30 Jahren nicht in solcher Menge erlebten atmosphärischen Niederschläge trat jedoch in der Nacht vom 10/11. März kurz vor Mitternacht mit jähem Knall auf eine Strecke von 250 Fuß der Bergsturz ein, der die 30' dicke Stützmauer umstürzte und 8 Häuser mit 29 Personen unter dem Schiefergcröll begrub. Nur wenige Personen» ein paar Bäckergesellen, ein junges Ehepaar, 1 Knabe und 1 Mädchen, konnten sich, durch da« Geräusch aufmerksam gemacht, durch einen Sprung aus dem Fenster retten. Ein anderes Ehepaar wurde beim Fluchtversuch unter dem Fenster erdrückt Die Feuerwehr, sowie die Pioniere auS Mainz und Coblenz sind unermüdlich Ihätig in der RetlungSarbeit und haben bis jetzt 3 Personen lebend am Tageslicht befördert. Eine Stimme Hörle man lange ruien: »Helft, hier bin ich", gegen Abend war sie aber verstummt. Fünf Leichen, theilweise schauderhaft verstümmelt, sind bis jetzt ausgegraben, 21 Unglückliche werden noch vermißt, und die Pioniere graben Tunnels durch die Geröllmafsen, um zu denselben zu gelangen; die Hoffnung, sie zu retten, ist jedoch nur gering. Auch zahlreiches Vieh ist verschüttet. Man fürchtet eine Wiederholung des Rutsches, da der ganze Berg lebendig geworden und überall Wasser aus dem zerklüfteten Gestein qullt. Man hat deßhalb die Bewohner weiterer bedrohter Häuser auequartirt.
— Berlin, 11. März. Behufs Vorgehens gegen das Piratenwesen in den chinesischen Gewässern wird dem „Reichsanzeiger" zufolge das keltische Geschwader in Ostasien verstärkt. Die ursprünglich zur Rückfahrt m die Heimath bestimmten Schiffe „Heriha" , „Ariadne" und „Cyklop" verbleiben daher dort, und werden mit den in der Mitte des Mai daselbst eintreffendcn Schiffen „Vineta" und „Louise" zu einem Geschwader vereinigt, welches gemeinsam mit englischen, chinest. scheu und Schiffen noch anderer Mächten operiren wird. Das Kanonenboot „Nautilus" segelt noch vor Ende dieses Monats gleichfalls nach China ab.
— Wien» 12. März (Allg. Ztg.) Der Jnsurgentenführer Ljubobratitsch ist bei Betretung des dalmatinischen Gebiets aus Weisung des Statthalters verhaftet worden.
— Aachen. 8. März. Unter den vom Auslande hier eingehenden Maaren haben in der letzten Zeit zwei Artikel eine nicht unwichtige Bedeutung erlangt: Eier und künstliche Butter. Die Eier kommen täglich in mehreren ganzen Eisenbahnwagenladungen aus Italien hier an und gehen vielfach weiter über Antwerpen nach England. Die künstliche Butter geht meistens aus Paris und Nancy hier ein und wird jetzt nach ollen größeren Städten Deutschlands von hier versandt. Sie bestel l größtentheils aus Talg, hat aber das Ansehen von natürlicher Butter und auch den Geruch, so daß gar kein Unterschied, kaum den Geschmack (?) abgerechnet, zwischen ihr und der natürlichen Butter wahrzunehmen ist. In Kisten verpackt geht sie meistens in Zwei- Pfundftückcn ein, die sorgfältig jedes mit Gaze umwickelt sind; jedoch wird sie auch in Fässern versandt. Das Pfund wird hier mit 80 Pfennigen verkauft, ist also erheblich billiger, als die natürliche Butter.
