Se. K. Maj. haben vermöge Höchster Entschließung vom 8. v. M.' die evangelische HelserSstelle in Calw dem Repetenten Theodor Häring in Tübingen, zu übertragen geruht.
Kammerberrcht.
— Stuttgart, 16. Okt. Die zweite Kammer nahm heute den von Schmid und Gen. gestellten Antrag, betreffend die Erhaltung der den Gemelndebehör-' den zustehenden streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit, sowie den Antrag von Mohl und Gen. in BerathuNg, wornach den Genteinhen ihre Zuständigkeiten und Obliegenheiten auch in der PokzeistrafgerichtSbärkclt, dem Hypo- tbekenwesen und dem Schuldklag- und Executionswesen erhalten bleiben sollen. Nach den Antragstellern v. Schmid und Mohl sprach sich der Herr Präsident j,eS Staatsmimsteriums v. Miltnacht ü)er die Anträge aus, indem er den Stand der Reichsgesetzgebung erläuterte und Modifikationen an den Anträgen wünschte, welchem Wunsch dann später von Schmid durch Weglassung der Worte »in ihrem seitherigen Umfang" entsprochen wurde, v. Schad, v. Wöllwarth, Pfeiffer erklärten sich gegen die Anträge wegen mangelnder Vor- bereitung, Beutter, Elben (Cannstatt). Haug sprachen für die Anträge, worauf nach Ablehnung des von Schad beantragten Uebergangs zur Tagesordnung /mit 61 gegen 18 St.), der Antrag von Schmid und Gen. mit 62 gegen 17 St. angenommen, und auch der Antrag von Mohl und Gen. angenommen wurde. l-St' A.)
_ Stuttgart, 13. Okt. Art. X. des Reglements für den
internationalen Telegraphendienst uni» mit demselben übereinstimmend die Telegraphenordnung kür das Deutsche Reich bestimmt über d. Abfassung der Privattelegramme Folgendes: 1)jdie Adresse d. Pcioattelegramme muß immer so beschaffen sein, daß die Zustellung an den Adressaten ohne Nachforschungen oder Rückfragen stattfinden kann. 2) Dieselbe soll für die großen Städte die Angabe der Straße und der Hausnummer, oder in Ermangelung dessen die Angabe der Berufsart des Adressaten, oder andere ähnliche Bezeichnungen enthalten. 3) Selbst für die kleineren Orte soll der Name des Adressaten womöglich von einer solchen ergänzenden Bezeichnung begleitet sein, um im Falle von Verstümmelungen des Eigennamens der Bestimmungsstation einen Anhalt für die Bestellung zu gewähren. 4) die Angabe des Landes, in welchem der Wohnort des Adressaten liegt, ist erforderlich mit Ausnahme der Fälle, wo dieser Wohnort eine Hauptstadt oder ein bedeutender Ort ist, dessen Name nicht mit dem einer anderen Ortschaft gleichlautet; diese Angabe wird den gebührenpflichtigen Worten zugezählt. 5) Die Telegramme, deren Adresse den vorgeschriebenen Anforderungen nicht ent- spricht, sollen nichtsdestoweniger befördert werden. 6) In jedem Fall trägt aber der Aufgeber die Folgen der Unvollständigkeit der Adresse.
— Stuttgart. Gestern (Sonntag) Abend wollte ein Mann auf dem Cannstatter Bahnhof aus dem um 7 Uhr 10 Min. hier abgehenden Zug nach Waiblingen herausspringen, als der Zug schon in Bewegung war, fiel jedoch herab und kam unter die Räder, wobei er, aufs Gräßlichste verstümmelt, auf der Stelle todt war.
_ Cannstatt. 16. Okt. Am Vormittag des 4. Okt. miethete
der in Rorschach in Arbeit gestandene Steinhauer Carl Schcihinz von hier eine Gondel und fuhr etwa eine halbe Stunde weit in den Bodensee hinaus, wo ihm wahrscheinlich ein Unglück zustieß, denn die Mannschaft eines am Mittag abgegangenen Dampfers beobachtete die leere Gondel und brachte sie in den Hafen; das Innere der Gondel trug allenthalben Blutspuren.
