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Küchmkalender über Wild §- Fische im Monst Aprrl.
Empfehlenswerth und daher gesetzlich erlaubt.
Auerhahn. — Birkhahn. — Schnepfen bis zum 15. April. — Salm. — Forellen. — Aal.
Ungesund oder unzeitgemäß und deßhalb verboten.
Hirsch- und Rehwildpret. — Hasen. — Rebhühner. — Schnep. fen vom 15. April ab. — Krebse. — Neschen. — Barsche. — Hecht. — Rolhfisch.
Se. König!. Maj. haben vermöge Höchster Entschließung vom 30. v. M. den Sektionsingenieur Bock in Waiblingen zum Bauinspektor gniid. ernannt.
Kammerbericht.
— Stuttgart, 1. April. (16. Sitzung der Kammer der Standesherrn, die erste nach der Vertagung, Vormittags 10'/, Uhr.) Am Ministcrtisch: der Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegenheiten ». Mittnacht, Finanzminister v. Renner mit Oberbaurath von Landauer. Präsident Fürst v. Waldburg-Zeil heißt die hohen Mitglieder willkommen und bittet dieselben, ihm auch während dieser Sitzungsperiode ihre Nachsicht zu Theil werden zu lassen und mit dem gleichen Eifer wie seither sich an den der Kammer obliegenden Arbeiten ketheiligen zu wollen. Die Tagesordnung führt zum Bericht der volkswirthschaftlichen Kommission über die Erwerbung deutscher Eisenbahnen durch das Reich. Berichterstatter: Genecallieutenant v. Baur. Die Kommission stellt folgende Anträge: 1) die Kammer der StaudeSherrn wolle Angesichts des GcsetzeSenlwurfö, betreffend die Nebernahme der prcuß. Staatsbahnen durch ras Reich, der Königlichen Regierung gegenüber die Erwartung aussprechcn: dieselbe werde ihre eifrigsten Bemühungen darauf richten, das Zustandekommen eines Reichöeisenbahngesctzes in Ausführung der Bestimmungen der Reichsverfassung (Art. 4 Zisf. 8 und Kap. VII.) zu bewirken; dieselbe wolle jedoch der Nebernahme von Bahnen einzelner deutscher Staaten durch das Reich in keiner Weise zustimmen. 2) Im Hinblick auf die offizielle Acußerunq des Herrn Ministers im andern Hause von einer weiteren Interpellation an denselben Umgang zu nehmen. Die Anträge werden ohne jegliche Debatte einstimmig angenommen. Hierauf berichtet Staatsminister Frhr. von Linden Namens der Finanzkommission über die Beschlüsse der Kammer der Abgeordneten zu Art. b des Entwurfs des Finanzgesetzes für das Jahr 1876/77, betreffend die Exigenz iür Erweiterung des neuen Justizgebäubes in Stuttgart. Der Antrag ge ht auf Zustimmung zu den Beschlüssen des andern Hauses. Der Kommissionsantrag wird angenommen. (Schluß der Sitzung.)
— Stuttgart, 1. April. Das Schiller-Denkmal für Marbach, das an des Dichters Todestage, am 9. Mai, enthüllt werden soll, ist nun fertig und gelungen aus der Werkstätte des Erzgießers Pe« larguS hervorgcgangen. Die Statue ist von dem leider im Sommer! v. I. gestorbenen Bildhauer Rau ausgeführt. Sie stellt den Lichter^ in doppelter Lebensgröße in der Tracht seiner Zeit — langem Rock mit breitem Kragen und gestickten Taschen, gestickter langer Weste, Kniehosen und Schnallenschuhen — dar. Haltung und Ausdruck des Kopses ist frisch, frei, begeistert, wie denn das Werk augenscheinlich in einem gewissen Gegensatz zu Thorwaldsens Statue gearbeitet ist. Die Porträtähnlichkeit ist eine frappirende, die ganze Einzelausführung sehr sorgfältig.
— Stuttgart. An einem in die K. Thierarzneischule verbrachten Hunde, der in hiesiger Stadt Menschen und Tlsiere, wenn auch nicht verletzt, so doch angefallen haben soll, wurde die Wuthkrankheit konsta- tirt und deßhalb strenge Hunüesperre ungeordnet.
