Sitzung. Ueber das Schlußresultat hat sich also Buffet nicht zu beklagen; im Uebrigen jedoch brachte dir Verhandlung ihm einige Unan­nehmlichkeiten. Ehe maa zumBelagerungSzustand kam, blieb über ein Tags vorher der Kommission überwiesenes Amendement Vente zu beratheu, welches besondere Strafen für separatistische Aufreizungen einführen will. Die Kommission halte keinen Entschluß fassen können; sie ver­langte die Minister zu hören, wollte eine Aeußerung der Abgeordne­ten von Savoyen und den Seealpen, auf welche Departments natürlich -er Antrag gemünzt ist u. s. w. Man redete lange hin und her, worauf Gambetta die Bemerkuag machte, es zieme sich nicht, in einem französischen Gesetz ein Verbrechen vvrzusehrn, dessen Möglichkeit der Patriotismus nicht zulasten dürfe. Das Amendement wurde verwor­fen, sodann alle noch übrigen Bestimmungen in Betreff der Presse angenommen.

Vor den Pariser Assisen kam dieser Tage ein Sensations­prozeß zum Austrag, der die Pariser im hohen Grade interessirt hat. Ein ehrsamer Uhrmacher Namens Marambat hatte in einem Kaffee­hause des Boulevard-Saint-Germain den Verführer seiner Tochter, einen gewissen Robert, erstochen, weil dieser dem jungen Mädchen die Ehe verweigerte, nachdem sich die Folgen des Verhältnisses nicht ver­heimlichen ließen. Der junge Mann war schwer verwundet und kam mit genauer Noth davon. Die Sache machte Lärm. Alexander Du­mas schrieb einen großen Brief, worin er dem Vater Marambat Recht gab. Auch die Geschworenen haben ihm Recht gegeben, denn er ist freigesprochen worden.

Frankreich. Versailles, 30. Dez. Natioualversammlung. Die Versammlung hat folgende Daten endgültig festgesetzt: den 16. Januar für die Wahl der Gemeinderathsdelegirtcn, den 30. Januar für die Wahl der Senatoren, für die Wahl der Dcpulirten den 20. Februar und für den Zusammentritt beider Kammern den 8. März. Morgen soll zur Wahl der Permanenz Commission geschritten werden.

Schweiz. Bern, 24. Dez. Der Nationnalrath, welcher heute entlassen wurde, hat vor seinem Auseinandergehen noch einen für den Kanton Testin wichtigen Beschluß gefaßt, indem er, veranlaßt durch eine vom Advokaten Mordasini in Locarno eingegebene Petition, wel­che gleichmäßige Volksvertretung im Tessiner großen Rathe verlangt, den Art. 32 der Verfassung dieses Kantons vom Jahr 1874 als außer Kraft erklärt und den Bundesrath beauftragt hat, in Vollzie­hung dieses Beschlusses den Kanton Testin zur Vornahme der be­züglichen gesetzgeberischen Arbeit aufzufordern und demselben dazu eine angemessene Frist zu stellen. Die Motive zu diesem Beschlüsse lau- trn: Die Bundesversammlung in Erwägung 1) daß die Bundesver­fassung in Art. 4 und 6 alle Schweizer vor dem Gesetze gleichstes, keine Vorrechte des Ortes anerkennt, die Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen Formen zusichert und für jegliche Ver- fassung verschreibt, daß sic vom Volke angenommen sei und revidirt werden könne, wenn die absolute Mehrheit der Bürger es verlangt; 2) daß in Art. 2 der Uebergangsbestimmungen diejenigen Bestimmun­gen der kantonalen Verfassungen, welche 'mit der neuen Bundesver­fassung in Widerspruch stehen, mit der Annahme derselben außer Kraft gesetzt sind; 3) daß der Art 32 der Verfassung des Kantons Tessin Jeder Kreis Ernennt drei Abgeordnete zum Großen Rathe", im Widerspruch mit jder Bundesverfassung (Art. 4 und 6°) und daher mit dem Inkrafttreten der Bundesverfassung außer Kraft getreten ist

beschließt rc.

Italien. Das polnische Kollegium hatte am 20. Dez. eine Audienz im Vatikan, wobei der Pabst sagte:Ihr seid gleichsam der Benjamin unter meinen Instituten, aber erwartet nicht, daß ich euch mit Silber beschenken werde, wie dieß ehemals Joseph that, als ihn Benjamin i» Egypten besuchte. Die Zeiten sind zu schwer." Wir bitten nur um das Eine", ries der Rektor,um ein Gebet für unsere verstorbene Mutter; denn nach ihre« Tode erst ist das Collegium geboren, und auch darin ähnelt es Benjamin." Das Gesicht des Pabstes nahm einen feierlichen Ausdruck an, und nachdem er tief auf­geseufzt hatte» sprach er:Es ist keine Täuschung, schweres Unglück lastet auf dem unglücklichen Polen. Ich bete täglich für dasselbe."

England. London, 30. Dez. Die Admiralität hat ihre frühere Verordnung über die Aufnahme flüchtiger Sklaven modifizirt, indem sie daran erinnert, daß die königlichen Marineschiffe nur Mann­schaften führen dürfen; glauben sie aus besonderen Rücksichten Skla­ven aufnehmen zu müssen, so müßte«: sie dieselben bis zur Ausschif­fung in einem Lande, wo ihre Freiheit gesichert sei, an Bord behalten.

New-Aorker Nachrichten zufolge hat die amerikanische Regierung bei den Mächten Europas, Spanien inbegriffen, angefragt, ob ihnen gemeinsame Schritte zur Wiederherstellung des Friedens ans Kuba geeignet schienen.

