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gejagt. Der Stadtwundarzt hatte große Mühe, bis der Schrot wie. Ler aus der Nase gezogen war. Derartige „Belustigungen" sollten die Eltern doch wohl allen Ernstes ihren Sprößlingen verbieten.
— Eßlingen, 12. Febr. Heute Abend vor 7 Uhr erlömen die Feuersignale; es brannte in dem Stalle des Bierbrauers Haug in der mittleren Beutaustraße. Man vermuthete sogleich Brandstiftung, und es wurde auch der Thäter, ein Taglöhner des Bierbrauers, bereits verhaftet; er hat seine abscheuliche That eingestandcn. Derselbe hatte kurz vorher Streit mit dem Brauereibesitzer und stieß gegen verschiedene Beutaubewohver Drohungen gegen denselben aus, daß er ihn entweder ersteche oder ihm sein Haus anzünde. Das Feuer wurde Von der raich herbeigeeilten Feuerwehr bald gelöscht.
— Kirchhcim u. T., 20 Febr. Ueber das künftige Schicksal der hiesigen Maschinenfabrik verlautet nichts. Eine kleinere Anzahl Arbeiter ist damit beschäftigt, die von der mährisch.schlesischen Bahn bestellten Kohlenwagen zusammenzusetzen, da sonst die fertigen einzelnen Theile nur als altes Material hätten verwendet werden können. Der Abgang so vieler Arbeiter wirkt natürlich auf manche Gewerbe empfindlich ein. Auch im Güterverkehr unserer Bahn soll ein Rückgang bemerkt werden, der u. a. auch durch die Konkurrenz der Boten und Frachtsuhrleutr hervorgerufen worden ist, welche den WaarenlranSport nach den nächsten Städten größtentheilS besorgen. So verkehren z. B.
aber gelungen, Serbien und Montenegro zur Ruhe zu verweise», so hat sich ihr Einfluß auch in Buckarest gellend zu machen verstanden und heute liegt bereits die bestimmte Erklärung der neuen (wenigstens theilweise neuen) Regierung vor, daß Rumänien streng in seiner durch die Verträge ihm bereiteten Stellung verharren werde. Die Insurgenten in der Herzegowina werden in der allernächsten Zeit verständigt werden, daß sie zwischen freiwilliger und zwischen erzwungener Unterwerfung zu wählen haben.
— Wien, 19. Febr. Aus Graz trifft von guter Seite die Nach- richt ein, daß man sich auf die Ankunft Don Karlos gefaßt mache. Es heißt, seine in Oesterreich lebenden Verwandten hätten die positive Mittheilung erhalten, daß er, falls die demnächstigen kriegerischen Entscheidungen für ihn unglücklich ausfallen, ebenfalls hier semen Aufenthalt nehmen wolle.
Frankreich. Paris, 21. Febr., 11 Uhr Abend«. Es sind 499 Resultate bekannt, wobei gewählt sind :0 Konservative, 18 Konstitutionelle, 71 konservative Republikaner, 23 Legitimisten, 59 Bonapartisten, 187 Republikaner, 17 Radikale, 104 Ballotagen sind nölhig. Minister DecazeS ist im Departement Aveyron unterlegen, ebenso Ricard vom linken Zentrum in Niorl. Die hervorragenderen Bonapartisten haben fast durchweg ein Mandat erlangt. Min-ster- präsident Buffet reichte bei Mac Mahou seine Entlaffm g ein. Ver-
3 Fiachlfnhrwerke zwischen hier und Stuttgart. Es ist sicher, daß j muthlich wnd Mac Mahon Buffet e,suchen, bis zum Zusammentritt nur die Höhe der Miniwaltaxen der Bahnen diese Konkurrenz mög. der Kammer im Amte zu verbleiben sich macht.
