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Buckörnckorei.

M769

Mittwoch, de» 24. März 1926.

100. Jahrgang

Billigung der Regierungserklärung.

Die Mißtrauensvoten der Deutsch- nationalen und Kommunisten abgelehnt.

Berlin, 24. März. Die Schlacht ist geschlagen. Sie hat mit einem Erfolg der Regierung geendet- Die Mißtrauensvoten sind mit ungefähr zweihundertfünfzig gegen hundertvicrzig Stim­men abgelehnt worden. Der Billigungsantrag der Regierungs­parteien hat sogar nur in einfacher Abstimmung bei der Oppo­sition das Spiel verloren. Der Kanzler kann also, wenn er sich nur an die Zahlen hält, mit dem AuSgang zufrieden sein. Der zweit« Tag der Aussprache war wesentlich interessanter als der erste.

Die Sensation des Tages war ein Duell zwischen Herrn v. Tirpitz und dem Kanzler. Zehn Jahre sind es gewiß her, seit man den Großadmiral auf der Rednertribüne des Reichs­tages sah. Unmittelbar vor Beginn seiner Rede hatten die Drutschnationalen nun doch ein Mißtrauensvotum gegen den Kanzler und den Außenminister eingebracht Herr v. Tirpitz hat es aber nicht begründet. Er sprach zur Versöhnung und unterschied sich hier im Ton sehr stark von dem Grafen Westarp. Gewiß nannte auch er Genf eine Niederlage unserer politischen Methode, gewiß sagte auch er» daß unsere beiden Delgierten stark sich die Hände gebunden hatten, um frei weiter verhandeln zu können, abr er wollte doch über die Zurückziehung unseres AusiiahmegesuchS nicht hinaus, wobei dahingestellt bleiben mag ob es Zufall oder tiefer liegende Absicht war, daß er im letzten Satz seiner Rede nicht nur daSdeutschr Volk, sondern auch den Reichspräsidenten von der Verantwortung und der Bindung des Genfer Ergebnisses befreien wollte.

Der Kanzler erwiderte sofort, nicht ganz geschickt, indem «r in die Rede des Großadmirals hinein interpretieren wollte, als Hobe er sich mit dem Ergebnis von Locarno obgefunden Er gab bei der Gelegenheit zu, daß wir die Freiheit, unser Ein- trittSgcsuch, zurückzuziehcn, noch haben u. nur entju-idc» müs­sen, vb wir d, 4 Gesuch zurückziehen wollen .'der nicht. Er gab ferner zu, daß die AbmachungenvonLocarno nicht juristisch, aber doch .-o.tti'ch uni Anspruch auf m i ich che Ling geben, die wir bisher noch vermissen. Daß der Kanzler zum Schluß unter großer Heiterkeit in:ö Hauses sich dazu bekannte, er habe nie­mals «ine bestimmte politische Stellung eingenommen, war sicher nur ein Zungenfehler,' er wollte sich nur von den partei­politischen Fesseln freihalten.

Der Rest der Aussprache brachte eigentlich nur noch Er­gänzungen, zumeist parteipolitischer Art. Die Dinge waren jetzt zur Abstimmung reif. Die Abstimmung bot freilich ihre Schwie­rigkeiten, da nicht weniger als sechs verschiedene Anträge Vor­lagen. Die Deutschvölkischen hatten sich wieder den Scherz eines Vertrauensvotums" geleistet, das durch Uebergang zur Tages­ordnung erledigt wurde. Die Mißtrauensvoten der Kommuni­sten und Deutschnationalen wurden abgelehnt, ebenso der An­trag auf Zurückziehung des Ausnahmrgesuches in den Völker­

bund. Es blieb nun noch bestehen der Billig--»,gsaiürag der Regierungsparteien, zu dem die Wirtschastspartei einen Ergän­zungsantrag eingebracht hatte, worin sie verlangte, daß unser Eintritt in den Bölkerbuno nur erfolgen könne, wenn inzwischen keinerlei Veränderungen im Rat eingetreten seien. Die An­nahme dieses Antrages hieße die Bewegungsfreiheit der deut­schen Regierung stark einschränken. Die Ablehnung dagegen könnte wieder im Auslande mißverstanden werden als Ansdruck des deutschen Willens, um jeden Preis in den Völkerbund hin- einzugehen. Die Regierungsparteien halsen sich dadurch aus der Verlegenheit, daß sie diesen Zusatzantrag als überflüssig erklär­ten. Trotzdem wäre cs besser gewesen, wenn er nicht gestellt worden wäre. So verfiel er der Ablehnung und der Villignngs« antrag wurde gegen die Opposition der Völkischen, der Deutsch- nationalen sowie -er Kommunisten angenommen. Damit ist dieses Kapitel abgeschlossen.