Rußland. St. Petersburg, 24« Dez. Am 16. (28.) April 1875 erfolgte mit Genehmigung deS Kaisers zwischen Rußland

und Italien die Abschließung einer Konvention, betreffend die Kon­sulate und Erbschaftsangelegenheiten. Der Austausch der Ratifikation dieser Verträge wurde am 1. (13.) August 1875 auf vorgeschriebene Weise vorgenommen.

" Vermischtes.

Für Jäger.

Die Nat.-Ztg. vom 25. Dez. schreibt: Folgende Geschichte cir- kulirt in höchsten Postkreisen dahier und ist hoffentlich 'keine Verbin­dung von Post- und Jagdgeschichten. Der Besitzer eines Thiergartens in Danzig bestellte sich ein paar lebende Hasen in der Provinz; le­bende Hasen befördert die ^ost nicht. Der Absender fiel auf die geniale Idee die Hasen zu chloroformiren. Gedacht, gethan. Die Hasen werden chloroformirt, die Dosis ist genau berechnet; sie wird die Hasen bis nach Austragen der Post leblos erhalten. Aber der Zug verspätet sich, die Packstücke werden verifizirt und in die Pack­kammer gethan, um Morgens expedcrt zu werden. So kommt i» der Morgenfrühe ver Packknecht in die Kammer und sucht nach Pa­cket 108, zwei Hasen; aber das Packet ist nicht zu finden, die Fen­ster sind vergittert, die Thüre unverletzt, das Verschwinden ist uner­klärlich, das ganze Personal tritt zusammen und stellt wiederholt fest, daß die Hasen dagewesen. Der Packknecht leuchtet nochmals in.dem Raum herum plötzlich schießt ein Hase, der gestern noch todt war an dem Packer vorbei und zur Thüre hinaus. Während derselbe noch bestürzt dasteht, schießt aber schon der zweite Hkkft, Sk Nummer 108 breit und deutlich auf dem Rücken tragend, an ihm vorbei an­dern ersten nach. Das ist zu viel selbst für die Nerven eines Pa­ckers die gespenstigen Hasen haben ihn überwältigt er ist nahe am Zusammensinken. Zum Glück erscheint nach kurzer Zeit der be­sorgt gewordene Adressat, und aus Frage und Gegenfrage kommt daS Geheimniß zu Tag. Die chlorosormirten Hasen sind und bleiben verschwunden.

Adenau, 16. Dez. Ein Probestück von Treu' und Glauben lieferte, wie dieRh. u. R. Ztg." mitthcilt, vor einigen Tagen der Pastor des im hiesigen Kreise gelegenen Dorfes Retterath. Der Mann war nemlich zu einer mehrmonatlichen Strafe verurt heilt wor­den und sollte zur Verbüßung derselben abgeführt werden. Doch meinte er, wegen des hohen Schnees einen Wagen verlangen zu müs­sen und ersuchte den Gensdarmen B. umzukehren, um den Wagen zu holen. Mit der treuherzigsten Miene versicherte er, den Gensdar­men erwarten zu wollen, und da er sein Versprechen außerdem noch durch feierlichen Handschlag bekräftigte, so schenkte der Beamte dem geistlichen Herrn das gewünschte Zutrauen und ließ ihn allein. Als er nach zehn Minuten umkehrte, war der geistliche Herr verschwunden» Wie sich nachher herausstellte, war der Biedermann nach dem näch­sten Dorfe Ahrbach gelaufen, wo ein blauer Kittel und ein falscher Bart ihn bald unkenntlich machten. Die Flucht war nach allen Seiten hin vorbereitet. Der Gensdarm aber, ein Vater von sechs Kindern sieht mit Schrecken der Strafe entgegen, die ihn wegen dieser Beiseitesetzung seiner Dienstvorschriften treffen wird.

Die leichteste Zunge; hat die Königin von Holland, Sophie, geb. Prinzessin von Württemberg. Sie spricht acht Sprachen: hol­ländisch, deutsch, englisch, französisch, italienisch, dänisch, schwedisch und russisch.

Eine lebendige Legitimation. Beim Postamte in H., erzählt dieStettiner Ztg.", meldet sich dieser Tage ein Schlächtergeselle zur Empfangnahme eines postlagernd«, Geldbriefes. Auf die Frage nach den Lxgitimationspapieren bedauerte der Gefragte, solche nicht bei sich zu haben.Aber doch, es ist auf meinem Arm mein Name eintäto- wirl, vielleicht genügt das." Streifte unter Lachen des Publikums seinen Hemdärmel in die Hrte ,,d z» cn seine lebendige Legiti­mation vor, worauf die Auslieferung des Geldbriefes auch erfolgte.

Ein alter Junggeselle, der kürzlich in London starb, hinterließ sein Vermögen von 6000 Pfund Sterling drei Damen, welche sich alle geweigert hatten, ihn zu heiralhen. Der Testator gab als Grund an,daß er diesen Damen größtentheils die Wahrung seines Glückes jm späteren Alter zu danken habe.

Ein junger amerikanischer Student der Medizin swar mit zwei Franzosen die Wette eingegangen, innerhalb 13 Stunden zweimal za Fuß die Runde um die Festungswerke von Paris zu machen. Am vergangenen Sonnabend früh um 7 Uhr begann der Danke, von den Zeugen in einem einspännigen Wagen begleitet, den Marsch, und kaum hatte er zum erstenmal die Runde vollendet, so brach nicht er, sondern daS Pferd zusammen. Einem zweiten Pferde ging es, ehe die gan­ze Tour beendet war, ebenso» und der Danke gelangte siegreich vor der festgesetzten Zeit an das Ziel. Seine Gegner aber hatten nicht bloS die Wette, sondern auch die beiden ruinirten Pferde zu bezahlen.

Redaktion, Druck und Verlag von E. OrlschlLger in Ealw.