Frankreich. Paris, 11. März. Thiers erklärt in einem heute von den Journalen veröffentlichten Briefe, daß er die Wahl zur zweiten Kammer annehme. ,
Paris, 10. März. Bei dem heutigen Empfang der answär- i tigen Diplomateil entwickelte der Marschall die Gründe, warum er den Titel eines Kabinetspräsider.ten aufgegeben und ihn dem Premier- Minister überlassen habe. Er wolle sich darauf beschränken, eine ver sassungsmäßige Rolle zu spielen, und über den Partheien stehen. Er wolle aufhören, der Mann einer parlamentarischen Majorität zu sein, um der unangreifbare erste Beamte der Republik zu bleiben.
Paris, 9. März. Der Pariser Korrespondent der "Times" bringt folgenve sehr bemerkenswerthe Zusammenstellung über die letzten Wahlen: „Zählt man die Ergebnisse der ersten und der zweiten Wahl zusammen, so hatten die Republikaner 4,687,117 Stimmen, die Konservativen 2,147,094 und die Bonapartisten 1,699,411. Das ergibt für die Republikaner eine Ueberzahl von 1,024,46? über die beiden andern Partheien zusammen. Die Gesammtsumme der abgege- yebenen Stimmen ist 8,533,612; beinahe dieselbe, wie bei dem Ple- blszit von 1870» wo sieben Millionen mit „Ja" und anderthalb Millionen mit „Nein" antworteten. Durch ein sonderbares Zusam- mentreffen hat das Kaiserthum jetzt fast dieselbe Zahl von Stimmen, wie seine Gegner damals halten, und vice versa. Dieß ist nun gerade der Grund, warum das Kaiserthum im Exile ist, anstatt auf dem Throne. Frankreich hat soeben sein Plebiszit gemacht, ohne es zu wissen, in derselben Weise, wie es bei dem Plebiszit von 1870 «inen Krieg machte, ohne es zu ahnen."
England. London, 11. März. Einer Meldung des „Stan- bard" aus OueenStown zufolge ist es der Polizei gelungen, den flüchtigen Sekretär der Banque de Belgique an Bord de» Schiffes „Ville de Pari»" zu verhaften. Der der! „Banque Belgique" in Brüssel —Ledaktion, Druck und Verlag von
zugefügte Verlust erreicht nach den bisherigen Ermittelungen bereit» die Höhe von 6 Millionen Franks.
London, 12. März. Unter dem Reisegepäck der in OueenS- town anzehaltenen Persönlichkeit hat sich ein Theil der von der Banque de Belgique vermißten Fonds vorgesunden. Der Verdächtige ist ver« haftet. Die Un tersuchung wird fortgesetzt.
Vermischtes.
(Uebkk Nistkilstchkli.) Die häufig an den „Verein der Vogel« freunde in Württemberg" gerichteten Anfragen nach Nisikästchen und Gesuche um Auskunft über die zweckmäßigste Art und Weise ihrer Anwendung veranlassen uns zu einigen Andeutungen über deren Verwendung. Genannter Verein ließ diese Kästchen in dreierlei Größen je für die besondere Voqelgatiung passend, anfertigcn. Für Staare, welche übrigens in Weinbau treibenden Gegenden, im Herbste wenigstens nicht sehr gern gesehene Gäste sind, so nützlich sie sich auch in anderen Gegenden erweisen, werden die Kästchen möglichst hoch an Häusern. Bäumen, Stangen rc. angebracht, und es können bei dem geselligen Zusammenleben dieser Vögel an ein und demselben Baume oder Hause deren mehrere befestigt werden. Anders verhält es sich mit dev kleineren Höhlenbrütern; von diesen duldet kein Paar ein anderes in allzugroßer Nähe. Für diese sollten daher die Kästchen in einiger Entfernung von einander, mindestens je eines auf einem besonderen Baume oder an einem anderen Hause, sechs bis sieben Meter über der Erde angebracht werden. Für Meisen wähle man ältere Obst oder andere früh sich belaubende Bäume; Akazien und andere spät sich belaubende Bäume eignen sich nicht hierzu. Für Rotschwänzchen und Fliegen- scknapper sind Bäume an Waldsäumen, lichtere Baumgruppen, Holzschuppen, Scheunen und dergleichen Gebäude vorzuzichen. Sämmttiche Nistkästchen kann man mit auSgeglühtem Draht leicht überall befestigen und sie sollten stets an gegen Wind und Wetter möglichst geschützten Stellen, die Fluglöcher nach Osten gerichtet, angebracht worden. Aeltere Nistkästchen können selbstverständlich jeder Jahr wieder aufs Neue benützt werden; gut ist es, dieselben zu diesem Zwecke vor Begum der Brutzeit ihres alten Inhalts zu entledigen, um Raum für ein neues Nest zu schaffen. Durch Ausstreuen von Nistmaterial, wozu man auch den Inhalt der früher benützten Nistküftchen verwenden kann, erleichtert man den bauenden Vögeln ihre Arbeit.
