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gold noch 25,000 mehr betragen. Diese Behauptung ist in keiner Weise nachgewiesen, ich kann auch die Berechnung nicht für richtig holten. Einmal wären von jenen 25,000 mehr noch die 10,000 ^ in Abzug zu bringen, welche rin Privatmann von Calw vfferirt, sodann aber, da der neuaufgefundene Steinbruch ganz in der Nähe des Bauplatzes sich befindet, und da von hier ans täglich ca. 6 Fuhren auf den Platz gebracht werden können, würden sich umgekehrt die Transportkosten des Materials in Calw um die Hälfte niederer stellen, als in Nagold, wo man die Steine von Ebhausen und Egenhausen auf IV 2 Stunden Wegs bciführen muß. Obgleich hiernach bei richtiger Würdigung aller influirender Verhältnisse zn erwarten gewesen wäre, daß die Wahl zu Gunsten Calws hätte ausfallen sollen, obgleich ich ferner nachgewiesen zu haben glaube, daß die Frage noch nicht spruchreif ist, vielmehr ein Antrag auf weitere gründlichere Untersuchung durch die Finanz-Commission unter Zuziehung von Technikern begrün- -et wäre, so enthalte ich mich doch, einen derartigen Antrag zu stellen, itt der Erwägung, daß das projektirte Bauwesen eines der dringendsten und unaufschiebbarsten ist und alsbald in Angriff genommen werden muß, wie in der weiteren Erwägung, daß ohne Zweifel auch das Kult-Ministerium nur aus diesem Grunde siine früheren Einwendungen gegen den Bau in Nagold aufgegeben hat. Ich überlasse nun vertrauensvoll das weitere Urtheil dem hohen Hause. Mag dieses ausfallen wie cs will, ich kann mich dabei beruhigen, in dem Bewußtsein, daß ich meine Schuldigkeit gethan und nicht blos im Interesse Calws, sondern auch im Interesse der Anstalt selbst und ebendamit auch im Interesse des Landes gehandelt habe.
Vlivrrlei Ii» OalH».
Bei sehr gut besetztem Saale fand letzten Donnerstag das erste Gastspiel der ersten Liebhaberin Frl. Pankine Lukk vom Stadttheater in Breslau statt, in der Titelrolle des bekannten schönen Schauspiels „Philippine Welser". — Wir freuen uns, unsere vollste Anerkennung über das schöne, tief ergreifende Spiel des verehrl. Gastes aussprechen zu können, die schon durch ihr imposantes Erscheinen und das sympathische Organ die Herzen der Zuschauer gewinnt. Das Äück wurde den Verhältnissen gemäß, zur vollsten Zufriedenheit auf- geführt, sämmtliche Mitwirkende waren sichtlich bestrebt, zum Gelingen des Ganzen ihr möglichstes beizutragen, wodurch denn auch den Anwesenden ein schöner Abend bereitet, und manches Thränchen der Rühr- ung hervorgelockt wurde. Wir freuen uns auf ein weiteres Gastspiel dieser vorzüglichen Künstlerin.
— Stuttgart, 27. Juni. Im Eßlinger Schwurgerichtssaal spielte am Freitag bei Eröffnung der Quartalsitzungen eine Szene, die, an sich sehr harmlos verlaufend, doch von prinzipiellem Interesse ist. Ein Mitglied der Volksparthei, Julius Haußmann, durch das L 00 S zum Geschworenen bestimmt, bat nämlich bei Beginn der Verhandlung ums Wort, um dem hohen Schwurgerichtshofe ein Bedenken, das er in Beziehung auf die Eidesleistung habe, vorzulegen, indem er sich gegen Leistung des religiösen Eides verwahrte. Der Gerichtshof verwies dev Geschworenen darauf, mit seinem Proteste zn warten, bis ihn das Loos getroffen hätte. Bei dem ersten Falle löste er sich frei, beim zweiten und dritten wurde er vom Staatsanwalts abgelehnt. So scheint man sich darüber hinwegzuhelfen, allein der Fall wird ohne Zweifel zu öffentlichen Erörterungen über den Livileid Anlaß geben.
