein gerichtliches Einschreiten oeranlaßlen. Der Sohn der Verstorbenen wurde alsbald in gerichtliche Haft genommen und heute auch deren Schwiegertochter a» das OberamtSge- richt cingeliefert.
— Vom Ries, 24. Juni. Der Postbeamte Kellcrmann, der mit nahezu 40,000 ^ unterschlagenen Geldern vor 4 Wochen verschwand, ist endlich in Paris aufgegriffen und dieser Tage mit dem bei ihm noch Vorgefundenen Gelde im Betrage vou 20,000 an das Bezirksgericht Donauwörth abgeliefert worden. Obwohl derselbe seine Flucht mit verschlagenster List und vorsichtigster Berechnung betrieben, glaubte er sich doch iu Paris, wo er sich zu seiner weiteren Ausbildung theure Sprachstunden geben ließ, zu sehr sicher und schickte einige Geldpapiere, die er dort nicht gut anbringen konnte, einem Freunde nach Miltenberg. Dieser machte sofort Anzeige von der Sache und auf Requisition des Bezirksgerichts Donauwörth war es der Pariser Polizei ein Leichtes, denselben festzunehmcn und nach Donauwörth zu übermitteln, denn Aellermann hatte seinem Freunde in Miltenberg die genaueste Adresse von seinem Aufenthalte in Part- gegeben. Ein Handelsmann in Nördlingen kommt am schlechtesten bei der Sache weg. Derselbe hat sich von einem Geschäftsfreunde in Augsburg 10,000 schicken lassen, die er aber wegen Porto-Er- sparniß zu bloß 3000 ^ deklariren ließ. Obwohl es ihm gelungen ist, nachzuweisen, daß das Geldpaket, das Kellermann auch mitlaufen ließ, nicht bloß 3000, sondern 10,000 enthielt, bekommt er von der Postverwaltung nur die dcklarirte Summe vergütet und für die anderen 7000 hat er das Nachsehen.
— Freiburg, 23. Juni. Vorgestern Vormittag hat dahier nach der „KarlSr. Ztg.- ein junger Mann Namen« Viltaii die Wittwe des Schieferdeckers Morschhäuser mit einigen Revolverschüsscn getödtel und hierauf sich selbst auf gleiche Weise das Leben genommen. Die Beweggründe, die den jungen Mann zu der blutigen Thal veranlaßt, sind noch nicht aufgeklärt; doch spricht man vielfach von finanziellen Verlegenheiten, zu denen ec durch die Wittwe Morschhäuser gebracht worden sei. Daß der Doppelmord mit Einwilligung der gemordeten Frau geschehen sei, ist nach den vorliegenden Umständen nicht anzunchmen.
— Berlin, 22. Juni. Ein höchst frecher Raubansall wurde am Freitag Nachmittag zwischen 2 bi» 3 Uhr an dem vielen Berlinern, ganz besonders den Börftubesuchern wohlbekannten Rentier Salomon ausgeführt. Der alte Herr wohnt Koppenplatz 8 in eigener Wohnung, die von einer Wirthschafterin versehen wird. Mit der peniblen Pünktlichkeit alter Junggesellen geht und kömmt Herr Salomon zu und von der Börse. Diese seine Gewohnheit haben jedenfalls Strolche studirt. Al» Herr Salomon am Freitag Nachmittag von der Börse kam und in seinem Hause den ersten Treppenaufgang beinahe erreicht halte, faßte ihn ein junger, anständig gekleideter Mann plötzlich von hinten am Kragen, riß ihm seine schwere goldene Uhr nebst Kette aus der Tasche und verschwand, da er plötzlich im Hause eine Thür gehen hörte. Der ganze Vorgang war da» Werk eines Augenblicks. Der alte Herr war so erschrocken, daß ihm Kräfte und Sprache schwanden und er unfähig war, um Hilfe zu rufen. Der Strolch ließ, als er sich entfernte, einen schweren Stock auf der Treppe zurück, der der Polizei übergeben wurde.
— Köln» 25. Juni. Ein gestern stattgehabtcS Erdbeben scheint sich über die ganze nördliche Hälfte der Rheinpro-inz erstreckt zu haben» wenigstens find der ,Kr. Ztg.- aus Solingen, Köln, Stol- berg, Eschweiler, Jülich, Aachen, Herzogenrath und Wesel Mittheilungen darüber zugeganzea.
— Schwerin, 23. Juni. Man schreibt der »Post*: »Ein schreckliches Unglück hat sich diese Nacht in dem Dorfe Hornkateu bei Ludwigslust zugetragen. Daselbst ist nämlich eia Gebäude niedergebrauut und haben dabei dreizehn Personen ihren Tod in den Flammen gefunden.-
— Metz. 24. Juni. Die in dem benachbarten Diedenhofen aus- gebrochene Trichinose hat bi» jetzt gegm 100 Personen, vorherrschend