(Ein Geniestreich.) Die „Barm. Ztg " erzählt: Auf dem Brrgerhof bei Rade vorm Wald war kürzlich Feuer ausgebrochen. Der Sohn des Eigenthümers eilte sofort nach Rade, um Hilfe herbei zu holen, wurde aber von dem Nachtwächter wegen ruhestörenden Lärms verhaftet und eingesperrt. (!) Als sich später die Sache aus- klärte, wurden Spritzen zur Brandstätte geschickt, welche aber nur einen Schutthaufen vorsanden; auch der Eingesperrte wurde dann von dem Bürgermeister entlassen.
Ueber der Thüre des neuen Hauses eines frommen Mannes in Dresden prangt mit weithin sichtbaren Buchstaben die Zuschrift: „Kommet her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken." Um aber von den Mühseligen und Beladenen nicht beständig überlaufen und in seinen frommen Betrachtungen gestört z» werden, hat er die Vorsicht gebraucht, neben der Thürklingel anschreiben zu lassen: „Das Betteln ist verboten. Der Hund llieißt."
Georg IV., König von England, war ein großer Freund von Wetten. Er war darin ziemlich glücklich, erlitt aber auch zuweilen empfindliche Niederlagen. Einer der Lords, welche oft um seine Person waren, hatte mehrmals ansehnliche Summen an den König verloren und sann auk Wiedervergeltung. Als er eines Abends im Palast erschien und der König über Verschiedenes mit ihm gesprochen hatte, bemerkte der Lord, daß er auf seinem Wege einer.Heerde Truthühner begegnet sei und ließ sich über ihre Langsamkeit des Weiteren aus, bis er endlich zu der Behauptung gelangte, daß Gänse schneller von einem Ort zum andern könnten, als Truthühner. „Unsinn!" lautete die königliche Antwort. „Nun", erwiederte der Edelmann, ich offerire jede Wette, daß ich eine Heerde Gänse einen Weg von einer Meile schneller vorwärts treibe, als ein anderer Mann eine Heerde Trut- Hühner treiben kann." „Angenommen!" rief die Majestät, „es gilt für tausend Pfund." Der nächste Tag wurde für den Wettlauf an- beraumt und die Zeit, wie sich der Lord Vorbehalten hatte, von diesem auf eine Viertelstunde vor Sonnenuntergang bestimmt. Der König erschien pünktlich und beide Heerden wurden vorwärts getrieben. Die Truthühner gewannen sehr bald einen bedeutenden Vorsprung und der König triumphirte schon. als die Sonne endlich niedergieng. Mit diesem Moment liefen die Truthühner in die Hecken an der Seite des Wegs und setzten sich zur Ruhe. Nichts konnte sie dazu bringen, weiter zu marschiren, während die Gänse in bedächtigem Schritt ihrem Ziele zusteuerten. Seine Majestät waren daher verpflichtet, 1000 Pfund für diesen Gänsemarsch zu zahlen.
Oe°^schläzer in Ealw.