— Tettnang, 15. Okt. In der Nähe hiesiger Stadt ereignete sich diesen Morgen ein bedauernswerther Unglücksfall. Ein Mann wollte mit seinem etwa 5 Jahre alten Kind zur Kirche. Das Kind lief etwas bälder vom elterlichen Hause weg, kaum war es aber eine kurze Strecke von demselben entfernt, als es von einem Hunde angefallen und zu Boden gerissen wurde. Es erhielt 3 Bisse in den Kopf. Der Vater hatte glücklicherweise bald ein Gewehr zur Hand, mit welchem er die Bestie erschoß.
— Ulm, 12. Okt. Als gestern Vormittags sich einige Steigerungslustige vor der Wohnung des Bauunternehmers Wolf in Neu-Ulm oersammelten, bei welchem der Gerichtsvollzieher um 9 Uhr eine Auktion über dessen Mobilien abzuhalten hatte, drang plötzlich dicker Rauch aus den Fenstern des Wohnzimmers. Beim Eindringen fand man die Möbel mit Erdöl getränkt lichterloh brennen, den W. selbst erhängt im Nebenzimmer. Er wurde sogleich abgeschnitten und es gelang, ihn zum Leben zurückzurufen; er verfiel jedoch hierauf in Raserei, so daß er in einer Zwangsjacke ins Bett gebunden werden mußte, während die Versteigerung vor sich ging.
— Aus dem wü rtte m b erg isch e n Allgäu, 14. Okt. Der Kameralamtsbuchhalter und ein Jncipient zu Wangen kauften bei einem Ausflug in Lindau einen sechsläufigen Revolver. Am vergangenen Freitag spielte nun der Jncipient Schädel von Jsny in der Kanzlei mit demselben und lud einen Lauf und sprach: Also mit dem kann man schnell aus dem Leben gelangen. Er setzte hierauf das Geschoß an die Stirne, fieng an einen leeren Lauf um den andern loszuknacken, und zählte dabei 1, 2, 3, 4. Der Buchhalter rief: Halt! Der Ueber- müthige erwiderte: Es ist noch ein leerer Lauf vorhanden. Er hatte einen Schuß nicht gezählt. Der Schuß krachte und das Projektil drang dem Unvorsichtigen über der Nase in den Gehirnknochen. Den Aerzten war es bis heute nicht möglich, die an der Stirne noch sichtbare
Kugel herauszuziehen und so leidet der Junge unsägliche Schmerzen»' und zudem soll der Zustand ein hoffnungsloser sein.
— Friedrichs Hafen, 13. Okt. Dem Salondampfer »Kaiser, Wilhelm' ist auf seiner gestrigen Tour Friedrichshafen-Liudau (Vorm. 11 Uhr) ein Unfall passirt, der die ziemlich zahlreichen Passagiere in nicht geringe Angst versetzte. In Höhe von Hagnau füllte fi-i das Schiff plötzlich in seinem Innern sehr stark mit Dampf und ver- sagte die Maschine den Dienst. Die Führer des Schiffs selbst waren im ersten Moment bestürtzt und wurde die Nothflagge aufgehißt. Der Dampf war durch das Keffelventil auSgeströmt, dessen erst neuerdings beliebte Kautschukpackung sich somit nicht bewährt hat. Das 11 Uhr 30 Min. von Konstanz auslaufende Kursschiff »Christoph' nahm die Passagiere des „Wilhelm' auf und brachte sie nach überstandepenr Schrecken wohlbehalten in hiesigen Hafen. Wie groß die Angst der Passagiere gewesen sein mag, dürfte die Thatsache kennzeHmen, daß- , viele derselben yiedergekniet waren und betend , die Hände gefaltet, ihrem Schicksale entgegensahen.
— Pforzheim, 17. Okt. Je mehr neues Reichsgeld unter dir Menge kommt, desto häufiger tauchen auch falsche Münzen auf. Na- mentlich 50>Pfennigstücke und 20-Pfennigstücke scheinen besonders nach» geahmt worden zu sein. Erstere bestehen aus Nickel und sehen,, so lange sie noch neu sind, den echten täuschend ähnlich. Befühlt man dieselben jedoch genau, so merkt man schon an der eigenthirmlichen Weiche des Geldstückes, daß es nicht echt ist. 20-Pfennigstücke werden theils aus einer pappenen Masse, theils aus KompositionSmftall.hergestellt. Bei der Niedlichkeit und man möchte sagen, Gewichtslosigkeit dieses kleinen Geldes ist es sehr schwer, sofort echtes, und falsches zn unterscheiden. Man sei also aufmerksam, besonders aber, wenn man eine größere Anzahl solcher 20-Pfennigstücke bekommt, da dann die Täuschung fast, nie entdeckt wird.
