Der Abschluß der Lebensversicherungs- und Ersparnlß-Bauk zu Stuttgart für das erste Halbjahr 1876 documentirt auf's Neue die gesunde Entwickelung dieser größten Anstalt des südlichen Deutsch­lands. Vom 1. Januar bis Ende Juni 1876 giengen ein 1806 Anträge über 9,559,000. wodurch sich der Versicherungsstand auf 108,725,000. hob, die sich auf 29,319 Policen vertheilten. Die­ses fortschreitend günstige Ergebuiß ist wohl hauptsächlich dem Um­stande zuzuschreiben, daß die Bank in der Lage war, stets gute Rech­nungsabschlüsse vorlegen zu können, die es ermöglichten, für das Jahr 1876/77 z. B. eine Dividende von 38o/g der Prämien zurückzuver­güten, wodurch sich natürlich die Letztere bedeutend vermindert. Seit dem Bestehen der Gesellschaft, also seit 22 Jahren, ist diese Verthei- lung fast die gleiche geblieben, indem die jährliche Durchschnitts-Di- vidende für diesen Zeitraum 37 , 70/0 beträgt. Jede bezahlte Jahres­prämie hat AnspruH auf Dwwende, und würden z. B-, wenn die Dividenden bis zum 60. Jahre angesammelt werden, je nach der Höhe des Eintrittsalters die Versicherten aus den Zinsen die fort­laufende Prämie bezahlen können. _

Küchenkaien-er über Wild und Fische im Monat August.

Empfehlenswert- und daher gesetzlich erlaubt: Hirschwildpret. Rehwildpret vom Bock. Wildenten. Vom 15. August ab: Hasen. Fasanen. Rebhühner. Wachteln. Salm. Rothfisch. Forellen und Neschen. Aal. Karpfen, Barben, Barsche. Hecht. Krebse.

Ungesund oder unzeitgemäß und deßhalb verboten:

Wildpret von Hirschkühen und Rehgaisen.

Stuttgart» 2. Aug. Montag Abend fuhr ein Wagen mit Brettern in die Einfahrt eines Hauses in der Nähe des Pönitentiar- hauses; derselbe fiel um und drückte dem verheiratheten Dienstknecht Ernst Löffler von Dettenhausen den Brustkasten ein, ko daß er schon nach Verlauf von 10 Minuten im Stationslokal, wohin er verbracht worden war, starb.

Stuttgart. Auf den vom Gemeinderath auf Ausdehnung des Maulkorbzwangs auf alle Hunde der Stadt Stuttgart gestellten Antrag hat, wie zu Beginn der gestrigen Sitzung von dem Vorsitzenden Oberbürgermeister Dr. v. Hack mitgetheilt wurde, das K. Minister­ium des Innern mit Erlaß vom 10. zu erkennen gegeben, daß eS die Erlassung einer allgemeinen Vorschrift, wodurch geboten würde, daß allen Hunden im Lande beständig Maulkörbe anzulegen seien, nicht für angemessen erachte, hiedurch aber der gesetzlichen Befugniß des Gemeinderaths Stuttgart in der fraglichen Richtung eine! für den Umfang des Gemeindebezirks geltende polizeiliche Verfügung zu er­lassen, in keiner Weise eine Schranke angelegt haben wolle. Von Seiten des Vorsitzenden wird hiezu bemerkt, daß er bereits nach Ber­lin, Dresden und München Anfragen über die dort in Beziehung auf Hunde bestehenden polizeilichen Vorschriften erlassen habe und es nach deren Beantwortung Aufgabe der Polizei-Abtheilung sein werde» den Gegenstand weiter zu behandeln. Das Kollegium erklärt sich damit einverstanden.

Nürtingen, 30. Juli. Gestern stand ein 17jähriger Jüng­ling wegen Diebstahls vor dem hiesigen Oberamtsgerichte; derselbe wollte sich nach dem Verhör nicht mehr in den Arrest abführen lassen und sprang endlich aus dem Gerichtssaale 2 Stock hoch auf die ge­pflasterte Marktstraße hinab. Wunderbarer Weise beschädigte er sich nicht und nahm Reißaus, wurde aber bald angehalten und dem Ge­richt zurückgegeben.