— Pforzheim, 22. Febr. Bor einigen Tagen brach im Hause des Herrn E. H. in der Louisenstraße, während Frau und Sohn in der Küche standen, der KUchenboden an der betr. Stelle durch, so daß beide auf das Kellergewölbe fielen, glücklicherweise ohne sich zu beschä digen. In verflossener Nacht nach 11 Uhr stürzte ein Theil des Gartens des Herrn Fabrikanten König — welcher, wie es scheint, durch die vorhandene Mauer nicht genügend gestützt sein mochte und jedenfalls auch unter der Einwirkung des anhaltenden Rezenwettcrs — mit sammt dieser Mauer in den Hof des Groß'schen Hauses in der Karl Friedrichsstraße herab und drückte eine daselbsi aufgebaute Remise mit Stall u. s. w. zusammen. Die Fenster der in den Hof gehenden Zimmer ebener Erde wurden eingeschlazen und Steine und Schult flogen tn die bewohnten Zimmer hinein. Menschenleben find glückltcl erweise nicht zu beklagen, dagegen wurden 6 Hühner verschüttet-
- Mannheim, 21. Febr. Eine hiesige, in den besten Verhältnissen lebende Wiltwe benutzte gestern Mittag die Abwesenheit ihres Dienstmädchens, um sich zu erhängen.
— Köln, 17. Febr. Daß die Kaiserglocke auch mit den anderen Glocken harmonirt, zeigt sich schon bei dem Läuten der großen Glocke Pretiosa; jene tönt sympatisch mit, auch wenn sie nicht gezogen wird Gestern wurden sämmtliche Glocken mit der Kaiserglocke gezogen, wo- bei sich rin harmonisches Geläute ergab. Oberbürgermeister Becker hat über das gelungene Zusammenläuten dem Reichskanzler Bericht erstattet, worauf dieser zurücktelegraphirte: „Im Zusammenklange der Kaiser- glocke mit den übrigen sehe ich eine vorbildliche politische Verheißung, v. B."
— Berlin, 19. Febr. Der Kaiser hat das Gesuch des Grafen
Arnim um Aufschiebung der Strafe an das Stadtgericht zur Berichterstattung überwiesen. Das Gnadengesuch der Familie Arnim ist noch unbeantwortet. — Während die „Kreuzzeitung" versichert, die geplante Neubildung der konservativen Partei sei gescheitert, sagt die „Post", die Neubildung der konservativen Partei sei im vollen Flusse begriffen. Beide Blätter geben aber keine bestimmten Thatsacheu an. sondern ergehen sich in dunkeln Andeutungen. Der Artikel der „Post" schließt mit folgenden Worten: „So viel steht fest, daß sich unter dem Namen der „Kreuzzeitung" eben so wenig eine neue große kon- servative Fraktion zusammenfinden wird, wie unter dem Namen ihres früheren Leiters, des Geheimen Regierungsraths Wagener." Es scheint wirklich, daß Herr Wagener jetzt endlich ein von allen Seiten aufgegebener Mann ist. — Die Brandentschädigung für den Kaiser- Hof, welche die städtische Feuersozietät an die Berliner Hotrlgesellschaft zu zahlen hat, ist nunmehr festgestellt. Sie beläuft sich auf nicht weniger als 533,000 — eine Summe, wie sie in dieser Höhe
für ein durch Feuer zerstörtes Gebäude von der genannten Sozietät noch niemals bezahlt worden ist.
— Berlin, 19. Febr.- Die Reichsbanknebenstellen zu Würzburg und Gießen werden wieder eingezogen. Wechsel auf Gießen, welche aus den 31. Mai lauten, sind von den Reichsbankstellen nicht mehr anzunehmen. In Bamberg und Fürth find nunmehr Reichsbanknebenstellen ins Leben getreten.
