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Kellerlöchern auSströmenden Rauch wurde man aufmerksam und fand man dann die Frau schrecklich verbrannt todt vor.

Pforzheim, 12. April. In der Nacht vom 9./10. d. M. wurden aus einem hiesigen Privalhausc mittelst Einschleichens eine Uhr nebst Kette, Portemonnaie, Ringe u. dgl. von einem Nachttische entwendet, während der Zimmerbewohner im Bette schlief. Der Thätcr wurde in der Person eines 17 Jahre alten Bijoutericlehrlings aus Murrhardt ermittelt und gestern von der Polize'mannschaft verhaftet

Berlin, 12. April. Gegenüber von beunruhigenden Artikeln der N. Fr. Pr." über eine Störung des Drei-Kaiser-Bündnisses sagt dieNordd. A. Ztg." :Alle Versuche, das zwischen bin drei Kaiser- Mächten unverändert bestehende Einvernehmen zu stören, erweisen sich woher sie auch kommen mögen, als äußerst kurzlebig und dem Publi­kum kann nicht dringend genug empfohlen weiden, allen Gerüchten, Correspvndenzen und Zeitungsartikeln, welche wissen wollen oder da­zu beilragen möchten, daß sich in diesen Beziehungen etwas ändere, das absoluteste Mißtrauen entgegcnzusetzen. Die WienerN. Fr. Pr." ist daher auch sehr im Jrrthum, wenn sie schreibt:Es riecht und

qualmt auf dem Terrain zwischen Berlin und Petersburg. . . . Eine mangelhaft verhüllte Verstimmung legt sich wie ein Mehlthau auf die politischen Frühlingsgedanken."

Berlin, 14. April. DieKöln. Ztg." schreibt:In Nbge- vrdnetcnkreisen verlautet aus guter Quelle, der Reichskanzler werde in S achen der Reichsbahnen eine geringe Majorität im Bundesrathe schwerlich accepticen, sondern in diesem Falle die Angelegenheit wahr- scheinlich nicht vor den Reichstag bringen und in Preußen selbstständig Vorgehen. Daraus entstand die irrthümliche Nachricht, Fürst mark werde sich keiner geringen Majorität im Bundesrath und, falls die Mittelstaaten in ihrer Opositwn beharren, die Sache gar nicht vor den Bundesrath bringen. Dies wird entschieden bestritten."

Wien, 10. April. Die Lage ist plötzlich wieder sehr ernst geworden und ein unter dem Vorsitz des Grafen Andrassy zusamrnen- gctretener gemeinsamer Ministerrath dürfte Erörterungen nichts weniger als akademischer Natur gepflogen haben. Die Verhandlungen mit den Insurgenten sind als vollständig gescheitert zu betrachten; der Aufstand, in der Herzegowina noch nicht erstickt, gewinnt in Bosnien an Ausdehnung und gleichzeitig fördert Serbien seine nie unterbrochen gewesenen Rüstungen in einer Weise, welche es unmöglich macht, sich noch länger als reinplatonisch zu betrachten. In militärischen Kreisen nimmt man es schon jetzt als ausgemacht an, daß Oesterreich, nach- dem es diplomatisch A gesagt, alsbald militärisch B werde sagen müssen. Es mag diese Anschauung heute noch verfrüht sein, aber leugnen läßt sich nicht, daß sich die Dinge immer bedrohlicher anlassen. Ohne irgend einen Rückhalt'würden die Insurgenten doch einen Kampf nicht fortsetzen wollen, der sich ihnen als ganz aussichts- und hoffnungs- los darstellen müßte.

Frankreich. Paris, 11. April. (Volkskammer.) Leblond legt seinen Bericht vor. der Ablehnung der Amnestie beantragt, da­gegen übereinstimmend mit der Regierung zu dem Antrag auf Ver­tagung der Discussion bis zum 10. Mai gelangt. Mitchell fordert morgige Discussion. Min. Ricard erklärt, er habe die sofortige Discus- sionvorgezogen, habe aber dem Widerstande der Kammer nachgeben müssen. Das Land würde sich, da es bereits die Gesinnung der Kammer be­treffs der Amnestiesrage könne, keinesfalls beunruhigen. Die Kammer vertagt sich auf 10. Mai.