Heidenheim a/B., 31. Juli. In Heldensingen verlor eine Familie vorgestern ihr achtjähriges Kind (ein Mädchen) auf gräßliche Weife: Die Mutter hatte eine Wäsche und entfernte sich, um Wasser zu holen; während der Zeit kam das Kind an das Feuer, wodurch sich sein Schurz entzündete. Schreiend sprang es nach seiner Mutter, während seine Kleider in Helle Flammen geriethen. Bis Hilfe nahte, war das Kind so schrecklich verbrannt, daß es nach wenigen Stunden unter schrecklichen Schmerzen verschied.

Mulfingen, OA. Künzelsau, 27. Juli. DemA. v. I." wird geschrieben: Gestern Abend ereignete sich hier ein trauriger Fall. Der hiesige Bürger Böhm sen. wurde, da er in seinem Weinberg im Altenberg arbeitete, Abends V 26 Uhr vom Blitze getroffen und war auf der Stelle todt. Der Blitz traf ihn auf die Stirne, versengte den Bart, zerfetzte die Kleider an der vordem Seite des Leibes und riß selbst- die Stiefelröhren von einander.

Frankfurt, 28. Juli. Ein zahlreiches Geleite von schmerz­lich ergriffenen Freunden und theilnehmenden Bekannten folgte heute Morgen den irdischen Ueberresten eines unserer Mitbürger nach dem Friedhofe. Man brachte den in seinem Berufe verunglückten Thierarzt Fr. Heinrich Fischer, zur letzten Ruhestätte. Am 13. Juni wurde er bei Untersuchung eines wuthkranken Hundes von diesem verletzt. Rasch wandte er alle erforderlichen Vorsichtsmaßregeln an. Doch ver­folgte ihn von dem Tage an eine Unruhe, die, obwohl er sie zu

Iverbergen suchte, seinen näheren Freunbm nicht entgieng. Sie verließ ihn auch nicht ganz, als die ersten kritischen Wochen vorüber waren und man eine Infektion für sehr unwahrscheinlich hielt. Er mochte ahnen, daß ihm im Rathe des Schicksals ein hartes Loos beschicken war. Leider trafen seine Befürchtungen ein. Aus Rücksicht für seine nächste Umgebung faßte er den Entschluß, seinem Leben lieber ein Ende zu machen, den er durch Cyankali auch zur Ausführung brachte.

Karlsruhe, 29. Juli. Vorgestern hat sich ein verheiratheter Postbeamter auf eigenthümliche Weise entleibt. Er setzte sich auf den Fenstersims des Abortes im 3. Stock des von ihm bewohnten Hauses, schnitt sich den Hals durch und stürtzte sich hierauf auf das Pflaster des Hofes, wo man ihn todt fand. In Pforzheim ist die Frau des Bierbrauers O. Keppel nach dem Genuß einer Wurst, offenbar an Wurstgift gestorben.

Mainz, 30. Juli. Das Schützenfest wurde gestern unter ko­lossaler Betheiligung von auswärtigen Schützen und sonstigen Gästen bei herrlichstem Wetter eröffnet und sind im Laufe des Tages 7500 Eintrittskarten gelöst worden. Innerhalb des Festplatzes wurden 4000 Flaschen Schützenwein und 73^ Hektoliter Bier konsumirt.

Kassel, 27. Juli. Man schreibt demFr. I." Die Familie des Geh. Regierungs.Raths Wiegand dahier, welcher übrigens Krank- heits halber schon seit längerer Zeit seine Dienstgeschäfte nicht mehr versieht, hat in diesen Tagen ein schwerer Unfall betroffen. Ein Sohn derselben, Lieutenant im 68. Infanterie-Regiment, ist nämlich in Cob» lenz beim Scheibenschießen von mehreren Kugeln getroffen worden und an den erhaltenen Wunden alsbald verschieden. Der unglückliche Mann war erst kürzlich zum Offizier ernannt worden.