— Metzingen, 27. Juni. Eine entsetzliche Rohheit habe ich dießmal zu berichten. Mit dem Rufe: „s'Geld raus!" wurden am letzten Sonntag Abend zwei junge Männer, der Stadtsch.-Assistent und der Rathsschreibereigehilfe von hier, auf der Straße zwischen Kohlberg und hier von 6 jungen Männern aus Kohlberg angefallen. Da sie natürlich nicht gutwillig Folge leisteten, so entstand ein mör-
Dem Rathsschreibercigehilfen wurden Nasenbein
stellte, welche ihn sofort in Haft nahm.
— Göppingen. Montag Abend wurde hier ein schweres Verbrechen versucht. Ein hier wohnhafter, 40 Jahre alter Schneider von Deggingen, OA. Geislingen, welcher seit einigen Monaten den Amts, botendienst zwischen der Oberamtsstodt und zwei benachbarten Land, orten versieht, schoß in seiner Wohnung mehrmals nach seiner Ehefrau und sodann gegen die eigene Brust. Glücklicherweise ist die Frau unversehrt geblieben, da sie der Mordwaffe (Revolver) ansichtig ge. worden, rasch davoneilte und die ihr nachgesendeten Schüsse von unge. übter Hand abgcseuert, ihr Ziel verfehlten. Die Verletzung, die der Verbrecher sich selbst beigebracht hat, wird bis jetzt nicht für lebens. gefährlich erklärt. Die kinderlosen Eheleute sollen schon lange in Unfrieden mit einander gelebt und der Ehemann kürzlich nach dem Ari» kauf des Revolvers denselben seiner Frau mit den Worten gezeigt haben: siehe, das ist dein Tröster, mit dem mache ich zuerst dich hin und dann mich.
— KünzelSau, 27. Juni. In dem benachbarten Dörzbach ereignete sich am vorigen Samstag ein recht trauriger Fall. Um die Frühstücksstunde hörte man in dem Zimmer des dortigen Notariats, gehilfen Sch. aus Niedernhall einen Schuß fallen. Die herbeigeeilte Hausfrau fand den 17jährigen Jüngling todt im Blute liegend. Ein Schrotschuß in das Gehirn hatte seinem Leben ein Ende gemacht. Durch seine strenge Solidität, seine Kenntnisse und seltene Pflichttreue war er der Liebling seiner Eltern wie seines Prinzipals geworden Md ein Selbstmord ist in diesem Fall, zumal auch sonst nicht die leisesten Andeutungen eines Beweggrundes vorliegen, ein psychologisches Räthsel.
— Die Stadt Berlin nimmt für kanalisations- und ähnliche Zwecke eine Anleihe von 30 Millionen cM auf, die gegenwärtig den Ministern des Innern, der Finanzen und des Handels zur Vorbescheid« ung vorliegt.
Frankreich. Paris, 27. Juni. Die„Agence Havas" bringt folgende Meldung: Konstantinopel, 23. Juni. Im Ministerrathe ist der Feldzugsplan gegen Serbien und Montenegro festgestellt worden. Es heißt, der Ausbruch der Feindseligkeiten stehe unmittelbar bevor. — Der „Polit. Korresp." wird aus Belgrad gemeldet: Die Abreise des Fürsten zur Armee ist auf den 30. Juni festgesetzt; an demselben Tage soll das Kriegßmanifest erscheinen, und am 1. Juli für ganz Serbien der Belagerungszustand verkündet werden. Aus Cettinje berichtet dieselbe Korrespondenz die Einberufung aller Montenegriner vom 17. bis zum 60. Lebensjahre und die bevorstehende Uebernahme der Regierung durch den Senat im Namen des Fürsten bis zur Beendig« ung des Krieges.