— Mannheim, 13. Okt. Die Jungen in der hiesigen Volksschule folgten den Experimenten in der Physik mit größter Spannung. »Wenn mein Apparat nur größer wäre (Elektristrmaschine rc.), so wollte ich euch noch schönere Dinge vorführen,' sagte neulich der Lehrer beiläufig. Als er nach drei Tagen in die Schule trat, da stand ein großer neuer Apparat da und ein Zettel: „Die dankaliren Schüler ihrem Lehrer'.
— Oberwinter, 13. Okt. Kürzlich brachte ein hiesiger Winzer einen auf seiner Wache am Waldessaum angetroffenen und getödteren» wahrscheinlich vom Westen herübergelaufenen greulichen Traubendieb ins weinreiche Städtchen hinein, nämlich ein 200 Pfund schweres» Wildschwein, dessen Magen einen Eimer voll. Trauben enthielt.
— Lahr, 13. Okt. In den letzten Tagen konnte man die erfreuliche Wahrnehmung machen, daß sich unsere Polizei mit besonderer Sorgfalt der Milchkontrole annimmt, und zwar mit reichem Erfolg, denn eine Menge Milchkannen wurden sammt ihrem Inhalt konfiSzirt und in der Wachtstube in Verwahrung genommen. So wurde bei etwa 6 Milchlieferanten aus Dinglingen die Milch konfiSzirt und weggeschüttet, da es sich herausgestellt hatte, daß sie mit 2 /z Wasser vermischt war. Recht so, daß die Polizei diese Angelegenheit in so wirksamer Weise in die Hand nimmt, meint die »Lahrer Zeitung'.
— Kehl, 15. Okt,/ Gestern kurz vor Mittag, wurden wir durch ein Erdbeben erschreckt, welches sich durch wiederholte heftige Stöße kundgab, durch welche die Fenster klirrten, leichte Gegenstände umstelen» schwerere in bedenkliches Schwanken geriethen. Die Naturerscheinung» welche schon Abends vorher im Oberlande bemerkt wurde, hielt nur einige Sekunden an und war zum Glück nicht stark genug, um größeren Schaden anzurichten.
— Berlin, 10. Okt. Dem Pundesrath ist seitens des Reichskanzlers eine Vorlage gemacht mordest, in welcher derselbe nach den in Süddeutschland gemachten Erfahrungen beantragt, unter Abänderung des Art. 4 des Gesetzes vom 9. Juli 1873 den Gesammtbetrag der Reichsfilbermünzen von 10 Mark auf 15 Mark für den Kopf der Bevölkerung zu erhöhen. Jm-Falle der Zustimmung des BundrsrathS soll ein entsprechender Gesetzentwurf dem Reichstag in der bevorstehenden Session vorgelegt werden.
— Berlin, 14. Okt. Seitens der Reichsbank werden jetzt auch Noten von 100 Mark in großen Beträgen auszegeben; dieselben sollen die zur Zeit noch in Umlauf befindlichen Hundertmark-Noten der Preußischen Bank ersetzen. Letztere werden, sowie sie in die Bank zurückfließen, nach und nach aus dem Verkehr gezogen, ohne daß indeß vorläufig eine Einrufung derselben auf einen bestimmten Termin erfolgen dürfte.
— Berlin. Die Erwartung, daß der Bnndesrath sich ohne Weiteres mit dem Beschlüsse der ReichSjuftizkommission einverstanden erklären werde, an Stelle d^r von dery Bundesrath einstimmig befürworteten selbstständigen Handelsgerichte Handelskammern bei den Landgerichten zu errichten, dürste nicht erfüllt werden. Gegen den Beschlußder Justizkommission wird von sachverständiger Seite der Einwand erhoben, daß