Berlin, 28. Juli. Nach Berichten aus Spandau soll in der dortigen Garnison, vornehmlich in den Kasernen der Zitadelle, das Fieber in einer selten dagewesenen Weise grassien. Es sollen zur Zeit 80 Mann per Kompagnie im Lazareth liegen. Dabei wird die merk­würdige Thatsache konstatirt, daß die Mannschaften nach ihrer Ent­lassung aus dem Lazareth sofort wieder vom Fieber befallen werden, so daß man den Grund dieser Erscheinung wohl nicht mit Unrecht in den Ausdünstungen des Festungsgrabens und der Ackerflächen sucht, welche im Frühjahre überschwemmt waren. Einzelne Bataillone sollen demnächst diesen üblen Einwirkungen entrückt werden und ein Lager bei Tegel beziehen.

Man bezweifelt, nach einer Berliner Korresp. derAllg. Ztg." in Berlin, daß die Türken ihren Offensivstoß energisch verfolgen wer. den, da sie bei einem Einmarsch in Serbien ein Halt seitens Ruß­lands befürchten. Aus russischen Regierungskreisen soll der hohen Pforte deutlich zu verstehen gegeben sein, daß der Zar kaum im Stande sein werde, das nach Krieg gegen die Mohammedaner stürmisch ver­langende russische Volk zurückzuhalten, falls die Türken die serbische Grenze überschreiten und die slavischen Brüder zu Paaren treiben soll - te. Gleichzeitig scheint man in Konstantinoxel die Frage zu er- örtern, was die vorübergehende Besitzergreifung Serbiens nützen kann, da Rußland in eine Machtserminderung Serbiens und Montenegro's, deren Besitzstand es gewissermaßen garantirt hat, niemals willigen wird.

Aus Baiern, 28. Juli. Ueber das gestern Nachmittag 4 Uhr zwischen den Stationen Jmmenstadt u. Oberdorf stattgehabte Eisen­bahnunglück erhalten wir folgende weitere Mittheilung. Der Kurier­zug Nr. 164 entgleiste im sogen. Werthensteiner Moos, die der Lo­komotive angehängten 11 Wagen geriethen aus den Schienen, muth- maßlich durch einen Achsenbruch an einem Personenwagen verursacht. Der Postwagen und ein Waggon wurden nach stattgehabter Entgleisung wieder in das Geleise zurückgeriffen, ohne daß die Insassen derselben Schaden erlitten. Die anderen Waggons glitten die Böschung hinab, von diesen überstürtzten sich zwei derart, daß 11 Reisende minder oder mehr Verletzungen erlitten. Zwei Damen trugen Beinbrüche, ein Kn-be einen Armbruch davon; der genannte Zug traf mit den Rei­senden gestern Abend IH/z Uhr im hiesigen Bahnhof ein. Die zwei Damen mußten zur Heilung in Jmmenstadt Zurückbleiben. Die Per­sonenwagen sind fast alle zertrümmert, hauptsächlich der sächsische Waggon, in welchem die zwei Damen und ein Kind saßen. 40 Min. nach der Katastrophe war die erste Hilfe von Jmmenstadt an Ort und Stelle, nach einer Stunde der HilfSzug von Kempten. Die Zahl der stärker Beschädigten ist 5. Die seit gestern nach dem Un- falle kursirenden Züge mußten an betreffender Stelle umparkirt werden und gelangten mit 12stündiger Verspätung heute zu den Endstationen. Der Bahnkörper soll im Laufe des heutigen Vormittags wieder fahrbar hergestellt werden.

Wien, 29. Juli. Gestern ist dem auswärtigen Amte aus Konstantinopel die vertrauliche Mittheilung zugegangen, daß Sultan Murad am 27. Juli die Abdankungsurkunde» die man ihm auf seinen eigenen Wunsch vorgelegt, unterzeichnet habe, und daß in derselben der jüngere Bruder des Sultans, Abdul Hamid, zum Nachfolger in der Herrschaft ernannt sei. Dieser Anzeige war die Bemerkung beigefügt.