Paris, 15. April. Schnee und Frost war heute Nachts in Paris und einem großen Theile von Frankreich. Eine Depesche aus Bordeaux befürchtet, die Weinernte möchte gefährdet sein.

Paris, 13. April. Es scheint entschieden, die Ausstellung von 1878 werde auf dem Marsfelde und Trocadero stattfinden, wie die Ausstellung von 1867.

Versailles, 11. April. Die Nichtigkeitserklärung von Rouhers Wahl in der gestrigen Sitzung stützte sich auf den Brief des kaiserlichen Prinzen vom 24. Januar, worin dieser erklärt, er habe die Pflicht, seine Autorität als Haupt des Hauses geltend zu machen, und sich als solches für Rouher und gegen die Kandidatur des Prinzen Napoleon als eine ihm feindliche ausspricht. Zu größe­rer Deutlichkeit hatte das bonapartistische Blattl'Aigle" bemerkt, nach diesem Briefe sei es ein Konflikt der Dynastie, über den sich die Wähler auszusprechen haben, und Gavini hatte den Prinzen Na­poleon einen aufrührerischen Prinzen genanvt. Darin sah die Kammer die offene Anmaßung eines dynastischen Rechtes, das im Gegensatz stehe zu dem Rechte des Landes. Die Sprache des jungen Prinzen, hieß es, ist die eines Souveräns. Dadurch ließ sich die Kammer in ihrem Urtheile bestimmen. Uebrigens bleibt, wie schon erwähnt, Rouher Mitglied der Kammer, da er auch in der Auvergne, seiner Heimath, gewählt ist.

Schweiz. Thurgau. In Kreuzlingen ist ein deutscher Kriegs.

invalide» Namens Model, das Opfer bestialischer Rohheit geworden. Auf bloßen Verdacht hin, daß er dem dortigen Metzger Rüesch die jungen Bäume im Garten beschädigt habe, wurde Model von Rüesch und seinem Knecht mißhandelt, dann in Arrest gebracht, und als er sich über diese Behandlung beschwerte, nochmals geprügelt, und derart auf die Pritsche gelegt, daß er in kurzer Zeit den Geist aufgab. Die vorgevvmmene Obduktion soll eine Erdroßlung konstatirt haben. Nach-- dem die Missethäter noch ein paar Tage auf freiem Fuß belassen worden, wurden sie endlich letzten Freitag in das Kantonalgefängniß. in Frauenfeld gebracht. Rüesch soll am Tage nach der Thal sich dieser in Konstanz gerühmt und, als der Leichenzug seines Opfers an seinem Hause vorbeipassirte, denselben durch Grimassen verhöhnt haben. Bezeichnend für ihn ist auch, daß er gleichen Tages, da man ihn nach Frauenfeld transpvrtirte, vom Bezirksgericht Kreuzlingen wegen einer andern Prügelgeschichte zujIO Tagen Gefängniß verurtheilt wurde.

Belgrad, 12. April. Vor dem hiesigen österreichischen Kon­sulate haben vorgestern durch einen Volkshaufen Demonstrationen statt­gesunden. Zwei Bewohner des Hauses wurden durch Steinwürfe verletzt. Die österreichische Regierung hat sofort Satisfaktion verlangt.

Rußland. Petersburg, 13. April.Golos" äußert sich anerkennend über die deutsche Politik und hebt bezüglich des Verhält­nisses Deutschlands zu Rußland hervor, die bestehende Freundschaft entspreche den Interessen beider Länder und sichere den allgemeinen Frieden.