— Stuttgart. Blond oder braun. Wie man sich erinnert, verlautete vor einiger Zeit amtlich, daß auch unsere Regierung sich aus anthropologischen Rücksichten zur Aufnahme statistischer Erhebungen über die Zahl der Kinder mit blonden oder braunen Haaren, blauen oder braunen Augen u. s. w. entschlossen habe. Ende der letzten Woche cirkulirten die betreffenden Fragebogen in den hiesigen höheren Lehranstalten und wiesen, wie zu erwarten stand, eine große Ucberzahl der braunhaarigen und braunäugigen Schüler gegen die blonden, blauäugigen und schwarzhaarigen auf.
— Rottweil, 31. März. Der Schreiner und frühere Schiff- wirth Pfeiflc von Tuttlingen, (gebürtig von Sulz), welcher im vorigen Herbst wegen Mißhandlung seiner Ehefrau vom hiesigen Schwurgericht zu M/s Jahren Gefängniß verurtheiit worden war, wurde vom, Landesgefängniß in Rotteuburg aus, um in einer Angelegenheit amtlich ^ vernommen werden zu können, nach Tuttlingen geliefert,, erhängte sich aber auf dem Rücktransport ans dem gestern Nacht abgehendcn letzten Zug zwischen Spaichingcn und hier im Arrestantenwagen.
-- Welzheim, 3. April. Am 31. März Nachmittags wurde bes dem Müller Hinderer zur Leinecksmühle bei Alfdorf an 7 Stellen gleichzeitig Feuer eingelegt, welches aber bald entdeckt und durch die Hausbewohner glücklicherweise noch gelöscht werden konnte. Eine der Brandstiftung verdächtige Dieustmagd des Müllers wurde bei der oberamtlichen Untersuchung in Haft genommen und dem K, Oberamtsgerichte übergeben ; dieselbe hat aber noch Nichts gestanden, Heute würde nun abermals Feuer eingelegt, welches ebenfalls sofort wieder gelöscht wurde. Der Müller ist mit seinem Mobiliar nicht versichert und würde durch Abbrennen seines Anwesens bedeutend geschädigt, weßhalb er auch immer auf der Lauer steht, um den Brandstifter zu erchischen.
— Hessigheim, OA. Besigheim, 30. März. Letzten Montag Abend erreignctc sich hier ein Fall, der auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdient. Eine schon ziemlich bejahrte Frau war
auf den unweit der hiesigen Neckarfähre liegenden Wiesen beschäftigt,' als eS plötzlich in ihrem Innern hieß: „Gehe eilend dorthin an den Fluß!" Dem Drang ihres Herzens folgend, ließ sie ihre Arbeit stehen und begab sich alsbald zur berufenen Stelle. Daselbst angekommen, wurde es ihr sogleich klar, wozu sie berufen worden? Denn ein Kind schwamm eben zu ihrem Entsetzen den noch hochzehenden Fluß hinab. Ohne lange mit sich selbst zu Rathe zu gehen, sprang sie, der Gefahr für das eigene Leben nicht achtend, in den Fluß, nach dem Kinde haschend. Mit Gottes Hilfe war sie so glücklich, dasselbe noch recht» zeitig zu ergreifen und vom Tod: des Ertrinkens, dem es schon vcr» fallen zu sein schien, zu erretten. Das Kind war das 2jährige Knäb» lein eines hiesigen Bürgers. Voll innigsten Dankes nahmen die Eltern dasselbe ans den Armen der heldenmüthigen Frau, die große Mühe gehabt hatte, ans dem tiefen Wasser und Schlamm sich her» auszuarbeiten.
— Pforzheim, 4. April. Bor einigen Tagen ergriffen zwei noch schulpflichtige Buben in Tiefenbronn eine Gans auf der Straße, verbrachten sie in einen Garten, woselbst sie ihr Salz in den Schna» bel stopften und hiernach durch Drücken und Trercn znm Legen eines Ests bringen wollten. In Folge der harten Mißhandlung krepirte das Thier, worauf die jugendlichen Thierquäler dasselbe dem Eigen- thümer harmlos als anfgefunden Zurückgaben und als vorläufigen Lohn für ihr Verdienst je einen Wecken in Empfang nahmen. Nachdem aber ihr Verfahren ruchbar geworden, erhielten beide Knaben auf er» folgte Anzeige noch eine besondere Belohnung in Form einer entsprechenden Haftstrafc, auch soll, wie wir hören, ein Häuflein ungebrannter Asche ihren Zweck auf der Kehrseite der Ganstödter nicht verfehlt haben.
