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Baltvlo Ciexa,. gut gtschlossen, eivgeliefert, welcher wegen mehrerer Raubmorde, begangen in seiner Heimath Mamivgo, wo er Gastwirth war, von den italienischen Gerichten seit Jahren verfolgt worden ist. Derselbe wurde in der Gegend von Schmalkalden, wo er sich am Eisenbahnbau beschäftigt und durch einen mit seinen Familicuangehöri- gen gepflogenen Briefwechsel selbst vcrrathen hoben soll- ergriffen. Der Mörder blieb im hiesigen Hasendirektivnkxefängniß über Nacht und wurde heute früh von den preußischen Ger.sdarmcn der eidgenössischen Polizei in Romanshorn Übergeben, von wo er über den Simplen oder Splügen an Italien ausgeliefert wird.

Dmch den gemischten Zug 68 der Hcbenzvllerbahn wurde am 23. l. M., 5 Uhr Morgens zwischen den Stationen Balingen und Engstlatt ein unbekannter Mann überfahren und getödtet, wobei Grund zur Annahme eines Selbstmords vorliegt.

Villingen, 21. Bug. Unsere Schwarzwaldindustrieausstell- ung nimmt einen erfreulichen Fortgang und werden immer noch neue Gegenstände ausgestellt. Gestern war dieselbe von ca. 1200 Personen besucht. Neben der Industrie-Ausstellung wird jeden Mittag von 25 Uhr eine solche für Alterthümer, deren Gegenstände in dem hübschen Saale des alten Rathhauses sich befinden, zu sehen sein. Es findet sich in derselben Manches von Interesse und zeigt sich nach dem ausgegebenen Katalog, daß noch so manch schönes Stück von dem bekannten Hans Kraut in Thon zu sehen ist. Auch in Waffen, Zunftschilden, Folterwerkzeugen, Kirchenrequisiten aus den früheren Klöstern hier, Oelgemälden, Schnitzereien rc. findet sich noch viel Sehens- werthes.

Lahr, 23. Bug. Auf dem gestr. Jahrmärkte wurden verschiedene Diebstähle verübt. Bei solchen Borkommnissen u. anges. des wüsten Treibens an solchen Tagen durch die Marktschreier und Schwindler aller Art, fragt dieL. Z.", wozu eigentlich die Jahrmärkte noch nützen. Wir können keinen Nutzen davon einsehen, schreibt d. Blatt, u. wen man darüber hört, ist der Ansicht, daß die Jahrmärkte aufge- hoben werden sollten. Selbst die Wirthe, die ja in erster Linie Nu­tzen davon haben, würden gegen die Aufhebung nichts einwenden.

Konstanz, 22. Aug. Ein bedauerlicher Uvglücksfall hat sich vorgestern in Nenzingen zugetragen. Ein Füsilier des sechsten bad. Infanterieregiments Nr. 114 schoß nämlich am Nachmittag in dem Garten des Waldaufsehers Rudolph Rehm, bei dem derselbe sich zur Zeit im Quartier befand, mit seinem Tienstgewehr auf ein ausgestelltes Brett, wobei die Kugel nach Durchbohrung des letzteren den gerade auf einem Fußwege in einer Entfernung von etwa 160 Metern vorüber- gehenden Rathschreiber Schappler v. dort in den rechten Oberschenkel traf, so daß sie durch einen alsbald herbeigeholten Militärarzt heraus­geschnitten werden mußte. Der Verletzte befindet sich noch zur Zeit in Behandlung des betr. Arztes, welcher sich dahin geäußert haben soll, daß kein Knochen verletzt sei. Der Soldat wurde von der Mi­litärbehörde in Untersuchungshaft genommen.

Erbach (im Odenwald), 21. Aug. Wie schon früher berichtet, ist der Kassierer des hiesigen Kreditvereins ohne Urlaub auf Reisen gegangen. Man war wohl auf einen Abmangel gefaßt, daß dieser aber 56,000 »kL betragen werde, ahnte Niemand. Der Verein wird zu liquidsten genöthigt sein und zahllose Prozesse und sonstige Unan. nehmlichkeiten werden ihm nicht ausbleibcn.