Die Billigungsformel der Regierungsparteien.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Der Reichstag billigt dir Erklärung der Reichsrrgiernng und die Haltung der deutschen Abordnung in Gens. Er be­dauert den den berechtigten rutschen Erwariungen nicht ent­sprechenden Ausgang der Genfer Verhandlungen. Der Reichs­tag erwartet von der Reichsregierung die alsbaldige Erwirkung von Garantien dafür, daß die Rückwirkungen des VcrtragS- wrrkrs von Locarno, insbesondere im besetzten Gebt«, mir größter Beschleunigung einer den berechtigte« deutschen Fe­derungen Rechnung tragenden Lösung zugesührt und so bereits vor dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund die Erklär­ungen wirksam werden, die zwischen den am Vertrage von Lo­carno beteiligten Möchte» in Genf über die Anfrechterhaltung und Fortführung der Locarnopolitik vereinbart worden sind.

Die Berliner Presse zur Annahme der Billigungsformek.

Die Germania bemerkt, daß sich mit erfreulicher Klarheit die Tatsache hcrausgestcllt habe, daß trotz des Fehlschlagcs von Genf eine große Mehrheit des Reichstages entschlossen ist, in Ucbcreinstimmung mit der Regierung die Locarno- und Dölker- bundspolikit fortzuführen. Die Tägliche Rundschau hebt in ihrer Besprechung der gestrigen Abstimmung hervor, es sei ein eigentümliches Schauspiel bei den Abstimmungen immer wie­der zu sehen, wie die Deutschnationalen und die Kommunisten gemeinschaftlich gegen die Regierung sich von den Sitzen erheben und gemeinschaftlich die gleichen Stimmzettel abgeben. Man wolle die Rechtscntwicklung und treibe durch ein solches Vorge­hen zu einer Annäherung zwischen der bürgerlichen Mitte und der Sozialdemokratie. Das Berliner Tageblatt meint, die gestrige Abstimmung habe gezeigt, daß wir auf dem Gebiete der Außenpolitik schon die Große Koalition hätten. Der Vor­wärts stellt fest, daß es durch die Entscheidung der Sozial­demokratie bei der bisherigen Außenpolitik bleibe. Der Ber­liner Lokalanzciger sagt, Luther und Stresemonn ha­ben ihre Billigungsformel weg und die Reichsregierung könne sich jetzt wieder ihren Steuersorgen und dem ganzen Geschiebe hinter den Kulissen, das mit diesen untrennbar zusammenhängt, mit ungeteilter Kraft zuwenden.

Chamberlains Bericht über Genf.

Beginn der Genf-Debatte im engl. Unterhaus.

' London, 24. März. Gestern begann im engliichm Unterhaus die Debatte über den Genfer Fehlschlag. Nach scharfen Angrif­fen Lloyd Georges gab Thamberlain folgende Er­klärung ab:

Es sei absolut unwahr, daß er !->ri-and irge.rdwrlche Verspre­chungen gemacht habe, sondern er habe, so oft er mit Vriand zusammengrtroffen sei, ihm immer wieder deutlich erklärt, daß er keinerlei bindende Abmachungen eingehen körne und drtz er sich nach den Instruktionen seiner Kollegen werde richten müssen. Als er nach Gens gegangen sei, Hab« er die Instruktion gehabt, daß der Dölkerbundsrat auf keinen Fall in i-gende'ner Weile geändert werden solle, wenn diese Aenderung Deutschland hin­dern würde, in den Bund einzutreten. Deutschland müsie erst in den Rat eingetreten sein, um dann mitverantwortlich für alle spätere« etwaigen Aenderungen im Rat zu sein. Ferner Habe England verlangt, daß nur di« Großmächte in dem Rat vertreten sein sollten. Die Ansprüche von Spanien sollten be­rücksichtigt werden. Polen und Brasilien sollten auf keinen Fall diesmal Mitglieder werden. Für Polen sollte eventuell ein Vicht permanenter Sitz arrangiert werden, wenn Deutschland damit einverstanden sei. Am Schluß seiner Rede sagte Eham- berlain, daß, wenn das Haus sich gegen ihn entscheiden sollte, er das nicht beklagen würde, sondern er dann ln seiner Zurückgezo­genheit Trost darin finden würde, daß er di« auswärtigen Be­