— Wien, 19. Febr. Bekanntlich war vor Kurzem die Besorgmß nicht ganz ungerechtfertigt, daß auch Rumänien sich anschicke, die Verlegenheiten der Pforte für sich auSzubeuten. Wie eS den Mächten
Spanien. Madrid, 21. Febr. Die Armeen machen weitere Fortschritte. Der König ist in AzpeUia eingezogen. Primo de Rioera hat alle festen Plätze in Navarra besetzt. D,e Artillerie der Carlisten >n Estella ist zum größten Theil in die Hände der Regierungstruppen gefallen; ein Theil der Geschütze ist von den Carlisten in Abgründe gestürzt worden.
England. London, 19. Febr. Ueber das große Schiffs- Unglück bei "ooer, den Untergang des englischen Dampfers Strath- clyde durch einen Zusammenstoß mit dem deutschen Dampfer Franconia, liegen noch wenige Einzelheiten vor. Die Zahl der Vermißten wird heute auf 34 angegeben; im Ganzen befanden sich 72 Personen an Bord des untergcgangcnen Schiffes. Wie sich der Zusammenstoß fast unmittelbar vor dem Hafen von Dover am Tage und bei Hellem Wetter ereignete, und wer die Schuld an demselben trügt, wird die Untersuchung zeigen. Die Schiffe stießen nicht gegeneinander, sondern die Franconia fuhr von rückwärts in den englischen Dampfer.
In Calais hat sich folgendes Unglück zugetragen Bei den Artillerie-Experimenten, welche dort unter der Leitung des Obersten Montlvuisant statifinden, machte man n. A. Versuche mit Geschossen schweren Kalibers, die mittelst Elektrizität zur Erplosion gebracht wurden. Bei 8 Geschossen gieng an diesem Tage die Explosion ohne Schwierigkeit von Statten; das 9. versagte; der Hanptman« l'Estous- voillon und 3 Soldaten, sowie ein Telegraphenbeamter, der mit der Handhabung des elektrischen Apparats beauftragt war, stiegen in die 4 Nieter tiefe Grube, in der das Geschoß explodircn sollte, hinab, um zu untersuchen, ob etwas nicht in Ordnung. In diesem Augenblicke setzt ein Soldat unbesonnener Weise den unter einem Zelte befindlichen Apparat in Bewegung, die Explosion erfolgte und der Hauptmann, sowie die 3 Soldaten wurden getödtel. Der Telegraphenbeamte kam wie durch ein Wunder ohne Verletzung davon.
Vermischtes.
Vor den Geschworenen in Agen in Frankreich wird nächstens ein eigenthümlicher Prozeß verhandelt werden. Ein Herr bestellte in einer Restauration hundert Austern. Das junge Mädchen, welches die Gäste zu bedienen hat, entdeckt in einer derselben eine sehr feine Perle von ziemlich bedeutendem Wcrlhe und macht dem Wirthe von ihrem Funde Mittheilung. Die Kunde drang aber auch bald in das Gastzimmer, und alsbald entbrannte ein Streit, wem die Perle gehöre. Der Gast behauptete, mit den Austern nicht nur den Inhalt, sondern auch die Schale gekauft zu haben; der Wirth bestand natürlich auf dem Gegentheil, und endlich erhob auch die Finderin Ansprüche. Wem gehört die Perle? wird also die vom Gericht zu entscheidende schwierige Frage sein.
Der tapfere in Schlachten und Kämpfen ergraute General Brod- esserl in München wurde 81 Jahre alt. Sein Todeskampf war kurz und leicht und doch waren seine letzten Worte: Ach, das Sterben ist hart. Der gewaltige Napoleon dem im Schlachtendonner am wohlsten war, konnte die Hähne nicht krähen hören. Er dachte immer an den Hahn, der ihm seinen letzten Tag ankündigen würde. — Der Ungar Dcak hatte auch eine kleine Schwäche, er fürchtete sich vor dem Freitag. An einem Freitag fieng er nichts Wichtiges an und starb schließlich — am Freitag.
Redaktion, Druck und Verlag von S. Oelschläger in Calw.