Berlin, 22. Aug. Ueber die Theilnahme von Kindern an öffentlichen Tanzlustbarkeiten namentlich auf dem platten Lande sind in Preußen viele unliebsame Wahrnehmungen gemacht worden. In Folge dessen ist von den Behörden eine Verfügung ergangen, wonach Kinder im schulpflichtigen Alter nicht mehr den öffentlichen Tanzlust, barkeiten beiwohnen sollen. Im Betretungsfalle hat ihre Entfernung zu erfolgen, und die Wirthe, welche dem Aufenthalte solcher Kinder in ihren Lokalen Vorschub leisten, sollen durch Konzessionsentziehung bestraft werden. Andererseits soll in den Schulen den Kindern der Besuch solcher Tanzbelustigungen gleichfalls verboten werden.

Thann in Ober-Elsaß, 21. Aug. Am 15. d. M., also am Tage Maria-Himmelfahrt (bekanntlich früher als Napoleonstag ge­feiert), wurde den Bewohnern der nunmehr deutschen Grenzorte Ober- sulzbach, Merzweiler und Aue, sämmtlich im Kanton Masmünster gelegen, eine seit dem Jahr 1870 nicht mehr dagewesene Erscheinung zu Theil. Es zeigte sich nämlich eine Abtheilung berittener franz.Artillerie von etwa 15 Mann, zusammengesetzt aus 1 Lieutenant, 2 Unteroffi­zieren, mehreren Gefreiten und Gemeinen, auf ihren Dienstpferden in vollem Schmuck der französischen Uniform und wohlbewaffnet. In Obersulzbach wurde Halt gemacht und der kriegerische Muth mit einigen Litern Elsässer Weines aufgefrischt. Ganz behaglich mag es den kühnen Reitern nun doch nicht gewesen sein, denn sie frugen vor« sichtig, ob nicht preußisches Militär in der Nähe sei; die nächste Gar- nison ist, beiläufig gesagt, in Mühlhausen, etwa 6 Stunden von den mildem Besuche beehrten Ortschaften entfernt. Als Zweck ihres Besuches ^aben die Herren an, das Elsaß, welches sie doch bald wieder erobern

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würden, sich ein wenig ansehen zu wollen. Ein Abends zwischen den Grenzaufsehern und Bauern entstandener Wortwechsel dürfte lediglich auf den sicher nicht gewünschten Besuch zurückzuführen sein. Die Un» tersuchung in Betreff dieser übermüthigen Grenzverletzung ist bereits im Gange.

Paris, 20. Aug. Ter Minister des Innern de Marcere und der Bautenminister Ckristcphle reisten gestern nach Domfront (sie sind beide aus dieser Stadt gebürtig) ab, um dort an einem landwirthschaftlichen Feste Theil zu nehmen. Der Präfekt der Orne sowie alle Behörden der Stadt waren anwesend und der Präsekt sowohl wie der Maire hielten Ansprachen. Der Bautenminister Christophle, Depulirter von Domfrvnt, äußerte:Sie begrüßen in uns Freunde und Kameraden; Sie begrüßen auch die Mitglieder der Regierung, die Sie lieben und der Sie dienen. Als Ihre Freunde und Kame­raden drücken wir mit Herzenswärme die Hand, die Sie uns dar­reichen. Als Mitglieder der Negierung sagen wir Ihnen: Sie kön­nen sicher sein, daß, so lange wir uns auf dem Vertrauensposten be- finden, auf den wir gestellt sind, die Fahne der Republik hoch und fest aufrecht gehalten werden wird.- Diese Worte wurden mit gro­ßem Jubel ausgenommen. Tic Bevölkerung hotte ihre Stadt festlich geschmückt und legte große Begeisterung an den Tag. Die Rufe: Es lebe die Republik! Es leben die Minister!" wollten kein Ende nehmen. Nach Berichten aus Nancy ist der republikanische Depu- tirte Claude von einem Blitzschläge getödet worden.