Glasgow. Einen entsetzlichen Selbstmord begieng der frühere Organist und Lehrer Thomson, welcher sich in der letzten Zeit vielfach mit der Leichenverbrcnnungsfrage beschäftigte und Spuren von Geistes­störung zeigte. Am vergangenen Donnerstag machte er seinem Leben durch den Feuertod ein Ende. Er tränkte sein Bett mit Petroleum, wickelte sich ein mit derselben Flüssigkeit stark benetztes Tuch um den Leib und verschluckte zur Hälfte einen Petroleumdocht. Sodann legte er sich nieder und zündete das Bett an, welches bald einen Scheiter­haufen bildete. Die Leiche wurde später fürchterlich entstellt aufge­funden» und war ein Theil seines Baarvermögens, welches der Ver» storbene in Werthpapiere« bei sich trug, ebenfalls verkohlt.

Verwischtes.

Der Tod der Russischen Großfürstin Marie und das 100jährige Jubelfest ihrer Großmutter, der unvergeßlichen Königin Louise, rufew uns eine reizende Familienscene aus den vergangenen Tagen des preu­ßischen Hofes in Erinnerung zurück. Die schöne Kaiserin Alexandra, von Rußland, einst Prinzessin Charlotte von Preußen, der ihre Mut­ter Louise schon in Königsberg eine glänzende Zukunft voraussagte, war mit ihrem Gemahl, dem Kaiser Nikolaus und ihren Kindern Anfangs der dreißiger Jahre am väterlichen Hofe zu Potsdam zum Besuch, wie fast alljährlich. Da hieß es dann in Berlin und Pots­dam einfach: -Die Russen sind wieder da!" Am Grunewalde fanden glänzende Herbstmanövcr statt. Die Soldaten bivouakirten am Waldesrande und waren grade beim Abkochen, als der Ruf durch die Reihen lief:Der König und die Russen kommen!" Aber Nie­mand stand auf oder ließ sich in seiner Küchenarbeit stören, denn so hatte der König es ein für alle mal befohlen:Sitzen bleiben hungrig sein Ruhe haben nicht Notiz nehmen lieb' das nicht!" Bei einer Gruppe von bärtigen Lgndwehrleuten blieben die jungen reizenden Großfürstinnen, Maria und Olga, neugierig stehen und sahen zu, wie die Soldaten so flink und munter Kartoffeln schäl­ten.Das auch können, Kinderchen?" fragte der König lächelnd die Enkelinnen.Wie, noch nicht versucht? Schlimm genug, wer tüchtige Hausfrau werden will, muß zuerst Kartoffel schälen können. Zeigt 'mal was Ihr könnt!" Und die Großfürstinnen kauerten sich am Feuer nieder, nahmen munter die Soldatenmesser und Kartoffeln in die Hand und schälten drauf los. Der lalle König setzte sich auf einen Feldstuhl, kreuzte die Hände über dem Degengriff, legte daS Kinn darauf und sah schmunzelnd zu. Arm in Arm standen Niko- laus und Alexandra, Prinz Wilhelm von Preußen und Großfürst- Thronfolger Alexander von Rußland dabei.Abers Mamsellkens, Sei möten nich so dick schellen, Sei finden jo dat Meiste in bei Schell, wu sölen wi doa satt worden!" sagte ein biederer Pommer. Schellen dei Russen all so dick?" Recht so, Ahlmann," lachte der König, der jeden Soldaten, mit dem er einmal gesprochen, beim Namen kannte.Wir Habens nicht so fett, als die Russen. ZeigtS ihnen 'mal ordentlich, Laß sie es preußisch lernen!" Und Ahl- mann:So möten Sei dat Metzer un so dei Kartoffeln Hollen un dann ümmer fining fining . . ." Und bald gingen die Kar­

toffelschalen wirklich feiner aus den feinen Prinzesinnenhändchen her­vor ... - Von jener fröhlichen Gesellschaft lebt heute wohl nur noch Olga. Königin von Württemberg, ihr Bruder Alexander N., Kaiser v. Rußland, und ihr Oheim, Wilhelm I., Kaiser v. Deutschland!

SiedaHlvn, Druck und Verlag von S. OelschlSger in Calw.