— Karlsruhe, 1. April. In verflossener Nacht wurden in einem hiesigen Gasthoie aus dem Comptoir mittelst Nachschlüssels und Er» brechens eines darin befindlichen Secretärs 3—400 Mark in verschiedenen Münzsorlen entwendet. Der Thal verdächtig ist ein Reisender, der sich Abends zuvor daselbst einlogirte, ohne Angabe se ines Namens und Standes. Derselbe hinterließ in seinem Zimmer ein schwarzes Musterkästchen, muthmoßlich einem Cigarren-Reisenden g e» hörend, eine lederne Umhängtasche und einen schwarzseidenen Rege n- schirm. Nach vollbrachter Thal verschwand der Thäter durch das Fenster des zu ebener Erde befindlichen Comptoirs und nahm, wahrscheinlich zur besseren Fortbringung des Geldes, eine Schublade und eine Kassette aus dem Sekretär mit, w:lchs Gegenstände heute Vormittag in einem Garten an der Beiertheimer Slraß: entleert aufgefunden wurden.
— Karlsruhe, 31. März. In heutiger Sitzung des Schwur» gerichts wurde der Maschinentechniker v. Jan des an dem Assistenten Schmitt verübten Todtschlags schuldig erklärt und zu achtjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt.
— Freib urg, 1. April. Gestern ereignete sich aus der Station Eningen ein höchst bedauerlicher Unglücksfall. Beim Anfahren des Morgens 91/2 Uhr von Basel dort eintreffendrn Schnellzuges lief das Kind des Bahnwärters Würmlin auf den Bahnkörper. Die Mutter desselben, dieß bemerkend, eilte dem Kinde nach, um es zu retten. Schon hatte sie dasselbe erfaßt und auf den Arm genommen, als beide von der Lokomotive einen tödtlichen Stoß erhielten, welcher sie ans die Schienen warf, von welchen sie als Leichen aufgehoben wurden. Der dienstthuendc unglückliche Gatte war Zeuge des schauerlichen Vorganges.
— Mainz, 3. April. Die abnorme Witterung dieses Jahres hat sich in hiesiger Gegend abermals in einer Weise bekundet, welche ein Menschenalter hinaus im Gedenken bleiben wird. Ans einen schönen sommerwarmen Vormittag folgte gestern ein Nachmittag, vec sich zwar etwas gewitterschwül anließ, doch aber unzählige Menschen zu Ausflügen hinanslockte. Alle Eisenbahnwagen und Dampfschiffe waren dicht besetzt. Und noch war die Dunkelheit nicht da. so waren bereits zahlreiche rheinhesstsche und rheingauische Orte ein Bild der Verwüstung. Es war eine förmliche Reihenfolge von Wolkenbrüchcn» welche theilweise in Hazelschlag übergehend und fortwährend von elekt» rischen Entladungen begleitet, auf das Land zu beiden Seiten der Rheinbiegung niedergiengen. Besonders aber war es das Dorf Hei- desheim, Eltville gegenüber, welches eine wahre Verwüstung erlitt; der dasselbe durchfließende kleine Bach war zum wüthenden Strome geworden, welcher Häuser zusammenriß, den Eisenbahndamm durchbrach und sich eine mächtige Thalschlucht als künftiges Bett schuf. 8 Personen, alle fast einer Familie angehörig, verloren hierbei das Leben; 6 Häuser sind förmlich verschwunden, mehrere andere hi Ruinen verwandelt. Bis Uber den Eifenbahndamm hinaus, eine gute Viertelstunde von der eigentlichen Stätte der Verwüstung entfernt, wurden Leichen, Vieh. Bäume, Möbel, H-ustrümmer, fern« der Inhalt der Keller rc. geführt. Ungeheure Schlammmassen, sodann Steine bi» zur Größe von-Felsblöcken, entwurzelte Bäume rc, bedecken dort Straße, Gärten, Felder und Eisenbahndamm in einer Weise, welche jeder Be-