ziehungen und die internationalen Beziehungen in Europa bes­ser verlassen habe, als er sie gesunden habe zu der Zeit, da er lein Amt übernommen Hobe.

So sehr er im eigenen Lande angegriffen worden sei wegen seines angeblichen Betruges an den Deutschen, die Deutschen selbst hätten ihn niemals einer solchen Handlung wegen gezie­hen. In Paris habe er keine Abmachungen über Pol,n noch mit Spanien getroffen. Er habe sich auf den Standpunkt gestellt, auf dem die britische Regierung immer Lei ichnlichen Gelegenheiten gestanden habe. Er habe abgelehnt, irgendwelche Versprechungen den Spaniern zu machen. Man dürfe nie vergessen, daß alle Mitglieder im Bunde gleiches Recht hätten. England sei kein Diktator, könne keine Diktatorrolle in Genf spielen und wolle das auch nicht tun.

Als Brasilien sein Beto eingelegt habe, habe von diesem end­gültigen Entschluß nur der brasilianische Delegiert« und die deutsche Vertretung gewußt. Alle anderen Delegierten, seine Perstm eingeschlofsen, haben erst an dem Donnerstag morgen im Sitzungssaal erfahren, was Brasilien zu tun sich entschieden hätte. Frankreich habe sich von vornherein auf den Standpunkt gestellt, daß Deutschlands Eintritt von Frankreich nur «nt«r- stützt werden könne, wem, Deutschland keinerlei Bedingungen stelle. So sei es von vornherein abgemacht worden.

,,Wi» haben keine Ursache, Deutschland Vorwürfe zu machen," sagte d«r Minister,aber die deutschen Minister können auch uns kein« Vorwürfe machen." Als Deutschland seinen Antrag stellte, sei ihm mitgeteilt worden, es dürfe keine Bedingungen stellen. Ts sei niemals betont worden, daß Deutschland Werl

Tages'Spiegel.

Im Reichstag wurde in Fortsetzung der Aussprache üb«, Gent der Billigungsantrag der Regierungsparteien in einfacher Ab­stimmung mit großer Mehrheit angenommen.

Reichsfinanzministcr Dr. Reiuhold verteidigte im Ste"erausschuß °es Reichstags das Steuerkompromkß gegen die Kritik der Deutichnatjonalen u«d Sozialdemokraten.

Der Ael.estenrat des Reichstags hat gestern beschlossen, dir Ta­gung des Reichstags bis 31. März aaszudehnen, damit noch das Steuermildrrungstompromiß erledigt werden kan«.

Bei einer interfraktionellen Besprechung ist gestern eine gru»v. sätzlich- Ucbereinsiimmung o«r Regierungsparteien über »aS Steucrkouipromig zustande gekommen.

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Im englischen Unterhaus begann gestern die Debatte über die Gcnscr Völkerbundstagung. Chamberlain verteidigte seine

Haltung in Genf gegen heftig« Angriffe Lloyd Georges.

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Strzynski sprach gestern im auswärtigen Ausschuß des polnischen Sejms über die Genfer Verhandlungen.