Paris, 28. Juni. Die „Agence Havas" meldet: Am 5. Juni lief ein Muselmann durch das Judenviertel von Al-Kazar in Marokko mit dem Dolche in der Hand und ausrufend: „O Muselmänner! rächen wir uns an unfern Feinden!" Er stach 11 Juden, von denen 2 sofort todt waren und mehrere lödtlich verwundet wurden. Die Vizekonsuln von Amerika, Italien, England und Spanien haben Garantien für Leben und Eigenthum der Europäer verlangt und werfen dem Pascha vor, es an der nöthigen Wachsamkeit haben fehlen zu lassen.
Gibraltar, 27. Juni. Der,,,Gibraltar Guardian" meldet: In Folge der Instruktionen der britischen Regierung wird Gibraltar in vollständigen VertheidigunzSzustand versetzt. Zwei Schiffe Mit Pulver werden täglich aus England erwartet. Die beurlaubten Offiziere werden zurückberufen. Die Artilleristen montiren die Geschütze.
England. London, 27. Juni. Im Oberhause erklärte Lord Derby auf eine Anfrage von Stratheden, betr. die Vorgänge in Kon- stantinopel, der Stand der Verhandlungen zwischen der Pforte und den Insurgenten sei unbekannt. Ueber das Ergcbniß der Vorschläge und Rathschläge Englands könne er nichts sagen, müsse indessen dringend wünschen, inzwischen das Verhalten der Mächte nicht zu kritisiren. England wünsche eine friedliche Beilegung der Insurrektion, es ver
derischer Kampf.
und Zähne tingeschlagen, dem Stadtsch.-Assistenten die Stiefel abgezogen, während er auf der Straße fortgeschleift wurde, so daß das Gesicht ganz zerfetzt ist. Beide wurden ihrer Uhren, Hüte und ihres! lange nicht, für den einen oder den andern Theil Parthei zu ergreifen; Geldes beraubt. Nachts 1 Uhr kam der Assistent mit der Nachricht dieß sei eine auch bei viel ernsteren Gelegenheiten festgehaltene Regel, hieher, worauf die Unmenschen hinter Schloß und Riegel gebracht wurden.! England glaube, daß der Pforte in ihren eigenen Angelegenheiten die — Reutlingen, 27. Juni. Jugendlicher Uebermuth waren, wie! Initiative gelassen werden muffe und sei bereit, der Pforte und den die „Schw. Kreisztg." schreibt, heute Nacht die Veranlaßung zu einem übrigen Mächten das zu ralhen, was es der christlichen und türkischen UnglückSfall, der möglicherweise einem blühenden jungen Mann von! Bevölkerung gegenüber für das Beste halte. .
18 Jahren, Sohn des jüngst verstorbenen Kaufmanns Pf., das Leben! Amerika. Zwischen New-Iork und San Francisko ist eine kosten kann. Eine Gesellschaft junger Leute feierte gestern Abend einen Eisenbahn-Schnellsahrt auSgeführt werden, dir als die großartigste Abschied, bei welchem es ziemlich heiter zugieng. Es war nach Mit- Leistung und als ein höchst interessanter Beitrag zur Weltausstellung rernacht, als einer der Anwesenden einen Dolch hervorzog und damit angesehen werden kann. Die Strecke von ca. 3500 engl. Meilen seinen Nachbar im Scherz bedrohte; dieser suchte sich möglichst da- (— ca. 1200 Stunden), die der gewöhnliche Zug in 5 Tagen zurücklegt,
gegen zu vertheidigen, allein plötzlich» wohl durch eine unglückliche Wendung erhielt er einen Stich in die linke Brust, der so tief eindrang, daß die Lunge verletzt ist und die schnell herbeigerusenen Acrzte die Wuyde für lebensgefährlich erklärten. Der Verwundete wurde in sein elterliches Haus gebracht
ist in 3>/2 Tagen ohne allen Unfall zurückgelegt worden. Jeden Tag wurden ungefähr 1000 Meilen gemacht, 444 Meilen von New-Aork bis Pittsburg (ca. 150 St.) wurden ohne Anhalten zurückgelegt. Zu der Fahrt war das vorzüglichste Material ausgewählt worden, wie
während der Thäter sich der Polizei! es wohl keine andere Eisenbahn der Welt besitzt. __
Nro. 27 des NnterhaltungSblattS.)
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