Petersburg, 22. Aug. Bemerkenswerth bei dem Besuch des Kaisers von Brasilien ist, daß für denselben, der sich weniger für Paraden, als für Unterrichtswesen und Gelehrsamkeit interessirt, die Schulen, Gymnasien, Bibliotheken in Stand gesetzt, die Häuser ge­ziert, die Lehrer besonders benachrichtigt wurden, ja wie man behauptet, fingen einige Realschulen ihren Herbstkursus früher an, damit sie Dom Pedro schon im Gange finde.

Am 12. Aug. feierte der deutsche Turnverein in Konstantinopel, der mehr als 70 Mitglieder (auch Oesterreicher und Schweizer) zählt, sein Jahresfest, d. h. seinen zweiten und Turnvater Jahn's soundso­vielten Geburtstag in den schön dekorirten Räumen des deutschen (teutonischen) Handwerkervereins. Der Präsident Dr. Mordmann hielt eine Rede. Dem Turnwart und Gründer Buchhändler Keil wurde feierlichst ein silberner Ehrenbecher überreicht. In deutscher / Gemüthlichkeit zog sich das Fest unter Vorträgen und fröhlichen Tän­zen der schmucken weißen Turner mit den weiblichen Blüthen der deut- scheu Kolonie bis zum späten Morgen hin.

KonstantinoPel, 23. Aug. Türkische Zeitungen versichern, Mukhtar und Mahmud Pascha werden, nachdem sie Verstärkungen erhalten haben, mit Derwisch Pascha den Angriff auf Montenegro beginnen. Eine Depesche aus Nisch vom 21. August meldet, die Türken zerniren Alexinatz, dessen Bombardement unmittelbar bevorstehe.

Se m l in, 21. Aug. 40,000 Türken unter Abdul Kerim Pascha erneuerten gestern den Angriff auf die bei Teschnitza konzentrirten Serben. Wiederholte Angriffe der Türken sind abgeschlagen worden; ein Flügel der Serben hatte sogar einen partiellen Erfolg und gieng zur Offensive über. Das Gefecht dauerte bis 6 Uhr Nachmittags. Heute früh neuer Kampf gegen die Hauptstellung Tschernajeff's bei Alexinatz. Eine größere Schlacht wird erwartet. Auch an der Drina und am Jbar haben die Türken die Offensive ergriffen, aber bis jetzt erfolglos.

Wunderbare Geschichten kommen aus wunderbaren Ländern. Aber die jüngste Mittheilung aus Indien ist, obgleich wunderbar genug, durchaus glaublich. Sie ähnelt sehr einem Vorfall, der, wie man sich erinnert, vor einigen Jahren sich ereignete, als die Eisen­bahn von Madras nach Shoranore an der Malabarküste dem regel­mäßigen Verkehr übergeben ward. Diesesmal jedoch ist die Szene auf eine Eisenbahn in Indien verlegt. Als ein Zug in guter Eile daherfuhr, bemerkte der Lokomotivführer, wie eine Heerde Elephanten aus ihn zu kam. Er ließ sofort die Pfeife ertönen und sein Gehülfe begann zu bremsen. In einem Augenblicke jedoch waren sie in die Heerde hineingerathen. Der Leit Elephant, ein gewaltiger Hauzahn, war anscheinend durch die Pfeife nur wüthend gemacht und griff den vorrückenden Zug an. Es gab einen entsetzlichen Zusammenstoß, der Elephant ward auf eine Seite gestoßen, verstümmelt und fand, sich krümmend, sein Ende. Der Zug kam nach einer Reihe von heftigen Stößen, die ihn fast aus dem Geleise brachten, zum Stillstand vor den Körpern zweier anderen Thiere aus der Heerde. Viel Schaden war nicht angerichtet; aber die Passagiere waren sehr erschrocken und die Lokomotive war an der Vorderseite beträchtlich zerschlagen. Der Hauzahn ward von einem im Zuge reisenden Engländer abgethan» seine Zähne in Sicherheit gebracht und der Zug setzte seine Reise fort. Die Uebrtgbleibenden der Heerde rissen aus und kehrten sich erst in der Entfernung von einer Meile etwa auf einem kleinen Hügel um. Dann schauten si e blöde und dumm dem davon eilenden Zuge nach.

(Hiezu Nro. 35 des Unterhaltungsblatts.)