darauf lege, daß keine andere Nation gleichzeitig in den Rat eintrrten solle. Wenn dies früh genug bekannt gewesen wäre, dann hätte man sich sicherlich einigen können. Es sei eben ein Mißverständnis gewesen. Man hätte vielleicht die Sache noch nachher lösen können, wenn alles in einer öffentlichen Sitzung hätte behandelt werden können. Er sei nach Genf gegangen mit drei großen Gefahren: 1. daß Deutschlands Eintritt unter den Bedingungen geschehe, welche die in Locarno begonnene Eini­gung wieder zerstört hätten, 2. daß der Eintritt Deutschlands durch Uneinigkeit unirr den Locarnomächten verhindert worden wäre. Diese beiden großen Gefahren seien überwunden. Die dritte Gefahr sei, daß eine Macht ihr Veto einlegtc. Das hätte man nicht verhindern können. Aber man hätte wenigstens er­reicht, daß der Geist von Locarno bestehen geblieben wäre. Aus der Reise nach Genf hätte Chamberlain Briand erklärt, daß ei sein« Stimme nicht für Polen abgeben könne und keine andere Macht gleichzeitig in den Rat ausgenommen werden dürfe. Dem spanischen Botschafter habe er im Zug dasselbe gesagt. Im übrigen habe er selbst keine freie Hand gehabt, als er nach Genf gekommen sei, sondern bestimmte Instruktionen.

Chamberlain endete, er Hab« sein Amt zu einer Zeit über­nommen, wo noch immer großes Mißtrauen zwischen Frankreich und England bestanden und die Aussöhnung mit Deutschland noch garnicht begonnen habe.Ich habe die Freundschaft und das Vertrauen zwischen Paris und London wiederhergestellt", sagte er.Auf dieser Grundlage haben wir das Gebäude auf- geführt, welches die Aussöhnung unserer beiden Nationen mit Deutschland bedeutet. Wenn dies meine letzten Worte als Au­ßenminister sein sollten, so will ich hinzufügen, daß Großbritan­niens Einfluß jetzt größer ist, als zu irgend einer Zeit seit dem Kriege." _

Hirrdendrrrgs Rheinlandbesuch.

Der Reichspräsident an "en Oberpräfidenteu der Rheinprsvinz.

TU Berlin, rz. März. Der Reichspräsident hat nach seiner Rückkehr aus dem Rheinland, wo er an den Besreiungsfeiern in Köln. Bonn und Krefeld teilnahm, an den Oberpräsidenten der Rheinprovinz folgendes Handschreiben gerichtet:

Zurückgekchrt nach Berlin ist es mir ein aufrichtiges Be­dürfnis, dem Herrn Oberpräsidenten für die überaus freundliche Aufnahme, die ich bei den Behörden, wie in allen Kreisen der Bevölkerung des befreiten rheinischen Gebietes gefunden habe, meinen herzlichsten Dank zu sagen. Ich habe von diesem Be­such große und bleibende Eindrücke mitgenommen und aus der freudigen Begeisterung, die alle Vefreiungsfeirrn so schön be­seelte, die Gewißheit gewonnen, daß das klinische Volk aus der Not der letzten Jahre, in seiner Liebe für Staat uiS» Reich ge­stärkt und gefestigt hervorgegangen und bestrebt ist, die Einig­keit, die in den Stunden der Gefahr alle zusammengeschlossen hat auch in der Zukunst treu zu wahren. Ich bitte Sie, der Bevöl­kerung der geräumten Zone meinen herzlichsten Dank und der gesamten Rheinprovinz meine besten Wunsche für ein« baldige Ueberwindung der zurzeit bestehenden wirtschaftlichen Nöte und für ihr künftiges Wohlergehen zu übermitteln. Unser aller sehn­lichster Wunsch ist, daß das gesamte Rheinland bald wieder in Freiheit mit uns vereint sein möge. Ein besonderes Wort des Dankes möchte ich den Führern und Beamten der Schutzpolizei sagen, deren umsichtiges und musterhaftes Verhalten ich mit be­sonderer Hochachtung anerkennen muß. Ich bitte Sir, den betei­ligten Kommandeuren und Beamten der Schutzpolizei, wie auch den städtischen Polizeiorganen meinen Dank zur Kenntnis zu bringen." Ebenso hat der Reichspräsident in persönlichen Schrei­ben dem Oberbürgermeister der Stadt Köln, dem Oberbürger­meister der Stadt Bonn, dem Rektor der rheinischen Friedrich- Wilhelm-Universität und dem Oberbürgermeister der Stadt Kre­feld seinen herzlichen Dank für die freundliche Aufnahme und die mannigfaltige Begrüßung, die er in diesen Städten gefun­den hat, zum Ausdruck gebracht.